Arda Fanfiction

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Der Fluch des vergessenen Schwertes

von Celebne

Resignation

Faramir war fassungslos über Beregonds Tod. Ihm war es jetzt gleich, dass sie wertvolle Zeit bei der Verfolgung Torlonds verloren. Der Verräter hatte sein Ziel erreicht und konnte in Ruhe seinen Vorsprung ausbauen.
„Wir sollten Beregond beisetzen“, meinte Éowyn einige Stunden nach dem Tod des treuen Soldaten vorsichtig.
„Ich kann ihn nicht so einfach hier in der Wildnis verscharren“, sagte Faramir tief bewegt, welcher nicht von der Seite des Toten weichen wollte.

Elrohir trat zu dem Fürsten von Ithilien und legte ihm die Hand auf die Schulter.
„Ich werde zwei meiner Krieger mit dem Leichnam nach Bruchtal schicken. Beregond soll dort auf dem kleinen Friedhof der Dunedain beigesetzt werden.“
„Das ist wirklich eine große Ehre“, erwiderte Faramir mit erstickter Stimme und erhob sich nun. „Beregond wäre sicher sprachlos darüber.“
Ein letztes Mal beugte sich der Fürst nun über Beregond und küsste ihm die blasse Stirn.
„Lebe wohl, mein Freund. Mögest du nun in eine bessere Welt hinübergleiten.“

Éowyn und die Soldaten sahen traurig zu, wie Faramir zusammen mit den Elben Beregond fest in Decken wickelte und den Leichnam dann auf einem Pferd festbanden. Zwei elbische Krieger ritten zusammen mit dem Toten kurze Zeit später zurück nach Bruchtal.
„Wir müssen weiter“, sagte Elladan leise zu den Menschen.
Éowyn nickte und ging eilends zu ihrem Pferd. Doch Faramir zögerte zunächst. Sehr nachdenklich blickte er den Elben nach, die Beregond zu seiner letzten Ruhestätte brachten.
„Faramir!“, rief Éowyn leise. „Wir warten auf dich!“
Der Fürst nickte finster und setzte sich auf Hasubeorn.


* * *



Torlond beobachtete besorgt, wie die Schattenwesen auf ihn zuglitten. Er hatte diese Geister oft genug gesehen, wenn sie Faramir behelligt hatten. Ihn hatten sie in Ruhe gelassen, da er nicht der Besitzer des Schwertes gewesen war. Aber jetzt kamen sie aus einem anderen Grund auf ihn zu. Er fragte sich, ob Veland mächtig genug war, um aus dem Jenseits noch Rache an ihm nehmen zu können.
Rasch kniete er nieder und ritzte mit seinem Dolch einen Kreis in den Erdboden. Er sprang selbst in den Kreis hinein.
„Ihr werdet den Kreis nicht betreten, Schattenwesen!“, drohte er den Geistern. „Sarumans Macht wohnt in mir. In jener Nacht in Bruchtal bin ich sein Nachfolger geworden. Merke dir das, Veland, der du wohl unter den Geistern weilst.“

Während sich die Schattenwesen langsam zurückzogen, blieb eines von ihnen jedoch vor dem Kreis stehen.
„Verschwinde, Veland!“, fuhr Torlond den Geist grimmig an.
„Ich bin Norfric“, erwiderte die schemenhafte Gestalt mit einer seltsam hohlen Stimme. „Du hast Veland endlich bestraft, allerdings bist du selbst noch am Leben.“
„Du sollst verschwinden!“, wiederholte der Verräter beharrlich, doch dieses Mal zitterte seine Stimme leicht, da er langsam merkte, dass seine Macht Grenzen hatte.
„Um die Schattenwesen zu beherrschen, benötigst du eine bestimmte Schriftrolle aus Velands Haus“, fuhr Norfric unbeirrt fort. „Doch dazu musst du erst einmal hingelangen.“
Torlond kauerte in dem Kreis, den er um sich gezogen hatte, und war ganz still geworden. Norfric hatte recht. Veland hatte einmal etwas von einer Schriftrolle Sarumans gefaselt, mit welcher man Geister beherrschen konnte. Es blieb also nichts anderes übrig, als tatsächlich zu Velands Gehöft zu reiten. Er hoffte, dass die Geister sein Reittier nicht völlig vertrieben hatten, denn der Warg war weit und breit nicht zu sehen. Velands Pferd hatte längst die Flucht ergriffen.


