Arda Fanfiction

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Regen, der auf Asche fällt

von Celebne

Éowyns Rückkehr

Faramir erholte sich schnell wieder dank Gandalfs Pflege. Er ging mit dem Zauberer viel spazieren und unterhielt sich mit ihm. Gandalf betrachtete bewundernd die Gärten des Fürstenhauses: sie waren von den Elben mit viel Hingabe errichtet worden. Es gab wunderbare Blumenbeete, Gartenteiche, Obstbäume und Pavillions auf den sanften Hügeln rund um das Haus. Er ließ sich auch Éowyns Kräutergarten zeigen, oder besser gesagt das, was von ihm übrig war. In einer Ecke des Gartens befanden sich ein paar von Unkraut und Gras überwucherte Beete. Faramir deutete seufzend darauf.
„Das ist ein sehr ungünstiger Platz für einen Kräutergarten“, bemerkte Gandalf und scharrte mit seinem Fuß in der Gartenerde. „Die Beete brauchen mehr Sonne. Éowyn hätte sie in südlicher Richtung anlegen sollen. Dann wären die Kräuter auch gewachsen.“
„Éowyn ließ sich nichts sagen beim Anlegen ihres Kräutergartens“, sagte Faramir bedrückt. „Sie war der Meinung, dass alles richtig zu machen. Umso enttäuschter muß sie gewesen sein, als die Kräuter nicht gediehen.“

Gandalf blickte Faramir mit zusammengezogenen Augenbrauen an.
„Du hättest ihr sagen sollen, dass sie es noch einmal versuchen  und den Kräutergarten an anderer Stelle neu errichten soll“, sagte er anklagend.
„Ich habe ihr geraten, das mit dem Garten zu lassen und sich lieber eine andere Beschäftigung zu suchen“, gestand Faramir kleinlaut.
„Und dann wunderst du dich, dass sie sich wieder dem Schwertkampf zuwandte“, sagte der Zauberer kopfschüttelnd.

Eines Abends, als Faramir mit Gandalf beim Nachtmahl saß, kam Gwyneren mit roten Wangen in den Saal gestürzt und meldete, dass Éowyn zurückkam. Faramir erhob sich so rasch vom Tisch, dass er seinen Kelch umschüttete. Gandalf lächelte nachsichtig, während sofort ein Diener herbeigesprungen kam und den Tisch säuberte. Der junge Truchseß jedoch lief rasch hinaus, um Éowyn zu sehen.

Sie stand bei den Stallungen und unterhielt sich mit Bryttar, während sie ihm Windfola übergab. Faramir erschrak, als er sah, wie abgemagert und erschöpft sie wirkte. Éowyn wandte den Kopf und blickte ihn an. Ihre Miene wirkte alles andere als erfreut.
„Éowyn!“ sagte Faramir leise und ging langsam auf sie zu.
Die Schildmaid hatte so gehofft, dass er nicht da sei, und sie spürte, wie alte Wunden wieder aufbrachen.
„Was tust du hier?“ fragte sie mit rauer Stimme und ihre Augen funkelten.
„Mußt du nicht den König in der Stadt vertreten?“
„Mithrandir hat geahnt, dass du zurückkehrst, deswegen bin ich noch geblieben“, sagte er freundlich und lächelte sie an.
„Warum tust du so, als sei nichts gewesen?“ fragte sie ungehalten. „Du hast mein Leben zerstört, weißt du das?“
Faramir blickte sie erstaunt an und trat einen Schritt zurück.
„Éowyn, wir haben einiges zu bereden. Wir haben viele Fehler gemacht“, sagte er mit zitternder Stimme.
„Wir?“ machte sie spöttisch und stemmte die Fäuste in die Hüften. „Gut, dass du auch endlich einsichtig wirst. Allerdings ist es jetzt zu spät zum Reden. Ich habe nicht vor, hier zu bleiben.“
„Aber Éowyn...“, begann Faramir verwundert.
„Ich werde nach Rohan zurückkehren zu meinem Bruder“, erklärte die Schildmaid finster.

Faramir sah, dass die Bediensteten, die auf dem Hof weilten, bereits die Köpfe zusammensteckten.
„Ich würde das gerne im Haus weiterbesprechen, wo die Wände keine Ohren haben“, raunte er ihr zu.
Éowyn nickte schließlich und folgte ihm widerwillig in das Haus hinein. Faramir hoffte auf Gandalfs Unterstützung und wurde enttäuscht, als er den Saal nun leer vorfand. Warum hatte sich der Zauberer ausgerechnet jetzt zurückgezogen?
„Ich werde hier nicht länger verweilen als nötig“, fuhr Éowyn grimmig fort. „Ich werde alles mitnehmen, was mir gehört. Das Ganze müsste auf einen einzigen Pferdewagen passen. Ich werde nicht mehr zurückkehren. Ithilien gehört der Vergangenheit an, ebenso wie meine Ritterschaft in Gondor.“

