Arda Fanfiction

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Entscheidung aus Liebe

von Celebne

Dunharg

Éowyn konnte nicht schlafen. Ruhelos streifte sie durch das Feldlager der Rohirrim in Dunharg.
König Theoden verließ mit besorgter Miene sein Zelt: soeben war Elbenfürst Elrond angekommen und hatte nach Aragorn verlangt. Theoden sah seine Nichte durch das Lager wandern.
"Ruh' dich besser aus, Schwestertochter", sagte er sanft zu Éowyn. "Der morgige Tag wird hart für uns alle. Das große Heer wird aufbrechen nach Gondor".
"Wer ist dieser Fremde, der Herrn Aragorn sprechen will?", fragte Éowyn neugierig.
"Es ist der Elbenfürst Elrond aus Bruchtal", erklärte Theoden leise. "Er hat ein mächtiges Geschenk für Herrn Aragorn dabei".
Éowyn schluckte, als sie das hörte. Dieses Geschenk stammte vermutlich von dieser Elbenprinzessin namens Arwen, von der Aragorn auch diesen kostbaren Halsschmuck hatte.
Aber sie hatte nicht vor, Aragorn kampflos aufzugeben. Schließlich war die Elbin weit weg.  Und Éowyn wusste, dass sie dem Waldläufer nicht ganz egal war.  Er empfand ganz sicher etwas für sie: das hatte sie längst gemerkt.

"Ich komme von der Einen, die ich liebe", sagte Elrond im Zelt zu Aragorn.
Der Waldläufer sah ihn erfreut an. Zu lange hatte er keine Botschaft mehr von Arwen erhalten.
"Wie geht es ihr?", fragte er leise.
Elronds Züge wurden ernst.
"Arwen kann nicht länger in Mittelerde bleiben. Sie schwindet von Tag zu Tag. Das Schiff in den Grauen Anfurten liegt nun für sie bereit. Arwen hat eingesehen, dass sie gehen muß".
Aragorn senkte traurig den Kopf. Seine letzte Hoffnung, Arwen jemals wiederzusehen, war somit zerstört.
"Doch sie hat mir ein Abschiedsgeschenk für dich mitgegeben", fuhr Elrond mit erhobener Stimme fort.
Er wickelte das Bündel aus, das er auf dem Boden gelegt hatte. Aragorn starrte verwundert auf das rießige Schwert.
"Das ist Anduril, aus den Bruchstücken von Narsil geschmiedet", erklärte Elrond. "Nur der künftige König von Gondor darf es führen".
Er überreichte dem überraschten Waldläufer das Schwert.
"So soll ich König werden, und werde doch nie eine Königin an meiner Seite haben", sprach Aragorn betrübt.
"Vielleicht hast du die Wahl deiner Königin bereits getroffen, nur willst du es nicht wahrhaben", erwiderte Elrond geheimnisvoll.
"Ich kann Arwen nicht aus meinem Herzen bannen", sagte Aragorn seufzend.
"Sie wird immer einen Platz in deinem Herzen einnehmen", meinte Elrond tröstend. "Aber sie würde sich freuen, wenn du eine Königin erwählst, die deiner würdig ist".
Der Elbenfürst erhob sich und zog die Kapuze seines Umhangs über den Kopf.
"Ich muß nun gehen und werde nicht mehr wiederkommen. Gehe du deinen Weg, der dir vorbestimmt ist".
Aragorn wusste, was das bedeutete. Er musste auf den Pfaden der Toten reiten und sich dem Geisterheer als Isildurs Erbe offenbaren. Dann würde das Heer ihm folgen.

Éowyn beobachtete, wie Elrond das Zelt verließ. Plötzlich fiel der Blick des Elbenfürsten auf sie. Er nickte ihr zu und lächelte. Éowyn wusste nicht, was das zu bedeuten hatte. Kurz nach Elrond ging auch Aragorn aus dem Zelt. Er wirkte sehr müde und niedergeschlagen. Éowyn eilte zu ihm.
"Ihr wirkt erschöpft, Herr Aragorn", sagte sie besorgt. "Ihr solltet Euch niederlegen und ruhen, bis der Morgen graut".
Aragorn schüttelte müde lächelnd den Kopf.
"Nein, ich muß sofort aufbrechen ins Gebirge: ich muß auf den Pfaden der Toten reiten".
"Das ist Wahnsinn!", stieß Éowyn erschrocken hervor. "Euer Platz ist hier bei Rohans Heer. Ihr seid der Heermeister, dem alle folgen werden".
"Es ist mir bestimmt, diesen Weg zu gehen", erklärte Aragorn milde. "Und zur Not reite ich auch alleine".
Éowyn legte ihr Hand sanft auf Aragorns Arm.
"So mutig und entschlossen seid Ihr, Herr. Laßt mich an Euerer Seite reiten".
"Nein, Éowyn", seufzte Aragorn. "Ihr müsst hier bleiben. Wenn König Théoden in  den Krieg zieht, müsst Ihr an seiner Stelle Rohan regieren. Das ist Euere Aufgabe".
"Ich bin es leid, das Haus zu hüten", rief sie verbittert. "Die anderen  tun das auch nicht. Sie gehen mit dir, weil sie sich nicht von dir trennen wollen - weil sie dich lieben".
Aragorn sah sie an. Er hatte längst gemerkt, dass Éowyn ihn liebte. Sie stand jetzt vor ihm in ihrem weißen Kleid, mit geröteten Wangen und blitzenden Augen. Ihr Liebesgeständnis berührte sein Herz und plötzlich wurde Arwen zu einem verblassenden Schatten. Er zog Éowyn an sich und küsste sie leidenschaftlich. Éowyn schwebte wie auf Wolken in seinen starken Armen und sie wünschte sich, dass dieser Kuß niemals enden würde. Doch dann löste sich Aragorn von ihr und ging zu seinem Pferd.
"Ich muß jetzt losreiten", erklärte er mit heiserer Stimme."Gimli und Legolas werden mich begleiten. Du aber bleib' hier und gehorche deinem Onkel".
Éowyn hob ihr tränenüberströmtes Haupt. Seine Rückkehr war höchst ungewiß. Von den Pfaden der Toten war noch Niemand lebendig wiedergekehrt.

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