Arda Fanfiction

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Die Chroniken von Ithilien

von Celebne

Neuer Ärger

Faramir machte eine Woche nach seinem Einzug ins Fürstenhaus seinen Antrittsbesuch beim König. Es war Zeit, Aragorn mitzuteilen, dass er wieder im Lande war und seine Pflichten aufnehmen wollte. Als er die Zitadelle betrat, führte ihn ein Bediensteter zu den Privaträumen des Königs. Im Kaminzimmer Aragorns standen der König, seine Gemahlin, Legolas und Gimli über eine große Karte gebeugt.
Sie waren alle vier in recht euphorischer Stimmung. Faramir war es fast peinlich, hier zu stören, und er grüßte die Freunde verlegen. Aragorn kam lachend auf ihn zu und beglückwünschte ihn zu seiner Heirat mit Éowyn. Das taten nun auch Arwen, Legolas und Gimli.

„Es tut mir leid, dass ich die Versammlung hier störe“, meinte Faramir schüchtern lächelnd.  „Ich wollte nur persönlich mitteilen, dass ich in das Fürstenhaus eingezogen bin und meine Ämter nun wieder aufnehmen kann.“
„Das hat Zeit!“ winkte Aragorn großmütig ab. „Gewöhne dich erst einmal richtig in Ithilien ein. Sieh dir die Karte an! Das ist ein Plan von der Elbensiedlung, südlich der Emyn Arnen.“
Neugierig trat Faramir näher und betrachtete die Karte. Es waren zahlreiche Gebäude darauf eingezeichnet.
„Ich sehe, dass ich lange zu lange weg war“, sagte der junge Fürst lächelnd. „Wie weit ist denn die Elbenstadt schon gediehen?“
„Das wird großartig!“ bemerkte Gimli überschwänglich. „Auch einige Zwerge werden beim Bau von Har Lasgalen mithelfen.“
„Har Lasgalen?“ wiederholte Faramir fragend. „Soll so die neue Siedlung der Elben heißen?“

„Ja“, erwiderte Legolas mit leuchtenden Augen. „Dieser Name soll an meine Heimat erinnern. Har bedeutet, dass diese Stadt südlich von Eryn Lasgalen liegt.“
„Diese Stadt wird den Baustil von Elben und Zwergen vereinen“, schwärmte Gimli in den höchsten Tönen. „Kommt doch einmal mit Euerer Gemahlin vorbei, Herr Faramir!“
„Das werde ich gerne tun“, sagte der junge Fürst schmunzelnd.

Faramir unterhielt sich noch eine Weile mit den ehemaligen Gefährten der Ringgemeinschaft und mit der schönen Arwen, dann merkte der König, dass sein Truchseß irgendwas auf dem Herzen hatte, weil er immer wieder seinen Blick suchte.
Aragorn sagte seiner Gemahlin und seinen Freunden, dass er kurze Zeit alleine mit Faramir reden wollte, und verließ mit diesem das Kaminzimmer. Sie gingen in die Schreibstube des Königs.  
„Möchtest du Wein, Faramir?“ fragte Aragorn und holte zwei Kelche aus einem Regal.
„Nein, jetzt nicht“, erwiderte Faramir etwas nervös. „Ich möchte mit dir über Pelendir und seine Tochter sprechen. Es gefällt mir nicht, dass er weiterhin in meiner Nähe haust. Du kennst ja den berühmten Spruch über tötende Blicke, denke ich.“

Aragorn lachte herzlich auf und klopfte seinen jungen Truchseß auf die Schulter.
„Faramir, du siehst Gespenster.“
„Was ist eigentlich mit Areanor?“ fragte Faramir ernst nach. „Wurde sie außer Landes geschafft?“
„Natürlich. Halt, da war irgendein Vorfall“, unterbrach Aragorn sich grübelnd selbst.
„Ich erinnere mich“, sagte er nach einer Weile. „Ich glaube, das Mädchen ist tot. Man fand die verwesenden Leichen der beiden Soldaten im Grenzgebiet von Anórien und Rohan. Es waren Orks. Das Mädchen wurde anscheinend von ihnen verschleppt. Ihre zerrissenen Kleider hat man mir gebracht.“
„Das hört sich nicht gut an“, meinte Faramir erschrocken. „Weiß ihr Vater davon Bescheid?“
„Ich denke schon“, erwiderte Aragorn nachdenklich und strich sich über den kurzen Bart. „Vielleicht hast du mit deinen Gespenstern gar nicht so unrecht, mein Freund.“

