Arda Fanfiction

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Die Chroniken von Ithilien

von Celebne

Strafe

Pelendir befand sich auf seinem zerstörten Landgut im sommerlichen Ithilien und wies gerade die Zimmerleute an, wie sie sein neues Haus zu errichten hatten, als ein kleiner Trupp Soldaten aus Minas Tirith angeritten kam.
„Auf Geheiß des Königs!“ rief der Hauptmann der Soldaten aus. „Ihr seid hiermit festgenommen, Pelendir!“
Der Edelmann wusste gar nicht wie ihm geschah: seine Fragen, was passiert war, wurden nicht beantwortet. Das Ganze roch nach einem Komplott gegen ihn.
„Das ist alles ein Versehen!“ rief er empört aus. „Ihr werdet schwer bestraft werden, wenn das alles hier vorrüber ist.“
Doch die Soldaten lachten nur und legten Pelendir in Fesseln. Er wurde auf ein mitgeführtes Pferd gesetzt und mitgenommen. Die Zimmerleute auf dem Landgut sahen sich fragend an. War ihre Arbeit bereits vorüber?

Der Edelmann schäumte vor Wut, doch die Soldaten stellten sich gegen seine Schimpftiraden taub. Die Leute liefen neugierig auf den Straßen der Stadt zusammen und reckten die Hälse. Einige von ihnen erkannten Pelendir und deuteten spöttisch mit dem Finger auf ihn.
Die Soldaten führten den Edelmann schließlich in die Zitadelle, direkt in den Thronsaal hinein. Dort saß Aragorn oben auf dem weißen Thron und unterhalb auf dem dunklen Stuhl sein Truchseß Faramir. Beide Männer machten finstere Gesichter. Neben Faramirs Stuhl stand Éowyn, die Herrin Rohans und blickte ebenso düster drein.

„Was ist hier los?“ fragte Pelendir mit heiserer Stimme. „Warum behandelt man mich wie einen ehrlosen Verbrecher.“
„Nun, vielleicht seid Ihr gar nichts anderes, Herr Pelendir“, rief Aragorn erzürnt vom Thron herab. „Habt Ihr etwa Euere Tochter angestiftet, böse Lügen über die Herrin Rohans zu verbreiten?“
Pelendir wurde kalkweiß im Gesicht, als er das vernahm. So hatte Areanor sich also tatsächlich zu dieser ruchlosen Schandtat hinreißen lassen. Er schloß entsetzt die Augen.
Die große Flügeltür zum Thronsaal öffnete sich erneut und Areanor wurde hereingeführt. Sie war an Ketten gefesselt und sie trug ein graues Gefangenenkleid. Als sie ihren Vater sah, begann sie bitterlich zu weinen.
„Ich wollte mich nur rächen“, stieß sie unter Tränen hervor. „Mein Vater ist unschuldig. Er hat nichts davon gewusst.“
Pelendir schluckte, als er diese Worte seiner Tochter vernahm. Sie wollte ihn schützen, damit nicht er auch noch Ärger bekam.

„Wie soll ich die Beiden bestrafen, Faramir?“ fragte Aragorn streng. „Was schlägst du vor? Oder was schlägt Éowyn vor?“
„Bei uns in Rohan werden Frauen, die Schandtaten begehen, eine Woche lang tagsüber an den Pranger gestellt“, erklärte die Schildmaid kühl. „Solch eine Strafe würde ich für Areanor vorschlagen.“
„Sie muß Gondor für immer verlassen, und ihr Vater dazu!“ rief Faramir aufgebracht aus. „Solche Leute kann ich in Ithilien nicht brauchen.“

In Pelendirs Augen traten Tränen: seine Tochter hatte es tatsächlich geschafft, und all seine Träume und Hoffnungen durch ein paar dumme Worte in der Öffentlichkeit zerstört. Trotzdem war sie immer noch seine Tochter und er konnte gut verstehen, was sie zu dieser Tat getrieben hatte.
„Ich bitte um Vergebung!“ flehte Areanor den König, den Truchseß und die Schildmaid an. „Ich war nicht mehr Herrin meiner Sinne. Es war blinde Wut, weil ich doch Faramir liebte und er nur diese Fremde aus Rohan ansah.“
„Schweigt!“ sagte Faramir herrisch und erhob sich. „Ihr macht alles nur noch schlimmer. Wie könnt Ihr von Liebe sprechen und seid im Grunde doch nur zu Taten fähig, die voller Hass triefen!“

