Arda Fanfiction

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Regen, der auf Asche fällt

von Celebne

Rivalinnen

Faramirs anhaltende, tiefe Bewusstlosigkeit bereitete Éowyn immer größere Sorgen. Sie befahl dem Kutscher des Pferdewagens noch schneller zu fahren. Warum kam ihr heute nur die Reise nach Minas Tirith vor wie eine halbe Ewigkeit? Gwyneren saß vorne beim Kutscher und war ganz eingeschüchtert von den ganzen Ereignissen. Beregond warf einen Blick auf die Zofe und grinste breit: endlich einmal war das geschwätzige Weib ruhig. Er musste sich eingestehen, dass die blonde Frau eigentlich gar nicht so übel aussah. Eigentlich war er lange genug Witwer gewesen und er beschloß, Gwyneren den Hof zu machen, wenn sich wieder alles beruhigt hatte. Die Geschwätzigkeit würde er ihr schon austreiben.

Ein Bote war von Éowyn vorausgeschickt worden, um die Heiler, aber auch die Königin von der schweren Verletzung des Truchsess zu unterrichten. Der Soldat der Weißen Schar traf Arwen Undómiel in den königlichen Gärten an, wo sie sich zusammen mit Nimriel aufhielt.
Die junge Verwandte Aragorns hatte sich inzwischen dazu entschlossen, doch in Gondor zu bleiben. Die schreckliche Nachricht über Faramirs Verwundung schockierte sie sehr. Sie wandte sich an Arwen.
„Meine Königin, erlaubt mir, dass ich in die Häuser der Heilung gehe und mich nach Faramirs Zustand erkundige.“
Doch die Königin nahm beschwichtigend ihre Hände und sah ihr fest in die Augen.
„Das halte ich für keinen guten Einfall. Soviel ich gehört habe, ist Éowyn wieder zurückgekehrt und wird sich wohl bei ihrem Gemahl aufhalten. Mein Herz sagt mir, dass es nicht gut ist, wenn ihr beide aufeinandertrefft.“
„Faramir wird doch nicht so töricht gewesen sein, und ihr etwas von diesen lächerlichen Küssen erzählt haben!“, lachte Nimriel ärgerlich auf.
„Faramir ist ein sehr gefühlvoller Mensch“, sagte Arwen ernst und ließ Nimriels Hände los. „Es könnte sein Gewissen zu sehr belasten, diese Sache vor Éowyn zu verschweigen.“
„Es tut mir leid, Frau Arwen“, stieß Nimriel erneut lachend hervor. „Aber jemand, der so weit geht, wie es Faramir bei mir getan hat, kann nicht viel Gewissen haben.“
Sie ließ die erstaunt dreinblickende Königin stehen und verließ die Gärten.


Doreth und Emerwen, Éowyns Freundinnen aus den Häusern der Heilung, hatten die Schreckensmeldung aus Ithilien rasch verdaut, schließlich waren sie Heilerinnen. Sie sorgten dafür, dass sofort eine Krankenkammer für den Fürsten vorbereitet wurde und ein Bett für Éowyn hineingestellt wurde. Die anderen Heiler richteten Kräutertinkturen, Verbände und Besteck für einen möglichen Eingriff her.
Kurz darauf traf der Pferdewagen vor den Häusern der Heilung ein. Vorsichtig trugen die Soldaten der Weißen Schar Faramir in das Gebäude hinein. Auf den Straßen liefen die Leute zusammen und allerlei merkwürdige Gerüchte über den Zustand des Fürsten und dessen Ursache machten in der Stadt die Runde.
Ioreth und ein älterer Heiler namens Irendor behandelten Faramir sofort hinter verschlossenen Türen. Éowyn durfte den Behandlungsraum nicht betreten und sie stand hilflos, mit geballten Fäusten vor der Tür. Zum Glück waren ihre beiden Vertrauten, Doreth und Emerwen, zugegen und nahmen sie unter ihre Fittiche. Sie  gingen mit ihr in die große Halle des Hauses, brachten ihr ein warmes Kräutergetränk und beschäftigten sie mit allerlei Fragen.

„Gut, dass du diesen Feldzug abgebrochen hast“, meinte Doreth besorgt. „Du siehst sehr blaß und schmal aus, Éowyn.“
„Ich bin schwanger“, platzte die Schildmaid heraus und ihre Wangen röteten sich.
„Das ist ja wunderbar!“ rief Emerwen erfreut aus und umarmte Éowyn.
Doreth tat es ihr gleich.
„Ich freue mich auf das Kind“, erzählte Éowyn aufgekratzt. „Zuerst war das nicht der Fall, weil ich deswegen den Feldzug nicht fortsetzen konnte. Aber inzwischen bin ich froh, zurückgekehrt zu sein. Das Kriegshandwerk ist wirklich nichts für Damen.“
„Ich bin froh, dass du jetzt so denkst“, sagte Doreth leise und legte ihr die Hand auf die schmale Schulter.
„Du bist sehr dünn für eine Schwangere“, bemerkte Emerwen stirnerunzelnd. „Du musst unbedingt richtig essen, damit alles gut verläuft.“
„Durch die ganze Aufregung in den letzten Wochen bin ich kaum zum Essen gekommen“, seufzte Éowyn unglücklich und strich sich über den noch flachen Bauch.

