Arda Fanfiction

Das neue Archiv für Geschichten rund um Tolkiens fabelhafte Welt!

Die Wunschpflanze

von Alistanniel

Schuld

Es dauerte einige Zeit bis sich Galadriel wieder einigermaßen gefasst hatte. Auch wenn sie äußerlich jetzt ruhiger wirkte, so wusste Celeborn doch, dass der Tod des Kindes sie tief getroffen hatte.

Er selbst hatte seinen anfänglichen Schock inzwischen überwunden. Dennoch war er sich nicht sicher, wie er sich verhalten sollte. Was konnte er seiner Ehefrau sagen, um ihren Schmerz zu lindern?

Etwas später ging Galadriel zum See um sich zu waschen. Während sie immer weiter hinein watete, fühlte sie wie das Wasser Blut und Schweiß von ihrem Körper löste. Daraufhin entspannte sie sich ein wenig.

Celeborn war am Ufer zurück geblieben. Sein Blick glitt in der Umgebung umher, verharrte schließlich auf einigen Brombeersträuchern. Um diese Jahreszeit trugen sie zwar keine Früchte, doch er bezweifelte jemals wieder die schwarzen Beeren essen zu können. Bisher hatte er ihren Geschmack gemocht, aber jetzt markierten sie den Tod, zeichneten die Grabstätte seines Sohnes.

Das Ungeborene musste im Laufe der Nacht gestorben sein, und Galadriels Leib hatte es dann abgestoßen. Zum Glück war es sehr schnell gegangen, dachte er bei sich. Sie hatte gewusst, dass mit Kind etwas nicht stimmte, lange bevor sie den toten Körper gesehen hatte. Und dennoch. Der Anblick hatte einen tiefen Riss in ihrem Herzen zurück gelassen.

Aber das Leben ging weiter. Die Tage zogen vorbei. Schließlich endete der Frühling und es wurde Sommer. Doch Galadriels Wunden heilten nicht. Sie versuchte zwar es zu verbergen, jedoch wusste Celeborn, dass sie sich selbst die Schuld am Tod des Kindes gab. Alle seine Versuche sie aufzumuntern scheiterten kläglich.

Ein Morgen im Herbst sollte einiges ändern. Es war der Tag an dem Galadriels Blutung wieder einsetzte. Mehr als zwei Wochen zu spät, und viel heftiger als gewöhnlich. Für sie bestand kein Zweifel was dies zu bedeuten hatte. Sie hatte empfangen, aber das Kind wieder abgestoßen. Celeborn erzählte sie erst davon, als er fragte.

Er musterte sie, teils irritiert, teils besorgt. Erst als sie seine Hand auf ihrer Schulter spürte, wandte sie sich zu ihm um. In seinem Blick erkannte sie sein Missfallen, und als er zu sprechen begann, hörte sie es auch in seiner Stimme.

„Aus welchem Grund hast du nur geschwiegen? Du weißt doch, dass du mir alles anvertrauen kannst, was dein Herz auch immer bedrücken mag."

„Ich… ich wollte dich nicht unnötig beunruhigen."

„Genau das hast du aber damit erreicht.

„Das wollte ich nicht, es ist nur… ach es tut mir so leid!"

„Vergeben und vergessen, versprich mir nur, dass du mir solche Dinge nicht mehr vorenthältst." Er lächelte.

Ihr Blick verlor sich wieder in der Ferne zwischen den Bäumen. „Ich habe mir immer eine große Familie gewünscht, aber langsam denke ich es soll einfach nicht sein, dass wir beide ein Kind haben." Melancholie lastete schwer in ihrer Stimme.

Celeborn drehte sich bei diesen Worten abrupt zu ihr. „Was redest du denn da nur? Es kommt schon vor, dass das Kind in den ersten Wochen der Schwangerschaft, aus welchen Gründen auch immer, vom Leib der Mutter abgestoßen wird. Das weißt du doch genauso gut, wie ich."

„Wenn es nur das wäre."

„Du denkst immer noch zu viel über die Fehlgeburt nach. Ich verstehe nur zu gut, wie schwer das für dich war. Auch mich hat es hart getroffen. Ich kann dir nur sagen, was ich dir damals schon sagte. Das Kind war eben noch nicht bereit für diese Welt. Aber das heißt noch lange nicht, dass…"

Galadriel schüttelte heftig den Kopf. „Hast du dir schon einmal überlegt, dass mein Körper einfach nicht in der Lage sein könnte ein gesundes Kind zu gebären?"

„Das ist doch nicht dein Ernst!" antwortete er genauso laut. Seine Miene offenbarte eine Mischung aus Überraschung und Erschütterung. Er hielt einen Moment inne, senkte seine Stimme wieder und ergriff seine Ehefrau sanft an den Schultern. „Bitte begreif doch endlich, es war nicht deine Schuld. Es ist passiert, ohne dass jemand dafür verantwortlich ist." Ein Lächeln fand den Weg in sein Gesicht, „Du wirst sehen, die Valar werden uns noch gnädig

sein. Vielleicht hältst du schon am heutigen Tag in einem Jahr unsere Tochter oder unseren Sohn in den Armen."

„Ich wünschte ich hätte deine Zuversicht, melethron", entgegnete sie ihm mit einem leicht bitteren Unterton.

„Keine Sorge, ich habe genug davon, dass es für uns beide reicht."

Aber hättest du die auch noch, wenn du wüsstest, was ich weiß? Die Wahrheit ist, dass mich die Valar bestrafen. Für Dinge, von denen du niemals erfahren darfst. Die Unsterblichen Lande sind für mich verschlossen. Aber ich will ohnehin nicht zurück. Was soll ich dort ohne dich? Den Valar ist kaum entgangen, dass sie mich mit ihrer Strafe nicht treffen.

Deine Zuversicht in allen Ehren. Doch gegen ihre Bestrafung, ihren Fluch, ist sie machtlos. Auch wenn du es nicht wahr haben willst, ich trage die alleinige Schuld. Niemals werde ich deine Kinder zur Welt bringen. Wir können weiterhin auf ein Wunder hoffen, ja. Aber ich weiß nicht, ob ich noch eine Fehlgeburt ertragen würde.


melethron = Liebster, Geliebter
Rezensionen