* * *


Die Verfolger Torlonds gönnten sich nur eine kurze Ruhepause in der Nacht. Bereits nach vier Stunden wollte man schon wieder aufbrechen.
Faramir sah jedoch die Lage nach Beregond Tod sehr ernüchtert. Sie hatten Torlond gewaltig unterschätzt. Irgendetwas war mit ihm während seiner Gefangenschaft in Bruchtal geschehen, was ihn mächtig hatte werden lassen. Es konnte gut sein, dass noch mehr Leben geopfert werden mussten, um Torlond und Veland zu fassen.
Während die Elben es eilig hatten, die Pferde zu satteln, und auch Éowyn und die Soldaten tapfer aus ihren Decken krochen, obwohl sie alle noch müde waren, blieb Faramir seltsam ruhig sitzen. Er wollte Torlond nicht länger jagen. Seine Angst, dass vielleicht auch Éowyn noch sterben könnte, war einfach zu groß.
„Faramir, wir wollen aufbrechen“, mahnte Elrohir, welcher merkte, dass der Fürst von Ithilien keine Anstalten machte, aufzustehen.
„Es hat keinen Zweck mehr“, sagte Faramir bekümmert zu dem Elben. „Torlond ist zu mächtig geworden. Am Ende ist vielleicht noch Sarumans Geist in seinen Körper gefahren. Gegen einen Zauberer kommen wir nicht an. Ich möchte nicht noch mehr von denen, die ich liebe, verlieren.“
Bei diesen Worten glitt sein Blick besorgt zu Éowyn hinüber, die gerade Windfola über den Lagerplatz führte.

Der Elb hatte Verständnis für Faramir und er legte seine Hand auf die Schulter des Menschenfürsten. Éowyn entdeckte jetzt ihren Gemahl und sie ging mit einem Blick aus dem beinahe Empörung sprach, zu ihm hin.
„Warum zögerst du, Faramir?“, fragte sie aufgeregt. „Alle warten auf dich. Rasch, sonst wird Torlonds Vorsprung zu groß!“
„Wir werden ihn nicht weiter verfolgen“, erklärte Faramir entschlossen.
„Was?“, fragte seine Gemahlin entsetzt. „Du kannst doch jetzt nicht einfach aufgeben!“

Faramir ergriff Éowyn sanft an der Hand und führte sie ein wenig abseits vom Lager zum Flussufer hinab.
„Wir werden Torlond nicht länger verfolgen und auch Veland nicht mehr suchen“, betonte er.
„Aber das ist doch Unsinn!“, meinte Éowyn verständnislos und löste ihre Hand aus der von Faramir.
Sie ging sogar einige Schritte weg von ihm.
„Beregond wäre sicher dafür, dass wir weitermachen“, fuhr sie aufgebracht fort. „Außerdem müssen wir Torlond und Veland unbedingt aufhalten. Wenn wir das nicht tun, werden sie noch mehr Unheil anrichten.“
„Torlond ist beinahe so mächtig wie Saruman“, sagte Faramir nachdenklich. „Wir können gegen ihn nichts mehr ausrichten. Wir haben drei Mitglieder der Weißen Schar verloren, Torlond eingerechnet. Wer soll noch alles sterben, bis wir klüger werden? Éowyn, ich habe Angst, dich auch zu verlieren.“
Bei diesen Worten begann seine Stimme zu zittern und er ging auf sie zu, um sie in seine Arme zu schließen. Doch Éowyn wandte sich von ihm ab und schlang ihre eigenen Arme um ihren Körper. Diese abwehrende Haltung war eindeutig.
„Willst du mich beleidigen?“, fragte sie empört. „Du weißt, wen ich im Ringkrieg besiegt habe. Muss ich dich daran erinnern? Mit solch einem Emporkömmling wie Torlond werde ich immer noch fertig.“
„Das weiß ich, mein Stern“, meinte Faramir ernst und trat ganz nahe neben sie. „Der Hexenkönig war ein mächtiger Gegner, aber Torlond ist ebenso mächtig und dazu noch hinterhältig. Wir können ihm im Moment nichts anhaben.“
„Du hast Beregond versprochen, ihn zu rächen“, erinnerte Éowyn ungehalten ihren Gemahl.
„Er würde nicht wollen, dass wir für ihn sinnlos in den Tod reiten“, entgegnete Faramir besonnen.
„Aber wir sind schon so weit gekommen“, beharrte die ehemalige Schildmaid wiederum. „Jetzt aufzugeben, so kurz vor dem Ziel...“

„Vielleicht gibt es auch einen anderen Weg“, wurde sie plötzlich von Elrohir unterbrochen.
Das Fürstenpaar drehte sich erstaunt zu dem Elben um.
„Verzeiht, dass ich Euer vertrauliches Gespräch störe“, sagte der Elb ernst. „Unser Kundschafter hat die Überreste eines menschlichen Leichnams im Gwathló entdeckt. Ihr müsst Euch das unbedingt ansehen!“
Faramir und Éowyn vergaßen augenblicklich ihre Meinungsverschiedenheit und folgten Elrohir gespannt ins Lager.
Der elbische Kundschafter, welcher nicht mit den Freunden gerastet hatte, sondern eilends der Wargspur weitergefolgt war, hatte Velands übel zugerichteten Leicham, der flussaufwärts getrieben war und schließlich im Schilfgras hängengeblieben war, am Flussufer gefunden.