Dank ihrer Freundinnen verging für Éowyn die Wartezeit schnell und schließlich verließen Ioreth und Irendor das Behandlungszimmer und gingen zu ihr hinüber.
„Faramir wird es schaffen“, sagte Ioreth lächelnd zu der Schildmaid. „Er hat eine zähe Natur. Das viele Blut, das er verloren hat, wird ihn wohl noch eine Weile auf das Lager zwingen. Aber in einigen Wochen kann er wieder Gondor regieren.“
Éowyn atmete auf und sie schloß glücklich für einen Moment die Augen.
„Kann ich zu ihm?“ fragte sie die Heilerin aufgeregt.
„Ja, aber nicht lange“, meinte Irendor ernst und nahm die blutige Schürze ab, die er noch trug.
Einige Helfer trugen den Fürsten gerade in die vorbereitete Krankenkammer hinüber. Éowyn folgte ihnen aufgeregt.

Zu ihrer Überraschung war Faramir wach und lächelte Éowyn an.
„Diese beiden Heiler.... sie hätten Metzger werden sollen“, murmelte er mit brüchiger Stimme.
Die Schildmaid musste kichern, als er das sagte. Er streckte vorsichtig seine Hand zur ihr hin und Éowyn ergriff sie dankbar.
„Du musst viel schlafen und dich erholen“, sagte sie bebend. „Mein Bruder ist ein fürchterlicher Mensch. Er hätte dich beinahe getötet.“
„Ich bin selbst schuld an meinem Unglück“, meinte Faramir leise. „Er hatte das Recht mich zu töten und ich war in den letzten Monaten zu faul gewesen, um mich im Schwertkampf zu üben.“
„Sprich nicht mehr davon“, sagte Éowyn mit Tränen in den Augen.
Faramir seufzte leise und schlief wieder ein. Die Schildmaid blieb noch eine Weile sitzen und ging dann hinaus zu ihren Freundinnen. Gerade als sie mit den Beiden zum Nachtmahl gehen wollte, kam Nimriel in die Häuser der Heilung hineingestürmt.

Éowyn wurde blaß vor Zorn, als sie die dunkelhaarige, junge Frau erblickte.
„Du hast hier nichts zu suchen, du Hure!“ rief sie Nimriel böse zu. „Verlasse sofort dieses Gebäude.“
Nimriel ging mit blitzenden Augen auf die Fürstin zu und ballte die Fäuste.
„Ihr wagt es, mich eine Hure zu nennen?“, zischte sie Éowyn zornig zu. „Was ist denn dann Euer Gemahl? Er war es doch, der mich mit in sein Schlafgemach schleppte und mir die Kleider vom Leib streifen wollte.“

Emerwen und Doreth sahen entsetzt, wie die Lage langsam aus dem Ruder geriet. Die zwei Frauen gingen wie bissige Stuten aufeinander los, und das ausgerechnet in diesem Gebäude, wo normalerweise absolute Ruhe herrschte.
„Du hast Faramir verführt, Metze!“, fuhr Éowyn wütend fort. „Die ganze Zeit hast du ihm schöne Augen gemacht. Und schamlos hast du die Lage ausgenutzt, als ich weg war.“
„Vielleicht habt Ihr auch die Lage ausgenutzt?“, spottete Nimriel außer sich. „Die Spatzen pfeifen es von den Dächern, dass Ihr für den König mehr empfindet als nur Freundschaft. Und überhaupt scheint Ihr recht mannstoll zu sein, da Ihr auf diesen Feldzug nur Männer um Euch hattet.“
Diese Antwort reichte Éowyn endgültig und sie verpasste Nimriel eine schallende Ohrfeige. Als diese wütend auf die Schildmaid losgehen wollte, wurde sie von Emerwen und Doreth gepackt und aus dem Gebäude gezerrt. Nun griffen auch endlich die Heilwarte ein und erteilten Nimriel Hausverbot.
„Ich bin die Nichte des Königs!“ schrie das Mädchen empört. „Ihr habt mir nichts zu befehlen. Ich kann hier immer hinein, wann ich will!“

Auf der Straße vor den Häusern der Heilung versammelten sich im Nu die Schaulustigen und beobachteten grinsend, wie Nimriel mit den Heilwarten lautstark herumstritt. Erst als Arwen persönlich mit ihren Leibwächtern ankam, zerstreute sich die Menge.
„Ich bin enttäuscht von dir, Nimriel“, sagte die Königin bedrückt. „Komm mit mir in die Zitadelle. Du wirst nicht mehr länger in Gondor bleiben können.“
„Aber Faramir ist schuld an allem“, beklagte sich Nimriel. „Er sollte Gondor auch verlassen!“
„Über den Truchseß muß auch noch gesprochen werden“, fuhr Arwen besonnen fort. „Aber nicht hier und nicht jetzt. Das ist die Sache meines Gemahls.“

Éowyn war in der Zwischenzeit mit einem Weinkrampf in den Häusern der Heilung zusammengebrochen. Ihre Freundinnen brachten sie in eine Kammer und brachten ihr einen beruhigenden Trank. Später zogen sie auch Ioreth hinzu.
„Diese Schwangerschaft steht unter keinen guten Stern“, sagte sie besorgt. „Frau Éowyn sollte sich ab jetzt sehr schonen, sonst könnte nicht nur das Kind, sondern auch sie sterben.“
Die Schildmaid hatte die Augen geschlossen und ihre Lippen formten unartikulierte Laute. Es stand wirklich nicht gut um sie.

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