Faramir gefiel dieses Sache auch ganz und gar nicht: seit Ende des Ringkrieges waren keine Orks mehr westlich des Anduins gesichtet worden, und jetzt plötzlich hatten sie Soldaten getötet und ausgerechnet ein Mädchen verschleppt, wo man doch eher erwarten musste, dass versprengte Orkbanden einsame Bauernhöfe überfielen, um dort Nahrung zu stehlen.  Ihm gefiel auch nicht, dass Aragorn offensichtlich diesen Vorfall als harmlos abtat. Anscheinend war es dringend nötig, dass der Truchseß seine Ämter so bald wie möglich wieder aufnahm. Der König konnte solch ein großes Reich nicht alleine regieren. Diese Sache mußte unbedingt weiter verfolgt werden!

„Ich wette, es hat ansonsten keine Vorfälle mit Orks gegeben, oder?“ fragte der junge Truchseß sofort nach.
„Nein, nicht dass ich wüsste“, sagte Aragorn tonlos und er stieß einen leisen Fluch aus.
„Du hast recht, da ist etwas faul. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass Pelendir selbst mit nach Anórien geritten ist. Er wurde immer wieder beim Arbeiten auf seinem Landgut gesichtet.“
„Pelendir macht sich nicht die Hände schmutzig, wenn es um Krieg oder Mord geht“, lachte Faramir ärgerlich auf. „Er hatte schon immer seine Handlanger, und die Inszenierung eines solchen verdeckten Verbrechens traue ich nur einem Mann in Minas Tirith zu: Ohtar, Falborns Sohn.“

Die beiden Männer ahnten nicht, dass jemand an der Tür gelauscht hatte: es war Mardil, ein unscheinbarer Diener, der immer treu ergeben wirkte. Doch Mardil gehörte zu Ohtars Gefolge. Dieser Verbrecher hatte seine Leute in fast ganz Minas Tirith verteilt, nicht zuletzt um den Adel Gondors zu bespitzeln. Bevor sich Faramir und Aragorn mit einer kleinen Truppe auf den Weg zu Ohtar machen konnten, war dieser bereits von Mardil gewarnt worden. Sofort räumte er sein Domizil in der Färbergasse und verließ die Stadt kurz darauf mit einigen Dutzend anderen Schurken. Ohtar wollte erst einmal abwarten, bis Gras über diese Sache wuchs und dann zurückkehren. Unter Truchseß Denethor hatte dieser Plan auch immer funktioniert.

Es war tief in der Nacht, als Faramir und Aragorn in die stinkende Färbergasse hineinritten, begleitet von Legolas, Gimli und etwa zwanzig Soldaten. Besonders der Zwerg war begierig darauf, zu kämpfen. Er saß hocherfreut hinter Legolas auf Arod und hopste aufgeregt herum. Doch als er den beißenden Geruch der Farben vernahm, verzog er unwillig das Gesicht.
„Hier stinkt es wie in der Kloake von Moria!“ beschwerte er sich laut.
„Das kommt von den Farblaugen“, erklärte ihm Legolas leise. „Allerdings frage ich mich, warum die Menschen solche widerwärtige Mittel benutzen. Wir Elben färben unsere Stoffe mit Kräuter, die viel wohlriechender sind. Ich sollte unsere Färbermeister von Eryn Lasgalen einmal hierherschicken.“

Faramir hielt jetzt sein Pferd vor Ohtars Haus an und stieg ab. Mit dem Schwert in der Hand, betätigte er den Türklopfer des Gebäudes. Aragorn gab den Soldaten einen Wink und auch sie zogen ihre Waffen, denn der Verbrecher würde sich bestimmt nicht etwa einfach ergeben. Legolas und Gimli stürmten die Treppe zur Haustür hinauf.
„Überlaßt das uns, Faramir!“, sagte der Zwerg schnaubend und stieß mit seinem Fuß die Tür auf.
Er stürmte mit seiner Axt brüllend in das Haus und Legolas folgte ihm auf leisen Sohlen, Bogen und Pfeil in der Hand. Faramir und Aragorn betraten nun ebenfalls das Haus. Die Soldaten waren hinter ihnen.

