Arda Fanfiction

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Regen, der auf Asche fällt

von Celebne

Gespräche

Der Zauberer schickte Faramir sofort wieder zurück ins Bett. Er hatte erkannt, dass der Fürst an diesem Tag alles andere als gesundheitlich auf der Höhe war. Als Faramir einige Stunden geschlafen hatte, kam er persönlich mit einem Kräutertrank in sein Schlafgemach.
Der junge Fürst lächelte Gandalf dankbar an und nippte vorsichtig von dem bitteren Gebräu.
„Ihr seid ein wahrer Freund, Mithrandir“, seufzte er und ließ sich zurück ins Kissen sinken.
„Ich sehe dir deine sogenannte Krankheit an, Faramir“, meinte Gandalf mahnend und setzte sich auf die Bettkante. „Du trinkst zuviel und bist auf dem besten Wege, süchtig zu werden.“
„Ich bin eine Schande für mein Land“, murmelte der junge Mann beschämt und blickte zur Seite.

Der Zauberer ergriff seine Hand tröstend und schüttelte den Kopf.
„Nein, Faramir, du bist nicht der erste Fürst, der gerne einen über den Durst trinkt, weil er Probleme hat. Du bist nicht glücklich mit Éowyn. Einerseits gibst du dir selbst die Schuld an dem ganzen Elend, weil du sowieso es nicht anders verdient hast deiner Meinung nach, andererseits bist so in dein Selbstmitleid verliebt, dass du zu stolz bist, um mit Éowyn einmal richtig über euere Probleme zu reden.“
Faramir wollte aufbegehren, denn er hatte versucht, mit Éowyn über alles zu reden, allerdings musste er innerlich zugeben, dass die Versuche eher halbherzig waren.
„Ich werde auch mit Éowyn reden, wenn sie zurückkehrt“, erklärte Gandalf ernst.
„Solange werdet Ihr wahrscheinlich nicht warten können“, sagte Faramir bedauernd und knetete an der Bettdecke herum. „Sie ist mit dem Heer nach Harad gezogen. Das kann noch Monate dauern. Vielleicht ist sie nicht einmal am Mettarë-Fest wieder hier.“

Der Zauberer lachte leise und tätschelte Faramirs Hand.
„Mein lieber Freund, vergiß nicht, dass ich ein Zauberer bin und manche Dinge voraussehen kann“, meinte er belustigt und blinzelte unter den buschigen Augenbrauen hervor. „Deine Gemahlin befindet sich bereits auf dem Rückweg.“
Faramir setzte sich ruckartig im Bett auf und starrte Gandalf entgeistert an. Das hatte er so lange Zeit gehofft und bereits aufgegeben gehabt.
„Aber freu dich nicht zu früh!“ fuhr Gandalf grimmig fort. „Sie kehrt nicht zu dir zurück. Es liegt noch viel Arbeit vor uns.“
„Werdet Ihr mir helfen?“ fragte Faramir kleinlaut und sank wieder in das Bett zurück.
Gandalf lächelte und erhob sich wieder.
„Keine Bange, ich werde da sein. Allerdings wird dies mein letzter Aufenthalt hier in Gondor sein, denn bald wird ein Schiff in den Grauen Anfurten anlegen, das mich nach Valinor bringt.“

Faramir erschrak, als er das hörte: der Zauberer wollte tatsächlich Mittelerde verlassen?
„Meine Aufgabe hier ist getan“, sagte Gandalf leise und blickte in die Ferne. „Sauron ist vernichtet und alle großen Ringe haben ihre Macht verloren. Lothlórien und Imladris werden bald nicht mehr sein. Nur in der Erinnerung werden diese Orte weiterleben, ebenso wie die Elben. Ihre Zeit ist vorüber. Dieses neue Zeitalter gehört euch Menschen, Faramir.“




Éowyn und ihre Begleiter hatten inzwischen den Erui überquert und machten in dem kleinen Dorf Elosian eine kurze Rast. Die Schildmaid begann mehr und mehr unter den Unbillen der Schwangerschaft zu leiden. Ihr war ständig übel und das Spannen der Brüste wurde so schlimm, dass sie in Elosian einer Bauernmaid das Kleid abkaufte, das mehr wie ein Kartoffelsack aussah, aber wenigstens für sie angenehm zum tragen war. Das enganliegende Kettenhemd ließ sie in Elosian zurück. Sie wollte es eh niemals wieder anlegen.
Nachdem sich Éowyn in dem Dorf ein wenig ausgeruht hatte, ging es weiter Richtung Emyn Arnen. Sie hoffte, dass Faramir in Minas Tirith weilte. Schließlich musste er ja Aragorn vertreten. Nach Möglichkeit wollte sie ihm nicht mehr begegnen, sondern nur einen Brief für ihn hinterlassen. Vielleicht war er ja ganz froh darüber, wenn sie ging. Sie bezweifelte, ob er sie noch liebte, denn sein Benehmen in letzter Zeit war alles andere als liebevoll gewesen.
Beim Reiten hatte sie viel Zeit zum Nachdenken. Sie wusste natürlich, dass sie auch Fehler gemacht hatte. Vielleicht hatte sie das mit dem Kräutergarten einfach zu schnell aufgegeben. Aber Faramir hatte sie allerdings auch nicht ermuntert, weiterzumachen. Ihrer Meinung nach hatte er sie wie ein kleines Kind behandelt, als er sie damals deswegen getröstet hatte.