Faramir traute seinen Ohren nicht: dass sie Ithilien und somit ihm den Rücken kehren wollte, schmerzte ihn zutiefst, aber dass sie auch ihre kriegerischen Ambitionen aufgeben wollte, wunderte ihn. Er versuchte nach ihrer Hand zu greifen, doch sie zog sie zurück.
„Laß mich!“ stieß sie feindselig aus.
„Ich möchte, dass du bleibst“, sagte er fast flehend. „Ich habe große Dummheiten gemacht, aber ich kann ohne dich nicht leben.“
„Davon habe ich reichlich wenig gespürt, als wir voneinander Abschied in Minas Tirith nahmen“, fauchte sie wütend und erhob sich. „Ich hatte nicht gewusst, dass du so kalt sein kannst.“
„Es tut mir leid“, erwiderte Faramir unglücklich und senkte den Kopf. „Ich wünschte, ich könnte das rückgängig machen.“
„Ich wünschte auch, ich könnte jenen einen Morgen rückgängig machen, wo du mich...“, sie unterbrach sich selbst, weil sie Faramir eigentlich nichts von ihrer Schwangerschaft erzählen wollte.
Doch Faramir hatte die Ohren gespitzt und runzelte die Stirn. Warum bereute sie nur jenen einen Morgen? Doch er sollte bald Antwort auf seine Frage erhalten, denn Éowyn wurde plötzich weiß wie die Wand und sackte zusammen. Bevor sie unsanft auf den Boden aufkam, konnte Faramir sie auffangen. Sie war ohnmächtig geworden. Er schrie nach Gandalf. Wo steckte der Zauberer nur?  Stattdessen kam Gwyneren herbeigeeilt.
„Bei den Göttern!“ kreischte sie entsetzt auf. „Was hat die Herrin?“
„Es wird ein Schwächeanfall sein“, meinte Faramir besorgt. „So tu doch was und hol Mithrandir herbei!“

Endlich tauchte der Zauberer auf mit strengem Gesicht.
„Du musst dich daran gewöhnen, dass ich bald nicht mehr hier bin“, meinte er mahnend. „Ich hatte eigentlich vor, euch eine Weile alleine zu lassen, damit ihr in Ruhe reden könnt.“
„Ich mache mir Sorgen um sie“, stammelte Faramir und blickte fassungslos auf seine immer noch bewusstlose Gemahlin in seinen Armen.
Gandalf brummte irgendetwas Unverständliches vor sich hin und schob vorsichtig ein Augenlid Éowyns zurück.
„Es ist ein Schwächeanfall“, murmelte er. „Kein Wunder in ihrem Zustand.“
„Zustand?“ wiederholte Faramir erstaunt. „Meint Ihr etwa, dass sie ein Kind erwartet?“
Jetzt verstand er alles: daher hatte Éowyn jenen einen Morgen so verwünscht, wo sie zum letzten Mal beisammen gelegen hatten. Vorsichtig trug er sie zu einer Polsterliege und legte sie dort sanft nieder. Er ließ sich von Gwyneren, die ganz verdattert war, weil sie von Éowyns möglicher Schwangerschaft gehört hatte, eine Decke bringen. Als die geschwätzige Zofe mit der Decke zurück war, wussten inzwischen einige Leute mehr im Haus vom Zustand der Fürstin Bescheid.

Langsam kam Éowyn zu sich und Gandalf schickte jetzt Faramir und Gwyneren hinaus. Er wollte nun alleine mit der Fürstin reden.
„Gandalf“, stieß sie mit schwacher Stimme hervor und zog die Decke bis zum Kinn hoch. „Gut, dass Ihr hier seid. Ich habe keine Lust, weiter mit meinem Gemahl zu sprechen.“
„Er weiß jetzt, dass Ihr schwanger seid“, erklärte der Zauberer ernst. „Es ist eigentlich eine gute Gelegenheit, um einen neuen Anfang mit ihm zu machen.“
„Das kann ich nicht“, sagte Éowyn traurig. „Ich möchte mich nicht länger von ihm behandeln lassen wie ein aufmüpfiges Kind.“
„Warum habt Ihr wieder zum Schwert gegriffen?“ fragte Gandalf leise und legte seine Hand auf Éowyns Decke.
„Weil es das Einzige ist, was ich kann“, sagte Éowyn finster. „Doch auf dem Feldzug habe ich entdeckt, dass mich die Männer niemals wie Ihresgleichen behandeln können.“
„Ihr seid ein Krieger, der in den Körper einer Frau geboren wurde“, meinte Gandalf bedrückt lächelnd und fuhr sich über den Bart. „Allerdings sehe ich, dass genug Weiblichkeit in Euch vorhanden ist, um auch ohne das Schwert leben zu können. Faramir tat es sehr weh, als Ihr wieder kämpfen wolltet. Habt Ihr das geahnt?“
„Er hat immer nur getrunken und war dann richtig spöttisch zu mir“, murmelte Éowyn vor sich hin. „Ich habe ihn dafür gehasst.“
„Faramir ist sich dessen inzwischen bewusst“, erklärte Gandalf. „Er würde die Trinkerei für Euch aufgeben. Er sehnt sich nach einem Neubeginn mit Euch, denn er liebt Euch immer noch.“
„Ich weiß nicht, ob ich ihn noch liebe“, sagte Éowyn verbittert und fuhr sich matt über die Stirn. „Es ist sehr viel passiert zwischen uns. Das Kind kann unsere Probleme nicht rückgängig machen.“
„Das habe ich auch nicht gemeint“, sagte der Zauberer mild lächelnd. „Aber mit der Mutterschaft beginnt ein neuer Lebensabschnitt für Euch, Éowyn. Ihr werdet lernen, mehr Verantwortung zu übernehmen. Und auch Faramir wäre dazu bereit, wenn Ihr ihn lasst. Das hieße, wenn Ihr hier bliebet in Ithilien.“
„Ich muß darüber nachdenken“, seufzte Éowyn und blickte zur hölzernen Zimmerdecke empor, die von einem Rohir mit kunstvollen Schnitzereien versehen worden war.
Gandalf nickte ihr zu und verließ dann auf leisen Sohlen den Raum.

