Arda Fanfiction

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Ein minderer Verrat

von Jay of Lasgalen

Das Unerwartete

„Wie sicher auch immer unsere Erwartungen sind, der vorausgesehene Moment mag sich als unerwartet erweisen, wenn er eintritt.“ T.S. Eliot


Die Tür öffnete sich ohne Zögern, was nahe legte, dass Elrond ganz in ihrer Nähe gestanden haben musste. Sein Blick glitt über seine beiden Söhne, bevor er wieder auf Elrohir zu ruhen kam. Kurz schloss er seine Augen, dann winkte er sie mit einer wortlosen Geste beide ins Arbeitszimmer.

Matt sank Elrohir in einen Stuhl nahe dem Feuer. Normalerweise würde Elladan sich dann auf die Lehne desselben Stuhls setzen – aber nicht heute Abend. Obwohl seine Hand im Vorbeigehen Elrohirs Schulter kurz streifte, nahm Elladan einen Stuhl auf der gegenüberliegenden Seite des Kamins und musterte seinen Bruder vorsichtig. Trotz seiner unterstützenden Worte war er eindeutig noch immer beunruhigt – doch Elrohir hoffte, dass er zumindest darauf vorbereitet war, zuzuhören. Würde auch sein Vater zuhören? Mit bitterem Bedauern wusste er, dass es nichts gab, was er zu seiner eigenen Verteidigung sagen konnte, doch wenn er wenigstens andere vor der Gefahr des Ringes warnen konnte, dann mochte nicht alles verloren sein.

Er sah auf und bemerkte, dass sein Vater ihn beobachtete und ernsthafte Sorge lag in seinen Augen. „Ich habe heute Nacht gewaltiges Übel im Tal verspürt“, sagte Elrond leise. „Es gab große Gefahr, und ich spürte auch Vilya sich regen. Meine Ängste richteten sich auf dich, Elrohir – geht es dir gut? Was ist geschehen?“

Elrohir wusste, dass er töricht gewesen war zu glauben, seinem Vater wäre nicht bewusst gewesen, dass etwas nicht stimmte, selbst wenn Elrond – noch – nicht wusste, was genau passiert war. „Der Ring“, sagte er schlicht. „Er hat versucht, mich dazu zu verführen, Frodo anzugreifen – und er war beinahe erfolgreich damit.“ Er wandte den Blick ab, als er sprach, wollte den Ausdruck von Entsetzen und Abscheu seines Vaters nicht sehen und war sich schmerzlich bewusst wie schlimm er ihn im Stich gelassen hatte. Sich durch die Wolken von Unsicherheit, die der Ring bei seinem Erwachen zurückgelassen hatte, hindurchtastend, begann er mit leiser Stimme zu sprechen. „Ich war heute Abend ruhelos und besorgt – das bin ich gewesen, seit wir aus Lórien zurück sind. Ich brauchte Frieden und Alleinsein und fand mich auf dem Weg die Berge über den Pinienwäldern hinauf wieder. Dort habe ich Frodo gefunden.“ Stockend erklärte er die Ereignisse wie sie vorgefallen waren – so gut wie er sich daran erinnerte. „Und doch hat mich am Ende etwas aufgehalten und ich wusste, ich würde es nicht tun.“ Er hielt inne. „Ich konnte nicht.“ Erneut hielt er inne und schüttelte den Kopf. „Der Ring ist gefährlich“, schloss er. „Tödlich gefährlich – ich hatte keine Ahnung, wie tödlich er ist. Wir müssen sie warnen – Aragorn, Legolas und die anderen.“

„Das werde ich“, sagte Elrond ihm rundheraus. „Hab keine Angst deswegen. Meine Sorgen richten sich jetzt auf dich.“ Er kam an Elrohirs Seite und kniete neben dem Stuhl nieder, so dass Elrohir keine Wahl hatte, als seinem intensiven Blick zu begegnen. „Elrohir, eins muss ich wissen. Ich weiß, dass du es nicht getan hast. Du sagtest, du erkanntest die Lügen, die der Ring dir erzählt hatte, dass etwas dich zurückgehalten hat. Was? War das bevor oder nachdem Sam gekommen war?“

