Arda Fanfiction

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Eine Heimat für Hobbits

von Ethelfara Ceorlred

Kapitel #2 In Königsnorburg, beim König

Seit ihrem Besuch beim Bürgermeister waren einige ereignislose Wochen vergangen. Von Königsnorburg oder vom Stadtrat hatten die vier Hobbits seitdem nichts mehr gehört, und langsam bezweifelten sie, dass ihre Angelegenheit am Hof ernst genommen werde.

Auch das Wetter hatte gewechselt. Der Sonnenschein war einem Dauerregen gewichen, der von einem steten Westwind vom Meer herangetragen wurde. Es war kalt geworden (zu kalt für einen Juni, fand Blanco) und der Schlamm klebte hartnäckig an den Füßen. Mehrmals war Geröll vom Breeberg herabgerutscht, und einmal war Marchos Feld betroffen gewesen. Bedrückt begann er, das Feld wieder frei zu räumen. Die Arbeit eines halben Jahres war vergeblich gewesen.
Blanco, Otho und Fredegar hatten Marcho beim Freiräumen seines Feldes geholfen, aber sie wussten, dass er ohne seine Handwerksarbeiten kaum ein Auskommen gefunden hätte. Und es gab einige Hobbitfamilien, die vor eben diesem Problem standen.
An einem dieser trüben Abende klopfte es an der Tür zu Marchos Höhle. Ein Bote des Stadtrats teilte den Hobbits mit, daß sie sich am nächsten Tag um neun Uhr beim Bürgermeister einfinden sollten.

Mit gemischten Gefühlen machten sich Marcho und Blanco anderentags zum Ständehaus auf. Vor der Tür warteten bereits Fredegar und Otho, und sie traten ein.
Die vier wurden sogleich zum Bürgermeister vorgelassen. Mit noch gemischteren Gefühlen betraten sie die Amtsstube.

„Guten Morgen, Ihr Herren“ sagte Herr Gerstenkorn und erhob sich zur Begrüßung. „Gestern Abend ist der Bote vom Königshof zurückgekehrt. Er hatte nur einen Brief dabei: an mich adressiert; betreffend der Angelegenheit Besiedeln der Königsgüter in den Westlanden.“

Der Bürgermeister nahm den Umschlag, brach das Siegel und öffnete den Brief. Dann las er ihn vor:

Gegeben zu Königsnorburg am zweiten Juni im Jahre 1600 des Dritten Zeitalters der Welt.

Ich, König Argeleb II, Hochkönig von Arnor entbiete meinen Gruß an den Herrn Bürgermeister Gerstenkorn von Bree und die Herren Marcho und Blanco Tuk, Fredegar Beutlin und Otho Straffgürtel.
Betreffend Eures Wunsches, in den Landen des Königs, die westlich des Baranduin gelegen sind die Wohnstätten Eures Volkes begründen zu dürfen, fordere ich Euch auf, Euch zum Ratstag am fünfzehnten Juni am Hofe zu Königsnorburg einzufinden. Eure Sache soll dort vorgetragen und beraten werden.

Argeleb II, Hochkönig von Arnor


„Wir sollen zum König kommen?“ fragte Marcho atemlos.

„Gratuliere. Eure Sache soll beraten werden“ antwortete der Bürgermeister. „Damit seid Ihr weit gekommen. Eilt Euch. Morgen solltet Ihr aufbrechen.“

Mit diesen Worten verabschiedete der Bürgermeister die vier Hobbits. Sie machten sich sogleich auf, um ihre Siebensachen zu packen. Aufgeregt gingen Marcho und Blanco nach Hause.

„Was ist denn mit euch los?“ fragte Elena. „Ihr seid ja ganz aufgeregt!“

„Wir sollen uns schnellstens zum Königshof aufmachen“ antwortete Marcho. „Morgen früh brechen wir auf.“

„Also habt ihr mit euren Ideen doch Glück“ sagte Melia, Blancos Frau. „Ich freue mich jedenfalls schon auf eine eigene Höhle.“

„Noch ist nichts entschieden“ entgegnete Blanco. „Wir reisen zum König, um für unser Vorhaben zu werben. Vielleicht gelingt es uns, seine Erlaubnis für den Umzug einzuholen.“

Am nächsten Morgen standen Marcho und Blanco früh auf. Ihre Sachen waren schnell gepackt und die Ponies gesattelt. An der alten Straßenkreuzung gerade außerhalb der Stadtbegrenzung von Bree trafen sie auf Fredegar und Otho.