Faramir wartete auf ihn in der großen Eingangshalle. Er war sehr aufgeregt über die Tatsache, bald Vater zu werden. Er hatte sich immer ein Kind mit Éowyn zusammen gewünscht. Nervös fuhr er sich immer wieder durch das rote Haar und trat unruhig von einem Bein aufs andere.
Gandalf lachte herzlich, als er Faramir so dastehen sah.
„Man könnte direkt meinen, dass Éowyn in den Wehen liegt und du auf den ersten Schrei des Kindes wartest“, meinte er belustigt.
Er packte Faramir am Arm und zog ihn in dessen Schreibstube. Es gab einiges zu besprechen.



Arwen wollte endlich wissen, was mit Nimriel los war. Sie fühlte sich in gewisser Weise auch verantwortlich für die Verwandte ihres Gemahls. Daher ließ sie nicht locker. Nimriels Verstimmung war nicht nur für ihre feinen Elbensinne spürbar. Das junge Mädchen hatte immer gerne auf der Harfe gespielt und nun mochte sie plötzlich überhaupt nicht mehr musizieren. Obwohl es draußen schönstes Herbstwetter war, hatte sich Nimriel in ihre Gemächer verkrochen. Immerhin gelang es Arwen, das junge Mädchen zu einem Spaziergang in den königlichen Gärten zu überreden.
„Ich habe mich in Faramir verliebt“, sagte Nimriel nach einer Weile bedrückt.

„Das habe ich gesehen“, erwiderte die Königin ruhig und tätschelte den Arm der jungen Frau. „Doch du wusstest auch, dass er ein verheirateter Mann ist.“
„Ja, das stimmt“, fuhr Nimriel etwas ungehaltener fort. „Allerdings ist er nicht glücklich mit dieser Éowyn. Sie scheint das Kriegführen mehr zu lieben als ihn.“
„Das kannst du nicht beurteilen“, mahnte die Elbin ernst und blieb stehen.
Forschend betrachtete sie das Mädchen, dessen Miene finster geworden war.
„Faramir hat mich auch begehrt“, platzte Nimriel schließlich heraus. „In Ithilien ist einiges passiert. Er hat mich geküsst und ich ihn. Fast hätten wir miteinander.....“
Sie stockte jetzt und wurde rot. Arwen legte ihre Hände auf die Schultern Nimriels.
„Das ist doch nicht möglich, oder?“ fragte sie entsetzt. „Ich hatte nicht das Gefühl, dass Faramir so weit gehen würde. Ich wusste, dass er eine Art schwärmerische Zuneigung für dich empfand, aber ich war mir sicher, er habe das überwunden.“
Arwen schüttelte den Kopf: sie machte sich bittere Vorwürfe, Faramir mit Nimriel nach Ithilien geschickt zu haben.

Die Menschen sind doch weit weniger standhaft als Elben, dachte sie traurig. Das Blut Numénors ist wahrlich schwach geworden in den Adern seiner Nachkommen.
„Ich hasse ihn“, fuhr Nimriel plötzlich fort. „Er hat mich mit seinem Verhalten beleidigt. Meine Liebe zu ihm hat er mit Füßen getreten.“
Tränen traten in ihre Augen und sie scharrte mit ihren Schuhen auf dem Kiesweg herum.
„Er hat mein Leben zerstört!“ klagte sie.
Arwen bedauerte die junge Frau, aber sie ahnte, dass Nimriel darüber hinwegkommen würde. Da das Blut Numénors offensichtlich schwach in ihr fortlebte, würde sie sich auch irgendwann neu verlieben können.
Allerdings nahm sich die Königin vor, mit Faramir einige ernste Worte zu reden. Ungeschoren durfte er nicht davonkommen.

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