Arda Fanfiction

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Regen, der auf Asche fällt

von Celebne

Die Geburt

Faramir war froh, seinen Onkel wiederzusehen. Er selbst war kaum genesen, als die Hochzeitgäste in der Stadt eintrafen. Imrahil hatte fassungslos die Beichte seines Neffens gehört, der ihm reumütig seine Entgleisung berichtete.
„Wenn du nicht schon so alt wärst, würde ich dir den Hintern für deine Dummheit versohlen“, meinte der Fürst von Dol Amroth entrüstet. „Ich erkenne dich nicht wieder, Faramir. Ich war so froh, als du Éowyn geheiratest hast. Zum Glück scheint sich deine Ehe mit ihr wieder eingerenkt zu haben.“
„Was hältst du von der Eheschließung deines Sohnes?“, fragte Faramir besorgt.
„Nun, Elphir ist alt genug, um zu wissen, was er tut“, meinte Imrahil zurückhaltend. „Ich hoffe, dass er und Nimriel ein anständiges Leben führen. Es reicht schon was du getan hast.“
Faramir tat es weh, dass sein Onkel ihm für die Sache mit Nimriel  zürnte. Imrahil war sein nähester, noch lebender Verwandter. Erst jetzt wurden ihm so richtig die Folgen seines Vergehens klar. Er hatte das Ansehen seiner ganzen Familie, und somit auch der Sippe seiner Mutter, mit seiner Tat beschmutzt.

Da Faramir nicht mehr Truchsess war, war er auch nicht verpflichtet, an der Hochzeit von Elphir und Nimriel teilzunehmen, obwohl dieser sein Vetter war.  So beschloß er zusammen mit Éowyn schnellstens die Stadt zu verlassen. Die Schildmaid war auch froh, diese Hochzeit nicht mitansehen zu müssen. Schließlich waren sie und Nimriel alles andere als Freundinnen.

Doreth und Elenwen, die beiden Heilerinnen, gaben Éowyn ein Geschenk mit, welches in ein schönes Tuch gewickelt war. Sie baten die Fürstin jedoch, dieses erst bei der Geburt des Kindes zu öffnen.


Als Faramir dieses Mal die Stadt verließ, gab es ihm einen leichten Stich, denn er ahnte, dass er für lange Zeit nicht mehr wiederkehren würde. Auf Aragorns Rat hin wollte er möglichst in Ithilien bleiben. Der König hatte ihm geraten, sich dort zur Ruhe zu setzen und sich nur noch um seine Familie zu kümmern.

Gut fünf Monate später bekam Éowyn die ersten Wehen. Faramir machte sich große Sorgen um sie, denn die Schwangerschaft war sehr beschwerlich für seine Gemahlin gewesen. Éowyn hatte bereits einige Wochen zuvor eine Hebamme aus Rohan kommen lassen, welche ihr bei der Geburt beistehen sollte. Als die Wehen begannen, rief Faramir sofort die Hebamme, welche Werhild hieß, herbei. Zusammen mit Gwyneren und Werhild verschwand Éowyn im Schlafgemach. Stundenlang tat sich nichts. Faramir konnte nur die Schmerzensschreie seiner Gemahlin hören und es zerriß ihm das Herz, dass er ihr nicht helfen konnte. Gwyneren kam irgendwann mit hochrotem Kopf aus dem Gemach geeilt und verlangte nach einer Schüssel heißem Wasser. Völlig verdattert lief Faramir die Treppe hinunter und holte das Gewünschte aus der Küche.  Aufgeregt klopfte er an der Schlafgemachtür, in der Hoffnung etwas Neues von Éowyn erfahren zu können. Aber Werhilf, die ihm die Schüssel abnahm, schenkte ihm nur einen grimmigen Blick, der Faramir sofort einschüchterte. So blieb ihm nichts anderes übrig, als weiter zu warten.

Er war nicht in der Lage, zu essen oder zu trinken.Plötzlich hörte er leises Babywimmern aus dem Schlafgemach und über Faramirs Gesicht breitete sich ein Lächeln aus. Er ging langsam zur Tür hin und presste sein Ohr darauf. Nach einiger Zeit war es ihm, als ob er eine zweite Babystimme hörte. Konnte es möglich sein, dass Éowyn Zwillinge geboren hatte?

In diesem Moment riß Werhild die Tür auf und Faramir stolperte fast in das Gemach hinein.
„Ihr habt zwei Kinder, Herr Faramir“, sagte die Hebamme freundlich. „Allerdings hat Euere Gemahlin sehr viel Blut bei der Geburt verloren. Sie muß sich noch sehr schonen.“
Im Fürstenhaus herrschte große Freude über das Zwillingspärchen, denn Éowyn hatte sich ein Mädchen gewünscht und Faramir einen Stammhalter. So waren beide Wünsche erfüllt worden. Faramir wusste vor Glück kaum ein und aus, und er fand, dass er das gar nicht verdient hatte.

