Arda Fanfiction

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Der Fluch des vergessenen Schwertes

von Celebne

Torlond und die Orks

Der Sturm tobte eine ganze Weile und den Verfolgern blieb nichts anderes übrig, als in der Höhle auszuharren. Éowyn merkte, dass sie sich eine Erkältung zugezogen hatte, denn ihr Hals kratzte und ihre Nase begann zu laufen. Zitternd wickelte sie sich in die vom Regen feuchte Decke, welche ihr Faramir überlassen hatte. Er selbst hockte am Höhleneingang und blickte verärgert mit Elrohir hinaus. Zum Glück hielt Torlonds Zauber nicht ewig. Nach einigen Stunden endete das Unwetter nahezu abrupt und die Sonne kam hinter den rasch wegziehenden Wolken hervor. Erleichtert traten Faramir und seine Begleiter aus der Höhle. Éowyn nieste heftig und ließ die wärmende Sonne auf ihr immer noch nasses Haar scheinen.
„Du bist krank“, raunte ihr Faramir besorgt zu. „Du solltest nicht mehr weiterreiten.“
„So ein kleiner Schnupfen bringt mich schon nicht um“, sagte Éowyn mit näselnder Stimme, und ging zu ihrem Pferd.
„Wir haben viel Zeit verloren“, seufzte Beregond und blickte zum Himmel empor. „Die Sonne steht bereits im Westen.“
Während die Menschen sich Sorgen machten und ihrem Ärger freien Lauf ließen, blieben die Elben eher gelassen.
„Alagos wird nicht lange bei Torlond bleiben“, erklärte Elladan lächelnd dem Fürstenpaar. „Es ist ein kluges Pferd und wird versuchen, seinen neuen Herrn bald loszuwerden.“
„Das wäre natürlich sehr günstig für uns“, meinte Faramir nachdenklich. „Aber jemand, der solch große Zauberkräfte besitzt, wird sicher in der Lage sein, auch ohne Pferd rasch vorwärts zu kommen.“

* * *



Torlond war den ganzen Tag auf Alagos Richtung Süden geritten. Je weiter er sich von Bruchtal entfernte, desto bockiger wurde das Pferd. Er ärgerte sich, dass er ein Reittier der Elben ausgesucht hatte. Nachdem er seinen Verfolgern das Unwetter geschickt hatte, legte er Rast in einem kleinen Tal Eregions ein. Beinahe wäre ihm dort  Alagos davongelaufen. Das Pferd schien keineswegs müde zu sein. Trotz seiner Zauberkünste war jedoch Torlon immer noch ein Mensch und er brauchte Schlaf. Er band das Pferd an den Fesseln zusammen, wie er es von Beregond und Faramir gelernt hatte, und hoffte, dass es auf diese Weise nicht davonlief. Es dauerte nicht lange und er schlief in seine Decke gewickelt ein.

Doch am nächsten Morgen gab es ein böses Erwachen, weil Alagos verschwunden war. Torlond ärgerte sich furchtbar und verwünschte das Pferd. Jetzt musst er zu Fuß weitergehen.
Sein Blick fiel auf das nahe Nebelgebirge. Plötzlich hatte er einen Einfall. Jetzt wusste er, wie er wieder zu einem Reittier kommen konnte. Ganz einfach würde es nicht werden, aber mit Hilfe seiner neuen Zauberkräfte konnte er vielleicht einiges bewirken.

* * *



Die Verfolger ritten bis tief in die Nacht hinein, um so die verlorene Zeit aufzuholen. Für die Elben war es kein Problem, auch in der Dunkelheit die Hufsporen von Alagos zu verfolgen. Es dauerte nicht lange, und der Rappe kam ihnen entgegengaloppiert. Der Sattel fehlte ihm und an den Beinen hingen die Reste eines Seils. Elrohir gelang es mit einigen Befehlen in der Elbensprache das Pferd zum Stehen zu bringen. Das Fell von Alagos glänzte vor Schweiß und das arme Tier zitterte vor Anstrengung.
„Er kann uns zu Torlond bringen“, sagte Elrohir aufgekratzt. „Wie steht es mit Euch, Faramir? Könnt Ihr noch reiten“
Doch Faramir schüttelte bedauernd den Kopf. Er machte sich Sorgen um Éowyn, die mit einem leichten Fieber kämpfte. Ihre Nase war ganz rot und sie konnte vor Halsschmerzen kaum noch schlucken. Die Elben sahen, dass die Fürstin krank war und Elladan verschwand in einem nahen Wald, um heilende Kräuter zu suchen. Éowyn kroch fröstelnd in das kleine Zelt, das Beregond und die anderen Soldaten für sie aufgebaut hatten.