Die Königin reagierte sehr erstaunt, als Nimriel alleine mit ihren Anstandsdamen nach Minas Tirith zurückkehrte. Sie wollte wissen, was in Ithilien geschehen war, doch die junge Frau hüllte sich in Schweigen. Arwen ahnte nichts Gutes. Wenn Nimriel nicht redete, dann wollte sie von Faramir wissen, was geschehen war.
Éomer, der kurz vor Nimriel in der Stadt angekommen war, befand sich ebenfalls in übler Laune. Wieder einmal mehr musste sich Arwen über das Verhalten der Menschen wundern. Bei den Elben waren solche seltsamen Anwandlungen nicht gang und gäbe, vor allem nicht bei hochgestellten Persönlichkeiten. Éomer hatte sich mit seinem Gefolge in den Gastgemächern der Zitadelle eingenistet und hatte vor, einige Tage zu bleiben. Sobald Faramir wieder in der Stadt auftauchte, um seine Amtsgeschäfte als Vertreter Aragorns aufzunehmen, wollte er wieder nach Hause zurückkehren. Éomer zürnte nicht nur Faramir, sondern auch Aragorn, der ihm von dem Feldzug nicht unterrichtet hatte. Gerne wäre der junge König Rohans mitgezogen. Er ließ seinen Unmut an der Königin aus.

„Ich dachte, König Elessar und ich, wir sind Verbündete“, meinte er finster. „Elessar zieht anscheinend lieber mit Elben und mit meiner verrückten Schwester in den Krieg. Ich verstehe das nicht. Zusammen mit Rohan könnte solch ein Feldzug rasch zum Erfolg führen.“
Arwen blieb gelassen, obwohl ihr die Anschuldigungen des temperamentvollen Rohirs nicht gefielen. Sie faltete ihre Hände im Schoß und blickte den jungen König unverwandt an.
„Mein Gemahl hat sicher seine Gründe gehabt, Euch nicht einzuweihen, Éomer“, erklärte sie ruhig. „Es ist in Gondor bekannt, dass Rohan noch unter den Nachwehen des Ringkrieges zu leiden hat. Ihr habt sicher genug damit zu tun, Euer Land wieder aufzubauen.“

Éomer hörte es nicht gerne, wenn man  ihn an seine eigentlichen Pflichten erinnerte.
„Was wisst Ihr hier schon von Rohan“, sagte er grimmig. „Uns geht es weitaus besser, als Ihr Euch hier in Euerem siebenstöckigen Wachturm hier vorstellen könnt. Die Rohirrim sind ein starkes Menschenvolk und  keine verweichlichte Hagestolze.“
Arwen wusste, wen er mit „verweichtlichte Hagestolze“ meinte und sie beschloß, besser zu schweigen. Es hatte keinen Zweck, sich mit Éomer anzulegen. Es war Aragorns Aufgabe nach seiner Rückkehr, die Kontakte mit Rohan wieder besser zu pflegen. Arwen ahnte, warum ihr Gemahl Rohan nicht um Mithilfe angerufen hatte: Aragorn hielt nicht viel von dem jungen, ungestümen Éomer als König. Es würde noch dauern, bis Éowyns Bruder in diese Rolle hineingewachsen war. So wie es aussah, führte Éomer lieber Kriege, als sich um die Bedürfnisse seines Volkes zu kümmern. Diesem Treiben wollte Aragorn einen Riegel vorschieben, soweit er es vermochte.
Éomer fühlte sich im Recht: die Königin schwieg und wirkte nachdenklich.

Nimriel hatte sich tieftraurig in ihre Gemächer zurückgezogen. Obwohl sie es sich äußerlich nicht anmerken ließ, schmerzte sie die Zurückweisung Faramirs zutiefst. Sie verstand einfach nicht, warum er sie geküsst und begehrt hatte, und dann doch plötzlich zurückgewiesen hatte. Sie kam sich so beschmutzt vor, schließlich hatte er sie bereits halbnackt gesehen. Nimriel hoffte, dass es eine Gelegenheit geben würde, um Faramir das alles noch einmal vorzuwerfen. Es brauchte schon mehr aus eine kurze Entschuldigung, um das wieder gutzumachen.

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