Arda Fanfiction

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Faramir und der weiße Baum

von Celebne

Kapitel 1

Sorgenvoll warf der Zauberer einen Blick auf den kleinen Knaben, welcher neben ihm durch die Zitadelle schritt. Die Miene des Kindes wirkte nachdenklich, fast zu nachdenklich für einen Fünfjährigen. Gandalf wusste, dass Faramir schon viel für sein Alter mitgemacht hatte. Obwohl es ihm materiell an nichts fehlte, hatte er die Grausamkeit des Lebens schon früh kennenlernen müssen. Vor wenigen Monaten hatte Faramir die über alles geliebte Mutter verloren. Statt dass sich nun der Vater besonders intensiv um seinen jüngsten Sohn kümmerte, vergrub sich dieser in seine eigene Trauer und verbrachte viele Stunden in der obersten Kammer des weißen Turmes

Als der Zauberer mit dem Knaben nun die Zitadelle verließ, blickte er kurz zum weißen Turm hinauf. Er wusste, in welchem Raum sich der Truchsess gerade befand und er fragte sich, ob es dort einen bestimmten Gegenstand gab, welcher den Herrscher Gondors geradezu magisch anzog.

„Gandalf, warum wird der weiße Baum von so vielen Soldaten bewacht?“, ertönte plötzlich die helle Stimme Faramirs. „Es ist doch kein Leben mehr in ihm!“
Der Zauberer stutzte: er hatte angenommen, dass der Knabe längst die Geschichte des weißen Baumes kannte.

Das wäre Denethors Aufgabe gewesen!

Gandalf zog erzürnt die buschigen Augenbrauen zusammen. Doch als er auf Faramirs fragende Miene blickte, konnte er nicht länger böse sein. Schließlich konnte gerade dieser Junge nichts dafür.
Der Zauberer legte sanft seinen Arm um Faramirs kleine Schultern und blieb in der Nähe des weißen Baumes mit ihm stehen.
„Der weiße Baum ist immer der Baum des Königs gewesen.“
„Aber wir haben in Gondor keinen König!“, begehrte Faramir erstaunt auf. „Mein Vater sagt, dass die Linie der Könige ausgestorben ist.“

Gandalf lächelte geheimnisvoll.
„Ob die Linie der Könige ausgestorben ist, weiß niemand so genau, auch nicht dein Vater. Wenn es nicht die Hoffnung auf die Rückkehr eines Königs gäbe, würden diese Männer hier den verdorrten Baum auch nicht bewachen.“
Faramirs Augen wurden groß.
„Die Rückkehr eines Königs“, flüsterte er ehrfurchtsvoll.

Der Knabe trat nun vorsichtig zu der Stelle, wo der Baum stand, und verneigte sich demütig.
Die maskierten Soldaten warfen sich erstaunte Blick zu, ließen Faramir aber gewähren.

Gandalf aber stützte sich lächelnd auf seinen Stab auf und spürte nun plötzlich wieder Hoffnung. Der Truchsess war ein starrsinniger Mann, der von einem wiederkehrenden König nichts wissen wollte, aber dieser sensible Knabe hier würde ihm die Ehre erweisen, wenn es eines Tages so weit sein sollte.
Gandalf schloss kurz die Augen und sah im Geiste, wie der weiße Baum in voller Blüte stand.


ENDE

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