Arda Fanfiction

Das neue Archiv für Geschichten rund um Tolkiens fabelhafte Welt!

Moréndas Rache

von Celebne

Die Erscheinung

Das gondorianische Heer hatte inzwischen Rohan erreicht. Éomer ritt seinen Freunden mit einem Trupp Soldaten entgegen. Sofort wollte er von seinem Schwager Faramir wissen, wie es Éowyn ging.
"Ich bringe leider keine gute Kunde", sagte Faramir bekümmert. "Éowyn ist schwer krank".
Éomer erschrak. Am liebsten wäre er sofort nach Emyn Arnen geritten, um persönlich nach seiner Schwester zu sehen. Doch das Wohl Rohans stand jetzt auf dem Spiel und das hatte nun mal Vorrang vor dem Wohl eines einzigen Menschen. Sie ritten zusammen mit dem großen Heer, bis sie am Abend in einem kleinen Tal ihre Zelte aufschlugen. Halith, der älteste Rohirrim-Krieger hatte jedoch Bedenken. Er trat vor den 3 Anführern des Heers: Aragorn, Faramir und Éomer.

"Ihr hohen Herren, es ist kein guter Plan, heute nacht in diesem Tal zu lagern. Man sagt, dass hier die Geister von toten Kriegern herumirren, um die Lebenden zu vertreiben".
Aragorn lachte herzlich auf, als er das hörte.
"Guter alter Halith, nachdem ich im Ringkrieg das Geisterheer nach Gondor geführt habe, kann ich mir nicht vorstellen, dass es mich vor irgendwelchen anderen Geistern graut".
Halith verneigte sich und ging.
Faramir schlief in dieser Nacht schlecht: er hatte wirre Träume, die ihn immer wieder hochschrecken ließen. Schließlich zog er seinen ledernen Waffenrock über und verließ sein Zelt. Im fahlen Mondlicht sah er auf einem der Hügel eine Gestalt stehen. Die Gestalt winkte ihm zu. Faramir starrte angestrengt auf den Mann, der dort stand. Das konnte nicht sein  - es war Boromir! Schnell eilte Faramir zu dem Mann auf dem Hügel.
Ja, es war Boromir! Er trug die dieselbe Kleidung wie damals, als er nach Bruchtal aufgebrochen war. Sein Horn, das eigentlich zerbrochen war und das Faramir aufbewahrte wie einen kostbaren Schatz, trug er bei sich. Ebenso sein Schild und das Schwert.

"Boromir!", hauchte Faramir kaum hörbar. Er wollte auf ihn zulaufen und ihn umarmen, aber Boromir hob die Hand.
"Bleib stehen, kleiner Bruder! Ich bin nur ein Geist".
"Aber du siehst aus wie ein lebender Mensch", sagte Faramir erschüttert.
"Ich musste einfach noch mal zurückkommen", meinte Boromir und sah Faramir besorgt an.
"Dir wurden alle Menschen genommen, die du geliebt hast, und nun sieht es so aus, als wenn deine Frau durch eine  heimtückische Intrige sterben müsste".
"Das ist unmöglich", widersprach Faramir erschrocken. "Sie hat die beste Pflege, die es gibt. Ich habe nach Ioreth, der Heilerin, schicken lassen und dann kümmert sich noch Mórenda, unser tüchtiges Kindermädchen, um Éowyn".
"Mórenda!", sagte Boromir nachdenklich. "Weißt du, wer sie ist?"
"Sie kommt aus Anorien", erklärte Faramir erstaunt.
"So so, aus Anorien", murmelte Boromir. "Wußtest du, dass Saruman eine Schwester hatte?"

"Éowyn hatte einmal mit ihr zu tun", erinnerte sich Faramir. "Sie kämpften sogar gegeneinander und Éowyn gelang es,  Sarumans Schwester an der Schulter zu verwunden".
Boromir nickte bedächtig.
"Aber ihr Name war euch nicht bekannt. Mórenda ist Sarumans Schwester".
Faramir wurde blass, als er das hörte.
"Sie will sich rächen, kleiner Bruder", sagte Boromir traurig. "Darum geh so schnell wie möglich heim und verhindere Schlimmeres".
Faramir befand sich in der Zwickmühle: er bezweifelte, ob man im Heer Verständnis für seinen plötzlichen Aufbruch aufbringen würde. Aber dieser Krieg war jetzt plötzlich so unwichtig für ihn geworden....
Boromir trat einen Schritt näher zu Faramir und das Mondlicht beschien jetzt sein bleiches Antlitz.
"Du musst sofort aufbrechen!"
Faramir nickte.
"Ja, ich werde es tun".
"Gut, dann kann ich jetzt wieder gehen", meinte Boromir beruhigt und lächelte.
"Ich vermisse dich so sehr", sagte Faramir und Tränen stiegen in seine Augen.
"Sei getrost, kleiner Bruder, mir geht es gut, wo ich jetzt bin", erwiderte Boromir immer noch lächelnd. Dann drehte er sich um und ging den Hügel hinab. Faramir sah ihm nach und plötzlich war Boromir spurlos verschwunden.
Faramir wusste, was er zu tun hatte: er wischte die Tränen aus seinem Gesicht und sattelte sein Pferd.


