Arda Fanfiction

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Regen, der auf Asche fällt

von Celebne

Unverhofft kommt oft

Éowyn hatte das Lager verlassen. Zusammen mit einigen Kriegern, die ihr als Leibwächter dienen sollten,  ritt sie zurück in den Norden Gondors. Die Schwangerschaft hatte ihr keine andere Wahl gelassen. Sie selbst war vernünftig genug, um zu wissen, dass es jetzt vorbei mit dem Feldzug war.
Ihre Kleider waren kurz vor ihrem Aufbruch wieder aufgetaucht: die Waldelben hatten sie in den nahen Wäldern verstreut gefunden. Aragorn hatte eine scharfe Rede vor den versammelten Soldaten gehalten und gedroht, dass er die Übeltäter ausfindig machen werde. Allerdings hatte das bei Elphir und seinen Kumpanen nur wenig Eindruck hinterlassen.

Mit Verbitterung hatte Éowyn dann dem Heer den Rücken gekehrt. Niemals wieder würde sie an einem Feldzug teilnehmen. Sie  kam sich vor wie eine Versagerin – so wie damals, als es ihr nicht gelungen war, einen vernünftigen Kräutergarten anzulegen. Sie fragte sich, zu was sie überhaupt taugte. Ach ja, zum Kinderkriegen! Sie würde wohl oder übel Faramir den ersehnten Nachwuchs schenken. Hoffentlich wurde es ein Mädchen, denn dann hatte er trotzdem keinen Erben und Stammhalter. Sie würde sich sowieso niemals wieder in ein Bett mit ihm zusammen legen nach allem, was geschehen war.

Éowyn hatte auch nicht vor in den Emyn Arnen zu bleiben: sie würde ihre ganzen Sachen auf einen Pferdewagen verladen lassen und dann nach Rohan zu ihrem Bruder ziehen. Es würde einen Riesenskandal und ein Gerede in Gondor und in Rohan geben, aber sie wollte fortan nicht mehr Faramirs Gemahlin spielen. Sie hatte das lange genug mitgemacht. Bei dem Gedanken an Faramir fühlte sie momentan nur Wut. Sie war ihm böse, dass er sie geschwängert und somit doch noch verhindert hatte, mit dem Heer zu kämpfen.




Beregond weckte Faramir vorsichtig, der in seinem Arbeitszimmer am Schreibpult eingeschlafen war.
„Mein Herr, es naht Besuch!“ sagte er fast flehend.
Der junge Fürst hob müde den Kopf, welcher sofort zu hämmern begann. Er spürte, wie ihm langsam die Galle hochkam und er begann zu würgen. Rasch brachte Beregond ihm einen kleinen Läufer, der auf einer Kommode im Arbeitszimmer lag. Faramir übergab sich darauf.
Es war ihm sehr peinlich, dies vor Beregonds Augen zu tun.

„Danke“, ächzte er schließlich und erhob sich vom Schreibpult.
Er taumelte zum Fenster und blickte hinaus. Als er eine Reiterschar und das Banner Rohans sah, wurde ihm augenblicklich erneut übel. Sein Schwager kam zu Besuch – ausgerechnet jetzt!
„Ich muß mich frischmachen“, keuchte Faramir und blickte Beregond hilflos an.
„Im Baderaum ist alles bereit“, erklärte der treue Leibwächter. „Ich werde den König von Rohan und Herrn Mithrandir so lange aufhalten.“
„Mithrandir ist auch hier?“ fragte sein Herr erstaunt.
Beregond nickte und geleitete Faramir dann rasch zum Baderaum. Als der Leibwächter sich entfernt hatte, entkleidete sich der junge Fürst und stieg dankbar in den Zuber, welcher mit warmem Wasser gefüllt war.

