Arda Fanfiction

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Die Chroniken von Ithilien

von Celebne

Areanors gute Tat

In Minas Tirith ahnte noch niemand etwas von der Geiselnahme in Ithilien. Am nächsten Morgen trafen sich der König, der Truchseß und die Freunde zur Beratung in den Privaträumen von Aragorn und Arwen. Faramir drängte darauf, Ohtar so schnell wie möglich das Handwerk zu legen. Gimli war sofort Feuer und Flamme und freute sich schon darauf, endlich wieder seine Axt gebrauchen zu dürfen. Aragorn  jedoch blieb eher nachdenklich. In seinem langen Waldläuferleben hatte er schon viele solche Strolche kommen und gehen gesehen.  Aber dieser Ohtar schien mehr als gerissen zu sein, wenn er Truchseß Denethor jahrelang an der Nase herumgeführt hatte. Für ihn war es erst einmal wichtig, dem Spitzel in der Zitadelle das Handwerk zu legen. Aragorn entschied daher, in der Stadt zu bleiben, um dort Nachforschungen zu betreiben. Seine Gemahlin war ganz froh über diese Entscheidung.

Eine Truppe von hundert Soldaten war im Nu zusammengestellt. Legolas und Gimli sollten Faramir begleiten. Die Reiter verließen eilends die Stadt, mit dem Truchseß an der Spitze. Zunächst ritt  man nach Norden, weil man vermutete, dass Ohtar mit seinen Leuten außer Landes geflohen war. Doch bald kristallisierte sich heraus, dass der Schurke nicht in diese Richtung geritten war.
„Könnte er nicht nach Ithilien geritten sein, um sich mit Pelendir dort zu verbünden?“ mutmaßte Legolas. „Wenn er einmal gemeinsame Sache mit ihm gemacht hat, könnte er dies doch auch ein zweites Mal tun.“
„Oder er rächt sich an Pelendir, weil dieser ihm ja die ganze Suppe eingebrockt hat“, sagte Faramir nachdenklich.
Er ließ die Truppe kehrtmachen und schon bald waren die Reiter unterwegs nach Ithilien.

Areanor und Bergil hatten inzwischen die Elbensiedlung Tar Lasgalen erreicht. Es war nicht einfach, die Behausungen der Waldelben zu finden, denn sie liebten die Abgeschiedenheit. Zum Glück waren die junge Frau und der Knabe auf einen elbischen Jäger gestoßen, der die beiden in die Siedlung brachte, die momentan aber eher noch einer riesigen Baustelle glich. Edrahil, der ein Vetter von Legolas war, verließ seine Behausung, um sich die beiden Menschen näher anzusehen. Er war auch der Stellvertreter des Prinzen, wenn dieser abwesend war.
Areanor erkannte ihn sofort wieder und Edrahil sie. Der Elb hatte sich gemerkt, dass das Mädchen freundlicher gesinnt war als der ältere Mensch.

„Es ist etwas Entsetzliches passiert!“ rief die junge Frau aufgeregt und stieg von ihrem Pferd ab. „Éowyn, die Fürstin von Ithilien, ist von Schurken gefangengenommen worden und wird oben in den Emyn Arnen festgehalten.“
„Im Fürstenhaus?“ fragte Edrahil stirnerunzelnd.
„Ja,  und mein Vater auch!“ platzte jetzt Bergil eifrig heraus. „Ihr müsst uns helfen.“
Immer mehr Elben versammelten sich um Edrahil herum. Sie begannen sich leise mit ihrem Anführer zu unterhalten. Areanor versuchte zu lauschen, aber die Elben aus dem Düsterwald sprachen ein etwas anderes Sindarin als die Menschen in Gondor.
Edrahil wandte sich an Bergil und wollte einiges von ihm wissen. Als er hörte, dass sich Ohtar und seine Männer im Fürstenhaus verschanzt hatten, runzelte er besorgt die Stirn.

„Das Fürstenhaus ist so gut wie uneinnehmbar durch die hohe Mauer, die es umgibt“, erklärte er schließlich. „Wir können versuchen, hinaufzureiten, aber vermutlich werden wir die Fürstin erst einmal nicht befreien können. Wir müssen Faramir befragen, ob es noch einen anderen Weg gibt.“
Areanor biß auf die Unterlippe. Faramir wollte sie lieber nicht begegnen. Doch wer „A“ sagte, musste auch „B“ sagen.
Edrahil hatte im Nu eine kleine Truppe von etwa fünfzehn bewaffneten Waldelben zusammengestellt. Zusammen mit der jungen Frau und Bergil machten sie sich am nächsten Morgen  zum Fürstenhaus auf.

Éowyn ging es nicht besonders gut am Morgen nach ihrer Gefangennahme: Ohtar hatte sie in die kleine Bibliothek des Fürstenhauses eingesperrt, weil man aus dem Raum nicht entkommen konnte, denn die Fenster dieses Zimmers waren so klein, dass kein erwachsener Mensch hinausklettern konnte. Die Fürstin lag auf dem kleinen Sofa in der Ecke der Bibliothek. Die Wunde hatte sich entzündet, weil sich die Pfeilspitze immer noch darin befand. Éowyn hatte deswegen auch leichtes Fieber. Sie selbst hatte die Wunde notdürftig verbunden mit einem Stück Stoff aus ihrem Unterrock.  Endlich wurde die  Tür aufgesperrt und Ohtar persönlich kam herein, um ihr etwas Essen und Trinken zu bringen. Er grinste böse, als er sah, dass es Éowyn schlecht ging.