Elrohir sah zu seinem Vater und war sich der plötzlichen Spannung im Raum bewusst und der Anstrengung in Elronds Stimme, wie auch Elladans Sorge. Aus irgendeinem Grund war seine Antwort für beide äußerst wichtig. Er runzelte die Stirn und versuchte sich deutlich an die Ereignisse zu erinnern. Der Ring hatte in seinem Geist eine solche Verwirrung und solches Chaos hervorgerufen, dass es schwierig war, sich mit Sicherheit daran zu erinnern, was geschehen war. „Es gab einen Moment, in dem ich plötzlich klar erkannt habe, was der Ring tat. Es war – es war wie eine klärende Brise, die den Nebel, der mich umgab, fort blies oder wie wenn ein Regenvorhang sich plötzlich teilt. In diesem Moment wusste ich, ich hatte eine Wahl – den Ring zu nehmen oder ihn zurückzuweisen.“ Er zuckte leicht mit den Schultern. „Also sagte ich ‚nein’ – ich wusste, ich würde es nicht tun.“

Elrond begann zu lächeln. „Und Sam? War er schon dort?“

Wieder schüttelte Elrohir den Kopf. „Nein“, sagte er langsam. „Er kam später dazu. Ich sagte Frodo, er solle zurück hinunter zum Haus gehen und sich eilen, denn es wurde dunkel. Ich dachte, er wäre auf diese Weise sicherer“, fügte er trostlos hinzu. „Doch er schien unsicher. Er war so besorgt um mich! Dann… hörte ich Sam rufen. Wir warteten. Als er kam, erzählte er Frodo, es sei Zeit fürs Abendessen und sie gingen zusammen fort.“ Er hielt inne und versuchte sich daran zu erinnern, ob es noch etwas zu berichten gab.

Von der anderen Seite des Kamins her lächelte Elladan plötzlich und nickte zufrieden. „Gut!“, murmelte er.

Elrohir sah ihn überrascht an. „Warum? Warum das Interesse an Sam?“, frage er verwirrt. Neugier über diese unerwartete Reaktion drang durch seinen Dunst von Elend und Trostlosigkeit.

„Warum?“, wiederholte Elrond. „Weil es einen Unterschied bedeutet. Hast du den Ring aus eigenem Antrieb zurückgewiesen, weil du zu Verstand gekommen bist – oder hat Sam dich unterbrochen, bevor du handeln konntest?“ Er lächelte wieder. „Erkennst du den Unterschied?“

Langsam nickte Elrohir. Es gab einen Unterschied, einen offensichtlichen Unterschied. Und es ärgerte ihn, dass er ihn nicht selbst erkannt hatte. Der restliche Nebel von Zweifel und Hoffnungslosigkeit hielt ihn noch immer gefangen, aber zum ersten Mal begann er sich selbst Hoffnung zu gestatten. „Du meinst – du verurteilst mich nicht? Aber ich wäre ihm doch fast unterlegen…“

„Aber du bist ihm nicht unterlegen. Du hast seinem Übel widerstanden.“ Elrond legte einen Arm um Elrohirs Schultern und zog ihn an sich. „Es gab viele, die das nicht konnten – wie auch Isildur. Doch deine Integrität und deine Ehre haben es nicht zugelassen.“

Es war als ob eine gewaltige Last von Elrohir genommen worden war. Der Schatten und die Dunkelheit, die ihn so schwer niedergedrückt hatten, zogen sich zurück und er spürte, wie der Balsam der bedingungslosen Liebe seines Vaters ihn erneut umgab. Diese Liebe war nie erloschen, erkannte er, doch er war zu sehr in seiner eigenen Verzweiflung verloren gewesen, um das zu bemerken. „Ich dachte, du würdest mich hassen für das, was ich getan habe – dass ich euch alle so schlimm im Stich gelassen hatte Ich dachte, nein, ich wusste, du würdest mir nie mehr vertrauen, mir nie vergeben. Niemals habe ich dieses Verständnis, diese Vergebung erwartet.“

Elladan erhob sich und kam ebenfalls herüber zu Elrohirs Stuhl. Er setzte sich auf die Armlehne und lehnte sich zurück, eine Hand auf die Schulter seines Bruders legend. „Denkst du so schlecht von uns? Von mir? Du bist noch immer Elrohir, mein kleiner Bruder. Nichts wird das ändern.“ Er drückte Elrohirs Schulter leicht und Elrohir zog Kraft aus der Woge von Liebe, die ihn einhüllte.

