Arda Fanfiction

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Regen, der auf Asche fällt

von Celebne

In Lebensgefahr

Éowyn hatte nun selbst große Angst, dass sie das Kind verlieren könnte. Inzwischen hatte sie sich mit ihrer Schwangerschaft angefreundet und freute sich sogar auf das Kind. Sie wagte kaum zu atmen und Gandalfs besorgte Miene, der ihr ständig irgendwelche Kräutertränke einflößte, sprach für sich. Im Laufe des Abend erholte sich die Schildmaid jedoch ein wenig und zwei Bedienstete brachten sie vorsichtig in das Schlafgemach hinauf.
Gandalf hatte Faramir eingeschärft, das Zimmer vorerst nicht zu betreten. Er sollte sich einen anderen Schlafplatz suchen. Dies tat der reumütige Fürst auch und er richtete sich in einem der Gästegemächer ein.

Als er am nächsten Morgensah, dass Gandalf sich seinen Umhang und seinen Hut geben ließ, erschrak Faramir, der zufällig dazukam.
„Ihr könnt uns doch jetzt nicht alleine lassen“, meinte er erschüttert.
Gandalf lächelte müde und legte Faramir eine Hand auf die Schulter.
„Doch, das kann ich. Ich habe dir und Éowyn mehr als genug geholfen. Ihr habt nun euer Schicksal selbst in der Hand. Meine Zeit läuft langsam ab. Ich habe noch einige Besuche zu machen in Dol Amroth und Minas Tirith. Dann werde ich so langsam zu den Grauen Anfurten aufbrechen. Im Auenland warten  zwei gute Freunde, die ich mitnehmen werde.“
Faramir schluckte, als er das hörte. Er konnte es einfach immer noch nicht fassen, dass Gandalf bald diese Welt verlassen würde, obwohl er es bereits am Anfang seines Besuches gesagt hatte.

Der Zauberer hatte es plötzlich sehr eilig, das Fürstenhaus zu verlassen. Er ließ sich von Bryttar Schattenfell bringen. Der Stallknecht war sehr stolz, den Fürst der Mearas für eine Nacht in seinem Stall beherbergt zu haben. Er strahlte, als er Gandalf das edle Pferd übergab.
„Davon werde ich noch meinen Enkeln erzählen“, sagte er schwärmerisch.
Der Zauberer nickte ihm kurz zu und wandte sich an Faramir, der Tränen in den Augen hatte.
„Ich weiß, dass du in mir immer eine Art Vater sahst“, sagte Gandalf sanft zu ihm. „Aber jetzt ist mein Haupt müde und ich möchte Mittelerde nun endgültig in die Hände der Menschen übergeben und mich in keine irdischen Geschicke mehr einmischen. Laß mich in den ewigen Frieden ziehen, nach welchem ich mich schon so lange sehne.“
Faramir versuchte ein verzerrtes Lächeln und fiel dann Gandalf schluchzend um den Hals.
Eine Weile standen sie so da und dann verabschiedete sich der Zauberer herzlich von dem jungen Fürsten. Er machte ihm noch einmal Hoffnung, dass mit Éowyn wieder alles ins Reine käme, was Faramir ein wenig tröstete.

Dann schwang sich Gandalf auf Schattenfell und wie ein weiß-silberner Blitz preschten Reiter und Pferd durch das Tor und den Hügel hinab. Schon bald war Gandalf so weit entfernt, dass man nur noch in der Ferne so etwas ähnliches wie einen blinkenden Stern sah. Faramir wischte sich die Tränen von den Wangen und ging wieder ins Haus zurück. Er wusste nicht, was er tun sollte: ob er sich tatsächlich zu Éowyn wagen sollte. Er traute sich nicht. Mutlos verbarrikadierte er sich in seiner Schreibstube und kramte geistesabwesend in seinem Bücherregal herum. Irgendwann merkte er, dass er gar nicht wusste, was er eigentlich da machte und sein Blick fiel auf den Weinkrug.
Nein, nicht mehr! Dachte er fest entschlossen und wandte sich ab.

Plötzlich ertönten Hufschläge auf dem Hof und einige Rufe wurden laut. Faramir hörte, wie Bryttar rohirrisch mit jemanden sprach. Was war da los? Neugierig verließ der junge Fürst die Schreibstube und trat zur Haustür. Doch dann hörte er einen wütenden Schrei:
„Wo ist dieser Mistkerl? Ich ziehe ihm das Fell über die Ohren!“
Das war Éomer! Was zum Henker war nur ihm gefahren? Faramir kannte seinen Schwager gut genug, um zu wissen, dass dieser sehr jähzornig werden konnte, wenn man ihn reizte. So wie es sich anhörte, hatte Éomer in Minas Tirith wahrscheinlich etwas über Nimriel und ihn gehört. Faramir wurde klar, dass er sich in diesem Moment in Lebensgefahr befand. Éomer wollte ihn wahrscheinlich umbringen. Der junge Fürst eilte in seine Schreibstube zurück und holte sein Schwert, das dort an der Wand hing.

