Arda Fanfiction

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Räucherkerzen

von E. E. Healing

Der Rauch und seine Wirkung

„Au! Verdammt Kíli, was sollte das denn?“, fluchte Fíli und besah sich die Wunde, die sein kleiner Bruder ihm gerade mit dem Schwert an seinem Oberarm zugefügt hatte.
     „Es tut mir leid, Barmâd. Das wollte ich nicht. Aber meine Gedanken schweifen ein wenig ab…“, gab dieser zerknirscht von sich.
     „Und wohin?“, neckte der Blonde ein wenig.
     „Etwa zu einem gewissen Seneschall?“
     „Willst du mich ärgern?“, schmollte Kíli nun.
Fíli trat näher, wollte seinen Arm um den Jüngeren legen und zischte schmerzerfüllt auf. Sein Blick fiel auf das Blut, das beständig aus der Wunde tröpfelte.

     „So viel dazu, dass ich dieses Mal mit den Elben trainieren werde. Das können wir nun vergessen, oder besser, zumindest ich kann es vergessen. Ich werde neben euch dastehen wie ein Trottel.“
     „Fíli es tut mir wirklich leid!“, versuchte es der Dunkelhaarige noch einmal.

Dabei setzte er einen Blick auf, dem der Ältere noch nie hatte widerstehen können.
     „Es ist schon gut!“, winkte Fíli auch schon ab.

     „Hilf mir lieber wieder auf mein Pony. Wir sind ja fast bei den Elben in ihrem Wald und mit etwas Glück können sie es mit ihrem merkwürdigen Zauber schnell richten.“


******


     „Wer hat euch denn angegriffen? Wer wagt es, die Prinzen des Erebor auf ihrem Weg in den Eryn Lasgalen zu überfallen?“, fragte Seneschall Tirbôron, als er die Zwerge sah und den stark blutenden Arm des Älteren erspähte.
     „Niemand!“, knurrte Kíli übellaunig.
     „Wir haben ein wenig geübt, damit wir uns bei dieser Kälte und dem ganzen Schnee schon etwas aufwärmen konnten, und ich habe es wohl übertrieben“, gab der Prinz nun etwas kläglich zu.
     „Den Thronfolger angreifen…“, witzelte der grünäugige Elb da doch tatsächlich.

     „Steht darauf nicht auch bei Zwergen eine Strafe?“, hakte Tirbôron nach.
Kíli schluckte hart und wurde ganz bleich. Wenn er daran dachte, was dem Letzten widerfahren war, der einen Angriff auf Fíli plante...
     „Er ist mein Bruder und es war keine Absicht, also wird er keine Strafe bekommen“, wiegelte Fíli nun ab.

Sein Bruder atmete erleichtert auf, sah nun den elbischen Seneschall an und bemerkte den Schalk in dessen Augen. Er selbst war geneigt, seine Zunge heraus zu strecken.
     „Dürfte ich dennoch um einen eurer Heiler ersuchen?“, knurrte Fíli entnervt und lenkte so die Aufmerksamkeit der Männer wieder auf sich.
     „Natürlich Prinz Fíli! Legolas ist gerade dabei, neue Salben und Tinkturen herzustellen. Er wird sich deiner sicher annehmen“, versicherte Tirbôron nun eilfertig.


******


     „Fíli, bitte, ich tue wirklich alles du willst. Aber bitte, bitte, sage Onkel Thorin nichts von meinem Missgeschick...“, hörte bald darauf der Elbenprinz den jüngeren Zwerg jammern, noch bevor er einen vom bärtigen Volk überhaupt sehen konnte.

Dieser kleine, dunkelhaarige Zwergenprinz strapazierte seine Nerven immer wieder von Neuem, wenn er seinen Weg in den Wald fand. Wieso nur mochte Tirbôron ihn so gern in seiner Nähe? Legolas würde es kaum verstehen, wie man überhaupt diese Zwerge gern haben konnte. Wie froh war er, dass er das Erbe seiner Mutter angenommen hatte und sich um die Verletzten kümmerte, statt das Schwert zu schwingen.

Aber um den wackeligen Frieden zwischen den Völkern zu wahren, hatten sein eigener Vater, Thranduil, der Elbenkönig und der Zwergenkönig Thorin nun einmal beschlossen, dass es regelmäßige Treffen in dem einen oder anderen Königreich zu geben hatte und die Krieger in dieser Zeit auch zusammen trainieren mussten. Es war also mal wieder so weit, wenn er nun Kílis Stimme vernahm.

     „Caun nîn!* Ich habe euch einen Verwundeten mitgebracht“, hörte er seinen Freund Tirbôron nun ebenfalls von der Tür rufen.
Lachte der Seneschall etwa ein wenig? Der Elbenprinz sah auf seine drei Besucher, die gemeinsam im Türrahmen standen, und erkannte, dass es zu seinem Glück nicht der weinerliche junge Zwerg war, der die Verletzung erlitten hatte, sondern der ältere, honigblonde. Erleichtert atmete Legolas auf.
     „Was ist geschehen?“, wollte der blonde Elb nun wissen.
     „Ein heimtückischer Anschlag“, grinste sein Seneschall.