Schließlich lächelte er. „Nein.“

Elrond seufzte. „Es gibt nichts zu vergeben. Der Ring ist ein Feind. Ein Feind, dem du nie zuvor begegnet bist, einer, der weit verschlagener und schlauer ist als jeder andere, dem du gegenüber gestanden hast. Er ist weit gefährlicher und raffinierter. Er hat eine Falle gestellt – denn es war kein Zufall, der dich und Frodo an einen so hohen und abgelegenen Platz geführt hat, dessen bin ich mir sicher.“

Erstaunt sah Elrohir seinen Vater an. Er hatte nicht hinterfragt, warum es ihn in die einsamen Berge gezogen hatte, obwohl er normalerweise die Zuflucht der Stallungen aufsuchte, wenn er beunruhigt war. Er erschauerte. Der Einfluss des Rings war fürchterlich raffiniert.

„Der Feind hat eine Falle gestellt, einen Hinterhalt gelegt und dich dann angegriffen“, fuhr Elrond fort. „Es ist schon zuvor geschehen und es wird zweifellos wieder geschehen. Du hast die Gefahr gesehen und sie zurückgeschlagen. Nach einer Schlacht – aus der du nicht unverletzt zurückgekehrt bist“ – hier strich Elrond sanft über Elrohirs Wange – „warst du siegreich. Du hast dem Feind gegenübergestanden und gewonnen. Du hast große Stärke und Entschlossenheit gezeigt, um seinen Versuchungen zu widerstehen. Du hast seine Versuche abgewehrt, dich zu einem Handeln zu verleiten, von dem du wusstest, dass es falsch war. Täusche dich nicht, dies war eine Schlacht – anders als jede andere Schlacht, in der du jemals gekämpft hast, aber nichtsdestoweniger eine Schlacht.“

Elrohir sah mit Erstaunen zu seinem Vater hin, als er dessen Worte überdachte. Es war ihm nicht in den Sinn gekommen, die Ereignisse als eine Schlacht zu betrachten, aber der Kampf, die Kontrolle über seine Gedanken zu behalten, war ebenso anstrengend gewesen wie jede herkömmliche Schlacht, die er geschlagen hatte. Es fühlte sich vollkommen ausgelaugt, als ob er gerade lange und hart gegen ein Bataillon Orks gekämpft hatte. „Eine Schlacht?“, wiederholte er verwirrt.

Elrond seufzte. „Du bist intelligent – du weißt, du bist einer der besten Strategen, die ich habe. Denk nach, Elrohir! Wie hat der Ring versucht, dich zu unterminieren? Welche Strategien hat er benutzt?“

Als Elrohir die Taktiken bedachte, die der Ring benutzt hatte, schwanden die letzten Ranken seines unheilvollen Einflusses, die seinen Geist noch immer umnebelt hatten. Er stand auf und begann, im Raum auf und ab zu laufen, als er den Angriffsplan, den der Ring benutzt hatte, analysierte. Es war eine Taktik, die er nach jeder Schlacht anwendete und er erkannte die Art und Weise, wie der Ring ihn verführt, wie er seine eigenen Schwächen durcheinander gebracht hatte und wie es ihm möglich gewesen war, dagegen zu kämpfen.

„Seine hauptsächliche Gefahr liegt darin, wie er einem in der Seele lesen kann“, erklärte er genau. „Er begann damit, Träume und Wünsche aufzudecken, von denen ich weiß, das sie unmöglich zu erfüllen sind – und zeigte mir, wie leicht es wäre, sie zu verwirklichen. Er bot mir alles an, was ich je gewollt habe, und mehr. Er tat noch mehr als das – er fand vage Unsicherheiten, von denen ich nicht einmal wusste, dass ich sie hatte; und belanglosen Groll, von dem ich dachte, er sei lange vergeben und vergessen. Er zeigte mir eine solche Mischung aus Wahrheit und Lügen, dass ich nicht länger wusste, was wirklich war.“

Elrond nickte. „Welche Wahrheiten hat er dir gezeigt? Welche Träume und Wünsche?“

„Träume?“, echote Elrohir. Er lachte bitter auf. „Ich will nichts mehr, als dass Aragorn sein Schicksal erfüllt und zum König gekrönt wird, aber ich weiß, dass es wahrscheinlicher ist, dass unsere Hoffnung – unser Estel – durch ein Ork-Schwert neben einem einsamen Pfad enden wird.“

„Das ist auch meine Hoffnung – und Befürchtung“, merkte Elladan leise an.