Auch Pelendir zeigte sich zerknirscht und bat um Gnade für sich und seine Tochter.
„So hört doch, Ihr hohen Herren!“ rief er verzweifelt aus. „Es war die dumme Tat eines unglücklich verliebten Mädchens! Seid bitte nicht so hart mit Euerer Strafe.“
Der König hörte sich diese Worte stirnerunzelnd an. Er war ein guter Menschenkenner und er sah, wie verzweifelt und traurig Pelendir war. Seine Worte erinnerten ihn an Éowyn, die auch aus unglücklicher Liebe im Ringkrieg fast wahnwitzig gehandelt hatte. Jedoch hatte sie am Ende eine ruhmvolle Tat vollbracht, im Gegensatz zu Areanor.

„So hört denn mein Urteil!“ verkündete er schließlich. „Areanor, Pelendirs Tochter, wird mit einer Woche Pranger bestraft. Dannach wird sie von zwei Soldaten aus dem Lande gejagt. Sie darf Gondor nie wieder betreten, ansonsten hat jeder das Recht, sie zu töten. Pelendir, ihr Vater, verliert all seine Titel, doch ich erlaube ihm, sein Landgut Findáráto zu behalten und es weiterhin als einfacher Bürger zu bestellen. Er soll ab jetzt ein treuer Untertan von Faramir, dem Fürsten von Ithilien, sein.“

Die Strafen waren wirklich hart und Areanor brach weinend auf dem kalten Marmorboden der Halle zusammen. Sie flehte um Gnade. Pelendir verspürte einen tiefen Schmerz in seiner Brust. Für ihn war es schlimm, all seine Titel zu verlieren, doch noch schlimmer war der Verlust seiner Tochter, die er unter diesen Umständen nie wieder sehen konnte.
Sein Hass auf Faramir wurde nur noch größer,  denn der Truchseß war die Ursache allen Übels.
„Verlasst nun die Stadt und kehrt nach Ithilien zurück“, sagte Aragorn mit erhobener Stimme. „Ihr werdet Euere Tochter nicht wieder sehen, Pelendir.“
Areanor weinte und schrie, als man sie abführte. Der ehemalige Edelmann sah ihr mit blutendem Herzen nach und schlich dann schließlich wie ein geprügelter Hund aus dem Thronsaal.

Aragorn wandte sich nun an Faramir und Éowyn.
„Seid ihr mit meinem Urteil halbwegs zufrieden?“
„Ich hätte nichts dagegen gehabt, wenn du Pelendir auch des Landes verwiesen hättest“, meinte Faramir mit schiefen Lächeln. „Aber vielleicht ist dieses Urteil auch wirklich zu hart für ihn.“
„Ich bin froh, dass dieses Weib richtig bestraft wird“, gab Éowyn zu, „denn mein Ruf ist nun dahin. Ich weiß nicht, ob ich unter diesen Umständen in Gondor bleiben kann.“
Faramir wurde ganz blaß, als er das hörte. Dann hatte Areanor womöglich doch ihr Ziel erreicht und sich gerächt, weil ihr Vater nicht Fürst von Ithilien geworden war. Éowyn verließ jetzt den Thronsaal. Faramir wollte ihr folgen, doch der König rief ihn zu sich.

„Laß sie jetzt besser alleine, mein Freund“, meinte er müde lächelnd. „Sie hat über einiges nachzudenken.“
„Sie wird mich verlassen!“ stieß Faramir unglücklich hervor. „Mein Glück ist dahin und ich werde bis ans Ende meiner Tage nimmermehr lächeln können.“
„Nein, soweit wird es nicht kommen“, sagte Aragorn ernst. „Pass auf, ich habe einen Plan für euch beide.“

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