„Guten Morgen“ rief Blanco. „Alles bereit?“

„Ja“ antwortete Fredegar, und sie bogen nach rechts auf die alte Nord – Süd – Straße, die nach Königsnorburg führte.
Es war ein grauer, regnerischer Morgen, und tiefhängende Wolken zogen über das Land. Bald schon war der Breeberg hinter ihnen verschwunden, und kleine Rauchwölkchen hinter einem Hügel zeigten, dass dort Archet lag.
Gegen Mittag hatten sie das Breeland verlassen, und die wohlbestellten Felder und kleinen Wälder wurden von wildem, ungezähmtem Land abgelöst. Die Straße behielt aber ihren steten Verlauf nach Norden bei, und sie wurde von den Mannen des Königs gut gepflegt.
Alle fünf Meilen waren befestigte Wachposten, die den Verlauf der Straße überwachten und Reisende vor Überfällen schützten. Jeder Reisende hatte sich beim Kommandant zu melden und das Ziel seiner Reise zu nennen. So wurde sichergestellt, dass normale Reisende von Räubern sofort unterschieden werden konnten. Außerdem war es so möglich, die Ankunft geladener Gäste dem Königshof vorzumelden.
Ab und an durchschnitt die Straße große, ausgedehnte Wälder. Die Bäume waren zur Straße hin bis auf Bogenschussweite abgeholzt worden, um Überfälle aus dem Hinterhalt zu vereiteln.

Es hieß, daß zu den Zeiten der alten Hochkönige von Arnor und Gondor diese Lande bis Bree dicht besiedelt gewesen waren, aber die meisten Bewohner waren im großen Krieg gegen Sauron gefallen oder nach dem Krieg gen Norden, näher nach Königsnorburg gezogen. Ab und an konnte man die verfallenen Reste alter Scheunen oder Gehöfte sehen, und von Zeit zu Zeit war noch der Verlauf alter Straßen zu erkennen, die nach rechts oder links von der Hauptstraße abgezweigt waren.

Bei Einbruch der Dunkelheit machten die Hobbits Rast an einer Wachstation. Der Kommandant wies ihnen ein Zimmer zu ebener Erde zu, und sie legten sich ermattet zur Ruhe. Da sie in einer wichtigen Angelegenheit zum König bestellt worden waren, standen ihnen Unterkunft und Verpflegung in der Wachstation zu; normale Reisende mußten sich mit einem Lagerplatz außerhalb der Mauern zufriedengeben.
Für die vier Hobbits war es eine neue Erfahrung, in einem Menschenhaus zu übernachten. Sie waren nicht an hohe Räume und lange Betten gewöhnt, und Marcho fiel das Einschlafen trotz aller Müdigkeit schwer. Er dachte noch lange über ihre kommende Audienz nach.

Am nächsten Morgen machten sie sich früh auf die Weiterreise. Langsam kam die nördliche Hügelkette näher, die die Grenze des Stammlandes des Nördlichen Königreichs markierte. Fredegar schätzte, daß sie dort gegen Abend ankommen würden.
Auch das Wetter hatte sich geändert. Es war freundlicher geworden; die Sonne schien und die Vögel zwitscherten. Die Stimmung der Hobbits hob sich, und Fredegar sang ein Lied.
Langsam stieg das Land an, und die Straße folgte nun dem verlauf eines langgezogenen Tals. Stetig stieg sie an, aber nicht zu steil, so daß sie durchgehend von schweren Karren befahren werden konnte. Vereinzelte Gehöfte säumten die Straße, und bald schon waren die ersten kleinen Dörfer zu sehen. Am Abend machten die Hobbits Rast in einem kleinen Dorfgasthof nicht weit abseits der Straße.