Éomer und Gandalf hatten derweil das Fürstenhaus betreten. Sie sahen sich etwas erstaunt an, als sie von niemanden begrüßt wurden.
„Ich hätte gedacht, dass wenigstens meine Schwester hier wäre“, murrte der junge König Rohans schlechtgelaunt.
„Mein Herr!“ rief Gwyneren von der Treppe aus und lief rasch herab.
Sie ging zu Éomer hin und knickste tief vor ihm. Beregond, welcher das sah, rollte mit den Augen. Er hoffte, dass die geschwätzige Zofe nicht zuviel aus dem Nähkästchen plauderte.
„Ihr wisst sicher, wo meine Schwester, die Fürstin, sich aufhält“, meinte der junge König freundlich zu.

Gwyneren fing sofort an zu plappern: sie erzählte Éomer, dass seine Schwester in den Krieg gezogen war und dass es deswegen Streit zwischen ihr und Faramir gegeben hatte. Sie fügte sogar hinzu, dass die Beiden sich schon länger stritten.
Je mehr Éomer hörte, desto zornesröter wurde sein Gesicht und Gandalfs Miene nachdenklicher.
Beregond bat die Gäste in den großen Saal, welcher der Goldenen Halle in Rohan glich. Éomer, der sich dort sofort zuhause fühlte, nahm auf einem der bequemen Stühle Platz und wartete ungeduldig auf Faramir.
Beregond entfernte sich wieder und zog auch Gwyneren mit sich hinaus.

„Ist das nicht das Letzte?“ beschwerte sich Éomer grimmig bei Gandalf. „Faramir streitet mit Éowyn und lässt sie dann auch noch mit in den Krieg ziehen?“
„Euere Schwester wollte schon immer mit dem Kopf durch die Wand“, meinte der Zauberer besonnen. „Ihr wisst das. Sie ist eine sehr temperamentvolle Frau.“
„Pah!“ meinte Éomer unwillig. „Faramir hat sich doch bei immer damit gebrüstet, dass er sie gezähmt hätte. Was für ein Geschwätz!“

Ein Diener trat ein und brachte den Gästen erfrischende Getränke und einen kleinen Imbiß. Doch Éomer hatte keinen Hunger. Er lief ungeduldig hin und her, da Faramir einfach nicht auftauchen wollte.
„Wie lange will der denn noch im Badezuber sitzen?“ schimpfte er laut. „Am Ende ist er vielleicht noch darin ertrunken.“
Gerade als er persönlich sich auf dem Weg zum Baderaum machen wollte, kam Faramir in den Saal herein. Der junge Fürst war totenbleich und es war ihm immer noch übel. Sein Haar hing naß über die Schultern und seine Augen waren blutunterlaufen.
Als Éomer Faramir in diesen Zustand sah, ging es endgültig mit ihm durch, und er verpasste seinem Schwager einen Kinnhaken. Faramir strauchelte und ging zu Boden.

„Éomer, seid Ihr von Sinnen!“ rief Gandalf entsetzt und lief rasch zu dem ohnmächtigen Fürsten hin.
„Was für eine Jammergestalt!“ stieß Éomer verächtlich hervor. „Das schlechte Gewissen in Person! Für solche Menschen habe ich nichts übrig. Da kann ich nur meine Faust sprechen lassen.“
„Wie immer denkt Ihr zu wenig und handelt zu viel!“ stieß Gandalf ärgerlich hervor, während er Faramir wieder auf die Füße half.
Der junge Fürst rieb sich den schmerzenden Unterkiefer und stöhnte leise.
„Éomer, ich kann dir alles erklären“, ächzte er leise.
„So, da bin ich aber gespannt“, meinte der junge König grimmig und verschränkte die Arme.


