Arda Fanfiction

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Das kalte Herz

von Celebne

Kapitel 3

Bis zur Krönungszeremonie von Aragorn täuschte Éowyn eine Krankheit vor. Éomer machte sich große Sorgen um seine Schwester. Er war der Einzige, der zu ihr durfte. Immer wieder gab ihm Faramir Geschenke für sie mit: selbstverfasste Liebesgedichte, Blumen und Süßigkeiten.
"Dieser Mann liebt dich über alles, Schwester", betonte Éomer streng. " Warum willst du das nicht wahrhaben?"
Éowyn lag blaß auf ihrem Bett und sah ihren Bruder nicht an.
"Warum wurde ich in den Körper einer Frau geboren und kann nicht tun und lassen, was ich will?", fragte sie leise.

"Du bist undankbar", erwiderte Éomer ungehalten. "Ich möchte nicht wissen, wie viele Frauen es in Mittelerde gibt, die mit dir tauschen möchten. Faramir ist ein gutaussehender Mann, den keine Andere verschmähen würde. Du kannst dein Hochzeitsversprechen nicht mehr zurücknehmen. Du würdest Rohan große Schande bereiten. Aber das sagte ich dir schon einmal. Ich kann dich nur weiter warnen".

Am nächsten Morgen zog Éowyn ihr schönstes Kleid an und wurde von einer Kammerzofe frisiert. Heute sollte endlich Aragorns Krönung stattfinden. Statt an seiner Seite würde sie an Faramirs Seite stehen. Es war alles so ungerecht. Mit einem sterilen Lächeln begrüßte sie Faramir, der vor den Häusern der Heilung auf sie wartete. Er trug ebenfalls festliche Kleidung und seine Augen leuchteten, als er sie erblickte.
"Ich bin so froh, dass du wieder gesund bist", sagte er erleichtert zu ihr.
"Ich danke dir für all die Geschenke, die du mir schicken ließest", erwiderte Éowyn förmlich und ließ sich von ihm zum Hof der Zitadelle geleiten, wo bereits eine riesige Menschenmenge wartete.  Éomer war bereits anwesend: auch er trug seine beste Kleidung. Er musterte seine Schwester mit einem strengen Blick.
"Reiß dich zusammen!", raunte er ihr kaum hörbar zu, als sie zwischen ihm und Faramir stand.

Teilnahmslos verfolgte Éowyn Aragorns Krönung. Als es Blüten vom Weißen Baum regnete, sah sie erstaunt nach oben. Sie gewahrte im Augenwinkel, dass Faramir sie anlächelte. Mit einem verzerrten Grinsen blickte sie in seine Richtung. Dann schritt Aragorn an ihr vorbei und nickte ihr zu. Éowyn starrte ihn mit tieftraurigen Blick an. Ihr Bruder stieß sie an: sie sollte sie gefälligst verneigen. Das tat sie dann schnell. Sie blickte Aragorn hinterher, der auf eine Gruppe Elben zuging. Was geschah jetzt?  Hinter dem Banner verbarg sich eine junge Elbin, die schüchtern lächelnd hervortrat. Aragorn eilte auf sie zu und schloß die Elbin in die Arme. Und dann küsste er sie innig. Éowyn war entsetzt. Dieses junge Ding mit dem Milchgesicht war also Arwen Undomiel?
Was hat sie, was ich nicht habe, dachte Éowyn eifersüchtig.

Ihr Herz schlug bis zum Halse hinauf. Die Fäuste hatte sie so sehr geballt, dass sich ihre Nägel schmerzhaft in ihre Handflächen gruben.
Aragorn nahm Arwen in die Hand und drehte sich um, direkt in Éowyns Richtung. Er strahlte vor Glück und Liebe, ebenso wie Arwen. Éowyn wusste jetzt, dass sie ihn entgültig verloren hatte. Sie warf einen Seitenblick auf Faramir, der sichtlich gerührt neben ihr stand. Tränen standen in seinen Augen angesichts des Glückes, das nun dem König widerfuhr. Éowyn wandte sich angewidert ab: sie mochte es nicht, wenn  ein Mann rührselig war.
Éomer stieß erneut seine Schwester an. Er hatte ihren finsteren Blick  bemerkt. Éowyn setzte schnell wieder ein maskenhaftes Lächeln auf.

Sie wusste selbst nicht, wie sie diesen Tag überstanden hatte. Die ganzen Feierlichkeiten - das alles war ein Greuel für sie gewesen. Die Glückwünsche zur ihrer Verlobung mit Faramir, die Gespräche mit seinen Verwandten und die feierlichen Floskeln, die sie mit Aragorn gewechselt hatte.

In wenigen Tagen würden sie endlich abreisen nach Rohan. Éowyn hatte jetzt eine gute Ausrede, um Faramir nicht treffen zu müssen: sie musste sich auf die Reise vorbereiten. Allerdings würde er nach Rohan mitkommen, da dort die Hochzeit stattfinden sollte. Und dannach  würde es keine Ausreden mehr für sie geben. Dann war er ihr Ehegatte und Herr, und sie musste sich seinen Wünschen unterordnen.  
Ihr geschwätzige Kammerzofe erzählte, dass auch der König mit nach Rohan reisen würde.
"Ist das wirklich wahr?", fragte Éowyn erstaunt.
Ihre Stimmung wandelte sich plötzlich. Wenn Aragorn auch mitritt, dann würde alles ein wenig erträglicher werden.


Doch die Reise verlief anders, als sie sich erhofft hatte: während Aragorn zusammen mit Faramir und Éomer der Reisegruppe voranritt, musste sie sich mit anderen Frauen schicklich in einen Wagen setzen, der von 4 Pferden gezogen wurde. Auch Arwen Undomiel war unter den Frauen, die im Wagen reisten. Die Elbin saß mit stoischer Ruhe auf der Sitzbank, während die anderen Frauen drauflosplapperten und über Themen wie Nähen, Kochen und Kinderkriegen diskutierten. Es war Éowyn zuwider, ihnen zuhören und dann und wann einen Satz beisteuern zu müssen.
Als der Wagen in der Nähe des Meringstromes zu einer Rast hielt, sprang Éowyn erleichtert heraus.
"Euch macht das Nähen und Kochen anscheinend auch keine Freude, Frau Éowyn", bemerkte Arwen lächelnd hinter ihr.
Überrascht drehte sich Éowyn um. Sie hatte noch kein Wort mit der Gemahlin Aragorns gewechselt. Ob Arwen überhaupt eine Ahnung hatte, wie sehr Éowyn sie hasste? Doch sie musste sich zusammenreißen und lächelte verkrampft zurück.
"Lieber würde ich über Schwertkampf und Reiten sprechen, meine Königin".
"Ich denke, wir sollten diese Förmlichkeiten lassen", meinte Arwen gönnerhaft, " und uns beim Vornamen anreden. Schließlich werden wir uns in Zukunft oft sehen, da ja auch unsere Ehemänner viel miteinander zu tun haben werden".
Arwen bot ihr also ihre Freundschaft an. Éowyn konnte nicht anders und musste gute Miene zum bösen Spiel machen.

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