Arda Fanfiction

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Trauer und Trost

von Ramona

Kapitel 2

Erestor hob den Kopf. Er konnte sich einfach nicht auf seine Arbeit konzentrieren! Sein Blick schweifte über die hohen Bücherregale um ihn herum. Die Kerzen, die sonst eine so angenehme Atmosphäre verbreiteten, schienen die Bibliothek fahl und ungemütlich wirken zu lassen. Das ganze Haus schien seine Freundlichkeit verloren zu haben. Celebrian hinterließ eine seltsame Leere. Und die Familie im Haus schien ihren Abschied schwer verkraftet zu haben.

Erestor wusste, dass er sich nun um das Geschäftliche kümmern musste, doch es gelang ihm nicht, seine Gedanken auf die Arbeit zu lenken. Sie wanderten immer wieder zu Elrond und den Zwillingen. Arwen hatte in Lothlórien bei ihren Großeltern Trost gefunden. Die Zwillinge waren bestimmt auf Elrohirs Zimmer und waren gegenseitig für einander da. Doch Elrond war nun allein.

Nein, wahrscheinlich war Glorfindel bei ihm. In schwierigen Situationen konnte er ihm am besten helfen. Er war Elronds bester Freund und Elrond vertraute ihm. Erestor hoffte, dass Glorfindel es schaffen würde, ihrem Herren ein wenig Trost zu schenken.

Dann zwang er sich, diese Gedanken aus seinem Bewusstsein zu verbannen und sich wieder der Arbeit zuzuwenden. Er musste Elrond in der Hinsicht jetzt entlasten. Es lag jetzt an ihm, Imladris’ Ordnung zu bewahren und seine Angelegenheiten zu klären.

~~**~~

„Du solltest jetzt schlafen gehen. Du brauchst Ruhe.“ Elrond nickte. „Du hast Recht.“ „Ich bringe dich in dein Zimmer.“ Glorfindel legte seine Hand auf die Schulter seines Freundes und geleitete ihn zu seinen Gemächern. Bald hatte Elrond sich umgezogen und Glorfindel wollte ihm eine gute Nacht wünschen. Er wandte sich um und ging zur Tür.

„Geh nicht.“ Er hatte gerade die Hand auf den Türgriff gelegt, als Elronds zaghafte Stimme sein Ohr erreichte. Er wandte sich um und ging zu seinem Freund zurück. „Ich…“ Elronds Blick war unsicher. Glorfindel lächelte. „Es ist in Ordnung. Ich werde heute Nacht bei dir bleiben.“ Der Halbelb nickte nur.

Er war seinem Freund unendlich dankbar, dass er ihn nicht allein lassen würde. Einsamkeit war momentan das, was er am meisten fürchtete. Glorfindel war stark und stand ihm zur Seite. Das war ein sehr beruhigendes Gefühl.

Auch Glorfindel ging nun ins Bad und zog sich um. Er lieh sich eine von Elronds Schlafroben. Dann ging er zurück zum Bett. Elrond saß immer noch auf der Kante. Der blonde Elb schlüpfte unter die weiche Decke. Auch Elrond legte sich nun hin. Als er sich zugedeckt hatte, bewegte sich sein Körper automatisch zu der angenehmen Wärme hin, die Glorfindel verbreitete. Der Elda nahm seinen dunkelhaarigen Freund schützend in die Arme und Elrond fühlte sich besser. Es tat gut, wieder Wärme zu spüren, wo sein Herz doch so kalt war. Geborgenheit war jetzt genau das, was er so dringend brauchte.

Glorfindel zog ihn an sich. Er würde für Elrond da sein, ihm helfen. Nach einem kurzen Moment stellte er fest, dass sein Freund eingeschlafen war. Die letzte Zeit war sehr erschöpfend für Elrond gewesen und die Ruhe würde ihm jetzt gut tun.

In der Nacht erwachte Glorfindel. Elrond neben ihm wälzte sich unruhig hin und her. Er schien offensichtlich Alpträume zu haben. Einen Moment sah der blonde Elb unschlüssig auf seinen Freund hinab. Dann rüttelte er sanft an seiner Schulter. Elrond schien sich jetzt nur noch mehr zu wehren, doch dann erwachte er.

„Nein, geh nicht! Ich brauche dich doch! Nein!“ „Sshhhht!“ Glorfindel versuchte, seinen Freund zu beruhigen. „Sshhhht! Es war nur ein Traum. Du hattest einen Alptraum!“ Elrond gewann die Fassung wieder. Ohne weitere Worte nahm Glorfindel ihn in den Arm. Er strich ihm beruhigend über das rabenschwarze Haar, als Elrond seinen Kopf in Glorfindels Halsbeuge vergrub. Ein wenig später fand Elrond wieder Schlaf.

Am Morgen darauf erwachte Glorfindel früh. Er lag auf dem Rücken und Elronds Kopf ruhte auf seiner Brust. Sein rechter Arm lag über Glorfindels Bauch. Der Elda beschloss, seinen Freund schlafen zu lassen. Er selbst wollte aufstehen und etwas Frühstück aus der Küche holen. Vorsichtig schob er Elronds Arm von sich. Er bettete den Kopf seines Freundes wieder auf das weiche Kissen.

Als er sich gerade erheben wollte, erwachte Elrond. „Wo willst du hin?“ „Guten Morgen! Ich wollte uns etwas zu Essen holen. Du hast geschlafen und ich wollte dich nicht wecken.“ „Schon in Ordnung. Aber ich habe keinen Hunger.“ „Elrond, du hast in der letzten Zeit sowieso viel zu wenig gegessen. Ich hole jetzt Frühstück.“, sagte der Blonde und seiner Stimme war zu entnehmen, dass er keinen Widerspruch duldete. „Tu das.“ Elrond ließ sich zurück in die Kissen sinken und Glorfindel nahm sich einen Morgenmantel aus Elronds Schrank und verließ den Raum.

