Arda Fanfiction

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Der Fluch des vergessenen Schwertes

von Celebne

Torlond

Ratlos stand das Fürstenpaar mit den Elben zusammen in der Halle. Beregond bot sich an, mit den Soldaten die Verfolgung Torlonds aufzunehmen.
„Nein“, warf Elrohir kopfschüttelnd ein. „Hier in dieser Gegend kann man sich leicht verirren. Ich werde zusammen mit meinem Bruder diesen Torlond suchen.“
Faramir wollte auch mitreiten, doch das ließ Celeborn nicht zu.
„Ihr müsst Euch unbedingt noch ausruhen“, mahnte er den Truchsess. „Ihr könntet leicht einen Schwächeanfall bekommen. Torlond ist möglicherweise auch ein Schüler Sarumans. Wir wissen nicht, wie gefährlich er werden kann.“

Die Zwillinge hatten bereits die Halle verlassen. Éowyn blickte ihnen besorgt nach. Hoffentlich hatten sie Glück und erwischten den Flüchtigen. Torlond war wahrscheinlich der Einzige, welcher ihnen den Weg zu Veland zeigen konnte.
Inzwischen brachten einige Elbenfrauen Speisen in die große Halle und Celeborn forderte das Fürstenpaar auf, sich zu stärken. Auch Beregond und die anderen Soldaten durften sich mit an die Tafel setzen. Die Männer freuten sich alle sehr, dass der Fürst von Ithilien wieder genesen war.

Nach dem Mahl fragte Faramir den Elbenfürsten, was aus dem Schwert geworden war. Celeborn lächelte leicht und führte ihn zusammen mit Éowyn in die Bibliothek des Hauses. Dort lag das Schwert auf einem kleinen Tisch. Faramir staunte, als er sah, dass die Runen auf der Schneide verschwunden waren.
„Wie habt Ihr das gemacht?“, fragte er verwundert.
„Der Zauber Sarumans war sehr stark“, erklärte Celeborn ernst. „Die Runen stammten sogar aus einer Sprache der Finsternis, welche Saruman selbst erschaffen hatte. Wir haben zwar hier in Bruchtal keine solch große Macht wie Saruman sie einst hatte, doch es gelang uns mit einem Elbenzauber die Runen unschädlich zu machen. Danach konnten unsere Schmiede sie von dem Schwert entfernen.“
Faramir seufzte glücklich auf und Éowyn strahlte über das ganze Gesicht.
„Dann ist es endlich vorbei“, stieß sie erfreut hervor.
Doch Celeborn blieb ernst. Er schüttelte sogar bedauernd den Kopf.
„Es gibt jemanden in Mittelerde, der Euch immer noch Böses will, Faramir. Vielleicht auch Euch, Éowyn. Und dieser jemand ist sehr mächtig.“
„Ihr sprecht von Veland“, meinte Faramir besonnen. „Mir ist klar, dass wir diesen Mann unbedingt finden müssen.“


Die Sonne war in Bruchtal längst untergegangen, doch die Zwillinge waren immer noch nicht zurück. Faramir und Éowyn standen am Fenster ihres Schlafgemaches und blickten in die Dunkelheit hinaus. Die Gebäude in Bruchtal waren schwach beleuchtet. Ein leises Summen von Elbenstimmen wehte durch die kühle Luft.
„Bruchtal war sicher einst ein wunderschöner Ort“, seufzte Éowyn bedrückt. „Doch man merkt, dass die Elben schwinden. Ihre Kultur vergeht.“
„Das ist fürwahr traurig“, stimmte Faramir nachdenklich zu. „Allerdings ist für uns Menschen endlich eine glückliche Zeit angebrochen. Der Dunkle Herrscher ist vernichtet und der König nach Gondor zurückgekehrt.“
„Umso schlimmer, dass es immer noch Leute gibt, welche toten Zauberern dienen“, murmelte Éowyn und zog ihren Umhang fester um ihren Körper.
„Das Schwert wird nun unseren Schlaf nicht mehr stören“, meinte Faramir zufrieden. „Komm, mein Stern, lass uns zu Bett gehen. Wir helfen niemandem, wenn wir die halbe Nacht hier herumstehen und grübeln.“


Mitten in der Nacht erwachte das Paar wieder, weil Hufgetrappel im Hof zu hören war. Éowyn stand neugierig auf und trat ans Fenster.
„Sie sind zurück“, raunte sie Faramir zu. „Torlond scheint bei ihnen zu sein.“
Jetzt hielt es auch ihren Gemahl nicht mehr im Bett. Er erhob sich und zog rasch eine Elbentunika über.
„Ich muss diesen Kerl sofort sehen“, zischte er aufgeregt.

