Arda Fanfiction

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Dunkelheit über Ithilien

von Celebne

Ankunft der Freunde

Minas Tirith, einen Tag später

Aragorn und Arwen saßen zusammen in den Gärten nahe bei der Zitadelle und genossen die laue Frühlingsluft. Sie beobachteten ihre drei kleinen Töchter, die im Gras mit ihren Puppen spielten. Eldarion, der zwölfjährige Kronprinz, übte sich mit einem Holzschwert. Der Junge schlug wie ein Besessener auf seinen Lehrer Amdir ein, der die Schläge lässig mit einem Schild parierte. Aragorn schüttelte lachend den Kopf, weil sein Sohn sich so verausgabte und es trotzdem nichts nützte.

"Du packst das ganz falsch an, mein Sohn", meinte er und nahm die Pfeife aus dem Mund.
"Komm mal her, ich zeige dir, wie das geht."

Eldarion grinste und schob sich eine schwarze Haarsträhne aus der Stirn. Aragorn ergriff jetzt ein anderes Holzschwert und forderte seinen Sohn auf, ihn anzugreifen. Das ließ sich der Junge nicht zweimal sagen. Mit einem lauten Schrei holte  Eldarion aus und verfehlte Aragorns Holzschwert.

"Du bist noch zu langsam", meinte der König lächelnd. "Deine Schläge müssen schneller und präziser kommen."

Er führte seinem Sohn vor, wie er seine Schläge auszuführen hatte. Eldarion tat es ihm nach und stellte sich gar nicht mehr so ungeschickt an wie vorhin. Amdir stand beschämt im Hintergrund.

"Ihr könnt jetzt weitermachen, Amdir!" rief der König schmunzelnd  und warf ihm das Holzschwert zu.

Er setzte sich lächelnd zu Arwen, die eine Näharbeit auf dem Schoß hatte. Dann entdeckte Aragorn plötzlich Beregond, der in die Gärten geeilt kam. Sofort sprang er auf. Beregonds Gesicht sah er an, dass es keine gute Neuigkeiten aus Ithilien gab.

"Ich bringe Botschaft von meinem Herrn, Fürst Faramir", sagte der treue Soldat und verneigte sich vor dem König.

"So sprich!" forderte Aragorn ihn ungeduldig auf.

Beregond berichtete von Celdor und was seine letzten Worte gewesen waren. Auch Arwen war jetzt dazugekommen. Es ging hier schließlich um einen Mann aus ihrem Volk.

"Kanntest du Celdor, Arwen?" fragte Aragorn nachdenklich.

"Celdor ist ein Waldelb aus dem Düsterwald", erwiderte Arwen leise. "Ich habe ihn nur einige Male in meinem Leben gesehen. Er ist früher öfters nach Bruchtal gekommen, doch dann mied er die Gegenden, die auch von Menschen aufgesucht werden."

"Er mochte also keine Menschen, so wie es aussieht", stellte Aragorn nüchtern fest. "Ich habe ihn jedenfalls nie in Bruchtal erblickt."

"Deswegen muß er kein Menschenfeind gewesen sein", verteidigte die Elbenfrau Celdor. "Du weißt, dass viele Elben die Nähe der Menschen meiden."

Aragorn musste ihr seufzend recht geben. Er wandte sich wieder an Beregond.

"Richte deinem Herrn aus, dass ich so schnell wie möglich nach Emyn Arnen kommen werde. Ich möchte mich mit ihm besprechen."

Dann ging er zurück in die Zitadelle. Arwen rief ihre Kinder zu sich und dann gingen auch sie zurück in das Gebäude. Als sie in die Privatgemächer kam, stellte  sie mit Erstaunen fest, dass Aragorn seine alte Waldläufer-Kluft angelegt hatte.

"Was hast du vor? So willst du deinem Statthalter unter die Augen treten?" fragte sie etwas ungehalten.

Aragorn lachte und nahm sie in die Arme.
"Du müsstest doch allmählich wissen, dass mein Statthalter auch gerne in Waldläufertracht herumläuft, meine Liebe."

Arwen musste lächeln. Doch dann wurde sie gleich wieder ernst:
"Warum musst du selbst losreiten?"

"Ich will erst einmal nur zu Faramir", erklärte Aragorn beruhigend.

"Ich kenne dich: du willst selbst nach dem Rechten sehen an den Grenzen Mordors."