Nach zwei Tagen einsamen Reisens genossen sie die Gesellschaft, obwohl es nicht wie zu Hause im Tänzelnden Pony in Bree war. Der Gasthof war nicht groß, ein umgebautes Wohnhaus mit einer kleinen Gaststube und nur wenigen Gästezimmern. Die paar Einheimischen in der Gaststube waren erstaunt über die vier Hobbits, denn es kamen nur wenige Fremde hier vorbei.
Doch auch hier gingen die vier früh zu Bett. Marcho hoffte, am morgigen Tag den Rest der Reise nach Königsnorburg hinter sich zu bringen. Und so brachen sie nach einer geruhsamen Nacht früh auf.
Die Ortschaften rechts und links der Straße wurden nun größer, und zwischen den Feldern und Wäldern waren nur noch wenige unbestellte Landstriche zu sehen. Die Straße wand sich nun wieder hinab, und gegen Mittag sahen sie am Horizont einen großen See. Davor lag eine Stadt, die um ein Vielfaches größer war als Bree. Viele Häuser waren aus Stein, andere aus Holz, aber alle waren mit Ziegeln gedeckt und nicht mit Reet, so wie man es in Bree häufig sah.
Auf den letzten Meilen bis zu dieser Stadt war die Straße gepflastert und keine erdene Spur, und auf einem Schild las Marcho die Aufschrift noch zehn Meilen bis Königsnorburg.

„Bald haben wir es geschafft“ meinte er. „Ob wir uns noch heute Abend am Palast melden sollen?“

„Sollten wir schon, glaube ich“ antwortete Blanco. „Um so schneller erhalten wir Audienz. Außerdem können die uns sicher eine gute Unterkunft empfehlen.“

Marcho betrachtete die langsam näherrückende Stadt. In der Stadtmitte war eine alles überragende Festungsanlage zu sehen. Darin befand sich ein großer Palast, von dem es hieß, daß der Hochkönig Elendil der Lange ihn erbaut hatte. Um die Festungsanlage herum war die Oberstadt, der älteste und vornehmste Stadtteil von Königsnorburg. Hier wohnten die reichen Kaufleute und der höhere Adel von Arnor. Die Häuser waren aus festem Stein erbaut worden, und sie waren groß und schön; weißes Mauerwerk und mit Dächern aus Schiefer.
Weiter unten lag die Unterstadt, wo die einfacheren Leute wohnten. Hier waren die Häuser zwar kleiner als in der Oberstadt, aber fest und solide erbaut.
Als die vier Hobbits in die Stadt einzogen fiel Marcho auf, daß alle Häuser Fenster aus Glas hatten und alle Straßen gut gepflastert waren, mit Rinnen an den Seiten. Auch das war in Bree nicht der Fall.

Die Nacht war gerade hereingebrochen, als die vier den Königshof erreichten. Der Nachtwächter machte seine Runde und zündete die Straßenlampen an.
Marcho sprach bei der Palastwache vor und zeigte das Einladungsschreiben her. Daraufhin wurden die vier sogleich zum Festungskommandanten vorgelassen. Offenbar wurden sie bereits erwartet.

„Guten Abend, Ihr Herren“ sagte er. Der Kommandant trug eine Rüstung aus blank poliertem Stahl und darüber einen reich gestickten Wappenrock mit dem Wappen des Königs; ein silberner Adler, die Schwingen zum Flug ausgestreckt auf nachtblauem Grund. „Wie ich höre, seid Ihr weit und rasch gereist.“

„Das ist richtig“ antwortete Blanco und stellte der Reihe nach seine Gefährten vor. Diese verbeugten sich und stellten sich dem Kommandanten zur Verfügung, so wie es Sitte war.

Sie erhielten eine Unterkunft im Königspalast zugewiesen, was als Ehrenbezeugung für hochrangige Besucher galt. Marcho staunte nicht schlacht, als er ihr Zimmer sah. Es war geräumig und hell, mit goldener Stuckdecke und vorzüglich gearbeiteten Möbeln aus dunklem, poliertem Eichenholz. Ein Abendmahl stand für sie bereit, das üppiger war als so manches Festessen.