In aller Eile kleidete sich das Fürstenpaar an und ging dann hinunter in die Halle, wo sich inzwischen die Zwillinge, Celeborn und der gefangene Torlond befanden.
Als der Soldat Faramir erblickte, zuckte er erschrocken zusammen.
„Ihr seid wieder erwacht!“, stieß er erstaunt hervor.
Faramir blickte ihn grimmig an. Er hatte gute Lust, Torlond zu packen und ihn anzuschreien, warum er das getan habe.
„Du wirst uns zu Veland führen!“, herrschte er den Verräter schließlich an.
Torlond schluckte und schüttelte dann den Kopf.
„Ich kenne keinen Veland “, behauptete er schließlich.
Langsam verlor der Truchsess tatsächlich die Geduld, sogar die Elben wirkten ungehalten wegen Torlonds Sturheit.
„Ich hätte nie gedacht, dass du mit Sarumans Anhängern im Bunde steht“, fuhr Faramir verbittert fort. „Die ganze Zeit schien es eher so, als ob Norfric ein Verräter sei.“
„Norfric ist der Verräter!“, stieß Torlond rasch hervor. „Ich bin unschuldig.“
„Ich glaube dir kein Wort!“, mischte sich jetzt Éowyn ein, welche auch die Nase von Torlonds Lügen voll hatte.

Celeborn runzelte die Stirn. Er spürte die Verstocktheit dieses Mannes.
„Genug für heute“, sagte er schließlich zu allen. „Wir werden den Gefangenen morgen weiter verhören. Geht jetzt alle schlafen. Torlond kommt in den Kerker.“
Die Zwillinge packten Torlond und führten ihn ab. Faramir fragte sich im Stillen, wo sich an einem solch schönen Ort wie Bruchtal so etwas ein Kerker befand. Éowyn ging es genauso und sie blickte den Elben etwas verwundert nach. Celeborn nickte dem Fürstenpaar zu und zog sich zurück in seine Gemächer.

„Ich fürchte, dass uns Torlond nicht weiterhelfen wird“, seufzte Éowyn bedrückt, als sie die Treppe hinaufgingen.
„Wir müssen aber herausfinden, wo sich dieser Veland aufhält“, betonte Faramir finster. „Ich fürchte, dass der Schurke noch großes Unheil bringt, wenn wir nichts gegen ihn unternehmen.“
„Ich frage mich die ganze Zeit, warum ich seinen Namen nicht kenne“, meinte Éowyn nachdenklich.
„Was bedeutet sein Name eigentlich?“, fragte Faramir scharfsinnig.
„Veland heißt auf Westron soviel wie ‚kühner Kämpfer’“, murmelte die ehemalige Schildmaid vor sich hin.
„In Gondor würde solch ein Mann Berenmagor genannt werden“, erwiderte Faramir stirnerunzelnd, während er die Tür zum Schlafgemach öffnete.
„Ich kenne jemanden, der so heißt“, sagte Éowyn plötzlich und blickte ihren Gemahl entsetzt an.

Rasch schloss Faramir die Tür und setzte sich mit Éowyn auf die Bettkante. Die Fürstin begann nun zu erzählen:

„Berenmagor kam damals zusammen mit Gríma Schlangenzunge an den Königshof von Edoras. Wir haben uns darüber gewundert, dass ein Mann aus Rohan einen elbischen Namen trägt. Ich war zu jener Zeit fast noch ein Kind, als Berenmagor versuchte, die Gunst des Königs zu erlangen. Doch war seine Zunge nicht so geschickt wie die von Gríma, und daher bekam Galmods Sohn die begehrte Stellung des Ratgebers. Berenmagor zerstritt sich deswegen mit Gríma und verließ Edoras. Jedoch begann er bald darauf aus der Ferne um mich zu werben. Ich bekam viele Briefe und Geschenke von ihm, aber ich konnte den Mann nicht leiden. Nicht nur, dass er vom Alter her mein Vater hätte sein können, sondern es war auch sein vom Neid zerfressener Charakter, welcher mich abstieß. Auch mein Bruder und mein Vetter waren mit mir einer Meinung und lehnten eine Verbindung zwischen mir und Berenmagor ab. Als die Briefe von Berenmagor dennoch nicht aufhörten und sogar anzüglich wurden, ritten Théodred und Éomer in das Dorf, in welchem er wohnte, und erteilten ihm eine Lektion. Bis heute weiß ich nicht, was sie damals mit ihm angestellt haben. Aber danach hatte ich meine Ruhe und ich hörte niemals wieder von ihm.“