„Ja, aber mit dem Ring hätte ich es geschehen lassen können“, erklärte Elrohir. „Ich hätte ihm in Windeseile zum Sieg verhelfen und sämtliche Feinde aus dem Weg räumen können.“ Mit Nachdruck machte er eine ausladende, verscheuchende Geste mit seinem Arm. „Die Schlachten und Todesfälle, von denen wir wissen, dass sie kommen werden, hätten verhindert werden können.“ Er blieb stehen und wandte sich wieder Elladan und Elrond zu. „Oh, er war sehr überzeugend.“

Elladan nickte. „Das ist eine verständliche Versuchung, kleiner Bruder. Kein Wunder, dass es so schwer für dich war, zu widerstehen.“

„Es gab noch mehr“, fuhr Elrohir fort. „Da war auch Arwen – sie hätte ihr Unsterblichkeit behalten können, so dass wir sie nie verlieren würden.“

Elrond schloss die Augen wie im Schmerz. „Wenn mir diese Chance gegeben wäre…“ Er führte diese Überlegung nicht weiter, senkte aber den Kopf in Gedanken. Schließlich sprach er wieder. „Ich kann verstehen, warum es so hart war, der Wahrheit gegenüber zu stehen und sie zu bekämpfen. Was ist mit den Lügen, die er dir erzählt hat?“

Elrohir schwieg für einen Moment. Es beschämte ihn, dass er – wenn auch nur für einen Augenblick – einige dieser Dinge geglaubt hatte. Er seufzte. „Ich wollte, dass du Vilya einsetzt, um das Tal zu schützen, um Imladris für alle Zeiten zu bewahren. Und mehr. Und ich beschloss, dass der Grund, warum du es nicht tatest, war…“

„Was war?“, half Elrond behutsam weiter.

„…war, dass du Angst hattest ihn richtig einzusetzen; dass du Angst vor seiner Macht hattest“, sagte er mit leiser Stimme.

„Ah“, sagte Elrond mit einem langen Seufzer. „Es war nicht ausschließlich eine Lüge. Ich hätte Vilya mehr einsetzen können – hätte ihn benutzen können, um Verletzungen und die Verheerungen der Zeit zu heilen. Und ich hätte ihn benutzen können, um… um…“

„Um Mutter zu heilen?“, fragte Elrohir. Er bemerkte, dass seine vorsichtige Frage von Elladan wiederholt wurde und er lächelte schwach. Endlich waren sie wieder eines Sinnes.

„Ja“, flüsterte Elrond. „Aber wäre es Heilung – wahrhaftige Heilung – gewesen, wenn ich ihren Geist dazu gezwungen hätte, Heilung und Frieden anzunehmen? Vilyas Macht liegt in seiner stillen Stärke, nicht in der brutalen Kraft, Einwilligung zu fordern.“

Elrohir hatte eine kurze, Übelkeit erregende Vision seiner Mutter – offenbar geheilt, spröde lächelnd und friedvoll, doch eine leere Hülle, der die Freude am Leben, der Geist und das Funkeln, die Celebrían gewesen waren, fehlte. Aufgrund des Schauers, der ihn schüttelte, wusste er, dass Elladan dasselbe gesehen hatte. „Nein“, flüsterte er.

„Nein“, stimmte Elrond ruhig zu. Er lächelte. „Du hast gut daran getan, Elrohir, dagegen zu kämpfen. Du hast großen Mut und Stärke gezeigt. Vor langer Zeit habe ich ein schwaches Echo der Macht des Ringes gespürt und ich weiß, wie schwer es damals war, seiner Verlockung zu widerstehen. Er rief mich, ihn zu nehmen, zu Ruhm zu gelangen und über Mittelerde zu herrschen. Durch Saurons Fall ist der Ring stark geschwächt worden und doch hat er mich gerufen und Isildur wurde dann sein Opfer. Seitdem hatte er viele lange Jahre, in welchen er seine Stärke zurück gewonnen hat, genährt von dem armen Geschöpf Gollum. Er ist an Macht und Bösartigkeit gewachsen. Ich fürchte um die Gefährten. Wenn der Ring sogar dich, noch mitten im Herzen von Imladris, angreifen kann, was ist dann mit ihnen? Ich vertraue Aragorn, wie ich dir vertraue. Die Hobbits – ich denke, ihre einfache Loyalität und Ergebenheit untereinander wird sie schützen. Doch Gimli? Ich kenne ihn nicht. Boromir? Er ist Denethors Sohn und Denethor wird seinen Platz als Truchsess nicht gern aufgeben. Und Legolas – ich kenne und vertraue ihm, doch er steht besonderen Gefahren gegenüber, die wir nicht verstehen.“

