Arda Fanfiction

Das neue Archiv für Geschichten rund um Tolkiens fabelhafte Welt!

Verantwortung

von Ramona

Kapitel 1

"Fingolfin? Wie weit wirst du gehen für dein Volk?" Ich sehe meinem Gemahl in die Augen und er versteht meine Frage sofort. Er senkt sein stolzes Haupt.

"Du kennst Feanor, meine Geliebte, du kennst ihn und du durchschaust ihn. Genauso tue ich das. Doch das Volk der Noldor hat sich hinreißen lassen von seinen Worten. Sie sind bereit ihm zu folgen - in die Freiheit und in den Ruhm, doch er wird sie in den Tod führen. Die Flamme seines Geistes leuchtet hell, doch sie ist nicht zu kontrollieren. Er selbst weiß es nicht besser, darum verurteile ihn nicht. Er hat unser Volk verführt, sie wollen gehen. Ich habe Verantwortung, ich kann sie nicht gehen lassen." In seinen Worten klingt die Bestimmtheit eines Herrschers und ich spüre die Bürde, die er trägt.

"Aber du kannst nichts für ihre Entscheidung. Auch für dich wäre es der sichere Tod." Meine Stimme klingt verzweifelt, denn ich will ihn nicht für das büßen sehen, was Feanor getan hat.

"Das mag sein, doch ich fürchte den Tod nicht. Mein Volk muss geschützt werden und ich muss das tun. Zwar kann ich nicht gegen meinen Halbbruder sprechen, weil sie entschlossen sind, ihm zu folgen, aber ich kann versuchen, sie davor zu bewahren endgültig fehlzutreten. Ich muss versuchen, ihnen auf dem gefährlichen Weg so viel Schutz wie nur möglich zu geben. Feanor ist mein Halbbruder, doch er ist der älteste Sohn meines Vaters. Aber König Finwe ist von uns geschieden. Ich muss meine Pflicht als sein Sohn erfüllen, ich muss das Volk schützen, das er hier her geführt hat, für das er gelebt hat, für das er gestorben ist." Ich sehe ihm in die Augen und sehe Traurigkeit, doch dort leuchtet ebenfalls eine starke Entschlossenheit wie eine helle Flamme. "Es bleibt keine Wahl. Vielleicht werde ich mit meinem Leben bezahlen, doch ich werde dafür viele andere retten können. Nicht ewig werde ich in Feanors Schatten stehen. Bald werde ich in meiner Verantwortung geprüft werden, das spüre ich."

"Du stehst niemals in seinem Schatten, Liebster. Sein Geist ist zwar stark, doch ungestüm. Du trägst die gleiche Stärke in dir, doch deine Stärke ist die Ruhe und du kannst einen klaren Kopf bewahren. Deine Hand ist die starke Hand eines Herschers, Fingolfin."

"Ihre Stärke wird sie noch beweisen müssen."

"Das hat sie schon längst. Dein Volk liebt dich. Sie vertrauen dir."

"Und doch folgen sie Feanor."

"Das ist Torheit. Lass sie gehen."

"Nein, ich werde mitgehen. Ich werde für sie da sein in der Not, wenn Feanors Flamme erlischt oder sie das Vertrauen in ihn verlieren. Dann brauchen sie mich. Ich werde nicht für Feanors Untaten büßen, ich werde büßen für die Torheit meines Volkes und durch mein Opfer kann ich ihnen Sicherheit geben, soviel es in meiner Macht steht. Finarfin wird ebenfalls mit uns gehen."

Ich sehe zu Boden, denn ich begreife, dass es keine Möglichkeit mehr gibt, ihn davon abzuhalten. Er ist stark und wankt nicht in seinen Entscheidungen. Ich werde mich fügen müssen... "Dann werde ich mit euch gehen."

"Das ist zu gefährlich. Ich muss dich in Sicherheit wissen."

"Wo bin ich sicherer als an deiner Seite? Wie kann ich zurückbleiben und wissen, dass du nicht sicher bist, dass du in Gefahr bist, der, den ich am meisten liebe? Ich liebe dich mehr als mein Leben, Fingolfin. Du bist mein Herr und mein Herz. Ich kann nicht nicht gehen lassen und hier zurückbleiben."

"Du musst bleiben. Du musst auf Aredhel acht geben."

"Wie soll ich das tun, wenn sie so weit weg ist? Sie wird euch folgen. Ihre beiden Brüder lässt sie nicht ziehen und dich, ihren Vater, den sie über alles liebt, kann sie auch nicht einfach aufgeben. Selbst wenn ihr siegreich seid, wenn ihr den Kampf überlebt und die Reiche gründet, die Feanor euch versprochen hat, was wird dann? Dann weiß ich dich in Sicherheit, doch du bist so weit weg von mir. Wie könnte ich das ertragen? Nein, Liebster, ich werde mit euch gehen, wenn ihr gehen müsst. Die ganze Familie wird gehen und ich mit ihr."

"Ich gehe für mein Volk, aber ich will dich nicht ebenso in Gefahr wissen. Das würde ich nicht ertragen."

Ich griff nach seiner Hand und sah ihm tief in die Augen. "Du sollst nicht wählen müssen zwischen mir und deinem Volk. Aber wisse: Wo auch immer dich dein Weg hinführen mag, ich werde an deiner Seite sein. Und wenn es der Tod ist, der dich und alle Noldor erwartet, so will ich ohne zu zögern seine Last auf mich nehmen und an deiner Seite sterben. Ich liebe dich, Fingolfin. Wenn du gehen musst, so muss ich es auch."

Er schließt die Augen, denn er weiß, dass er verloren hat.

ENDE

Rezensionen