„Faramir wird Euch hart bestrafen für das, was Ihr den Leuten hier und mir antut“, drohte die Fürstin mit schwacher Stimme.
„Faramir!“ stieß Ohtar spöttisch hervor. „Huh, da kriege ich ja richtig Angst! Vor seinem Bruder habe ich mich gefürchtet. Das war ein Bär von einem Mann. Wenn der in der Stadt war, habe ich mich immer ruhig verhalten. Aber Faramir konnte mir nie etwas anhaben. Das ist ein Schwächling und ein Träumer. Er war nur der Handlanger seines närrischen Alten, dem er es trotzdem nie recht machen konnte.“
Tränen der Wut stiegen in Éowyns Augen: in besserer Verfassung hätte sie Ohtar für diese Worte wahrscheinlich angegriffen. Aber jetzt lag sie matt auf dem Sofa und kämpfte mit dem Fieber.

„Ich wette, Faramir taucht bald hier auf“, fuhr Ohtar feixend fort. „Er wird sich wundern, wenn er vor einem verschlossenen Tor steht. Ich freue mich schon, sein dummes Gesicht zu sehen, wenn es soweit ist. Dann werde ich ihm unterbreiten, wieviel Lösegeld ich für Euch haben will.“
„Ihr seid ein Scheusal“, murmelte Éowyn leise und schloß die Augen.
Ohtar lachte widerlich auf und verließ die Bibliothek wieder.  

Kurz darauf meldete ihm ein Wachposten, dass sich Elben dem Fürstenhaus näherten. Darüber war Ohtar etwas verwundert, da er eher mit Faramir gerechnet hatte. Neugierig kletterte er auf den Wall, der das Fürstenhaus umgab und blickte auf den Weg hinab. Tatsächlich kamen da etwa siebzehn Reiter herangaloppiert. Als Ohtar Areanor erkannte, verzog er das Gesicht unwillig. Mit ihr und ihrem Vater wollte er auch noch abrechnen, wenn die Sache hier vorüber war. Er fragte sich, wer der blonde Knabe war, der bei Areanor auf dem Pferd saß. Die Elben hielten ihre Pferde in einigem Abstand an. Einer von ihnen stieg ab und ging bis zum Tor hin und forderte mit kräftiger Stimme Einlaß. Doch Ohtar lachte nur schallend.
„Schick mir Fürst Faramir her, du Narr!“ rief er höhnisch herab. „Nur mit ihm will ich sprechen.“
Der Elb blickte zornig zu Ohtar empor und ging dann wieder zu den anderen zurück.
Zufrieden beobachtete der Schurke, wie die Elben unverrichteteter Dinge davonritten.

Am Fuß der Emyn Arnen trafen Edrahil und seine Krieger auf Faramir, Legolas, Gimli und den Soldaten aus Minas Tirith. Areanors Versuche, sich hinter den Elben zu verstecken, schlugen fehl.
„Was macht Ihr hier?“ rief Faramir empört. „Ihr seid vogelfrei, wisst Ihr das nicht?“
„Sie hat mir geholfen!“ krähte Bergil tapfer dazwischen. „Wir haben zusammen die Elben alarmiert.“
Faramir blickte den Knaben erstaunt an und wollte von ihm genau wissen, was passiert war. Um Areanor wollte er sich später kümmern. Als er hörte, dass Éowyn verwundet war, wurde sein Gesicht ganz weiß.
„Fürst Faramir, wir können in das Fürstenhaus nicht eindringen“, erklärte Edrahil besorgt. „Sie haben das Tor verschlossen und verhöhnen alle, die zum Fürstenhaus emporreiten von der Mauer aus.“

Faramir stieß einen ärgerlichen Fluch aus, als er das hörte.
„Gibt es denn keinen anderen Weg zum Fürstenhaus?“ fragte Legolas mit sanfter Stimme. „Etwa einen Geheimgang oder etwas ähnliches?“
Der junge Fürst überlegte kurz, und dann nickte er.
„Es gibt einen alten Bachlauf in den Emyn Arnen, der in eine Höhle hineinfließt. Diese Höhle endet in einem ausgetrockneten Brunnen, der in den Gärten des Fürstenhauses liegt. Wir könnten versuchen, durch diese Höhle die Gärten zu erreichen. Dann sind wir wenigstens innerhalb der Mauer, wenn auch noch nicht im Haus.“

Gesagt, getan: Faramir führte die Truppe Soldaten und Elben in die Hügellandschaft von Emyn Arnen hinein. Er wusste genau, wo dieser Bach namens Thiliath lag. Im Frühjahr führte der Thiliath oft Hochwasser, da er vom Schneewasser der umliegenden Berge  gespeist wurde. Doch jetzt im Spätherbst bestand der Bach nur noch aus einem kleinen Rinnsal, was den Freunden aber sehr hilfreich war. Die Höhle, in welche der Bach hineinfloß war sehr niedrig, und nur Gimli konnte aufrecht gehen.
Faramir hatte eine Fackel angezündet und schon bald entdeckte er einen Seitengang, der aufwärts führte: das war der richtige Weg, der hinauf zum Fürstenhaus führte. Gimli war in seinem Element in der dunklen Höhle und er schwärmte davon, dass er alles darin erkunden wollte, sobald die Sache mit Éowyn und Ohtar ausgestanden war. Faramirs Gedanken jedoch waren ganz auf seine Gemahlin gerichtet. Er hoffte, dass sie noch am Leben war und dass alles gutging.

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