„Brauchst du noch eine Decke, mein Stern?“, fragte Faramir fürsorglich.
„Aber dann hast du doch keine mehr“, meinte Éowyn beschämt.
„Ich friere nicht“, versicherte er ihr und strich ihr zärtlich über die heiße Wange. „Und falls doch, habe ich immer noch meinen Mantel.“
Éowyn ließ es widerstrebend geschehen, dass er die zweite Decke um sie wickelte. Elladan brachte ihr ein Gefäß mit einer dampfenden Flüssigkeit.
„Das müsst Ihr trinken, dann geht es Euch morgen früh besser“, sagte er freundlich. „Aber Vorsicht, es ist ganz heiß.“

Éowyn bedankte sich und nahm das Gefäß in die Hände. Sie nippte an dem Trank. Er schmeckte nicht schlecht, sogar richtig aromatisch. Faramir beobachtete sie besorgt. Als sie alles ausgetrunken hatte, nahm er ihr das Gefäß ab und deckte sie richtig zu.
Éowyn fühlte jetzt tatsächlich eine bleiernde Müdigkeit und sie schloß seufzend die Augen. Es dauerte nicht lange und sie war eingeschlafen. Faramir lächelte erleichtert und verließ das kleine Zelt wieder.

* * *



Torlond hatte zu Fuß das Nebelgebirge erreicht. Er murmelte eine Zauberformel in der dunklen Sprache Sarumans und bewegte dabei die Hände. Vielleicht gelang es ihm tatsächlich, die Orks des Nebelgebirges herbeizulocken. Wichtiger als die Orks waren ihm jedoch ihre Reittiere, die großen Warge.
Als die Sonne untergegangen war, kamen sie aus ihren Löchern gekrochen. Sie hatten Sarumans Worte vernommen und wunderten sich ein wenig, denn ihnen allen war natürlich bekannt, dass der Zauberer tot war.

Torlond war unheimlich zumute, als die Orks des Nebelgebirges, die kleiner und noch hässlicher anzusehen waren als ihre Verwandten aus Mordor, gegen welche Torlond früher gekämpft hatte. Mit seltsamen Zischlauten nahten sie sich dem Gondorianer.
„Ein Mensch!“, stieß einer von ihnen mit einer krächzenden Stimme verächtlich hervor.
Doch Torlond hob beschwichtigend die Hand. Er durfte sich nicht anmerken lassen, dass er eigentlich große Angst vor diesen Wesen hatte. Es waren schließlich etwa fünfzig Orks, die mit Schwertern und Bogen auf ihn zukamen.
„Ich bin hier im Auftrag Sarumans“, erklärte er den Orks. „Ich brauche euere Hilfe.“
„Saruman ist tot“, sagte einer der Orks, welcher Buglurk hieß, in Westron.
„Ich bin sein Nachfolger und beherrsche seine Künste“, erwiderte Torlond kühn. „Wenn ihr mir nicht glaubt, kann ich euch gerne eine Kostprobe zeigen.“

Mit einer raschen Handbewegung zum Himmel, ließ er eine dunkle Wolke heranziehen, aus welcher ein greller Blitz kam. Ein lauter Donnerschlag ließ die Orks zusammenzucken. Einige von ihnen kreischten mit ihren hässlichen Stimmen auf.
„Wir glauben dir“, rief Buglurk kleinlaut. „Was wünscht der Meister von uns?“
„Ich brauche ein Reittier“, erklärte der Gondorianer gelassen. „Überlasst mir einen euerer Warge!“
„Menschen können nicht auf Wargen reiten“, erwiderte Buglurk mit einem schiefen Grinsen.
„Ich habe die Macht dazu!“, drohte Torlond erzürnt und ließ einen weiteren Donnerschlag ertönen.
Die Orks kreischten wieder und drängten sich dicht zusammen. Buglurk trat schließlich wieder nach vorne.
„Wie der Meister wünscht“, sagte er leise.

Der Ork ließ einen Ruf in einer unbekannten, schauderhaft klingenden Sprache ertönen. Zunächst tat sich nichts, dann kamen hinter einer Hügelkuppe mehrere Warge heran. Torlond spürte, wie ein Kloß in seiner Kehle hochstieg. Diese Tiere sahen aus wie entsetzliche Riesenwölfe. Sie fletschten ihre messerscharfen, furchterregenden Zähne und schlichen langsam auf Torlond zu. Einer von ihnen hatte einen Sattel auf seinen Rücken. Buglurk zeigte auf den Warg mit dem Sattel.
„Das soll dein Reittier sein, Meister.“
Torlond ging mit gemischten Gefühlen zu dem Warg hinüber. Er murmelte hastig Worte der dunklen Sprache und plötzlich hörte das Untier auf, die Zähne zu fletschen.
„Na also“, sagte Torlond zu sich selbst und schwang sich vorsichtig in den Sattel.
Der Warg blieb ruhig stehen und wartete darauf, dass sein neuer Reiter ihm die Sporen gab.