In diesem Moment war Éomer auch schon ins Haus eingedrungen und brüllte laut Faramirs Namen. Faramir ging langsam mit dem Schwert in der Hand zur Tür der Schreibstube. Doch der König Rohans stieß die Tür mit dem Fuß auf, so dass Faramir rasch einen Satz zurückmachen musste.
Mit blitzenden Augen rannte er auf Faramir zu und schwang sein gewaltiges Königsschwert.
„Nun stirb, du elender Ehebrecher!“ rief er drohend und ließ sein Schwert auf Faramir niedersaußen.
Dieser parierte den Hieb mit dem Schwert, das einst seinem Vater gehört hatte. Faramir merkte, wie sein Arm dadurch einen heftigen Stoß abbekam und er hatte das Gefühl, sein Arm bräche ihm gleich ab. Ihm wurde klar, dass er völlig aus der Übung war und diesen Kampf gegen Éomer, der ansonsten eigentlich kein gefährlicher Gegner für ihn war, da er zu ungestüm kämpfte, verlieren würde durch seine eigene törichte Faulheit.
Wenn nur Gandalf noch hier wäre, dachte Faramir verzweifelt und versuchte seinerseits, Éomer durch einen Hieb zurückzudrängen. Doch dieser lachte nur hämisch auf und brachte Faramir durch einen weiteren Stoß in Verlegenheit. Faramir knallte mit dem Rücken gegen sein Schreibpult und er fühlte , wie ein heftiger Schmerz seine Wirbelsäule durchzuckte. Und schon war Éomer über ihn und schlug ihm das Schwert einfach aus der Hand.


„Du bist erledigt!“ frohlockte Éomer triumphierend. „Du wirst genauso jämmerlich sterben, wie du gelebt hast.“
Faramir hielt sich ächzend den Rücken.
„Schwager, laß uns bitte über alles reden“, keuchte er. „Du solltest keine unbedachte Tat begehen.“
„So spricht nur ein Feigling!“ rief Éomer zornig und stieß mit seinem Schwert unbarmherzig zu.
Faramir versucht sich noch  wegzudrehen, doch das Schwert erwischte ihn trotzdem. Er fühlte einen stechenden Schmerz  in der Seite, als die Kling an seinen Rippen abrutschte und eine große Fleischwunde verursachte. Ihm wurde schwarz vor Augen und er sank zu Boden.

Éomer sah, dass Faramir noch nicht ganz tot war, obwohl sich unter seinem Körper eine große Blutlache bildete. Er hob das Schwert ein weiteres Mal, um den Fürsten zu köpfen, aber in diesem Moment ertönte ein Schrei an der Tür. Es war Éowyn!
Sie stand dort kreidebleich in ihrem Nachtgewand, den blauen Sternenmantel darüber.
„Tu das nicht, Bruder! Er hat genug gebüßt.“
„Du weißt, dass er nach unseren Gesetzen den Tod verdient hat“, erklärte Éomer grimmig und wischte das blutige Schwert am Fenstervorhang ab, bevor er es zurück in den Gürtel steckte.
„Wir sind hier nicht in Rohan“, erinnerte Éowyn ihren Bruder.
Sie ging langsam auf Faramir zu und kniete neben ihm nieder.
„Hilf mir, ihn auf den Rücken zu drehen“, sagte sie leise.
„Ich rühre diesen Kerl nicht an, niemals wieder“, meinte er und spuckte verächtlich aus.

Gwyneren drängte sich jetzt in die Schreibstube hinein und sie begann aufzukreischen, als sie den Fürsten in seinem Blut liegen sah.
„Hilf mir, törichte Gans!“ sagte Éowyn mit zitternder Stimme, denn sie fürchtete um Faramirs Leben.
Gwyneren kniete wimmernd neben ihrer Herrin nieder und half Faramir auf den Rücken zu drehen. Sein Gewand und auch sein Gesicht war blutverschmiert. Aber er atmete noch.
„Ist Gandalf noch hier?“ fragte Éowyn mit belegter Stimme. „Wir brauchen dringend einen Heiler.“
„Herr Gandalf ist abgereist“, sagte Gwyneren kläglich.
Éomer stand immer noch im Türrahmen. Als er sah, wie sich Éowyn um Faramir abmühte, bekam er nun doch ein schlechtes Gewissen und er rief den Heiler herbei, der sich in seinem Gefolge befand.
Dorwing kam nun in den Raum und versorgte Faramir.
„Er hat eine tiefe Fleischwunde“, erklärte er der zutiefst besorgten Éowyn. „Die Wunde muß dringend genäht werden, da er zu viel Blut verliert. Ich schlage vor, dass er nach Minas Tirith gebracht wird.“

Éowyn schickte sofort nach Beregond und der Weißen Schar. Als der treue Leibwächter Faramirs zur Stube hereinkam und Faramirs Zustand sah, erschrak er sehr.
„Wer hat das getan?“ fragte er entsetzt. „Was bin ich nur für ein Leibwächter, wenn ich meinen Herrn nicht schützen konnte, als er mich brauchte!“
„Es war gut für dich, dass du nicht hier warst“, meinte Éomer spöttisch und verließ nun endgültig den Raum.

Faramir aber wurde sofort auf einen Pferdewagen gelegt und Éowyn ließ es sich trotz ihres Zustandes nicht nehmen, mit nach Minas Tirith zu fahren. Éomer verstand die Welt nicht mehr: Er hatte doch nur versucht, die Ehre seiner Schwester wiederherzustellen und sie vergalt es ihm, indem sie nur noch Augen für den Ehebrecher hatte und ihn nicht mehr ansah.
Ärgerlich winkte er ab und erklärte seinen Leuten, dass man sofort nach Rohan zurückreiten würde.

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