Arda Fanfiction

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Entscheidung aus Liebe

von Celebne

Die Häuser der Heilung

Heimlich war Éowyn als Mann verkleidet mit in den Krieg nach Gondor gezogen. Sie hatte es Aragorn nicht verziehen, dass er trotz ihrer Liebe auf die Pfaden der Toten geritten war. Vermutlich war er längst tot. Sie wollte nun auch nicht länger leben und suchte auf den Pelennor-Feldern den Tod. Mit der Hilfe des Hobbits Meriadoc war es ihr gelungen, den Hexenkönig von Angmar zu besiegen, doch dabei hatte sie eine schwere Verletzung am Arm erlitten. Halb bewusstlos registrierte sie, wie man sie in die Häuser der Heilung nach Minas Tirith brachte. Dort lag sie in einem Gemach und spürte, wie sie allmählich vom Fieber verzehrt wurde. Dann sah sie plötzlich zwei graublaue Augen vor sich. War Aragorn tatsächlich zurückgekehrt, oder war das nur ein Traum? Sie hörte, wie seine Stimme ihren Namen von der Ferne rief und allmählich kehrte ihr Bewusstsein wieder zurück. Sie sah Aragorn über sich gebeugt. Er lächelte erschöpft. Éowyn war zu schwach zum Lächeln. Sie blickte Aragorn nur verwundert an. Er strich ihr über das Haar.
"Bald wirst du wieder gesund sein, aber ich muß erneut in den Krieg ziehen. Wir müssen zum Schwarzen Tor reiten. Vielleicht können wir so Sauron überlisten".
Éowyn schloß wieder ermattet die Augen. Sie merkte gar nicht mehr, wie Aragorn die Kammer verließ.
Aragorn tat sich schwer, Éowyn in sein Herz zu lassen. Doch für ihn war es klar, dass er sie zu seiner Königin erwählen würde. Arwen war weg: weg für alle Zeit und Ewigkeit. Er würde sie niemals wieder sehen. Und doch schmerzte es, wenn er an sie dachte. Éowyn würde niemals ihren Platz in seinem Herzen einnehmen können, aber er konnte sich keine bessere und schönere Ehefrau wünschen als die weiße Jungfrau von Rohan.

*******


Éowyn  ging ihr rasch besser und schon bald konnte sie aufstehen und umhergehen. Ihr erster Weg lenkte sie ihn den Garten. Von dort aus konnte man wenigstens nach Osten schauen. Sie stand dicht an den Zinnen und ihr hellblondes, hüftlanges Haar flatterte im Wind. Der Wächter der Häuser der Heilung trat zu ihr.
"Herrin, Ihr habt mich rufen lassen?"
"Ich möchte eine Kammer mit einem Fenster nach Osten haben", sagte sie bestimmend.
"Das kann nicht ich entscheiden. Da müsst Ihr mit dem Truchseß sprechen", erklärte der Wächter, der Ingold hieß.
"Ihr sprecht von mir - was gibt es?", sagte plötzlich eine angenehm sanfte, männliche Stimme.
Éowyn drehte sich erstaunt um und erblickte einen gutaussehenden jungen Mann mit seeblauen Augen und rotblondem Haar.
Der Wächter verneigte sich und Faramir, der Truchseß, gab ihm einen Wink, sich zu entfernen.
Er stellte sich kurz bei Éowyn vor. Die Rohirrim war von dem edlen Gebaren Faramirs sofort angetan. Sie begann ihn sofort irgendwie mit Aragorn zu vergleichen, was sie selbst bestürzte.
"Man ist hier sehr nett zu mir, aber ich wäre gerne mit zum Schwarzen Tor gezogen", erklärte sie schließlich.
"Mir ergeht es nicht anders - auch ich bin verwundet und muß noch in der Obhut der Heilerinnen bleiben", sagte Faramir lächelnd. "Aber wenn Ihr ein Zimmer mit der Sicht nach Osten wollt, so kann ich Euch helfen".
Éowyn musste plötzlich auch lächeln, obwohl ihr nicht zumute dannach war. Aber der Statthalter war so freundlich zu ihr, dass es ihr das Herz erwärmte.
Am nächsten Tag ging sie wieder im Garten  spazieren. Sie hoffte, Faramir zu treffen, weil sie sich bei ihm für das neue Zimmer bedanken wollte, das sie innerhalb weniger Stunden bekommen hatte. Und der junge Statthalter erschien tatsächlich. Éowyn bedankte sich höflich bei ihm und Faramir schenkte ihr dafür sein gewinnendes Lächeln. Und wieder wurde ihr ganz warm ums Herz. Sofort bekam sie ein schlechtes Gewissen wegen Aragorn und ihr Gesicht wurde plötzlich traurig.
"Ihr seid wunderschön, Éowyn von Rohan", sagte Faramir zu ihr. "In den Tälern Gondors wachsen viele schöne Blumen und noch schönere Mädchen. Aber noch nie habe ich ein Mädchen gesehen, dass so schön und traurig zugleich ist. Vielleicht sind es nur noch wenige Tage, bis die Welt völlig untergeht. Ich würde mich freuen, wenn Ihr mir in dieser Zeit Gesellschaft hier in den Gärten leisten würdet."
Éowyn ging das Herz auf bei diesen wunderbaren, romantischen Worten. So hatte Aragorn noch nie mit ihr gesprochen. Er war ein harter, erbitterter Krieger, der sich nicht darauf verstand, einer Dame den Hof gebührend zu machen. Außerdem vermutete Éowyn, dass er im geheimen immer noch Arwen liebte.  Am besten war es wohl, Faramir nichts von Aragorn zu erzählen. Wahrscheinlich würde er vom Schwarzen Tor auch gar nicht wieder zurückkehren.
Fünf Tage vergingen und immer wieder begegnete sie Faramir in den Gärten. Ein kalter Nordwind wehte am sechsten Tag und der Statthalter ließ einen mitternachtsblauen Mantel, der mit Sternen bestickt war, für Éowyn bringen. Dankbar hüllte sie sich in den Mantel ein. Faramir erzählte ihr, dass der Mantel von seiner verstorbenen Mutter stammte. Éowyn erzählte ihm wieder, dass auch sie längst ihre Mutter verloren hatte, und so fanden sie immer wieder neue Gesprächsstoffe. Nach wie vor machte ihr Faramir galant den Hof und brachte ihr ständig kleine Geschenke mit - meistens waren es Blumen. Sie spürten, dass die große Wende des Schicksals nahe war. Faramir reichte ihr die Hand und half ihr auf hinauf auf die Stadtmauer. Dort standen sie und sahen nach Osten. Eine gewaltige Feuersäule stieg in den Himmel. Blitze zuckten über den Himmel und mit einem Mal verzog sich die Dunkelheit. Von unten aus der Stadt drangen Jubelschreie zu ihnen empor. Faramir ergriff Éowyns Hände. Sie drückte sich nahe an ihn. Ehe sie sich versah, lagen sie sich in den Armen und küssten sich. Faramir küsste  ganz anders als Aragorn: seine Küsse waren sanft und süß.

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