Arda Fanfiction

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Flucht

von Celebne

Éowyns Entschluß

Ruhelos wanderte die ehemalige Schildmaid durch das große Haus, das auf dem größten Hügel der wunderschönen Emyn Arnen lag. Das Haus der Fürstenfamilie war kein Palast, aber dennoch geräumiger als der Königshof von Rohan. Éowyn zupfte an ihrem schweren Samtkleid herum. Sie hasste es, diese vornehmen Stoffe zu tragen. Die Kleider, die sie in Rohan getragen hatte, waren aus leichten, duftigen Stoffen gefertigt gewesen. Doch die Etikette Gondors verlangte, dass die Gemahlin des Statthalters sich nach der Sitte Gondors zu kleiden hatte. Auch ihre Haare musste Éowyn so frisieren: Gondors Frauen trugen ihre Haare hochgesteckt und nicht offen und locker herabfallend. Die Fürstin mochte die Hochfrisur nicht. Es war unangenehm, den ganzen Tag die Haare so fest nach oben gesteckt zu tragen. Als sie über den langen, dunklen Flur schlich, der zu Faramirs Schreibstube führte, blickte sie in einen großen Spiegel, der dort an der Wand hing: sie sah eine blasse junge Frau, die ihr verbittert entgegensah.
Éowyn seufzte leise auf und ging bedrückt weiter. Dann endlich hatte sie die Tür zu Faramirs Schreibstube erreicht. Bevor sie anklopfte, hielt sie zögernd inne. Ihr vielbeschäftigter Gemahl würde ja doch keine Zeit für sie haben: so war es immer, seit er Statthalter des Königs geworden war. Er arbeitete von früh morgens bis spät abends wie  besessen für Elessar, um ihm die Regierung des großen Reiches Gondor zu erleichtern. Faramir war Aragorn zutiefst ergeben, seinem König und Heiler. Éowyn lächelte grimmig: ob ihr Gatte auch weiterhin seinem König so treu ergeben sein würde, wenn er die bittere Wahrheit erfahren würde?

Sie erinnerte sich noch gut an die Nacht vor ungefähr einem Jahr:

In Minas Tirith fand ein großes Fest statt: man feierte das Ende des Ringkrieges, das sich nun schon zum zweiten Mal jährte. Die überlebenden Gefährten der Ringgemeinschaft trafen sich in der Zitadelle. Auch das Fürstenpaar und König Éomer von Rohan waren eingeladen. Es wurde viel  getrunken und gelacht an diesem Abend. Auch Éowyn hatte etwas zu viel Wein erwischt. Sie amüsierte sich  und schwebte beim Tanzen geradezu über das Parkett. Irgendwann forderte sie der König zum Tanzen auf. Auch er wirkte recht beschwingt an diesem Abend. Éowyn genoß es, mit ihm zu tanzen und schon bald verlor sie sich in seinem stahlblauen Blick. Sie spürte, wie alte Gefühle wieder hochwallten und sie hegte den verbotenen Wunsch, Aragorns Bett teilen zu dürfen. Verstohlen suchte ihr Blick Faramir. Doch dieser lachte und scherzte mit Éomer. Die Königin hatte das Fest längst verlassen. Sie fühlte sich in der lauten Gesellschaft der Menschen nicht wohl. Vermutlich schlief sie schon.
"Aragorn, ich brauche frische Luft", sagte Éowyn schließlich erhitzt. "Möchtest du mich nicht ein wenig in den Garten hinaus begleiten?"
Der König nickte lächelnd und führte die Fürstin hinaus in die nächtlichen Gärten. Éowyn spürte den kühlen Wind an ihren heißen Wangen und sie lehnte sich ungehemmt an Aragorn. Dieser schloß plötzlich seine Arme um ihren Körper und drückte sie an sich. Sie spürte, dass er einen Kuss auf ihr Haar drückte.
"Ich begehre dich, Schildmaid von Rohan", flüsterte er kaum hörbar.
Éowyn drehte sich vorsichtig um und sah ihn mit  großen Augen an.
"Ich weiß, dass du es auch willst", murmelte er atemlos und zog Éowyn an sich.
Im Nu drückte er seine Lippen an die ihrigen und seine Zunge begehrte stürmisch Einlaß in ihren Mund. Die Wirkung des Alkohols ließ alle Hemmungen von Éowyn fallen. Sie erwiderte Aragorns Kuss leidenschaftlich und knöpfte zitternd seine Tunika auf. Auch Aragorn begann Éowyns Kleider abzustreifen. Im Nu wälzten sich die Beiden nackt  im Gras und vereinigten sich alsbald. Die Fürstin genoß Aragorns harte, schnelle Stöße. Es war eine ganz andere Art von körperlicher Liebe als mit Faramir. Der Statthalter war zärtlich und vorsichtig. Er achtete darauf, dass Éowyn nie zu kurz kam beim Sex, doch Aragorn nahm sich das, was er wollte. Und das erregte sie umso mehr. Als der König sich in ihr ergoß, erlebte sie einen Orgasmus, den sie nie wieder vergaß.

