Arda Fanfiction

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Der Fluch des vergessenen Schwertes

von Celebne

Bittere Erkenntnis

Faramir fühlte einen ungeheueren Zorn auf die feigen Orks, welche Beregond so schwer aus dem Hinterhalt verwundet hatten. Die Orks waren inzwischen aus ihren Verstecken gestürmt und kämpften mit Elben und Menschen. Faramir erschlug gleich zwei Angreifer hintereinander, die blindlings auf ihn zugerannt kamen. Er warf einen kurzen Blick auf Éowyn, die jedoch gut in der Lage war, sich zu verteidigen. Sie nickte ihm mit einem grimmigen Lächeln zu und schwang ihr Schwert durch die Luft. Faramir sah, dass noch ein weiterer seiner Soldaten gefallen war. Die Orks hatten ihm den Schädel mit ihren seltsamen Keulen eingeschlagen. Die Elben wurden spielend mit den weit unterlegenen Gegnern aus dem Nebelgebirge fertig. Es dauerte nicht lange, und die letzten Überlebenden der Ork-Gruppe ergriffen kreischend die Flucht. Einige Elben verfolgten sie unerbittlich. Faramir sah ihnen nach. In dieser Nacht würden sie jedenfalls ihre Ruhe haben.

Schwer atmend ging er zu Beregond hinüber, welcher hinter dem Felsen lag. Éowyn folgte ihm bestürzt. Sie hatte mitbekommen, dass der treue Soldat verwundet worden war.
Beregond war nun bei Bewusstsein, was Faramir und Éowyn etwas hoffnungsvoller stimmte.
Doch die Verletzungen waren sehr schwer. Die beiden Ork-Pfeile waren ihm in den Brustkorb gedrungen.
„Sei getrost, wir werden dir helfen“, versicherte Faramir ihm und winkte die anderen Soldaten herbei.
„Turgon ist gefallen und Faron am Arm verwundet“, meldete Rerlad dienstbeflissen.
Doch als er Beregonds schwere Verwundung erblickte, erschrak er sehr.
„Schnell, hol Elladan herbei“, zischte Éowyn ihm leise zu.

Auch die Elben wirkten sehr besorgt, als sie Beregonds Wunden sahen. Faramir nahm die Söhne Elronds kurz beiseite.
„Könnt Ihr Beregond helfen?“, fragte er fast flehend. „Mir liegt viel daran, dass er wieder genesen wird. Er ist mein treuester Diener.“
Doch Elladan schüttelte traurig das schöne Haupt.
„Beregonds Wunden sind zu schwer“, erwiderte er bedrückt. „Ihr wisst selbst, wie gefährlich Verwundungen im Brustraum sind. Die groben Spitzen der Ork-Pfeile haben Beregonds Rippen zerschmettert. Vermutlich hat er innere Blutungen. Dagegen können wir nichts tun.“
„Wollt Ihr es nicht wenigstens versuchen?“ Faramirs Stimme war belegt und er kämpfte mit den Tränen.
Elladan legte seine Hand auf Faramirs Schulter.
„Wir können nur sein Leiden etwas lindern.“


* * *




Torlond kam ungeheuer schnell mit dem Warg voran. Das Tier lief flink wie der Wind. Es würde nicht mehr lange dauern und er würde bei Veland sein. Bis zum Abend hatte er eine große Strecke zurückgelegt und er schlug am Fluss Gwathló sein Nachtlager auf. Der Warg ließ sich von ihm nicht anbinden und verschwand sogar kurzzeitig in einem kleinen Wäldchen. Als er wieder zurückkam, trug er ein totes Reh zwischen seinen riesigen Zähnen. Torlond lief das Wasser im Mund zusammen, als er das Reh sah. Ein saftiger Wildbraten, über dem Lagerfeuer gegrillt, hätte ihm jetzt gemundet. Aber der Warg knurrte böse, als er in seine Nähe kam.
„Schon gut, ich will dir dein Fressen nicht wegnehmen“, seufzte Torlond bedrückt und zog etwas Dörrfleisch aus seinem Vorratsbeutel.

Torlond legte sich nach seinem kärglichen Nachtmahl zum Schlafen hin in der Gewissheit, dass seine Verfolger wahrscheinlich gerade mit den Orks zu tun hatten. Das zauberte vor dem Einschlafen noch ein boshaftes Grinsen auf sein Gesicht.

Doch mitten in der Nacht wurde er von Hufgetrappel geweckt. Auch der Warg erwachte und stellte sich böse knurrend mit gesträubtem Fell in die Richtung, aus der das Geräusch kam. Torlond zog sein Schwert und überlegte fieberhaft, welchen Zauber er gegen den möglichen Feind, der da kam, anwenden konnte. Doch zu seiner Überraschung entpuppte sich der Reiter als Veland, der mit wutentbrannter Miene zu ihm geritten kam.
„Wie konntest du mich finden?“, fragte Torlond erstaunt und ließ das Schwert sinken.
Der Warg hörte auf zu knurren, als Veland ihn scharf ansah, und zog winselnd den Schwanz ein.

