Arda Fanfiction

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Die Chroniken von Ithilien

von Celebne

Sorgen um Éowyn

In seiner Verzweiflung versuchte Faramir aus einem der Fenster des oberen Stockwerks zu springen. Doch Legolas hielt ihn zurück.
„Halt, mein Freund“, sagte er besonnen. „Wenn du jetzt hier hinunterspringst, könntest du dich böse verletzen. Du bist kein Elb, sondern ein Mensch. Laß mich das tun.“
Der Waldelb sah, wie es in Faramir arbeitete: seine Sorge um Éowyn war so groß,  dass schon fast jegliche Vernunft ausgeschaltet wurde. Doch nach kurzer Bedenkzeit nickte Faramir. Er sah ein, dass er verletzt Éowyn nicht nutzen konnte.
„Ich hole deine Gemahlin da lebend heraus“, versprach Legolas und schwang sich aus dem Fenster.

Faramir beobachtete, wie der Elb geschmeidig wie ein Katze im Garten unten landete. Er gab dem Fürsten ein Handzeichen, dass er in Ordnung war. Dann huschte er in der Dunkelheit davon. Faramir ging jetzt zu den anderen Soldaten zurück, die immer noch im Treppenhaus mit Ohtars Männern rangen. Die Luft war von beißenden Qualm durchsetzt und kaum jemand konnte mehr richtig atmen. Ein Soldat, der von einem Schwerthieb eines Schurken getroffen worden war, stürzte auf die brennende Treppe und kam dort qualvoll ums Leben. Schließlich sahen Freund und Feind ein, dass durch den Brand äußerste Lebensgefahr drohte und ein jeder versuchte sich irgendwie aus dem Haus zu retten. Faramir lotste die Soldaten und Elbenkrieger in das Gemach, wo er kurz zuvor mit Legolas gestanden hatte.

„Wir müssen uns rasch ein Seil aus Bettlaken knoten“, riet der Fürst den Männern. „Nur so können wir aus dem Flammenmeer entkommen.“
Die Elben brauchten kein Seil, sondern taten es ihrem Prinzen gleich, indem sie aus dem Fenster sprangen. Die Menschen jedoch mussten warten, bis das behelfsmäßige Seil fertig war. Die Zeit drängte. Jeden Moment konnten die tödlichen Flammen zur Tür herein züngeln. Faramir und seine Soldaten husteten immer wieder, da Rauch in das Gemach drang. Als das Seil fertig war, knotete es Faramir um das Fensterkreuz und er selbst stieg als erster herab, weil er zu Éowyn wollte.

Inzwischen war es Legolas gelungen, in den nächtlichen Hof einzudringen. Jeden Moment konnte Ohtar mit seiner Geisel zur Haustür herauskommen. Lärm drang an seine feine Elbenohren und sein Blick fiel unwillkürlich auf das Gesindehaus. Er sah, dass dort Leute zu den Fenstern herauskletterten. Offensichtlich waren es die Knechte und Mägde, die von den Schurken eingesperrt worden waren. Wenn er Pech hatte, würden diese Leute aus Unachtsamtkeit seinen schönen Plan vereiteln und das Leben der Fürstin erst recht in Gefahr bringen. Bergil hatte Legolas bereits entdeckt und winkte ihm lachend zu. Doch der Elb bedeutete ihm ruhig zu sein. Bergil blickte ihn erstaunt an, doch dann ging fast im gleichen Moment die schwere Haustür auf und Ohtar kam vorsichtig rückwärts herausgeschritten. Sein linker Arm umklammerte die schwerverletzte Éowyn, die mehr tot als lebendig schien, und seine rechte Hand hielt einen Dolch an ihre Kehle.

„Alles hört jetzt auf mich!“ schrie Ohtar bebend.
Legolas konnte seine Ausdünstungen riechen: offensichtlich war dieser Mensch in großer Verzweiflung. Die wertvolle Geisel war sein letzter Rettungsanker. Der Elb schlich näher an Ohtar heran. Er befand sich direkt hinter der großen Haustüre. Es mußte dann schnell gehen, wenn der Schurke in Reichweite von Legolas Messer war.


Areanor beobachtete an Bergils Seite diese Schreckensszenerie an der Haustür.
„Er hat Éowyn!“ zischte sie dem Jungen zu. „Wir müssen etwas unternehmen!“
„Ich weiß nicht, Areanor“, gab Bergil unsicher zurück. „Ich glaube, Legolas will irgendwas machen.“
„Es ist gleich zu spät“, murmelte Areanor und ihre Hand tastete nach ihrem Schwert.

Beregond trat jetzt neben sie, aber auch er konnte die entschlossene junge Frau nicht zurückhalten. Sie zog ihr Schwert und lief mit einem Wutschrei auf Ohtar zu. Legolas schloß für einen Moment entsetzt die Augen, als er das sah. Areanor würde die ganze Situation verschlimmern. Ohtar machte eine rasche Drehung zur Seite und einer seiner Männer stürmte zur Haustür heraus und schoß einen Pfeil auf die heranlaufende Amazone. Areanor stürzte getroffen zu Boden, und nun beging Ohtar den entscheidenden Fehler, dass er nun doch rückwärts in Legolas’ Richtung ging. Darauf hatte der Elb nur gewartet und er stieß dem Mann blitzschnell seinen Dolch ins Genick, während er mit der andern Hand das Messer von Éowyns Kehle wegstieß.

