Arda Fanfiction

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Die Chroniken von Ithilien

von Celebne

Neue Pläne

Faramir hörte interessiert dem Plan des Königs zu. Dieser schlug vor, dass der junge Truchseß mit seiner Verlobten nach Rohan reisen sollte, bis Gras über die Sache gewachsen war. In Rohan sollte auch dann gleich die Hochzeit stattfinden.
„Wenn Ihr wieder nach Gondor zurückkehrt, dann zieht ohne großen Aufenthalt in Minas Tirith sofort nach Emyn Arnen“, erklärte Aragorn weiter. „Bis nach Ithilien dürften diese dummen Gerüchte nicht dringen. Ich werde dafür sorgen, dass die Leute bestraft werden, die Areanors törichten Klatsch verbreiten. Schließlich bin auch ich von dieser Sache betroffen.“

Faramir nickte und seufzte leise. Er durfte sich jetzt entfernen. Natürlich suchte er sogleich Éowyn auf, die traurig durch die Gärten schlenderte. Selbst der fröhliche Gesang von Arwens elbischen Hofdamen konnte sie nicht aufheitern.
„Ich reise noch heute nach Rohan ab“, kündigte die Schildmaid an, ehe Faramir sprechen konnte.
„Und ich gehe mit“, erklärte Faramir lächelnd und küsste sie auf die Stirn. „Wenn du mich noch möchtest, können wir in Edoras heiraten. Was hältest du davon?“
„Und dannach?“ fragte Éowyn zweifelnd. „Müssen wir nicht wieder nach Gondor zurück?“
„Das hat Zeit“, bemerkte der rothaarige Truchseß zuversichtlich. „Wir werden viele schöne Wochen in deiner Heimat verbringen. Später werden wir sofort nach Ithilien ziehen, ohne uns hier in Minas Tirith noch einmal länger aufhalten zu müssen.“
„Das klingt gut“, sagte die Schildmaid aufatmend und lehnte sich an Faramir. „Ein Dasein ohne dich kann ich mir eigentlich nicht mehr vorstellen. Du bist der Stern meines Lebens, Liebster.“
Faramir hob ihren Kopf sanft mit seinen Händen und küsste sie in aller Öffentlichkeit.


Das junge Paar reiste am Abend des gleichen Tages nach Rohan ab. Éomer hatte bereits vor einigen Tagen Minas Tirith mit dem Leichnam des toten Théodens verlassen, um die Beisetzung vorzubereiten.
Éowyn hatte ein wenig Furcht, durch die gewundene Straße der Stadt nach unten zu reiten. Ob die Leute bereits über sie tuschelten und redeten? Doch nichts dergleichen geschah, eher das Gegenteil: das Volk jubelte dem Truchsesspaar zu. Aufatmend ritt die Schildmaid durch das wiedererrichtete Stadttor und ließ Windfola losgaloppieren. Faramir gab seinem Pferd die Sporen, um wieder an ihre Seite zu gelangen. Lachend griff er nach ihrer Hand im Reiten. Es war alles in bester Ordnung und er sah der Zukunft wieder zuversichtlich entgegen.

Ganz anders war das bei Areanor: sie stand mit furchtsamer Miene schon den ganzen Tag am Pranger. Diese Holzkonstruktion war mitten auf dem Marktplatz von Minas Tirith errichtet worden. Ihren Kopf und die Hände waren durch die Öffnungen eines quadratischen Holzbrettes gesteckt worden und somit gefesselt, damit sie sich nicht rühren konnte. Einige Kinder hatten Gefallen daran gefunden, sie immer wieder mit kleinen Steinchen zu bewerfen. Areanors Gesicht war schon über und über mit Blessuren bedeckt. Unter ihrem Hals war ein Schild befestigt worden, warum sie hier am Pranger stand:

„Diese Maid hat der Herrin Rohans große Schande zugefügt, indem sie ihre Ehre mit Lügen beschmutzt hat, die sie in der Öffentlichkeit verbreitet hat. Die Herrin Rohans ist eine ehrbare Jungfrau und die künftige Gemahlin unseres Truchseß, Herrn Faramir.“

Arwen ging in den Abendstunden, kurz nachdem Faramir und Éowyn weggeritten waren, zusammen mit Legolas und Gimli auf den Markt von Minas Tirith. Die Königin liebte den Markt und vor allem das Feilschen mit den Händlern. So etwas hatte es in Bruchtal nicht gegeben. Legolas und der Zwerg begleiteten sie, weil sie sich den Markt der Menschen einmal näher betrachten wollten. Daher verzichtete Arwen auch auf eine Leibgarde: die zwei tapferen Recken aus dem Ringkrieg waren ihr Schutz genug.
Gimli blieb sofort am Stand eines Edelsteinhändlers aus Belfalas mit leuchtenden Augen stehen. Er war höchst verzückt über die bunten Saphire, Smaragde und Rubine. Legolas dagegen interessierte sich für einen Stand, an welchem Schösslinge von jungen Bäumen verkauft wurden. Arwen wartete mit geduldigem Lächeln auf ihre Begleiter, die im Moment völlig ihre Aufgabe vergessen hatten – den Schutz der Königin.