Eine Amme half Éowyn beim Säugen der Kinder, welche Elboron und Elfhild genannt wurden. Gwyneren, die nun Beregonds Gattin und seit einigen Monaten selbst guter Hofffnung war, schüttelte mit geröteten Wangen die Kinderbettchen auf.
„Hast du das Geschenk deiner Freundinnen schon aufgewickelt?“, fragte Faramir seine Gemahlin neugierg und strich ihr eine Haarsträhne behutsam aus der Stirn.
„Das habe ich ganz vergessen“, murmelte Éowyn bedrückt. „Kannst du es bitte holen, Faramir?“
Dieser nickte freudig und holte das Geschenk, welches sich in einer kleinen Holztruhe befand. Vorsichtig richtete sich Éowyn im Bett auf und Faramir half ihr, das Geschenk aus dem Tuch auszuwickeln. In dem Tuch befand sich eine Puppe aus Holz und ein schön geschnitztes Pferd. Doreth und Elenwen hatten dazu einige Zeilen auf einem Pergament geschrieben:
„Liebe Freundin Éowyn! Da wir nicht wissen, ob du einen Knaben oder ein Mädchen gebären wirst, haben wir dir Spielzeug für beide Geschlechter geschenkt. Alles Gute! Deine Vertrauten Doreth und Elenwen!“
Éowyn kicherte, als sie das las.
„Als ob sie es vorausgeahnt hätten“, meinte sie belustigt und zeigte Faramir die Zeilen.



Faramir sah mit Freude seine Kinder in Ithilien heranwachsen. Er war ein liebevoller Vater und Ehemann geworden. Nachdem Éowyn soviel Zuwendung von Faramir erhielt, fiel es ihr leicht in ihre Rolle als  Fürstin hineinzuwachsen und sie nahm auch endlich ihre Weiblichkeit an. Ihr Schwert und ihre Rüstung begannen langsam in der Waffenkammer zu verstauben.
Nachdem einige Jahre verstrichen waren, beobachtete Éowyn,  wie Faramir immer häufiger auf der äußeren Mauer stand, welche das Fürstenhaus umgab, und sehnsüchtig nach Westen blickte, wo Minas Tirith lag. Sie konnte es verstehen, dass er  sich nach der Stadt zurücksehnte, in welcher er aufgewachsen war. Auch sie hatte manchmal Heimweh nach Edoras und gab hin und wieder dieser Sehnsucht nach und stattete ihrer Heimat einen Besuch ab. Aber Faramir traute sich nicht, nach Minas Tirith zurückzukehren. Er befürchtete, dort ein unerwünschter Gast zu sein.
Der Kontakt mit dem Königspaar war seit dem Vorfall sehr schlecht geworden. Man hatte eigentlich nur Glückwünsche bei Kindergeburten ausgetauscht. Das Königspaar hatte inzwischen auch wieder Nachwuchs bekommen: Eldarion, den ersehnten Erben.

Éowyn trat neben ihrem Gatten auf die Mauer. Sie schmiegte sich an ihm, während ihr blondes Haar vom Wind hochgeweht wurde und sich mit den roten Locken Faramirs vermengte. Unten im Hof spielten die beiden siebenjährigen Kinder.
„Es ist an der Zeit, dass du wieder nach Minas Tirith zurückkehrst, Faramir“, sagte sie leise zu ihm. „Die Stadt deiner Väter erwartet dich.“
„Ich weiß nicht, ob mich auch der König erwartet“, seufzte der Fürst zweifelnd und fuhr sich durch das Haar.
„Wenn du nicht hinreitest, wirst du das vermutlich nie erfahren“, meinte Éowyn lächelnd. „Vielleicht wartet er schon längst auf ein Lebenszeichen von dir.“
„Möchtest du mich begleiten?“, fragte Faramir zaudernd.
„Liebend gerne, mein Lieber“, erwiderte die schöne Fürstin und ließ sich von ihrem Gemahl von der Mauer heruntergeleiten.

Bereits am nächsten Tag brach das Fürstenpaar mit seinem Gefolge in die Hauptstadt auf. Die Kinder blieben in Emyn Arnen bei ihrer Erzieherin. Faramir ritt auf seinem neuen Pferd, den prächtigen schwarzen Wallach Borlygd, der eines der schnellsten Pferde war, welches je in Rohan gezüchtet worden war. Als die kleine Reitergruppe über den Pelennor galloppierte, kamen ihnen mehrere Reiter entgegen. Einer davon preschte den anderen weit voraus. Faramir konnte erkennen, dass es sich dabei um ein Kind handelte. Éowyn warf ihm einen verwunderten Blick zu.
„Was geschieht da?“, fragte sie ihn erstaunt.

Doch Faramir hatte eine Vermutung und wenn diese stimmte, dann befand sich das Kind in höchster Gefahr. Er gab seinem Rappen einen leichten Schenkeldruck und das Tier  begann schneller zu werden. Der Knabe ritt in diesem Moment an Faramir in Windeseile vorbei. Der Fürst konnte das verzweifelte Gesicht des Kindes sehen, das sich nicht mehr lange im Sattel des wildgewordenen Pferdes halten würde. Er wendete Borlygd und nahm die Verfolgung des Kindes auf.
„Faramir!“, schrie Éowyn entsetzt auf.
Beregond versuchte seinem Herrn nachzusetzen. Doch nur Faramirs Pferd war schnell genug, um das Kind einzuholen.  Als er auf gleicher Höhe mit dem durchgegangenen Tier des Kindes war, beugte er sich rasch hinüber und zog den Knaben auf sein Pferd. Er hörte hinter sich in der Ferne lautes Geschrei. Der Knabe jedoch ließ sich erleichtert in Faramirs Arme sinken.  Er hatte keine Ahnung, um wen es sich bei diesem Kind handelte.

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