Der Kundschafter bereitete das Fürstenpaar darauf vor, dass sich ihnen kein schöner Anblick bieten würde. Faramir betrachtete zuerst die sterblichen Überreste. Das Gesicht war zwar einigermaßen intakt, aber er erkannte den Mann nicht. Bedauernd schüttelte den Kopf. Er hatte zwar insgeheim gehofft, dass es sich um Torlond handeln würde, aber leider war dies nicht der Fall.
„Ich kenne diesen Mann nicht“, entgegnete er tonlos und wandte sich ab.
Jetzt trat Éowyn vor und beugte sich über die Leiche.
„Das ist Berenmagor!“, rief sie aufgeregt und drehte sich zu Faramir um.
„Veland?“, fragte dieser verwundert. „Ist das tatsächlich Veland?“
„Ja, ich bin mir ganz sicher“, stieß Éowyn mit zitternder Stimme hervor. „Dieses Gesicht werde ich niemals vergessen. Er ist zwar um einige Jahre gealtert, doch ich erkenne ihn ganz gewiß.“

„Man kann sich gut vorstellen, was passiert ist“, meinte Elladan kopfschüttelnd. „Diese beiden Menschen, Veland und Torlond, sind miteinander in Streit geraten. Veland erkannte offensichtlich, dass Torlonds Macht zugenommen hat. Und Torlond hat schließlich den Warg auf seinen einstigen Meister gehetzt.“
Es war eine grausame Vorstellung, aber so schien es tatsächlich gewesen zu sein.
„Ein Grund mehr, nicht mehr weiterzumachen mit der Verfolgung“, stellte Faramir mit gesenkter Stimme fest.
Bevor Éowyn wieder einen Einwand erheben konnte, ergriff Elrohir das Wort.
„Ich sagte bereits vorhin, dass es vielleicht einen anderen Weg gibt, um Torlond zu stellen. Wenn der Jäger müde wird, den Fuchs zu jagen, erwartet er ihn an seinem Bau.“
„Was für einen Bau meint Ihr?“, fragte Faramir neugierig.
„Ich spreche von Isengart“, erwiderte der Elb lächelnd. „Für Torlond dürfte es nicht länger einen Grund geben, zu Velands Haus zu reiten. Also wird er zum Orthanc reiten und versuchen, seine Macht noch weiter zu vergrößern. Wir müssen vor ihm dort sein.“
Bei seinen letzten Worten wurde der Elb wieder ernst und nachdenklich.
„Das ist unmöglich“, seufzte Faramir kopfschüttelnd.
„Doch“, entgegnete Elrohir mit gedämpfter Stimme. „Es gibt einen geheimen Pfad über das Nebelgebirge, über den Berg Fanuidhol, welcher direkt in den Fangorn-Wald führt. Am südlichen Ende des Fangorn liegt Isengart. Wenn wir Glück haben, gewinnen wir dadurch zwei Tage.“
„Es ist gefährlich“, murmelte Faramir nachdenklich. „Die alten Bäume im Fangorn sind uns vielleicht nicht wohlgesonnen.“
„Wir werden sehen“, meinte Elladan gelassen. „Wir Elben kamen mit den Bäumen stets gut zurecht.“

* * *


Torlond kümmerte sich jetzt nicht mehr um seine Verfolger. Nachdem er die Schattenwesen erst einmal los war, fasste er als Ziel ins Auge, sich die Schriftrolle zu holen. Er hoffte natürlich, dass Veland noch mehr solche - für ihn - wertvolle Dinge in seinem Haus aufbewahrte. Voll Vorfreude sah er sich bereits als Nachfolger Sarumans, der Isengart zurückeroberte.
Nachdem es ihm gelungen war, den Warg wieder herbeizulocken, konzentrierte er sich nun ganz darauf, so schnell wie möglich, Velands Gehöft zu erreichen. Doch er sollte eine böse Überraschung erleben.

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