Emyn Arnen, in der gleichen Nacht:

Mórenda wischte sich den Schweiß von der Stirn: es war gar nicht so einfach gewesen, die Leiche der alten Heilerin unbemerkt in Faramirs Garten zu schaffen und dort zu verscharren. Mórenda wünschte sich, sie hätte wieder ihre alten Zauberkräfte. Doch seit Sarumans Tod waren auch ihre Kräfte geschwunden. Mórenda bedeckte den frischen Erdhaufen mit Laub und und Grasbüscheln. Sie hoffte, dass Niemanden dieser kleine Erdhügel auffallen würde. Der Garten war schließlich rießig. Mórenda schlich wieder zum Haus zurück. Unterwegs kam sie an der steinernen Boromir-Statue vorbei. Der Vollmond schien auf das edle Antlitz des Vestorbenen. Plötzlich hatte Mórenda das entsetzliche Gefühl, beobachtet zu werden. Ja, es schien ihr, als ob Boromir selbst anwesend sei. Schnell hastete Mórenda weiter. Es war höchste Zeit, ihr schändliches Werk an Éowyn zu vollenden. Sie ging schnurstracks in die Küche zu Gurold.

"Komm, mach einen Tee für die Herrin Éowyn!", befahl Mórenda streng. Der dicke Küchenjunge biß sich auf die Unterlippe.
"Wie immer aus diesen Kräutern?", fragte er scheinheilig.
"Dummer Tölpel, natürlich!", schimpfte Mórenda aufgebracht. Sie verließ wütend die Küche.
Nervös ging sie in ihr Gemach und setzte sich wieder an den Palantir. Sofort erschien Celebratwens Gesicht in der Kugel.
"Was ist, brennt der Fangorn-Wald endlich?", fragte Mórenda ungeduldig.
Celebratwens Gesicht zeigte deutliche Besorgnis.
"Der Fangorn-Wald brennt - unsere Bogenschützen haben ihn mit Brandpfeilen angesteckt. Aber Gondors und Rohans Heer rückt immer näher. Unsere Armee löst sich auf: die Orks sind bereits geflohen. Und die Menschen kann ich auch nicht mehr lange halten".
"Alles elende Feiglinge!", zischte Mórenda böse. "Versuch' ihnen Mut zuzureden".
"Das ist leichter gesagt als getan", sagte Celebratwen mit einem schiefen Lächeln.
"Du wirst das schon schaffen", erwiderte Mórenda gereizt. Sie hatte jetzt keine Lust, länger mit Celebratwen zu reden. Irgendwie lief heute alles schief.

Gurold hatte für Éowyn einen anderen Tee gemacht. Er schmeckte zwar ebenso wie der von Mórenda, war aber aus harmlosen Kräutern zusammengebraut. Gurold war nämlich gar nicht so dumm, wie er äußerlich wirkte. Er kannte sich auch ein bisschen aus mit Kräutern: das hatte er vom Koch des Hauses, Damord, gelernt.
Éowyn,die heute noch gar nichts von dem Gifttrank bekommen hatte, wirkte kräftiger als sonst. Sie konnte sich ganz im Bett aufsetzen, als Gurold den Tee hereinbrachte. Mórenda kam hinzu, als Éowyn trank.
"Ihr scheint endlich zu genesen", meinte Mórenda und lächelte verzerrt.
"Danke, Mórenda, die Heilwirkung deines Tees zeigt jetzt wohl Erfolg", sagte Éowyn freundlich und trank die Tasse  leer. Mórenda nahm die leere Tasse mit und als sie das Zimmer verlassen hatte, schnupperte sie misstrauisch an den paar Tropfen, die in der Tasse übriggeblieben waren. Es roch eigentlich ganz normal nach Natter-Kraut, aber irgendwie auch nicht. Mórenda ging in die Küche: doch der Küchenjunge hatte sich schon schlafengelegt.

Sie stöberte in der Küche herum und entdeckte schließlich, dass sie ihre Giftkräuter in dem Holzbottich befanden, wo die Abfälle hineinkamen.
"Gurold, dein Leben ist auch verwirkt", murmelte sie mit funkelnden Augen.
Mórenda zog den Dolch aus ihrem Gürtel. Heute nacht würden in Faramirs Hause einige Personen noch ihr Leben lassen.

Rezensionen