Arda Fanfiction

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Das kalte Herz

von Celebne

Kapitel 1

"Liebt Ihr mich nicht, Éowyn?", fragte Faramir, als er zusammen mit ihr auf der Mauerbrüstung von Minas Tirith stand.
"Ich wünschte, von einem anderen geliebt zu werden", erwiderte Éowyn  bedrückt und dachte an Aragorn, der jetzt mit dem Heer dort draußen vor dem Morannon kämpfte.
Ein Wind kam auf und die Düsternis im Osten verzog sich. Unwillkürlich tastete Éowyn nach Faramirs Hand. Es tut gut, jemanden bei sich zu spüren an diesem Tag, der das Ende von Mittelerde bedeuten konnte. Faramirs Hand war warm und weich. Es war nicht die raue, schwielige Hand eines Kriegers, sondern die eines Liebhabers der schönen Künste und der Musik.
Éowyn  war irgendwie fasziniert von diesem Mann, auch wenn sie ihn nicht liebte. Sie ließ es zu, dass er sie in den Arm nahm und sich zog. Ehe sie sich versah, hatte er seine vollen Lippen auf die ihren gelegt und begann sie sanft zu küssen. Éowyn schloß die Augen und stellte sich vor, es wäre Aragorn, der sie küsste. Sie erwiderte den Kuß leidenschaftlich. Faramir war fast erstaunt, denn Éowyn hatte sich bisher sehr zurückhaltend benommen. Während sie ihn küsste, fasste sie einen Entschluß: sie wollte Aragorn zeigen, dass sie sich nicht von ihm demütigen ließ. Sie wusste, dass Faramir ihr einen Heiratsantrag machen würde.
"Ich will nun nicht länger Königin werden", sagte sie zu ihm und blickte ihn erwartungsvoll an.
Faramir wirkte sichtlich erleichtert.
"Das ist gut, denn ich werde niemals König sein", erwiderte er glücklich. "Ich liebe dich, Éowyn, und möchte dich zur Gemahlin nehmen."
Darauf hatte sie nur gewartet: mit einem wehmütigen Lächeln nahm sie Faramirs Heiratsantrag an.
"Du machst mich zum glücklichsten Menschen von ganz Gondor!", strahlte der junge Truchseß und küsste sie wieder.

Wenige Tage später kehrte Aragorn mit dem Heer vom Morannon zurück. Die Leute in Minas Tirith jubelten dem künftigen König zu. Nur Éowyn konnte sich nicht so recht freuen. Aragorns Anblick schmerzte sie mehr, als sie sich eingestehen wollte. Sie stand an Faramirs Seite und versuchte ein verzerrtes Lächeln.
"Heute abend werde ich deinen Bruder um die Erlaubnis bitten, dich ehelichen zu dürfen", raunte Faramir ihr zu.
Seine blauen Augen leuchteten vor Freude.
"Ich bin sicher, dass er mit unserer Heirat einverstanden ist", sagte Éowyn leise.

Aragorn stieg vom Pferd und gewahrte erstaunt, dass Éowyn und Faramir dicht beieinander standen. Er ließ sich aber seine Verwunderung nicht anmerken und nickte Éowyn freundlich zu. Dann wandte er sich an Faramir.
"Truchseß, der Krieg ist vorüber. Wir haben wichtiges zu besprechen. Ich erwarte Euch in der Zitadelle".
Faramir lächelte Éowyn zu und folgte dem künftigen König in die Zitadelle.
Éomer begrüßte freudig seine Schwester.
"Ich werde heiraten!", verkündete sie mit einem seltsamen Gesichtsausdruck.
"Aber ich dachte, Aragorn hat dich verschmäht", wunderte sich der junge Rohirrim.
"Ich werde Faramir ehelichen", erklärte Éowyn sachlich.
"Den Truchseß von Gondor?", staunte Éomer. "Das ist fürwahr eine gute Wahl. Euere Ehe könnte wichtige Bande zwischen Rohan und Gondor knüpfen. Selbst wenn Aragorn König wird, so ist doch Faramir auf jedem Fall der zweitmächtigste Mann in Gondor".
Plötzlich brach Éowyn in Tränen aus: vor ihrem Bruder fiel es ihr doppelt schwer, diese Maske aufrechtzuerhalten.
"Was ist denn los?", fragte der junge Mann bestürzt. "Irgendetwas ist mit dir nicht in Ordnung - das spüre ich".
"Ich kann nicht darüber sprechen", murmelte Éowyn mit zusammengepressten Lippen und lief weg.

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