"Sie wurde Daena genannt. Niemand wusste, woher der Name kam, wer ihn ihr gegeben hatte. Es war ihr Name und er reichte aus. Mehr musste sie nicht wissen.
Sie war im Licht geboren, im ersten Lied Ilúvatars, das den Raum erhellt hatte. Er hatte gesungen und sie waren zu ihm gekommen. Sie, die Ainur.
Nun sollten sie ihr Werk vervollständigen. Ihre Werkzeuge bestanden allein aus ihren Vorstellungen, ihren Stimmen und ihren Instrumenten. Es war eine Zeit, in der alles weder neu noch alt war, weder ewig noch vergänglich. Es war einfach so.
Sie lebten, um zu schaffen und wenn sie nicht schufen, sannen sie über ihr Schaffen nach.
Daena, die Ainu, lebte in ihrer Behausung in der Leere und wusste nichts mit sich anzufangen. Denn schon immer liebte Ilúvatar die Individualität und so unterschieden sich die Ainur, obwohl alle große Macht und Glanz besaßen, und ein jeder war einzigartig.
Daena war stumm. Sie hatte kein Instrument, um die Luft mit süßem Klang zu erfüllen und keine Stimme, um ihre Ideen anderen preiszugeben. So lebte sie in Trauer und Einsamkeit, mied die Musiker und schaute ihnen doch sehnsüchtig bei ihrer Kunst zu und hörte voller Genuss ihre Loblieder, während ihr Herz immer schwerer wurde.
Als Ilúvatar dies bemerkte, denn er lebte zu jener Zeit unter ihnen und lehrte sie seine Gedanken, kam er zu ihr und setzte sich neben sie. Sie schwiegen einander an, doch hörten sie sich zu in ihrem Schweigen.
Lange Zeit harrten sie so aus, dann erhob sich Ilúvatar und verließ Daena, auf deren Lippen ein Lächeln lag.
Die Ainur versammelten sich um ihren Schöpfer, der alsbald zu ihnen getreten war und hörten voller Staunen, wie er von jubelnden Hymnen sprach, die von einer Geschichte solcher Pracht erzählten, dass die Ainur verstummten und sich vor Bewunderung verneigten.
Er gebot ihnen, die Geschichte in Gesang zu verwandeln und sie mit ihrer Kunst auszuschmücken. Er selber wolle lauschen und sich an ihr erfreuen.
Daena, die sich bisher im Hintergrund gehalten hatte, trat in ihrer Verzückung hervor und vernahm die ersten Töne mit freudiger Erwartung. Denn es war in gewisser Weise ihr Lied.
Die Ainur spielten Klänge, wie sie schöner und abwechslungsreicher noch nie gehört worden waren und wohl auch nie wieder gehört werden würden. Die Musik füllte bald die Hallen der Wohnstätten der Ainur und inmitten dieser Herrlichkeit saß Daena und lauschte andächtig den Harmonien.
Doch plötzlich mischte sich eine neue Melodie in dieses Werk und sie schien nirgends recht hineinzupassen. Sie kam leise und fasste mit verklärter Verschlagenheit Fuß in den reinen Tönen. Melko, der mächtigste der Ainur, spielte sie und flocht in ihr seine neuartigen, hinterlistigen Gedanken ein. Sie brachte Missklang und Disharmonie in das Konzert der Ainur und viele verstummten oder fielen ebenfalls in Melkos Düsternis ein.
Ilúvatar saß stumm da und lauschte dem Unheil und als die Melodie vollständig in Dunkelheit versunken war, gab er Daena einen Wink und sie stand unwillkürlich auf.
Sie faltete die Hände über ihrem Kopf und begann sich einer unerwarteten Regung folgend zur Melodie zu bewegen. Die Musik verklang, da die Ainur dem Treiben aufmerksam zusahen und allein Melko versuchte noch, das Konzert fortzuführen, doch gab auch er schließlich auf.