Dadurch verletzte sich zwar Legolas selbst an der Hand, aber darauf achtete er nicht. Éowyn und Ohtar sanken zu Boden. Der Elbenprinz musste sich jetzt gegen Ohtars Männer wehren, die in der Überzahl waren. Doch er hatte das Glück des Tüchtigen und Beregond kam ihm mit den Männern der Weißen Schar zur Hilfe, die jetzt alle aus ihrem ‚Gefängnis’ befreit waren. Edrahil und Gimli sahen dies und begannen sich gegen ihre Bewacher zu wehren. Bergil ergriff die Gelegenheit beim Schopf und lief zu Areanor hin. Er kniete neben ihr nieder und weinte, denn die junge Frau war tödlich getroffen. Beregond aber trug die ohnmächtige Fürstin Éowyn aus der Gefahrenzone heraus und ging mit ihr auf den Armen Richtung Gesindehaus. Nun kamen auch die Elben hinzu, die aus dem Fenster gesprungen waren und machten Ohtars Männern den Garaus. Legolas sprang hin zu Beregond.

„Ihr seid verwundet, Herr Elb“, sagte der treue Wächter von Emyn Arnen besorgt.
„Es ist nur ein Kratzer an der Hand“, beruhigte Legolas ihn. „Meine Sorge gilt Frau Éowyn, die tief bewusstlos ist. Sie muß nach Minas Tirith in die Häuser der Heilung gebracht werden.“

Auch Faramir kam jetzt um die Ecke gebogen mit rußgeschwärztem Gesicht. Er lief  aufgeregt  zu seiner schwerverletzten Frau hin. Éowyns Zustand war sehr bedenklich: die Wunde am Arm war entzündet und das Fieber stark gestiegen. Er kniete sich neben ihr hin und ergriff Éowyns Hand. Sie schien es nicht zu merken.
„Sie muß nach Minas Tirith“, wiederholte Legolas eindringlich. „Nur Aragorn kann ihr jetzt noch helfen.“
„Und wenn sie es nicht schafft?“ fragte Faramir mit zitternder Stimme.
Der Elb klopfte jetzt dem jungen Fürsten aufmunternd die Schulter.
„Éowyn ist eine zähe Frau. Sie wird es schaffen“, versicherte er Faramir.
„Dann lasst rasch einen Pferdewagen anspannen!“ rief der Fürst Beregond zu.

Er konnte sich jetzt nicht um das brennende Haus, die verletzten Leute und Toten kümmern. Für ihn hatte Éowyns Überleben Vorrang.
Plötzlich trat Bergil neben ihm mit blutverschmierter Tunika.
„Herr Faramir, Areanor möchte Euch sprechen“, sagte er verlegen.
„Das geht nicht“, entgegnete Faramir ungehalten. „Sieh doch, wie es der Fürstin geht. Ich muß bei ihr bleiben.“
„Areanor liegt im Sterben“, fuhr Bergil kleinlaut fort. „Sie möchte Euch um Verzeihung bitten.“

Faramir erschrak, als er das hörte: Areanor hatte er natürlich ganz vergessen. Sie war ja eigentlich geächtet. Trotzdem stand er rasch auf, warf einen liebevollen Blick auf Éowyn und ging mit Bergil zu Areanor hinüber. Sie lag immer noch auf dem Boden, den Kopf auf Bergils Mantel gebettet. Faramir sah auf den ersten Blick, dass es zuende mit ihr ging. Ein Pfeilschaft steckte in ihrem Oberkörper, in der Nähe des Herzens.
„Faramir?“ stieß Areanor mit brüchiger Stimme hervor. „Ich bin froh, dass Ihr gekommen seid. Bitte verzeiht mir meine schändlichen Taten, sonst kann ich nicht in Ruhe sterben. Es tut mir alles so leid, auch dass ich aus der Verbannung zurückgekehrt bin. Vielleicht gelingt es Euch, mit meinem Vater Frieden zu schließen.“
„Ich verzeihe Euch“, sagte Faramir mit ruhiger Stimme. „Aber ob es Frieden mit Pelendir geben wird, hängt von ihm ab. An mir soll es nicht liegen. Ich will keinen Streit mit meinen Nachbarn in Ithilien.“
„Ich danke Euch“,  erwiderte Areanor lächelnd und verschied.

Bergil drückte ihr weinend die Augen zu.
„Sie hat versucht, Éowyn zu retten, wisst Ihr das?“ sagte er leise schluchzend zu Faramir.
„Sie hat ihre Untaten gesühnt“, erwiderte Faramir tonlos und ging zu Éowyn zurück.

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