"Diese Sache will ich nicht irgendeinem Soldaten überlassen", erwiderte Aragorn besorgt. "Es geht hier um die Erschaffung eines neuen Ringes der Macht."

Arwen nickte schließlich.

"Aber pass auf dich auf, Liebster", meinte sie mit belegter Stimme. "Eldarion ist noch zu jung, um den Thron zu besteigen."

"Ich weiß", murmelte Aragorn lächelnd.

Er küsste seine Frau vorsichtig und legte dann den Schwertgürtel um. Als er die Zitadelle verließ, gab es viele Menschen, die ihn nicht sofort erkannten.

*

Emyn Arnen, zur gleichen Zeit:

Éowyn war froh, dass es ihrer kleinen Tochter heute schon viel besser ging. Erleichtert berichtete sie Faramir davon. Dieser konnte sich jedoch nicht so recht darüber freuen: immer noch nagten in ihm die Worte des sterbenden Elben.

Er hoffte, dass Aragorn und auch Legolas bald zu ihm kamen, damit er sich mit ihnen beraten konnte. Schon lange nicht mehr hatte er mit so einem ungutem Gefühl in die Zukunft geblickt wie heute. Er sah bedrückt seinen Söhnen zu, die sich mit Holzschwertern johlend durch den Hof jagten. Würde es überhaupt ein Morgen für sie geben, wenn  in Mordor ein neuer Ring der Macht entstand?

Éowyn merkte rasch Faramirs Besorgnis. Tröstend legte sie ihm ihre Hand auf die Schulter und schmiegte sich an ihn. Faramir seufzte leise.

"Ich wünschte, Gandalf wäre noch im Mittelerde. Er wüsste sicher Rat."

"Es war ein Geschenk der Valar, dass Gandalf überhaupt noch einmal nach seinem Tod in den Minen von Moria nach Mittelerde zurückkehren durfte", meinte Éowyn  traurig. "Wir Menschen müssen jetzt zusehen, dass wir alleine zurecht kommen."

Faramir lächelte verkrampft und drückte ihr einen Kuss auf ihren Handrücken.

"Komm, laß uns in den Garten gehen und die laue Frühlingsluft genießen."

Er nahm sie an der Hand und ging mit ihr in die wunderschönen Gärten Emyn Arnens, die von Legolas und seinen Waldelben vor vielen Jahren angelegt worden waren. Die ersten Frühlingsblumen wiegten sich in der sanften Brise, die vom Schattengebirge her wehte. Éowyn bückte sich, um einen kleinen Strauß Blumen zu pflücken. Den wollte sie dann in eine Vase geben und diese im Kaminzimmer aufstellen. Auf diese Weise würde der Frühling auch ins Haus kommen.

"Da kommen Reiter", bemerkte Faramir plötzlich.

Neugierig erhob sich Éowyn und stellte sich neben ihren Mann hin. Jetzt konnte auch sie die drei Reiter sehen, die von Süden her auf Emyn Arnen zukamen.

"Ich glaube, das ist Legolas", meinte der Fürst erfreut. "Ich bin gespannt, ob er uns etwas zu Celdor und seiner  Schreckensbotschaft sagen kann."

Rasch liefen Faramir und Éowyn in den Hof, um die drei Reiter zu begrüßen. Es handelte sich tatsächlich um Legolas, einen  jungen Elb namens Tuor und den Boten Faramirs, der wieder mit zurück geritten war.

"Ich grüße dich, Legolas", sagte Faramir erleichtert auf elbisch und hob die Hand.

Der Prinz des Düsterwaldes lächelte und erwiderte den Gruß. Dann schwang er sich mit einer für Elben typischen, geschmeidigen Bewegung vom Pferd. Er verbeugte sich vor Éowyn und begrüßte auch sie höflich. Dann stellte er seinen Begleiter vor.

"Das ist Tuor, Celebrors Sohn. Er stammt wie ich aus dem Düsterwald und ist vor kurzem nach Süd-Ithilien gezogen. Er ist mit Celdor verwandt."

"Kann ich Celdor sehen?" fragte der junge Elb bedrückt.

Faramir nickte und führte Tuor in das Gemach, in welchem der Verstorbene aufgebahrt war. Legolas betrat ebenfalls das Zimmer.

"Würdet Ihr uns bitte alleine mit Celdor lassen, Fürst Faramir?" bat Tuor leise.

