Arda Fanfiction

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Dunkelheit über Ithilien

von Celebne

Celdor

Die Wunde in seinem Rücken brannte fürchterlich. Stöhnend schloß Celdor kurz die Augen. Er war am Ende seiner Kräfte angekommen. Nach Süd-Ithilien zu seiner Sippe würde er es nicht mehr schaffen, das wusste er. Doch er musste die Bewohner Gondors unbedingt warnen. Warnen vor einer neuen Dunkelheit, die bald aufziehen würde. Vor ihm tauchte die Hügelkette auf, die Emyn Arnen genannt wurde. Der Elb lächelte kurz erleichtert und wischte sich das Blut aus der Mundecke. Faramir, dem Fürsten von Ithilien, konnte er sich anvertrauen. Langsam lenkte er sein Pferd den Hügel hinauf, auf welchem das Fürstenhaus und die Häuser der Menschen lagen, die dem Truchseß dienten.....

*

Faramir saß mit seinen beiden Söhnen Elboron und Boromir in seinem Amtszimmer, in welchem sich auch eine umfangreiche Bibliothek befand, und übte mit ihnen geduldig Sindarin. Elboron tat sich hart mit der fremden, komplizierten Sprache. Der Zwölfjährige war  mehr praktisch veranlagt: er liebte den Schwertkampf und das Reiten. Faramir erinnerte er oft an seinen verstorbenen Bruder. Der neunjährige Boromir dagegen war ein ruhiger, verträumter Junge, der sich sehr für das Lesen und das Sprachstudium interessierte.

"Nein, Elboron: aith' heißt nicht  es regnet', sondern Speerspitze'", erklärte der Fürst seinem ältesten Sohn ruhig.

"Ich werde das wohl nie lernen", stöhnte Elboron und stützte bedrückt das Kinn in die Hände.

Faramir fuhr ihm lächelnd durch den hellblonden Lockenschopf.

"Das wird schon noch. Auch dein berühmter Onkel lernte es irgendwann."

Der kleine Boromir grinste jetzt. Er wusste genau, wen sein Vater meinte. Er sah ganz anders aus als sein großer Bruder, der mehr in die Rohan-Art schlug mit seiner kräftigen Körperstatur und den hellen Haaren. Boromirs Haare waren rötlich und seine Augen waren grau. Er war zarter gebaut als Elboron und es war abzusehen, dass er wohl nie so groß und kräftig wie sein Bruder sein würde.

"Darf ich stören?" fragte Éowyn leise und betrat das Zimmer.

"Du  darfst immer stören, meine Liebe", erwiderte Faramir lächelnd.

Er stand auf und ergriff ihre Hand. In den dreizehn Jahren ihrer Ehe war sie - seiner Meinung nach - noch schöner geworden. Obwohl sie jetzt auf die vierzig zuging, wirkte sie immer noch sehr mädchenhaft. Ihr hüftlanges blondes Haar trug sie zu einem dicken Zopf gepflochten, den sie eng an ihren Kopf gesteckt hatte. Ein grünes Samtkleid schmiegte sich an ihren zierlichen Körper, dem man überhaupt nicht die drei Schwangerschaften ansah.

"Morwen hat schon wieder Fieber", erzählte Éowyn besorgt. "Ich habe sie gerade in ihr Bett gelegt."

Faramir war nicht überrascht, dass seine kleine Tochter erneut Fieber hatte. Die dreijährige Morwen war ein sehr kränkelndes Kind. Der leiseste Lufthauch warf sie aufs Krankenlager nieder.

"Ich fürchte, sie war nicht warm genug angezogen, als sie mit den anderen Kindern im Hof spielte", meinte Éowyn bedrückt.

"Mach dir keine Vorwürfe deswegen", beruhigte Faramir sie und strich ihr liebevoll über die Wange. "Du weißt, dass sie nun mal recht schnell krank wird. Du wirst sehen: in ein paar Tagen springt sie wieder munter herum."

Éowyn lächelte: Morwen war nun mal ihr Augapfel, obwohl sie ihre beiden Söhne ebenfalls sehr liebte. Und sie wusste auch, dass Faramir seine einzige Tochter vergötterte.