„Morgen früh um acht seid Ihr zur Audienz bei Seiner Majestät geladen“ sagte der Kommandant. „Offenbar handelt es sich bei Eurer Angelegenheit um etwas von größter Wichtigkeit.“

„Das liegt im Ermessen Seiner Majestät“ antwortete Marcho. „Wir wollen Arnor helfen, wo wir nur können.“

„Gerüchte hiervon habe ich gehört“ antwortete der Kommandant. „Ist es wahr, daß Ihr in unsere alten Westlande ziehen wollt? Das würde uns so manche Sorge nehmen.“

„Das haben wir vor“ sagte Blanco. „Doch ich hätte nicht gedacht, daß unser Vorhaben schon zum Stadtgespräch geworden ist. Eigentlich war es eher eine fixe Idee.“

„Zum Stadtgespräch ist es noch nicht geworden. Doch es wird sich bald herumsprechen, daß vier Halblinge – Hobbits, sollte ich sagen, bitte um Vergebung – vier Hobbits beim Hohen König von Arnor wie Staatsgäste empfangen werden. Das hat es noch nie gegeben. Und was Euer Ansinnen angeht – der König hat sich hierüber wohlwollend geäußert. Doch das werdet Ihr morgen früh schon selbst merken. Er hat nämlich alle anderen Besprechungen verlegt. Also bereitet Euch gut vor. Gute Nacht!“ Der Kommandant ging und ließ die vier Hobbits alleine.

„Das klappt ja besser wie gedacht“ sagte Fredegar schließlich. „Wir müssen dem König unser Vorhaben nicht mehr schmackhaft machen, glaube ich. Eher unseren Landsleuten.“

„Mal sehen. Möglicherweise erläßt er eine Anordnung, und es kommen mehr Leute mit, als wir jemals gedacht hätten“ antwortete Marcho. „Aber das sehen wir morgen. Wenn ich heute Nacht noch einmal gähnen muß, bekomme ich dem Mund nicht mehr zu. Gute Nacht!“

Die Besprechung hatte am nächsten Morgen früh begonnen, und die vier Hobbits sprachen lange über ihre Pläne. König Argeleb II. war reich gekleidet und trug dem Anlaß entsprechend seinen Königsmantel. Er war dunkelblau, mit weißem Pelzbesatz und in Schulterhöhe war das Königswappen von Arnor aufgestickt: ein weißer Adler, der sich hoch in die Lüfte erhoben hatte. Der König hatte den Hobbits interessiert zugehört, schließlich hob er selbst zu einer kurzen Ansprache an.

„Meine lieben Hobbits“ begann er. „Mit großer Freude nehme ich Euer Ansinnen, in den westlichen Königslanden siedeln zu wollen, zur Kenntnis. Wisset, daß dieser fruchtbare Landstrich seit Jahren schon unbestellt ist und brach liegt. Übles Volk kann sich dort breitmachen, wenn es noch länger unbewohnt ist. Doch Ihr spracht noch nicht über die Zahl derer, die am Baranduin siedeln wollen.“

„Wir haben bislang lediglich mit dem Bürgermeister von Bree über unser Vorhaben gesprochen“ antwortete Marcho. „Aber ich vermute, daß mindestens fünftausend Hobbits mit uns gehen dürften. Im Breeland gibt es längst nicht mehr für jeden ein Auskommen, wie Ihr sehr wohl wißt. Doch einem Hobbit ist nichts lieber, als sein tägliches Brot mit eigener Hände Arbeit zu verdienen. Es könnte also durchaus sein, daß noch mehr nachziehen wollen, wenn die ersten Siedler Fuß gefaßt haben.“

„Ich kann sehr wohl anordnen, daß zehn- oder fünfzehntausend Hobbits umgesiedelt werden“ sagte der König. „Auf Dauer kann das Breeland die vielen Einwohner, die es jetzt hat, nicht ernähren. Wenn Euch es nützt, werde ich einen Umsiedlungsbefehl erteilen.“

„Ich glaube nicht, daß dies ein weiser Entschluß wäre“ antwortete Marcho. „Wir Hobbits lieben das freie, selbstbestimmte Leben. Nein, wenn ihnen befohlen wird, gen Westen umzusiedeln, dann bleiben wohl alle anderen in Bree und werden niemals nachkommen, und wenn es ihnen noch so schlecht geht. Es bleibt uns wohl nichts anderes übrig, als unsere Landsleute davon zu überzeugen, freiwillig mit uns mitzukommen. Es mag wohl länger dauern, bis die ersten Siedler kommen, aber diese kommen dann freiwillig; und wenn es ihnen gut geht, kommen noch mehr nach.“