Faramir ging es noch schlechter als vorhin. Sein Kopf schmerzte jetzt noch mehr und sein Kinn dazu. Die Übelkeit war immer noch vorhanden. Trotzdem setzte er sich zu seinen Gästen und schilderte ihnen, warum Éowyn mit Heer gen Harad gezogen war.
„Ich bin natürlich nicht unschuldig“, sagte er reumütig. „Ich hatte kein Verständnis für ihre Waffenübungen. Sie trug keine Damenkleider mehr, sondern nur noch Waffenröcke.“
„Dafür hätte ich auch kein Verständnis“, erwiderte Éomer streng. „Allerdings frage ich mich, wer bei Euch beiden tatsächlich der Herr im Haus ist. Wenn du natürlich Éowyn erlaubt hast, mit dem Schwert zu üben, musst du auch die Folgen tragen, nämlich dass sie eines Tages in den Krieg zieht.“
„Ich wollte doch nur, dass sie hier glücklich ist“, sagte Faramir leise und blickte betreten auf den großen Holztisch, welcher in Rohan angefertigt worden war.

Gandalf hatte Einsehen mit dem jungen Fürsten. Er kannte den sensiblen Mann schon lange genug.  Faramir hatte es eigentlich verdient, glücklich zu sein, nach alldem, was er in seinem Leben mitgemacht hatte. Er sah, dass er versucht hatte, es Éowyn hier in Ithilien so angenehm wie möglich zu machen. Und trotzdem hatte es ihm die Schildmaid anscheinend nie gedankt, sondern sich auch weiterhin wie in einem Käfig gefühlt.
„Eine Frau muß man behandeln wie ein wildes Pferd“, erklärte Éomer etwas nachsichtiger. „Man muß sie fest an die Zügel nehmen und man darf niemals locker lassen, sonst wird sie widerspenstig.“
Faramir verzog das Gesicht bei dem Vergleich mit einem Pferd, aber das war typisch für jemanden aus Rohan.
„Ich hoffe, das kommt wieder ins Lot“, meinte Éomer finster. „Es kann natürlich jetzt dauern, bis meine Schwester zurückkehrt. Ich wünsche, dass du ihr nicht länger zürnst, sondern versuchst, eine normale Ehe mit ihr zu führen.“
Gandalf jedoch merkte, dass die Probleme zwischen dem Fürstenpaar viel gravierender waren, als Éomer annahm. Faramirs unglückliche Miene sprach Bände.

Beregond kam jetzt herein und sagte zu Faramir, dass Frau Nimriel im Begriffe war, aufzubrechen. Der junge Fürst entschuldigte sich bei seinen Gästen und ging hinaus, um Nimriel zu verabschieden.
Die Miene der jungen Frau war eisig. Sie war kurzangebunden zu Faramir und machte ihm noch Vorhaltungen, dass er ihr gegenüber sich nicht wie ein guter Gastgeber benommen habe.
„Ich weiß und es tut mir leid“, sagte Faramir betreten. „Ich wünsche Euch eine gute Rückreise, Nimriel.“
Nimriel warf ihm einen verächtlichen Blick zu und ritt dann mit ihren Anstandsdamen und einigen Soldaten der Weißen Schar davon.

Als Faramir wieder zurück zu seinen neuen Gästen kam, war Éomer erneut misstrauisch geworden.
„Ich habe gehört, dass du einen weiblichen Gast hier beherbergt hast“, meinte er erzürnt. „Vielleicht kannst du mir erklären, was das soll?“
„Es war der ausdrückliche Wunsch der Königin, Frau Nimriel mit nach Ithilien zu nehmen und ihr das grüne Land zu zeigen“, sagte Faramir gelassen.
„Mich würde sehr interessieren, was du ihr noch alles gezeigt hast“, schnaubte Éomer wütend und erhob sich.
Faramir befürchtete schon, er würde erneut auf ihn los gehen. Was hatte diese alberne Zofe dem jungen König alles berichtet?
Doch Éomer ging an ihm vorbei zur Tür.
„Ich reite nach Minas Tirith und werde dort einige Tage verbringen“, meinte er herablassend zu Faramir. „Hier fühle ich mich nicht mehr wohl.“
Gandalf jedoch beschloß bei dem jungen Fürsten zu bleiben. Er spürte, dass Faramir seine Hilfe brauchte.

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