"Habt ihr Hunger?" fragte sie jetzt die beiden Jungen. "Ireth hat gerade einen frischen Apfelkuchen gebacken, wie ich gesehen habe."

"Apfelkuchen?" fragten Elboron und Boromir wie aus einem Munde begeistert.

"Nun lauft schon in die Küche!" sagte Faramir lachend.

Éowyn war froh, dass sie ihren Gemahl endlich mal ein paar Minuten für sich alleine an diesem Tag hatte. Liebevoll schmiegte sie sich an ihn, während er sie sanft zu küssen begann. Sie liebte es , wenn sich sein kurzgeschnittener, rotblonder Bart an ihren Wangen rieb.

Plötzlich klopfte es hastig an der Tür. Die Beiden hielten inne und sahen sich bedauernd an.

"Später machen wir weiter", murmelte Faramir zärtlich.

Dann rief er ein kräftiges "Herein!". Vorsichtig öffnete Beregond, der Wächter Emyn Arnens die Tür.

"Herr Faramir, ein verwundeter Elb ist soeben angekommen. Er will Euch sprechen."

Faramir blickte Beregond verwundert an, aber folgte ihm schnurstracks.

Celdor war in ein Gastgemach  gebracht worden. Einer der Diener war gerade dabei, seine Rückenwunde zu versorgen. Faramir hatte damit gerechnet, einen von Legolas' Leuten, die in Süd-Ithilien lebten anzutreffen. Aber diesen Elb hatte er noch nie gesehen.

"Mae govannen, mellon nin", begrüßte er den Verwundeten in tadellosen Elbisch.

Celdor lächelte mit schmerzverzerrtem Gesicht.

"Seid ebenfalls gegrüßt, Fürst Faramir", erwiderte er leise.

Faramir besah sich besorgt die Wunde am Rücken des Elben. Sie schien sehr tief zu sein. Der Diener namens Mardil, der sich ein wenig auf die Heilkunst verstand, sah Faramir traurig an und schüttelte den Kopf. Faramir schluckte. Er hatte noch nie einen Elb sterben sehen.

"Mein Name ist Celdor und ich komme aus dem Düsterwald", fuhr der Elb mit brüchiger Stimme fort.

Faramir setzte sich zu ihm und ergriff seine Hand. Er sah an dem flackernden Blick Celdors, dass es zu Ende ging.

"Ich muß Euch noch etwas wichtiges sagen, Fürst", fuhr Celdor hastig fort, während ihm Blut aus dem Mundwinkel sickerte. "Eine neue Dunkelheit zieht über Mordor auf und wird auch bald Gondor erreichen. Ein neuer Ring der Macht soll geschmiedet werden und dann wird das Böse zurückkehren nach Mittelerde."

Beunruhigt hörte Faramir dem Elben zu. Er merkte, dass Celdor nicht im Fieberwahn sprach, sondern genau Bescheid zu wissen schien.

"Woher wisst Ihr das alles und wer hat Euch verwundet?" fragte er hastig.

Doch Celdor sprach nicht mehr. Seine halboffenen, blauen Augen brachen und er starb. Vorsichtig ließ Faramir seine Hand los und stand betroffen auf. Hinter ihm war Éowyn leise in den Raum getreten. Sie hatte alles mit angehört.

"Was werden wir jetzt unternehmen?" fragte sie ihren Gemahl tapfer.

"Beregond soll nach Minas Tirith reiten und Aragorn unterrichten, was geschehen ist", murmelte Faramir mit belegter Stimme. "Ein weiterer Bote wird nach Süd-Ithilien aufbrechen und Prinz Legolas eine Botschaft bringen."



Noch am gleichen Abend ritten die beiden Boten los. Faramir war in den Garten gegangen und blickte besorgt gen Osten, wo sich das Schattengebirge unter dem abendlichen Himmel erhob.

Alles wirkte ruhig und friedlich, doch Faramir ahnte, dass es nicht so bleiben würde. Mit dem Frieden würde es bald vorbei sein!

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