"Natürlich", erwiderte Faramir höflich, der die Gebräuche der Elben gut kannte.

Tuor und Legolas wollten jetzt gemeinsam ein Klagelied für den Toten anstimmen. Der Truchseß verließ das Zimmer. Als er seine lärmenden Söhne von draußen hörte, lief er sofort hinaus und bedeutete ihnen ruhig zu sein.

"Vater, was ist eigentlich mit diesem Celdor passiert?" fragte Elboron neugierig. "Er soll schwer verwundet gewesen sein. Waren das vielleicht Orks?"

"Ich weiß es nicht, mein Sohn", erwiderte Faramir ernst. "Ich hoffe, dass es keine Orks waren, sondern nur  feige Wegelagerer."

Éowyn war derweil in das fürstliche Schlafgemach gegangen. Sie spürte, dass Gefahr in der Luft lag. Doch sie fürchtete die Gefahr nicht. Zum ersten Mal seit Jahren öffnete sie wieder die Truhe, in welcher sich ihr Schwert und die  Rüstung befanden, die sie im Ringkrieg getragen hatte. Vorsichtig nahm sie das Schwert heraus. Vorsichtig berührte sie die Klinge: sie war immer noch scharf. Dann machte sie einige Übungen mit dem Schwert und schwang es durch die Luft. Sie merkte nicht, dass Faramir sie von der offenen Tür aus beobachtete.

"Das hast du lange nicht getan, meine Blume", sagte er leise. "Ich hoffe, dass es nicht soweit kommen wird."

"Ich habe keine Angst vor irgendwelchen Feinden aus Mordor", erwiderte Éowyn mutig. "Ich weiß mein Heim und meine Kinder zu verteidigen."

Faramir lächelte jetzt entwaffnend und schloß sie in die Arme. Rasch legte sie das Schwert hin, um die Umarmung zu erwidern.

"Du bist und bleibst eine Schildmaid", flüsterte er zärtlich. "Ich liebe dich."

Das Paar küsste sich leidenschaftlich. Doch der Kuss dauerte nur kurz an: beide vernahmen das elbische Klagelied, das von Tuor und Legolas gesungen wurde, und hielten inne.

"Komm, laß uns nach unten gehen und nach unseren Kindern sehen", sagte Faramir sorgenvoll.

*

Aragorn ritt schnell. Tengel, der junge Hengst, galoppierte unermüdlich. Er war stammte von Brégo und Windfola ab. Éowyn hatte damals ein schlechtes Gewissen gehabt, Windfola ausgerechnet von Brégo decken zu lassen. Doch Faramir war absolut dafür gewesen, diese beiden edlen Pferde zu paaren. Ein weiteres Fohlen von Windfola hatte dann Éowyn bekommen. Es  war ein brauner Hengst mit grauer Mähne. Éowyn nannte ihn Arod. Nachdem Windfola schon ziemlich altersschwach geworden war, ritt sie nun immer öfters auf Arod aus.

Aragorn ritt eigentlich immer gerne nach Emyn Arnen, um seine zwei Freunde Faramir und Éowyn zu besuchen. Doch diesmal war der Anlaß ziemlich besorgniserregend. Er hoffte, bald Klarheit über diese Sache zu bekommen. Er trieb Tengel weiter voran. Beregond, der ihn begleitete, fiel mehr und mehr zurück.

"Mein König, wartet!" rief er von weit hinten. "Sonst kann ich Euch nicht mehr beschützen."

"Keine Bange, Beregond", lachte Aragorn herzlich. "Wir sind ja  gleich da."

Beregond war fast eine halbe Meile zurückgefallen, als der König bereits durch das Tor des fürstlichen Anwesens ritt. Faramir erwartete ihn bereits im Hof und Éowyn kam aus dem Haus gelaufen, die kleine Morwen auf dem Arm. Die Begrüßung fiel, wie immer, herzlich aus. Doch dann konnte auch Aragorn die Totenklage der Elben hören. Er stutzte und sah Faramir fragend an.

"Legolas und Tuor sind bereits hier", erklärte Faramir. "Sie betrauern ihren Volksangehörigen."

Aragorn nickte. Er wollte die Totenklage natürlich nicht stören. Faramir und Éowyn geleiteten ihn ins Haus, während Aragorn die kleine Morwen auf dem Arm hielt.

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