Daena aber tanzte und tanzte, tanzte zur Stille und zum Licht, zur Ruhe und zur Opferung. Und da sie sich so grazil bewegte, begannen die anderen Ainur erneut mit dem Spiel und eine neue Melodie erhob sich, kraftvoll und erhaben und vertrieb das Dunkel.
Lange Zeiten über spielten sie so und Daena tanzte dazu, wie es inniger noch niemandem gelungen ist. Als die Musik verklungen war, ließ sie sich erschöpft fallen und betrachte die Welt, die sie zusammen erschaffen hatten.
Jeder von ihnen hatte einen kleinen Teil dazu beigetragen, einige mehr, andere weniger, und selbst Melko hatte mit seiner Eigenwilligkeit nur das Werk Ilúvatars vervollständigt.
Die Ainur waren begeistert und beobachteten fasziniert die im Licht schimmernde Welt unter ihnen. Daena aber blieb wie versteinert sitzen und rührte sich nicht mehr, zu viel Anstrengung hatte sie der Tanz gekostet. Und es heißt, so sitzt sie immer noch, ein kleiner Stern unter tausenden.
Niemals wieder hörte man von ihr, dies ist die einzige Geschichte, die von ihr erzählt. Sie war eine Ainu und hatte geholfen, die Welt zu erschaffen, die später Ea heißen sollte. Sie hatte ihr die Stille hinzugefügt.
Manchmal berichten Wanderer, die in einsame Gebiete gereist waren, in lautlose Schluchten und stille Wälder, dass sie, als es dunkel wurde, glaubten, eine Gestalt tanzen zu sehen. Doch niemand von ihnen war sich jemals sicher, denn bei jedem Blick, den sie in die Richtung der Tanzenden zu werfen versuchten, war sie wieder verschwunden, und man hatte das Gefühl, dass es nur ein Windhauch gewesen war.
So raunte man sich von Zeit zu Zeit unter den Menschen Gerüchte zu, dass ein Mädchen durch die Wälder ziehe und für rastlose Wanderer tanze, man hielt sie für eine Elbenfrau oder für eine Illusion, doch nie war man sich sicher.
Einigen der Elben aber, die wissen, wie die Welt erschaffen wurde, kamen diese Gerüchte zu Ohren und sie glaubten in ihr Daena wiederzuerkennen, Daena die Stumme, Daena die Tanzende.
Daena, die Unvergleichliche. Die ganze Welt sah ihrem Tanz zu und lauschte der Stille, die sie umgab. Ihr Tod machte sie unvergänglich, denn das Beste kann man nur unter großen Opfern erreichen."
Eine Nachtigall saß im Geäst der Bäume und hatte der Erzählung ebenso andächtig wie das kleine Mädchen gelauscht, welches sich im weichen Gras zu Füßen des Baumes befand. Nun, da die Geschichte zu Ende war, flog sie mit einem leisen Flöten auf und verschwand zwischen den Kronen zweier hoher Bäume.
"Und nun ruh, mein Kind", sprach Gwendeling, die Erzählerin, mit sanfter Stimme und deckte es zu, "lausche nur der Stille der Nacht."
Alsbald verschwand die Fee in der Dunkelheit und das Mädchen lag allein unter dem Blätterbaldachin der Bäume. Das Kind aber konnte nicht schlafen und blickte träumend in den Wald hinein. Und da glaubte sie eine weiße Gestalt zu sehen, die im Dickicht hin und her huschte ...
Das Mädchen stand lächelnd auf und ging auf die Gestalt zu. Sie war nicht richtig zu sehen, immer glaubte man sie nur zu erblicken, doch sie lief um das Elbenkind herum als fordere sie es zum Tanz auf. Und so bewegte die Kleine zum ersten Mal bewusst ihren Körper in graziler Anmut, ihre Füße berührten sanft das weiche Grün und es war kein einziges Geräusch zu hören, selbst die Nachtigallen schwiegen.