Die Orks schienen ziemlich beeindruckt zu sein. Sie waren verstummt und starrten auf Torlond.  Lugburk näherte sich noch einmal dem Menschen.
„Hast du noch Wünsche, Meister?“, fragte er unterwürfig.
„Ich werde von Elben und Menschen verfolgt“, erklärte Torlond finster. „Haltet sie auf.“
„Elben!“, stieß Lugburk verächtlich hervor und spuckte aus. „Wir werden alle töten.“
Torlond lächelte schwach. Er war sich ziemlich sicher, dass die kleine Orkbande nicht viel ausrichten konnte, wenn tatsächlich halb Bruchtal hinter ihm her war. Aber immerhin würden Faramir und die Elben eine Zeitlang mit den Orks beschäftigt sein.
Er nickte Lugburk zu und gab dem Warg dann die Sporen. Veland würde sicherlich Augen machen, wenn er ihn mit diesem Reittier zu ihm kam.

* * *



Éowyn ging es am nächsten Morgen tatsächlich viel besser. Das Fieber und die Schwäche waren vorüber, nur die Nase lief noch etwas. Faramir atmete auf und umarmte glücklich seine Gemahlin, als sie ihm dies verkündete.
„Wir können sofort weiterreiten“, meinte sie unternehmungslustig und kroch aus dem Zelt.
Beregond und die Soldaten bereiteten sich gerade ein kleines Frühstück am Lagerfeuer zu. Sie begrüßten die Fürstin freudig, als sie wieder so munter vor ihnen stand. Éowyn setzte sich zu den Soldaten, um mit ihnen zu essen. Faramir unterhielt sich in der Zwischenzeit mit den Elben.
„Heute nacht waren die Kundschafter unterwegs und verfolgten die Spuren von Alagos“, berichtete Elrohir besorgt. „Sie entdeckten eine Stelle, wo Torlond gelagert hat. Von dort aus führten Spuren bis ins Nebelgebirge.“
„Ins Nebelgebirge?“, wiederholte Faramir erstaunt. „Was will er denn dort? Das kommt mir höchst seltsam vor.“
„Weiter sind unsere Kundschafter nicht geritten“, fuhr Elrohir leise fort. „Aber ich habe ein ungutes Gefühl. Torlond könnte sich Verbündete gesucht haben.“
„Ich kann mir nicht vorstellen, dass er... .“
Faramir unterbrach sich selbst. Je mehr er darüber nachdachte, desto klarer wurde ihm, dass Torlond jedes Mittel recht war, um seine Verfolger abzuschütteln.

Der Fürst ging zu Éowyn und den Soldaten der Weißen Schar hinüber. Er berichtete ihnen von der neuen Lage.
„Wir müssen uns noch mehr in acht nehmen“, sagte Faramir mit ernster Miene zu Beregond. „Die Orks des Nebelgebirges sind als sehr hinterhältig bekannt. Wie leicht könnten wir in einen Hinterhalt geraten.“
Éowyn presste die Lippen entschlossen zusammen und nickte. Sie fürchtete die Orks nicht. Ihr Schwert führte sie mit sich. Aber sie wusste, dass sich Faramir trotzdem Sorgen um sie machte.

Eine halbe Stunde später brachen Menschen und Elben auf. Es ging tatsächlich Richtung Nebelgebirge. Es blieb ihnen nichts anderes übrig, als dieser Spur erst einmal zu folgen.
Die Elben waren auf der Hut und immer wieder verließen verschiedene Späher die Reitergruppe, um die nahe Umgebung zu erkunden.
Doch die Orks des Nebelgebirges waren verschlagen. Sie hielten sich bei Tage verborgen und wanderten nur bei Nacht. So geschah also der Reisegruppe nichts, als sie sich tagsüber dem Nebelgebirge näherte.

Kurz vor Sonnenuntergang verdunkelte eine graue Wolkenmasse den Himmel. Die Elben und Menschen hielten dies für ein neues böses Omen. Torlond schien wieder etwas Abscheuliches im Schilde zu führen.
Während Faramir das Nachtlager am Fuß des Nebelgebirges aufschlagen ließ, und alle für einige Momente damit beschäftigt waren, Pferde abzusatteln, Holz zu sammen und Vorratsbeutel zu öffnen, erfolgte der heimtückische Angriff der Orks.
Plötzlich zischten Orkpfeile durch die Luft und jeder versuchte nur noch in Deckung zu kommen.
Faramir, der mit dem Absatteln seines Pferdes beschäftigt war, sah die tödlichen Pfeile zu spät kommen. Beregond handelte blitzschnell und warf sich in die Schussbahn. Von zwei Pfeilen in den Oberkörper getroffen sackte er zusammen. Faramir schleppte den Bewusstlosen rasch hinter einen Felsen in Sicherheit. Er wusste nicht, ob Beregond noch lebte. Faramir spürte, wie Tränen über seine bärtigen Wangen liefen.
„Bleib hier liegen, treuer Freund“, sagte er mit zitternder Stimme zu Beregond. „Wir vertreiben diese feigen Schurken.“
Dann zog er sein Schwert und lief zurück zum Kampfplatz.

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