Kíli boxte ihm wenig unauffällig in die Seite, so, dass Tirbôron für einen Augenblick die Luft knapp wurde. Scheinbar böse funkelte dieser nun auf den lächelnden Zwerg hinab.
     „Das ist nicht wahr!“, verteidigte sich der Jüngste der vier Männer.

     „Ich habe ihn nicht angegriffen und wenn, dann schon gar nicht heimtückisch!“, begehrte er auf.
     „Oh bitte, nicht hier! Wenn ihr euch erneut sinnlos streiten wollt, dann tut dies draußen, vor meiner Tür und außerhalb meiner Hörweite“, tadelte Legolas.
     „Das wäre mir auch sehr recht“, stimmte Fíli ihm zu.
     „Aber ich kann dich doch jetzt nicht ni…“, fing sein Bruder an, wurde aber vom Älteren unterbrochen.
     „Du sagtest, du tust alles, was ich will. Also geh endlich und mir nicht weiter auf die Nerven, bis mein Arm versorgt worden ist! Ich denke, der Elb, der neben dir steht, wäre einer Stunde auf dem Übungsplatz mit dir allein wohl nicht abgeneigt.“


Alle drei Männer hielten einen Moment die Luft an, als sie die Worte des zwergischen Thronfolgers vernahmen. Dann lachte Tirbôron auf und Kíli grinste mit roten Wangen.
     „Wenn es dein Wunsch ist, Barmâd“, kam es dennoch leise  und kleinlaut von Kíli, der sich nun mit dem braunhaarigen Elb aus dem Staub machte.
     „Kümmere dich gut um ihn“, rief Legolas Tirbôron noch lachend hinterher.

     „Das werde ich“, ertönte dessen Antwort.

* elb. Mein Prinz


******



Beide Zurückgebliebenen atmeten erleichtert auf, als endlich etwas Ruhe einkehrte. Fíli stand nun ein wenig verloren im Raum, bis Legolas ihm bedeutete, auf einer der Pritschen Platz zu nehmen. Dann fing der Zwergenprinz an, sich weit genug auszuziehen, damit Legolas sich die Wunde genauer betrachten konnte.
     „Sie ist nicht zu tief, aber die Kälte und der Ritt haben dafür gesorgt, dass es stärker geblutet hat. Du solltest dich hinlegen und ich trage fürs Erste eine Salbe auf, damit es gänzlich aufhört zu bluten. Wenn diese wirkt, dann lege ich dir einen Kräuterverband an.“
     „Danke!“, war alles was der Zwergenprinz sagte, bevor er sich gehorsam niederlegte.


Der Elb drehte sich dennoch erst einmal weg von seinem Patienten, ging einige Schritte und kramte in den Schränken. Als er zurück kam, hatte Legolas einen kleinen Teller in der Hand, auf dem einige merkwürdige, kegelförmige, dampfende Kerzchen standen. Fíli betrachtete sie neugierig. Sie verströmten einen angenehmen Duft.

     „Was hast du da angezündet und zu welchem Zweck?“, fragte Fíli interessiert.
     „Das sind Räucherkerzen, die ich selbst hergestellt habe. Der Rauch soll dir dabei helfen, zu entspannen, mehr nicht. Die Kräuter, die ich verwende, haben außerdem eine die Heilung unterstützende Wirkung“, erklärte Legolas.
     „Aha!“, erklärte der Zwerg und schloss für eine Weile seine Augen.

Er lauschte Legolas´ Stimme, die beständig und beruhigend elbische Formeln sprach. Dabei entspannte sich Fíli sichtlich und in der behaglichen Wärme wurde er schnell schläfrig, döste ein wenig ein.

Der Zwergenprinz begann zu träumen, von blondem Haar und angenehmer Stimme. Er seufzte wohlig auf. Fíli merkte kaum, wie Legolas mit der Behandlung seines Armes fortfuhr, so entspannt war er. Dabei entkam ihm wohl auch ein leichtes Stöhnen. Legolas bemerkte es, war aber nicht in der Lage, zu deuten, ob es aus Schmerz heraus über Fílis Lippen floss.

So beugte sich Legolas sorgend über den Zwerg, flüsterte seinen Namen. Doch Fíli, noch ganz in seinem Traum gefangen, griff in diesem Augenblick nach dem Elbenprinzen, der noch immer besorgt über ihn gebeugt dastand und drückte diesem einen leidenschaftlichen Kuss auf die Lippen.
Als Fíli die Augen endlich aufmachte, sah er sich einem verwirrt dreinblickenden Legolas gegenüber, der nicht in der Lage war, sich aus dem starken Griff des Zwergen zu befreien. Viel zu überrumpelt war er von dessen Zungenfertigkeit und Hingabe in den Kuss.

     „Was machst du da mit meinem Bruder?“, ertönte plötzlich Kílis Stimme von der Tür.
Erschrocken fuhren die Beiden herum und sahen den jungen Zwerg, zusammen mit dem braunhaarigen Elb, in der Tür stehen, die sie beide recht entsetzt musterten.
     „Ich glaube … Ich denke … nein, ich weiß, ich muss eine andere Kräutermischung für Zwerge herstellen. Diese Wirkung haben meine Räucherkerzen bisher bei keinem Elb gezeigt!“, stammelte der blonde Elb und rannte geradezu aus dem Raum.

Fíli sah ihm sehnsüchtig hinterher.


ENDE

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