So geschah es, dass Daena dem Mädchen, das von allen Tinuviel genannt wurde, das Tanzen lehrte.
Sie war im Licht geboren, im ersten Lied Ilúvatars, das den Raum erhellt hatte. Er hatte gesungen und sie waren zu ihm gekommen. Sie, die Ainur.
Nun sollten sie ihr Werk vervollständigen. Ihre Werkzeuge bestanden allein aus ihren Vorstellungen, ihren Stimmen und ihren Instrumenten. Es war eine Zeit, in der alles weder neu noch alt war, weder ewig noch vergänglich. Es war einfach so.
Sie lebten, um zu schaffen und wenn sie nicht schufen, sannen sie über ihr Schaffen nach.
Daena, die Ainu, lebte in ihrer Behausung in der Leere und wusste nichts mit sich anzufangen. Denn schon immer liebte Ilúvatar die Individualität und so unterschieden sich die Ainur, obwohl alle große Macht und Glanz besaßen, und ein jeder war einzigartig.
Daena war stumm. Sie hatte kein Instrument, um die Luft mit süßem Klang zu erfüllen und keine Stimme, um ihre Ideen anderen preiszugeben. So lebte sie in Trauer und Einsamkeit, mied die Musiker und schaute ihnen doch sehnsüchtig bei ihrer Kunst zu und hörte voller Genuss ihre Loblieder, während ihr Herz immer schwerer wurde.
Als Ilúvatar dies bemerkte, denn er lebte zu jener Zeit unter ihnen und lehrte sie seine Gedanken, kam er zu ihr und setzte sich neben sie. Sie schwiegen einander an, doch hörten sie sich zu in ihrem Schweigen.
Lange Zeit harrten sie so aus, dann erhob sich Ilúvatar und verließ Daena, auf deren Lippen ein Lächeln lag.
Die Ainur versammelten sich um ihren Schöpfer, der alsbald zu ihnen getreten war und hörten voller Staunen, wie er von jubelnden Hymnen sprach, die von einer Geschichte solcher Pracht erzählten, dass die Ainur verstummten und sich vor Bewunderung verneigten.
Er gebot ihnen, die Geschichte in Gesang zu verwandeln und sie mit ihrer Kunst auszuschmücken. Er selber wolle lauschen und sich an ihr erfreuen.
Daena, die sich bisher im Hintergrund gehalten hatte, trat in ihrer Verzückung hervor und vernahm die ersten Töne mit freudiger Erwartung. Denn es war in gewisser Weise ihr Lied.
Die Ainur spielten Klänge, wie sie schöner und abwechslungsreicher noch nie gehört worden waren und wohl auch nie wieder gehört werden würden. Die Musik füllte bald die Hallen der Wohnstätten der Ainur und inmitten dieser Herrlichkeit saß Daena und lauschte andächtig den Harmonien.
Doch plötzlich mischte sich eine neue Melodie in dieses Werk und sie schien nirgends recht hineinzupassen. Sie kam leise und fasste mit verklärter Verschlagenheit Fuß in den reinen Tönen. Melko, der mächtigste der Ainur, spielte sie und flocht in ihr seine neuartigen, hinterlistigen Gedanken ein. Sie brachte Missklang und Disharmonie in das Konzert der Ainur und viele verstummten oder fielen ebenfalls in Melkos Düsternis ein.
Ilúvatar saß stumm da und lauschte dem Unheil und als die Melodie vollständig in Dunkelheit versunken war, gab er Daena einen Wink und sie stand unwillkürlich auf.
Sie faltete die Hände über ihrem Kopf und begann sich einer unerwarteten Regung folgend zur Melodie zu bewegen. Die Musik verklang, da die Ainur dem Treiben aufmerksam zusahen und allein Melko versuchte noch, das Konzert fortzuführen, doch gab auch er schließlich auf.