„Könnte dieser Mann Veland sein?“, fragte Faramir nachdenklich und kratzte sich am Bart. „Kann es sein, dass er dich immer noch begehrt und jetzt mir und Éomer eine Lektion erteilen will? Vielleicht will er mich beseitigen, um dich zur Witwe zu machen. Ein später Rachefeldzug von ihm, oder nicht?“
Éowyn fuhr sich mit den Händen über das Gesicht. Sie fühlte sich schrecklich müde und konnte schon gar nicht mehr klar denken.
„So etwas möchte ich mir gar nicht vorstellen. Wir sollten uns schlafenlegen, Faramir. Vielleicht ist morgen Torlond gesprächiger.“


Nach einem späten Frühstück in der Halle versammelten sich das Fürstenpaar, die Elben und der Gefangene in der großen Bibliothek des Hauses. Auch Beregond durfte mit anwesend sein.
Das Verhör ging nun weiter und Torlond zeigte sich erneut wenig redselig. Auf die Fragen Faramirs gab er nur knappe Antworten. Der Truchsess jedoch wirkte an diesem Vormittag deutlich ruhiger und besonnener als in der Nacht zuvor. Torlonds nichtssagende Phrasen schienen ihm nichts auszumachen.
„Was hältst du davon, uns zu Veland zu führen?“, fragte Faramir mit einem spöttischen Lächeln.
„Ich kenne keinen Veland“, beharrte der Soldat mürrisch und rutschte ungeduldig auf dem Stuhl, auf welchem er saß, hin und her.
„Kennst du einen Berenmagor?“
Plötzlich zuckte Torlond zusammen und blickte schuldbewusst zu Boden. Faramir und Éowyn warfen sich einen vielsagenden Blick zu.
„Nun, Torlond, du hast dich selbst verraten mit deiner Geste“, meinte der Fürst von Ithilien triumphierend.
„Ich kann Euch nicht zu Berenmagor führen“, sagte der Verräter ganz kleinlaut. „Er ist sehr mächtig. Norfric sagte immer, dass Sarumans Geist in ihm wohne. Ich habe Angst vor ihm.“
„Wir aber nicht“, betonte Faramir finster. „Diesem Mann muss das Handwerk gelegt werden. Du wirst uns hinführen!“
„Berenmagor wohnt in der Nähe von Isengard“, meinte Torlond betreten. „Bitte lasst mich hier. Ich sage Euch auch ganz genau, wo er wohnt. Ich will nicht in seine Nähe kommen.“

Faramir wollte von dem Verräter wissen, wie er überhaupt an Berenmagor geraten war. Torlond wurde jetzt redseliger, da er eh schon entlarvt war.
„Im vergangenen Jahr diente ich unter Hauptmann Gwyndor. Eines Tages schickte der König einene kleinen Trupp von uns nach Arnor. An der Pforte Rohans gerieten wir in einen heftigen Sturm und verirrten uns. Ich war plötzlich alleine und ohne Pferd in der Wildnis. Eines Abend erreichte ich ein kleines Gehöft. Zu meiner Überraschung wohnte dort ein Mann mit einem gondorianischen Namen. Er gab mir zu essen und versprach mir auch ein Pferd, falls ich ihm ein wenig Gesellschaft leistete. Ich war sehr dankbar dafür und erzählte ihm alles, was er wissen wollte. Ihn interessierte vor allem, was aus der Herrin Éowyn geworden war. Als ich ihm erzählte, dass sie nach Ithilien geheiratet hatte, wurde Berenmagor sehr zornig. Beiläufig erwähnte ich auch, dass ein Krieger namens Norfric der Herrin Éowyn in Ithilien diente. Daraufhin beruhigte Berenmagor sich plötzlich. Er versprach mir großen Reichtum und Ruhm, falls ich ihm bei einer gewissen Sache half.
Ich musste jedoch in dem Gehöft einige Zeit bleiben, bis er mir einige seiner Zaubertricks beigebracht hatte. Er zeigte mir, wie man sich mit den Crebain verständigen kann  und wie man Runen in ein Schwert eingraviert und diesen dann mit Zaubersprüchen Kräfte verleiht. Kurz vor meiner Weiterreise nach Arnor gab er mir den Auftrag, ein Schwert, welches sich in Edoras befand, mit Runen zu gravieren. Dazu gab er mir eine alte Schriftrolle mit, in welcher die Runen abgebildet waren.
Das war ein ziemlich schwieriger Auftrag, denn ich hatte keine Ahnung, wie ich in die Gemächer von Prinz Théodred gelangen sollte. Außerdem musste ich damit warten, bis wir uns wieder auf der Rückreise nach Gondor befanden. Doch die meisten meiner Begleiter waren tot, und so machten wir uns gleich auf die Rückreise. Kurz vor Edoras brach sich das Pferd von Hauptmann Gwyndor ein Bein und so kamen wir in die Hauptstadt von Rohan. König Éomer kannte Gwyndor aus dem Ringkrieg und lud uns alle in die Goldene Halle ein.
In der Nacht war mir dann das Glück hold, vielleicht half aber auch Berenmagor mit einem Zauber aus der Ferne nach, denn eine geisterhafte Gestalt zeigte mir den Weg zu der Truhe mit dem Schwert. Ich konnte in jener Nacht ganz gelassen das Schwert an mich nehmen und die Runen eingravieren, weil alle Bewohner von Edoras scheinbar in einen seltsam tiefen Schlummer gefallen waren. Ich war froh, als ich fertig war und ich fragte mich, was Berenmagor mit dem Schwert vorhatte. Am nächsten Morgen kam ein Craban zu mir und er teilte mir in der Sprache der Vögel mit, dass ich eine Nachricht von Berenmagor bekommen würde, wenn der Augenblick gekommen sei, um die Runen zu verwünschen.“