Wenig später kehrte er mit einem Tablett zurück. Er stellte es auf einen Nachtisch und stieg wieder zurück ins Bett. „Frühstück ist fertig!“, sagte Glorfindel mit extrem gut gelaunter Stimme. „Nein danke, ich habe keinen Hunger.“, bemerkte Elrond trocken. Glorfindels Miene wurde wieder ernst. „Elrond, ich bitte dich. Iss doch wenigstens ein kleines bisschen!“ Elrond nickte.

Wenn sein Freund so sehr darauf bestand, dann wollte er ihm diesen Gefallen tun. Glorfindel reichte ihm ein Brot und er aß es ohne Widerworte. „Möchtest du noch eins?“ „Nein danke, ich bin satt.“ Der blonde Elda rief sich zur Ordnung. Es war wohl nicht die richtige Zeit für eine Diskussion mit seinem Freund. „Möchtest du aufstehen?“ „Ja, ich denke schon. Ich möchte gerne in den Garten gehen. Vielleicht kann mich das ein wenig ablenken.“ Glorfindel nickte. „Das ist gut.“

Doch auch der Spaziergang vermochte nicht, Elrond auf andere Gedanken zu bringen. Die Leere und die Trauer wichen nicht aus seinem Herzen. Auch der Anblick der Blumen und der Plätze, die Celebrian so besonders geliebt hatte, half ihm nicht wirklich dabei.

Als sie vor dem Baum standen, unter dem Elronds Frau immer so gerne gesessen und gelesen hatte, drehte er sich schmerzerfüllt weg. Es tat einfach noch zu weh. Die Wunden, die in der Nacht ganz langsam angefangen hatten zu heilen, schienen wieder komplett aufgerissen zu sein. Aber das würde ihm noch öfter so gehen. So viel in Imladris erinnerte ihn an seine Frau. Er würde in Zukunft lernen müssen, damit umzugehen. Doch dabei würde er nicht allein sein.

In eben diesem Moment spürte er eine starke Hand auf seiner Schulter. Ohne ein Wort zu verlieren schloss Glorfindel seinen aufgewühlten Freund in seine Arme. Elrond lehnte seinen Kopf auf die Schulter des etwas größeren Elda. „Du schaffst das. Wir schaffen das!“ Auch wenn Elrond seinem Freund in diesem Moment eigentlich sagen wollte, wie dankbar er für seine Hilfe war, erntete Glorfindel dafür nur ein Schulterzucken.

Sie gingen zurück ins Haus. Elrond wollte wieder in sein Zimmer gehen und bat seinen besten Freund, ihm Gesellschaft zu leisten. Dort angekommen setzten sie sich in zwei nebeneinander stehende Sessel vor den Kamin.

Glorfindel nahm Elronds Hand. „Du wirst das schaffen, mein Freund.“ Elrond sah zu Boden. „Ich weiß es nicht.“, sagte er leise. „Du musst es schaffen!“ Der Elda versuchte, den flehenden Ton in seiner Stimme zu unterdrücken. „Ich weiß, aber ich weiß nicht ob ich es schaffen werde. Ich kann sie nicht vergessen und ich will es auch nicht. Glorfindel, ich liebe sie!“

Jetzt sah Elrond seinem Freund wieder in die Augen und alles was er dort fand war tiefes Mitleid. „Du sollst sie auch nicht vergessen! Und mit der Zeit wirst du auch lernen, damit umzugehen.“ „Aber ich fühle mich so leer. Mit ihr ist ein Teil von mir gegangen. Und ohne diesen Teil kann ich nicht leben. Sie hat mein Herz mitgenommen. Und egal wo ich hinsehe, alles erinnert mich an sie.“

Glorfindel drückte Elronds Hand ein wenig. Sie war kalt und das war beunruhigend. Elben sollten keine kalten Hände haben. Elronds Flamme zog sich zurück. Die Flamme des ewigen Lebens drohte zu ersticken. Doch Glorfindel wollte das nicht zulassen. Zu viele hatte er in seinem langen Leben an der einzigen Elbenkrankheit sterben sehen, an der Trauer und an gebrochenem Herz. Doch seinen besten Freund wollte er nicht auch noch dahinschwinden sehen.

„Natürlich hat sie eine tiefe Lücke hinterlassen, die keiner wirklich zu füllen vermag. Aber du darfst nicht aufgeben. Sie ist gegangen, aber dein Platz ist hier. Für dich ist es noch nicht an der Zeit zu gehen. Du wirst hier gebraucht. Imladris braucht dich, Elrond. Ich brauche dich. Und vor allem brauchen deine Kinder dich jetzt. Du kannst noch nicht gehen. Celebrian hätte es nicht gewollt. Und du wirst das hier überstehen. Ich werde dir dabei helfen. Ich bin für dich da, mellon-nîn!*“ Glorfindels Stimme wirkte stark und sein Blick war standhaft. Er würde Elrond mit seiner eigenen Kraft helfen, diese Situation zu meistern.

„Ich weiß.“, flüsterte Elrond und sah seinen Freund dankbar an, „Ohne dich hätte ich jetzt schon aufgegeben. Aber du hast Recht. Mein Platz ist hier. Hier in Mittelerde. Hier in Imladris!“ Glorfindel lächelte. Solange Elrond selbst Widerstand leistete war noch nichts verloren. „Ich danke dir, dass du für mich da bist, nîn bellas!**“

 


 

* = mein Freund

** = meine Kraft

ENDE

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