Daena aber tanzte und tanzte, tanzte zur Stille und zum Licht, zur Ruhe und zur Opferung. Und da sie sich so grazil bewegte, begannen die anderen Ainur erneut mit dem Spiel und eine neue Melodie erhob sich, kraftvoll und erhaben und vertrieb das Dunkel.
Lange Zeiten über spielten sie so und Daena tanzte dazu, wie es inniger noch niemandem gelungen ist. Als die Musik verklungen war, ließ sie sich erschöpft fallen und betrachte die Welt, die sie zusammen erschaffen hatten.
Jeder von ihnen hatte einen kleinen Teil dazu beigetragen, einige mehr, andere weniger, und selbst Melko hatte mit seiner Eigenwilligkeit nur das Werk Ilúvatars vervollständigt.
Die Ainur waren begeistert und beobachteten fasziniert die im Licht schimmernde Welt unter ihnen. Daena aber blieb wie versteinert sitzen und rührte sich nicht mehr, zu viel Anstrengung hatte sie der Tanz gekostet. Und es heißt, so sitzt sie immer noch, ein kleiner Stern unter tausenden.
Niemals wieder hörte man von ihr, dies ist die einzige Geschichte, die von ihr erzählt. Sie war eine Ainu und hatte geholfen, die Welt zu erschaffen, die später Ea heißen sollte. Sie hatte ihr die Stille hinzugefügt.
Manchmal berichten Wanderer, die in einsame Gebiete gereist waren, in lautlose Schluchten und stille Wälder, dass sie, als es dunkel wurde, glaubten, eine Gestalt tanzen zu sehen. Doch niemand von ihnen war sich jemals sicher, denn bei jedem Blick, den sie in die Richtung der Tanzenden zu werfen versuchten, war sie wieder verschwunden, und man hatte das Gefühl, dass es nur ein Windhauch gewesen war.
So raunte man sich von Zeit zu Zeit unter den Menschen Gerüchte zu, dass ein Mädchen durch die Wälder ziehe und für rastlose Wanderer tanze, man hielt sie für eine Elbenfrau oder für eine Illusion, doch nie war man sich sicher.
Einigen der Elben aber, die wissen, wie die Welt erschaffen wurde, kamen diese Gerüchte zu Ohren und sie glaubten in ihr Daena wiederzuerkennen, Daena die Stumme, Daena die Tanzende.
Daena, die Unvergleichliche. Die ganze Welt sah ihrem Tanz zu und lauschte der Stille, die sie umgab. Ihr Tod machte sie unvergänglich, denn das Beste kann man nur unter großen Opfern erreichen."
Eine Nachtigall saß im Geäst der Bäume und hatte der Erzählung ebenso andächtig wie das kleine Mädchen gelauscht, welches sich im weichen Gras zu Füßen des Baumes befand. Nun, da die Geschichte zu Ende war, flog sie mit einem leisen Flöten auf und verschwand zwischen den Kronen zweier hoher Bäume.
"Und nun ruh, mein Kind", sprach Gwendeling, die Erzählerin, mit sanfter Stimme und deckte es zu, "lausche nur der Stille der Nacht."
Alsbald verschwand die Fee in der Dunkelheit und das Mädchen lag allein unter dem Blätterbaldachin der Bäume. Das Kind aber konnte nicht schlafen und blickte träumend in den Wald hinein. Und da glaubte sie eine weiße Gestalt zu sehen, die im Dickicht hin und her huschte ...
Das Mädchen stand lächelnd auf und ging auf die Gestalt zu. Sie war nicht richtig zu sehen, immer glaubte man sie nur zu erblicken, doch sie lief um das Elbenkind herum als fordere sie es zum Tanz auf. Und so bewegte die Kleine zum ersten Mal bewusst ihren Körper in graziler Anmut, ihre Füße berührten sanft das weiche Grün und es war kein einziges Geräusch zu hören, selbst die Nachtigallen schwiegen.
So geschah es, dass Daena dem Mädchen, das von allen Tinuviel genannt wurde, das Tanzen lehrte.
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