Veland glitt rasch vom Pferd und lief auf den ehemaligen Soldaten schnurstracks zu. Er stieß Torlond unsanft vor die Brust, so dass dieser fast niederfiel.
„Was bildest du dir überhaupt ein?“, bellte er ihn wütend an. „Glaubst du, dass du jetzt ein zweiter Saruman bist, nur weil du ein paar seiner Zauberformeln beherrscht?“
„Ich habe ein Recht, mich vor den Feinden zu retten“, erwiderte Torlond ärgerlich.
„Aber du hast nicht das Recht, sie zu mir zu führen“, rief Veland. „Niemand darf erfahren, wo ich mich aufhalte. Ich will in Ruhe und Frieden leben.“
„Es war nicht mein Einfall, ein gewisses Schwert mit zerstörerischen Runen zu versehen“, sagte Torlond spöttisch. „Du hast dich selbst um dein ruhiges Leben damit gebracht. Dachtest du wirklich, ein berühmter Mann wie Faramir lässt sich so leicht von einem verzauberten Schwert übertölpeln?“
„Du scheinst immer noch viel Verehrung für deinen ehemaligen Herrn übrig zu haben“, erwiderte Veland mit einem schiefen Lächeln. „Dabei vergisst du, dass du für ihn nur noch ein schmutziger Verräter bist.“

Torlond verschränkte die Arme und betrachtete seinen einstigen Mentor nachdenklich. Mittlerweile hatte er keine Angst mehr vor ihm. Er betrachtete sich als genauso mächtig wie Veland. Veland war ein alter Mann, er selbst jedoch stand in der Blüte seiner Jahre.

„Du hast Saruman nie persönlich gekannt“, fuhr Veland grimmig fort. „Einen solch erbärmlichen Wichtigtuer wie dich hätte er niemals als Schüler geduldet. Du bist nur ein dummer Hagestolz aus Gondor, der sich auf seine numenorische Herkunft sehr viel einbildet. Aber ohne Sarumans Schriftrollen wärst du immer noch ein Nichts, ein kleiner Soldat in Faramirs Weißer Schar, mehr nicht.“

Velands verächtliche Worte, welche dieser ihm förmlich entgegenschleuderte, erfüllten Torlond mit ungeheueren Zorn. Er war nicht mehr auf Veland angewiesen. Dieser Mann war eher ein Hindernis für ihn geworden. Veland war vom Neid zerfressen, so wie es aussah. Daher packte Torlond seinen ehemaligen Freund an  seiner Tunika und schleuderte ihn wütend dem Warg entgegen.
„Töte ihn!“, befahl er der Wolfsbestie.
Der Warg schien verstanden zu haben und fletschte gierig die Zähne.
„Nein!“, brüllte Veland entsetzt auf, als sich der Warg ihm näherte.
Fieberhaft versuchte er das Untier mit einem Zauberspruch zu bannen. Aber auf die Schnelle fiel ihm nichts passendes ein. Und so geschah das Unfassbare: der Warg biss Veland zu Tode.
Die lauten Schreie des Mannes hallten durch die Nacht. Als der Warg fertig mit seinem Opfer war, leckte er sich genüsslich die scharfen Zähne. Torlond aber stieß die blutigen Überreste Velands in den Gwathló hinein.
„Weg ist er!“, zischte er grimmig.
Als er wieder zurück zu seiner Decke gehen wollte, war er  jedoch plötzlich umringt von Schattenwesen. Jetzt war guter Rat teuer.


* * *




Faramir kniete leise seufzend neben Beregond nieder, den man sanft auf mehrere Decken gebettet hatte. Éowyn wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. Sie drückte Faramirs Hand.
„Es geht zuende mit ihm, sagen sie“, murmelte sie leise.
Der treue Soldat hatte die Augen geschlossen und sein bärtiges Gesicht wirkte ganz friedlich. Er schien keine Schmerzen zu leiden. Dafür hatten die Elben gesorgt. Faramir konnte es einfach nicht fassen, dass Beregond sterben sollte. Er konnte sich nicht vorstellen, ohne ihn in die Emyn Arnen zurückzukehren.
„Bergil“, sagte Beregond plötzlich mit brüchiger Stimme und öffnete mühsam die Augen. „Herr Faramir, Ihr werdet es ihm sicher schonend beibringen. Er ist noch so jung.“
Faramir nickte unter Tränen.
„Mach dir keine Sorgen um deinen Sohn. Ich werde mich um ihn kümmern. Ihr habt beide so viel für Éowyn und mich getan.“
„Danke“, flüsterte Beregond, dem das Atmen sichtlich schwer fiel.
„Ich werde dich rächen“, fuhr Faramir leise fort. „Torlond wird keine ruhige Minute mehr in seinem Leben haben.“
Beregond lächelte leicht, dann verschied er. Éowyn schluchzte laut auf und fiel in Faramirs Arme, welcher auch heftig zu weinen begann.
Die Elben gesellten sich mit traurigen Mienen zu den Menschen und stimmten ein Klagelied in ihrer Sprache an.

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