„Die Umsiedlung auf eine freiwillige Basis zu stellen halte auch ich für besser“ ergänzte Fredegar. „Viele murren ja schon bei der kleinsten Steuererhöhung. Stellt Euch den Aufruhr vor, wenn plötzlich alle auf einmal in eine ungewisse Zukunft wegziehen müßten.“

„Auch ich weiß, daß der Aufbruch ins Ungewisse kein leichter Aufbruch ist“ sagte der König bedächtig. „Auf alle Fälle können wenigstens die ersten Siedler auf meine Hilfe zählen. Das Land, das sie zum Leben benötigen, soll ihres sein. Möglicherweise lassen sich noch mehr Hilfen organisieren. Bedenkt aber, daß unsere Staatsschatulle nicht allzu üppig gefüllt ist.“

„Auch aus diesem Grund wollen wir die Umsiedlung vorantreiben“ antwortete Blanco. „Lange können die Hilfen, die wir jetzt zur Zeit für das Überleben brauchen, nicht mehr fließen. Das Breeland ist übervölkert; auch hier sage ich niemandem etwas Neues. Die Frage ist nur, wie wir die Hobbits davon überzeugen sollen, daß ein Umzug für sie alle die beste Lösung ist, ohne daß jemand erst in Not kommen muß.“

„Nun, hierauf kann weder ich noch ein anderer Mensch Euch eine Antwort geben“ antwortete der König. „Hierfür kennt wohl keiner die Hobbits gut genug, außer vielleicht ein Hobbit selbst. Ich weiß wirklich nicht, wie diese Überzeugungsarbeit zu bewerkstelligen ist, wenn noch nicht einmal Ihr die Antwort auf diese Frage kennt.“

„Möglicherweise kommen wir doch weiter“ sagte Otho nachdenklich. „Vielleicht ist einfach der Leidensdruck noch nicht groß genug. Im Moment geht es allen doch noch recht gut, und das, obwohl das Breeland, wäre es auf sich selbst gestellt, bei weitem nicht alle Bewohner ernähren könnte. Ich kann mir nicht vorstellen, daß dieser jetzige Zustand noch lange beibehalten werden kann. Nun, ich vermute, es braucht vielleicht noch ein, zwei schlechte Ernten und die Hilfen werden unter dem Hinweis auf die geringen Staatsmittel nicht erhöht. Gleichzeitig bieten wir die Möglichkeit, neue Siedlungsgebiete zu erschließen. Ich glaube, dann dürften wir eine weitaus höhere Anzahl Freiwilliger finden, als dies jetzt womöglich der Fall wäre.“

„Womöglich finden wir sie auch früher. Es ist allen bekannt, daß die Ackerböden, die wir bebauen, ausgelaugt sind. Sie bringen bei weitem nicht mehr die Ernten hervor, die wir noch vor fünf oder vor zehn Jahren auf ihnen erzielt haben. Das wissen alle. Was sie nicht wissen ist, daß es große, unbesiedelte Lande gibt, in denen es ein gutes Auskommen geben kann und wo man zudem noch sicher vor Überfällen ist.“

„Nun, zum größten Teil müßten die Hobbits wohl selbst zu dieser Sicherheit beitragen“ warf der König ein. „Trotzdem werden Feinde, die vom Norden, Westen oder Osten her einfallen wollen, durch die Streitmacht Arnors ferngehalten. Meine Sorge aber ist der Süden. Diese Flanke ist zur Zeit noch offen. Würden sich die Hobbits zum Siedeln entschließen, dann wäre dieses Problem, das auch für Bree zur Bedrohung werden könnte, ein für allemal gelöst.
Aber laßt uns nicht länger von diesen militärischen Dingen reden. Meines Wissens droht vom Süden her keine feindliche Invasion. Ein langsames, allmähliches und zunächst unbemerktes Einsickern unerwünschter Kreaturen ist da wahrscheinlicher. Wenn dann schon ordentliche, rechtschaffene Leute dort leben, die vielleicht noch über eine kleine Ordnungsmacht verfügen, dann trauen die sich nicht auch nur in die Nähe dieses Landes. Nein, das Risiko, in den Westlanden Unruhen zu durchleben, ist eher gering. Außerdem ist ja noch meine Streitmacht da.“