„Das sieht nach einer Falle aus“, wisperte Faramir dem König zu.
„Er ist nicht hier!“ rief Gimli enttäuscht aus dem Wohnraum.
„Vielleicht verübt er eine neue Untat“, bemerkte Legolas nachdenklich.
Faramir sah sich stirnerunzelnd im Haus um.
„Er hat alles, was nicht niet- und nagelfest ist, mitgenommen, als er ob er überhastet weg musste.“
„Für mich sieht das nach Verrat aus“, murmelte Aragorn. „Jemand hat Ohtar gewarnt. Wir wurden belauscht.“
„Meinem Vater ist es schon seinerzeit nicht gelungen, diesem Verbrecher das Handwerk zu legen“, sagte Faramir kopfschüttelnd. „Niemals konnte man ihm nachweisen, diese oder jene Tat begangen zu haben. Er muß wahrlich viele Männer um sich geschart haben. Nicht einmal der Ringkrieg vermochte dieses Verbrechernest auszulöschen.“
„Laßt uns zurück zur Zitadelle reiten“, entschied Aragorn. „Es ist spät und zu dunkel. Morgen früh werden wir beraten, was wir wegen Ohtar unternehmen.“


Pelendir aß gerade mit Areanor und dem taubstummen Aiglos zu Abend, als plötzlich dicht vor der Hütte Hufgetrappel erscholl. Er gab seiner Tochter einen Wink, und sie verließ den Raum durch eine Hintertür, um sich zu verstecken. Kaum war sie verschwunden, wurde die vordere Eingangstür auch schon von Ohtar aufgerissen.
„Euer schöner Plan hat offenbar versagt, Alter“, fuhr er Pelendir wütend an. „Der König und sein oberschlauer Truchseß sind mir auf die Schliche gekommen.“
„Tja, mein Lieber“, erwiderte der ehemalige Edelmann gelassen. „Bei Denethor wäre Euch das nicht passiert, nicht wahr? Aber was kann ich dafür, dass Ihr so fahrlässig gehandelt habt. Ihr hättet Sorge dafür tragen müssen, dass alles mehr nach Ork-Angriff aussieht. Ihr hättet mindestens einen Bauernhof in der Nähe plündern müssen.“

„Dafür hat Euere miese Bezahlung nicht gereicht!“ schnaubte Ohtar wütend auf und schlug auf den Tisch, dass alle Schüsseln wackelten.
Areanor kehrte nun in den Wohnraum der Hütte zurück und funkelte den Schurken wütend an.
„Mein Vater hat Euch sein ganzes Vermögen überlassen, das war mehr als genug“, sagte sie mutig. „Besser Ihr verlasst unser Landgut wieder.“
„Landgut!“ Ohtar lachte höhnisch auf. „Wenn diese ärmliche Hütte hier ein Landgut sein soll, dann bin ich König von Gondor! Aber gut, ich gehe. Ihr könnt nur hoffen, dass ich Euch nicht noch einmal besuchen muß.“
Der Schurke verließ nun tatsächlich die Hütte und Pelendir atmete auf. Dankbar lächelte er seine Tochter an.

Ohtar jedoch befahl seiner Bande wütend aufzusitzen und Richtung Süden zu reiten. Man wollte sich in den Wäldern Ithiliens eine Zeitlang verstecken. Die etwa fünfundzwanzig Männer umrundeten die Hügel der Emyn Arnen und stießen schließlich am Waldrand auf eine einsame Reiterin: Éowyn, Fürstin von Ithilien.

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