Ihr Blick wanderte zum Pranger hin, wo immer noch die unglückliche Areanor stand. Das Mädchen schluchzte leise vor sich hin. Einige freche Knaben hörten nicht auf, sie mit Steinen zu bewerfen. Arwen bekam großes Mitleid mit Areanor. Sie wusste zwar, was sie Éowyn angetan hatte, doch sie war der Meinung, dass es hässlich war, sie obendrein noch mit diesen Steinen zu verletzen. Mit düsterer Miene schritt die Königin auf die Jungen zu.
„Schämt ihr euch denn nicht? Ist diese Frau nicht schon genug bestraft?“ herrschte sie die Kinder mit erhobener Stimme an.
Die Jungen erstarrten in Furcht, denn eine zornige Elbin konnte gar bedrohlich aussehen. Arwens stahlblaue Augen schienen Blitze auszusenden und ihr Körper gewachsen zu sein.
„Verzeiht, Frau Königin“, stieß einer der Knaben ängstlich hervor.
„Verschwindet!“ knurrte Gimli, der herbeigeeilt war,  die Jungen an und schüttelte die Faust.
Legolas gesellte sich nun zu Arwen und warf ihr einen vielsagenden Blick zu. Die Unterschiede zwischen Elben und Menschen waren doch beträchtlich.

Areanor wurde bei Einbruch der Dunkelheit vom Pranger losgemacht und in den Kerker zurückgeführt. Unterwegs begegnete ihr und ihren Bewachern ausgerechnet der junge Anborn. Er starrte entsetzt auf Areanor.
„Dann ist es also wahr, und Ihr seit diejenige, welche man an den Pranger gestellt hat“, flüsterte er fassungslos. „Wie konntet Ihr es wagen und dem guten Herrn Faramir und seiner Braut solch einen Schmerz zufügen?“
Areanor konnte nichts darauf sagen. Sie bereute ihr Vergehen zutiefst, aber es war nicht mehr rückgängig zu machen. Nun wandte sich auch noch Anborn von ihr ab.
„Ich habe Euch geliebt, Areanor“, sagte er bekümmert  und ging seufzend seiner Wege.
Der Waldläufer sah nicht mehr, wie Areanor in Tränen ausbrach.

Dank Arwens Barmherzigkeit wurde Areanors Bestrafung am Pranger in den folgenden Tagen erträglicher. Niemand traute sich mehr, Gegenstände nach der jungen Frau zu werfen.
Pelendir blieb derweil nicht untätig. Nachdem er sich in Belecthors Haus wieder von seinem Schrecken erholt hatte, beschloß er, seiner Tochter zu helfen. Er vermied zwar, auf den Markt zu gehen, wo der Pranger stand, denn der Anblick hätte ihn wahrscheinlich umgebracht, aber er begab sich stattdessen hinab in den zweiten Festungsring. Dort führte ihn sein Weg in die Färbergasse. Dies war eine Gegend, die von den ehrbaren Bürgern Minas Tiriths gerne gemieden wurde aufgrund des Gestankes der Färbungsmittel. Zum Färben wurden nicht nur Pflanzen benutzt, sondern auch Asche, Kalklauge und vor allem Urin.

Der beißende Geruch, der Pelendir sofort in Nase stieg, verursachte einen leichten Brechreiz bei ihm. Doch das Haus, welches er aufsuchen wollte, lag nun mal in dieser Gasse. Die gefärbten Stoffe waren an langen Leinen, die quer über die enge Straße gespannt waren, zum Trocknen aufgehängt. Die Färber standen in ihren offenen Scheunen und rührten in dampfenden Kesseln neue Farblaugen zusammen. In einem Graben am Straßenrand flossen die stinkenden Abwässer der Färber. Der grauhaarige Mann war heilfroh, als er endlich das heruntergekommene Haus von Ohtar am Ende der Straße erreichte. Er klopfte aufgeregt an die Haustür aus starken Holzbohlen. Es wurde ihm geöffnet  von einem schwarzlockigen Mann und Pelendir atmete auf: Der Hausbesitzer hatte also den Ringkrieg überlebt. Der ehemalige Edelmann trat ein und durchschritt hinter Ohtar einen langen, düsteren Korridor, der in einem großen Wohnraum mit einem offenen Kamin führte. Vor dem Kamin stellte sich der etwa vierzigjährige Mann mit  den schwarzen Locken und dem verschlagenem Gesicht hin und verschränkte die Arme.

„Was willst du hier, Alter?“ fragte er frech.
Pelendir holte einen kleinen Beutel mit Goldstücken hervor und legte ihn auf den Tisch.
„Man sagte mir, dass Ihr für Geld alles tut, Ohtar.“
Der Schwarzhaarige grinste schief und öffnete den Beutel, der auf dem Tisch lag.
„Nicht schlecht! Was erwartet Ihr von mir?“
„Meine Tochter soll außer Landes gebracht werden“, erklärte Pelendir ernst. „Sie wird von zwei Soldaten begleitet. Ich will, dass Ihr die Soldaten tötet und meine Tochter auf mein Landgut Findáráto bringt. Der Tod der Soldaten soll aber aussehen, als wenn das Orks oder Haradrim getan hätten. Und meine Tochter soll verkleidet nach Findáráto kommen.“
„Da langen aber diese paar Kröten nicht, Alter“, meinte Ohtar stirnerunzelnd.
„Seht es als Anzahlung an“, erwiderte Pelendir unbeirrt. „Den Rest bekommt Ihr, wenn Ihr den Auftrag zu meiner Zufriedenheit erledigt habt.“
„Gut, ich werde sehen, was sich machen lässt“, erklärte Ohtar mürrisch. „Jetzt verschwindet wieder, denn ich habe zu tun.“
Pelendir verließ einigermaßen zufrieden das Haus. Endlich konnte er nach Ithilien zurückkehren.

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