„Aber selbst die Andeutung möglicher Unruhen könnte die Hobbits davon abhalten, an den Baranduin zu ziehen“ warf Marcho ein. „In unserer Vergangenheit wurden wir oft angegriffen und verfolgt. Deshalb sind wir ja auch von unserem Winkel, auf der westlichen Seite des Nebelgebirges gelegen, hierher gekommen. Früher wurden wir oft von Orks überfallen, die des Nachts von den Bergen herabkamen und viel Leid über uns brachten. Nur die Ältesten unter uns haben diese Zeiten noch selbst erlebt, dennoch sitzt die Furcht, zum wehrlosen Opfer von Überfällen zu werden, bei vielen noch tief.“

„Was Ihr einwendet, hat Belang“ antwortete der König. „Auch wenn im Moment nicht damit zu rechnen ist, Krieg kann es immer geben, denn es braucht nur einen Feind, um ihn vom Zaun zu brechen. Aber diese Gefahr ist in Bree genauso gegeben wie in Königsnorburg oder am Baranduin oder östlich des Nebelgebirges. Ihr könnt Euren Leuten aber sagen, daß sie sicher sind, wenn sie gen Westen ziehen. Der Baranduin bietet auf viele Meilen eine natürliche Barriere, und weiter westlich in den Turmbergen leben Elben, die uns wohlgesonnen sind. Im Süden gibt es lediglich einen etwa zwanzig Meilen großen Durchlaß, der eben ist. Dort wäre eine Invasion oder ein Eindringen, so sie den stattfinden sollte, am wahrscheinlichsten. Aber dann lebtet Ihr in Bree in ständiger Gefahr, denn außer einer hohen Hecke rund um die Stadt herum gibt es dort kein Hindernis, das Feinde am Eindringen hindert.“

„Im Moment herrscht dort ja auch Ruhe“ sagte Blanco. „Nur weiß niemand, wie lange sie anhält. Viele fürchten, daß Hobbits immer diejenigen sein werden, die verfolgt und unterdrückt sind. Wenn es gelänge, diese Bedenkenträger davon zu überzeugen, als Siedler nicht mehr ein Verfolgter zu sein, dann hätten wir viel gewonnen.“

„Ich sehe, Ihr kennt die Denkweise Eurer Leute am besten“ sagte der König und erhob sich. „Ich finde, Ihr solltet am Baranduin siedeln dürfen; und nicht nur dort. Wenn zwanzigtausend Hobbits gen Westen ziehen, dann sollen alle Lande vom Baranduin im Osten bis zu den Turmbergen im Westen und von den Hügeln südlich des Abendrotsees bis zu der Sarnfurt im Süden den Hobbits sein. Einzig das Landgut, das östlich des Baranduin, gerade vor dem Verwunschenen Wald liegt, nehme ich hiervon aus; denn dies war Isildurs Landgut, und es ist des Königs, solange es in Arnor ein Königreich der Dúnedain gibt.
Als einzige Bedingungen hierfür fordere ich, daß die Ost-West-Straße zwischen der Brücke über den Baranduin und den Turmbergen und die Brücke selbst instandgehalten werden; und außerdem sollen die Hobbits Landesherren bestimmen, die dem König von Arnor gegenüber lehnspflichtig sind. Dafür werden sie ihre eigenen Angelegenheiten selbst regeln. Nur im Kriegsfall sollen sie dem Befehl des Königs unterstellt sein.“

Die vier Hobbits erhoben und verbeugten sich. „Mit der Hilfe der Valar und aller guten Mächte soll es so sein“ sagte Marcho.

„Dann ernenne ich Euch, Marcho und Blanco Tuk sowie Fredegar Beutlin und Otho Straffgürtel zu Boten des Königs in dieser Sache. Ihr sollt als Boten des Königs auftreten und in meinem Namen sprechen. Und wenn Euer Ansinnen erfolgreich ist, dann sollt Ihr als Fürsten des Landes auftreten, bis eine ordentliche Verwaltung aufgebaut ist. Und Ihr sollt mit allen Ehren reisen und alle Unterstützung erhalten, die Ihr verlangt. Erstattet mir regelmäßig Bericht.“

„Euer Wunsch sei unser Befehl“ antwortete Marcho. Die vier Hobbits verbeugten sich tief und verließen die Audienzhalle.

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