Arda Fanfiction

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Vergeben

von Ramona

Kapitel 1

Leise öffnete ich die Tür zu meinen Gemächern. Der Raum war dunkel, nur die Sterne erhellten ihn ein wenig durch das Fester. Die Tür zum Balkon stand offen. Der Wind ließ die Gardinen rascheln und ich blieb wie versteinert stehen. Auf dem Balkon stand eine dunkle Figur, die sich gegen den blass erleuchteten Nachthimmel abhob. Es war ein Mann und er drehte mir den Rücken zu. Er war gekommen.

Am Tag zuvor war meine Krönung gewesen. Meine Krönung und meine Hochzeit. Er selbst hatte die Hand seiner Tochter in meine gelegt und mir seine Glückwünsche ausgesprochen. Doch natürlich hatte ich in seine Augen gesehen. Natürlich hatte ich hinter die Fassade geblickt.

Doch nun war er hier. Er stand auf meinem Balkon und erwartete mich. Mir war klar, dass er mich hörte. Meinen Atem und vielleicht selbst meinen Herzschlag nahmen seine feinen Ohren wahr. Dennoch war er vollkommen unbewegt.

Leise schloss ich die Tür und ging ein Stück auf ihn zu. Einen Moment zögerte ich, doch dann trat ich neben ihn. Er wandte seinen Kopf zu mir und blickte mich an. Ich sah in seine Augen, doch ich sagte kein Wort.

"Aragorn...", sagte er leise. "Adar!", entgegnete ich und meine Stimme klang heiser. Wir drehten uns zu einander und blickten uns noch tiefer in die Augen. Mir war klar, wie schwer das für ihn war. Ich war aufgewachsen als sein Sohn. Er liebte mich und ich liebte ihn. Doch das Schicksal hatte es so gewollt, dass ich derjenige war, der seine geliebte Tochter in den Tod führte.

Indem Arwen den Bund mit mir eingegangen war, hatte sie die Unsterblichkeit für immer aufgegeben. Der Tod wartete auf sie. Unweigerlich und unwiderruflich. Ich hatte meinem Vater sein Kind genommen. Elrond würde nach Aman segeln und sie würde zurückbleiben. An meiner Seite. Natürlich war das schwer für ihn. Wie auch anders? Doch konnte er mir vergeben?

Ich spürte seine Anwesenheit in meinem Geist. 'Le darthannen. (Ich habe auf dich gewartet.)', sagte Elronds Stimme in meinem Kopf. 'Goheno nin! (Vergib mir!)', antwortete ich schlicht und es klang ein wenig flehend. Natürlich wusste er, wovon ich sprach. Schließlich war er deshalb gekommen.

'Mabathon le sell lín. Dan im iôn lín a le melin! (Ich werde dir deine Tochter nehmen. Aber ich bin dein Sohn und ich liebe dich!)', fügte ich hinzu und eine einsame Träne rann seine Wange hinab. Für einen Moment schloss er die Augen, doch dann blickte er mich wieder an. Die Trauer konnte ich deutlich in seinem Herzen lesen.

'Sentîr. A im adar lín a le melin. Gohenon le. (Das stimmt. Und ich bin dein Vater und ich liebe dich. Ich vergebe dir.)' Während er das sagte, trat ein schwaches aber ehrliches Lächeln auf sein Gesicht. "Hannon le! (Ich danke dir!)", flüsterte ich und umarmte ihn dankbar.

Ja, das war der Tag an dem ich das letzte Mal allein mit ihm sprach. Dann ist er abgereist. Er wollte noch einmal nach Imladris zurück, bevor er Mittelerde verließ. Jedenfalls ist er kurze Zeit später mit einigen anderen zu den Grauen Anfurten, nach Mithlond, geritten. Dort hat ihn eines der letzten Schiffe mitgenommen.

Jetzt bleibt mir nur noch eine Erinnerung an ihn. Es ist traurig. Nun, da es auch für mich Zeit ist zu gehen, wünschte ich, ich wäre auch elbischen Geschlechtes. So hätte ich meine liebe Frau nicht dem Tod ausgesetzt und der Trauer um mich. Und hätte ich wirklich sterben müssen, so hätte ich wenigstens meinen Vater wiedergesehen.

Doch an all dem ist nichts zu ändern. Es schmerzt mich, Arwen und Eldarion zurückzulassen. Einer von ihnen wird nun meinen Platz auf dem Thron von Gondor einnehmen. Doch es ist schrecklich zu wissen, dass ich ihnen mit meinem Tod so viel Schmerz bereiten werde.

Dennoch bin ich froh über meine Herkunft und dass das Blut der Númenorer in meinen Adern es mir ermöglicht, den Zeitpunkt selbst zu wählen. Und ich weiß, dass es nun Zeit ist. Doch die Zeit wird auch ohne mich, den König von Gondor, weiterlaufen. Doch meine Zeit ist nun vorüber!

ENDE

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