Selbst jetzt spürte Éowyn einen Stich im Unterleib, als sie daran dachte. Sie konnte sich nicht erklären, warum es soweit mit ihr und Aragorn gekommen war. Sie hatte eine Zeitlang ein sehr schlechtes Gewissen ihrem Mann gegenüber gehabt, doch dann hatte sie begonnen, das Erlebnis zu verdrängen. Faramir würde niemals aus ihrem Munde von dieser Liebesnacht erfahren. Sie wusste nicht, ob Aragorn seiner elbischen Gattin die Nacht gebeichtet hatte. Éowyn hatte jedenfalls seitdem das Gefühl, als ob ihr die Königin aus dem Weg ginge.
Noch immer stand die Fürstin vor der Tür, hinter der sich ihr Gemahl befand und für den König arbeitete. Plötzlich verspürte Éowyn kein Verlangen mehr, Faramir zu sehen. Langsam begab sie sich wieder zurück in ihre Gemächer. Auf dem Wege dorthin begegnete ihr eine Magd, die von ihr wissen wollte, was am Abend gekocht werden sollte. Éowyn gab der armen Frau eine barsche Antwort, die ihr sofort leidtat. Aber sie hasste es, dass man in diesem Haus nie seine Ruhe hatte. Ständig wurde man an seine Pflichten erinnert, die man als Fürstin erfüllen musste.
Ich bin hier in einem Käfig, in einem goldenen Käfig. Ich halte das nicht mehr aus, dachte sie verzweifelt.
Sie betrat das geräumige Schlafgemach, das sie mit Faramir teilte. Das Bett war ordentlich gemacht: die Decke lag faltenlos auf der Matratze und die Kissen lagen aufgeschüttelt da. Das Werk von gewissenhaften Dienern, die sich um das Wohl ihrer Herrin sorgten. Éowyn gefiel der Gedanke immer weniger, dass sich andere um ihr Wohl sorgten. Sie konnte das selbst auch: im Ringkrieg hatte sie nur allzu gut bewiesen, wie gut sie das konnte. Wütend fegte sie die Kissen vom Bett. Dann ließ sie sich auf die Matratze fallen und zog sich die Haarnadeln aus der Frisur. Sie spürte, wie das unangenehme Gefühl auf ihrer Kopfhaut nachließ. Sie schüttelte das lange, offene Haar, bis es ihr zu den Hüften hinabfiel. Faramir würde sie bestimmt tadeln, wenn sie so zum Nachtmahl im Speisesaal des Fürstenhauses erscheinen würde. Er würde nicht streng zu ihr sein: nein, das war er nie. Doch er würde sie sanft und nachdrücklich darauf aufmerksam machen, dass sie nun keine Schildmaid mehr war, sondern die Fürstin von Ithilien.
Verzweifelt trat sie auf den Balkon hinaus und blickte auf die Wälder Ithiliens, die gerade zu grünen begannen. Doch sie konnte sich an diesem wunderbaren Anblick nicht länger erfreuen, denn sie fühlte sich eingesperrt. Tränen traten in ihre Augen. Es klopfte ungeduldig an ihre Tür.
"Herrin Éowyn! In der Empfangshalle wartet Besuch auf Euch."
Éowyn kehrte mit zusammengepresten Lippen in das Gemach zurück. Sie wusste, wer in der Halle auf sie wartete: ein Weinhändler aus Dol Amroth, der einige Fässer Rotwein geliefert hatte.
"Das soll bitte Rhivad übernehmen", rief Éowyn durch die Tür. "Ich habe schreckliche Kopfschmerzen und kann nicht mit dem Weinhändler feilschen. Gebt ihm, was er haben will!"

*

Grübelnd setzte sich die Fürstin wieder auf ihr Bett. Allmählich war es Zeit, sich für das Nachtmahl umzuziehen. Doch sie hatte nicht vor, heute dort zu erscheinen. Sie wollte überhaupt nie wieder diesen Speisesaal betreten und ein Nachtmahl dort einnehmen müssen. Faramir kam sowieso immer zu spät wegen seiner Arbeit. Éowyn hatte dieses Leben so satt. Das hatte sie, die Bezwingerin des Hexenkönigs, nicht verdient. Das war keine Belohnung, sondern eine Strafe. Es war höchste Zeit, sich das zu nehmen, was sie so dringend brauchte: die Freiheit. Sie lächelte, als sie einen Entschluß fasste, der ihr ganzes Leben verändern sollte....

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