„Dann war alles ein abgekartetes Spiel“, unterbrach ihn Faramir trocken. „Du und Norfric, ihr wart die ganze Zeit in Emyn Arnen auf der Lauer gelegen. Und Hauptmann Gwyndors Gedanken wurden offensichtlich auch von Veland gesteuert.“

Die Elben zogen sich mit ernsten Gesichtern zurück, um sich zu beraten. Éowyn war ganz blass geworden und sie saß zusammengesunken auf einem Polsterstuhl. Faramir betrachtete sie besorgt. Beregond aber fuhr fort, Torlond grimmig anzusehen.
„Wie ging es dann weiter?“, wollte Faramir jedoch besonnen wissen.

Torlond schluckte und fuhr fort:
„Es stimmt, Hauptmann Gwyndor wurde von mir beeinflusst, damit ich an den Fürstenhof von Emyn Arnen gelangte. Ich freute mich schon auf Norfric, da er auch ein Verbündeter von Berenmagor war. Doch Norfric konnte mich von Anfang an nicht ausstehen. Er war neidisch darauf, dass ich viel mehr Zaubersprüche als er wusste. Am meisten ärgerte ihn aber die Sache mit dem Schwert. Allerdings war er derjenige, welcher den König von Rohan beeinflusste, kurz vor Euerem Geburtstag in Théodreds Truhe nachzusehen. In der Nacht Euerer Geburtstagsfeier waren alle Gäste sehr betrunken, und es war leicht für mich, alle Bewohner des Fürstenhauses in einen tiefen Schlaf zu versenken. In dieser Nacht ging ich mit der alten Schriftrolle zum Schwert und sprach den Fluch in der finsteren Sprache Isengards aus. Es war ein ein schrecklicher Moment, denn im selben Moment zog ein Gewitter am Nachthimmel auf und ich hatte das Gefühl, dass mich Dutzende von Geistern umgaben. Eine unglaubliche Kälte breitete sich in der Halle Eueres Hauses aus und ich verließ es rasch. Meine Arbeit war getan. Nur Norfric haderte immer noch mit mir. Ich versprach ihm jedoch, dass er Hasubeorn haben könnte, wenn unser gemeinsamer Herr Berenmagor am Ziel seiner Wünsche war. Unterwegs jedoch machte Norfric Probleme. Er konnte es nicht mehr erwarten, Hasubeorn zu besitzen. Immer wieder bedrängte er mich, ich solle ein schnelles Ende mit Euch, Herr Faramir, machen. Aber das war nicht der Wille Berenmagors. Ich wollte nicht gegen den Willen unseres Herrn verstoßen, also beseitigte ich Norfric.“

„Wie habt Ihr das mit dem Schwert gemacht?“, fragte Faramir bestürzt.
„Die Schattenwesen gehorchten mir“, erklärte Torlond fast stolz. „Ich konnte sie mit meinem Gedanken steuern. Mit ihrer Hilfe konnte ich Norfric töten. Nachdem er aber selbst zu einem Schattenwesen geworden war,  wurde es schwierig.“
„Und in Edoras habt Ihr völlig die Macht über das Schwert verloren“, ergänzte Celeborn finster.

Torlond starrte den Elben wütend an. Er wirkte plötzlich verändert. Nicht mehr ängstlich und respektvoll wie vorher. In der Bibliothek des Hauses war es eiskalt geworden. Fremde Mächte schienen jetzt in Bruchtal die Oberhand gewonnen zu haben. Ein Ruck ging durch Torlond Körper und sein Gesichtsausdruck war jetzt höhnisch und stolz geworden. Ehe die Elben und das Fürstenpaar eingreifen konnten, murmelte Torlond unheimliche Worte in der finsteren Sprache.
Niemand konnte sich mehr von der Stelle bewegen, auch die Elben nicht. Das war die Gelegenheit, auf die Torlond gewartet hatte.

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