„Wenn der Ring ihm einen Weg bieten würde, die Schatten über Lasgalen zu vertreiben, dann würde er zuhören“, bemerkt Elrohir finster. „Täusche dich nicht, er würde ihm zuhören. Der Ring ist so beredt und überzeugend. Es mag sein, dass er ihm nicht gehorcht – ich denke nicht, dass er das tun würde – aber er würde zuhören.“

„Es kann ihm nicht entgangen sein, dass Thranduil allein unter den Elbenherrschern keinen Ring der Macht besitzt“, fügte Elladan hinzu.

„Ich denke, alles, was wir tun können, ist, sie zu warnen – sie alle –, so dass sie vorbereitet sind“, entschied Elrond. „Wenn sie von den Gefahren des Rings wissen, dann mögen sie vielleicht ein wenig vorsichtiger sein und sich auch seines Einflusses auf andere bewusst. Im Voraus gewarnt ist im Voraus gerüstet, wie es heißt. Morgen früh werde ich mit ihnen sprechen – ohne dich zu verraten, Elrohir.“ Er sah auf seinen Sohn und lächelte. „Geh zu Bett, du siehst erschöpft aus. Du bist mit einer großen Prüfung konfrontiert worden und hast triumphiert. Ich denke, dass du aus dieser Prüfung gehärtet und gestärkt hervorgehen wirst wie eine Stahlklinge, aber es hat seinen Preis gefordert. Du brauchst Ruhe.“ Er umarmte Elrohir und küsste seine Stirn. „Gute Nacht.“

Zusammen mit Elladan fand Elrohir sich vor seines Vaters Arbeitszimmer wieder, nicht sicher, wie sie dort hingekommen waren. Elladan sah ihn unsicher an, dann senkte er den Blick. „Vergib mir meine anfänglichen Reaktionen – dafür, dass ich je an dir gezweifelt habe. Ich weiß, dass du es nicht getan hättest. Es tut mir leid, verzeihst du mir?“

„Wie Vater sagte – es gibt nichts zu verzeihen. Ich kann dir kaum deinen Schock und Zweifel vorwerfen, wenn ich doch selbst so sehr an mir gezweifelt habe.“

Elladan lächelte. „Und auch hiermit hatte Vater Recht – du siehst müde aus. Geh zu Bett, El.“

Elrohir schüttelte den Kopf. „Noch nicht, ich glaube nicht, dass ich jetzt ruhen kann. Ich fühle mich noch immer… unrein. Als ob ich auf irgendeine Weise beschmutzt worden wäre. Vielleicht werde ich noch unter den Sternen wandeln.“ Er wandte sich zu Elladan um und grinste. „Keine Sorge – wenn ich wieder auf Frodo treffe, werde ich nichts Törichtes tun.“

„Ich habe eine noch bessere Idee“, verkündete Elladan. „Geh und such Arwen und Aragorn – sie haben sich wahrscheinlich irgendwo ein lauschiges Eckchen gesucht. Zerre sie doch mal von ihrem Geschmuse fort und dann treffen wir uns in unserem Salon, während ich Legolas und ein paar Flaschen Dorwinion auftreibe.“


Sehr viel später stand Elrohir am Fenster seines Schlafzimmers. Der Abend war voller Gelächter und Scherze gewesen und von nicht geringer Traurigkeit – wahrscheinlich war es das letzte Mal gewesen, dass die fünf zusammengekommen waren, zumindest in Imladris. Doch Elladans Plan hatte funktioniert und die letzten Schatten aus seinem Herzen vertrieben. Die Erinnerung an das, was geschehen war, würde ihn nie verlassen – und sollte es auch nicht – aber es hatte ihm wie nie zuvor die Macht des Schattens bewusst gemacht. Auch wenn er in der kommenden Zeit auf dunklen Pfaden wandern und allen möglichen Widrigkeiten begegnen mochte, wusste er jetzt, dass er diesem Übel entgegentreten konnte; dass es Kräfte gab, von denen er zehren konnte – seine eigenen und die der starken Liebe seiner Familie.

Er würde nicht wieder scheitern.
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