Arda Fanfiction

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Die Chroniken von Ithilien

von Celebne

Pelendir

Faramir hatte natürlich mit einigem Widerstand zu kämpfen: Madril, der älteste der Waldläufer, war dagegen, Pelendir zu helfen. Er befand es als zu großes Wagnis, das Leben von vielen für die Rettung eines einzigen Mannes aufs Spiel zu setzen. Er riet Faramir von dem Unternehmen ab. Doch der rotblonde Truchseß-Sohn stand längst auf Areanors Seite. Das Mädchen hatte sein Mitleid erregt. Noch dazu war sie eine entfernte Verwandte. Er konnte sie nicht im Stich lassen.

„Pelendir ist ein angesehener Mann“, gab Faramir zu bedenken. „Wir müssen wenigstens versuchen, ihn zu befreien.“
Mablung und Damrod standen auf der Seite des jungen Heermeisters. Wieder einmal war der alte, erfahrene Recke Madril überstimmt. Er seufzte leise und fuhr sich über den grauen Stoppelbart.
„Ihr müsst wissen, was Ihr tut, Faramir“, sagte er schließlich. „Verantworten müsst Ihr am Ende die Sache alleine vor Euerem Vater.“
„Das werde ich“, entgegnete Faramir kühl.

Dann erhob er sich und die drei Waldläufer folgten ihm. Areanor blickte Faramir erwartungsvoll an, als er in die Haupthöhle zurückkehrte.
„Wir werden Euch helfen“, verkündete er  dem Mädchen.
Sie strahlte.
„Ich danke Euch, Herr Faramir, das werde ich Euch nie vergessen.“
„Ihr solltet etwas anderes anziehen“, meinte der junge Heermeister. „Kommt mit! Ich werde Euch etwas geben.“

Areanor folgte Faramir in dessen kleine Felsenkammer. Der Heermeister öffnete eine kleine Truhe, in der sich Kleidungsstücke befanden. Als er sich zu dem Mädchen umdrehte, hatte dieses sich bereits ausgezogen und stand in einer dünnen Tunika vor ihm. Faramir wurde knallrot und er wusste gar nicht, wohin er blicken sollte. Areanor hatte schlanke, grazile Beine und die Tunika zeigte von ihrem Körper eigentlich mehr, als sie verhüllen sollte.
„H-hier, nehmt“, stotterte Faramir verlegen und gab ihr die Sachen. „Ich denke, das müßte Euch passen.“
Rasch verließ er die Felsenkammer, während ihm Areanor schmunzelnd hinterherblickte.

Wenig später tauchte die Frau in ihrer neuen Kluft in der Haupthöhle auf. Sie sah jetzt wie ein ganz junger Waldläufer Gondors aus.
„Fehlt nur noch der Bart“, bemerkte Damrod belustigt.
„Bekomme ich auch einen Bogen?“ fragte sie keck in die Runde und stemmte die Fäuste in die Hüften.
„Wenn Ihr damit umgehen könnt, gerne“, meinte Faramir ernst und musterte sie.
„Mein Vater hat mich das Bogenschießen seit meinem fünften Lebensjahr gelehrt“, erklärte Areanor stolz.
Ein Raunen ging durch die Runde der Waldläufer. Keiner von ihnen hatte im Alter von fünf Jahren bereits das Bogenschießen geübt. Doch Faramir blieb gelassen. Er hatte das Gefühl, dass dieses Mädchen zu Übertreibungen neigte. Er nahm sich vor, die junge Frau genau zu überwachen.

Noch vor dem Morgengrauen machte sich eine kleine Gruppe Waldläufer mit Faramir und Areanor an der Spitze in das Tal auf. Areanor hatte man wieder die Augen verbunden, denn der Weg nach Henneth Annûn sollte vorerst geheim bleiben. Sie war nicht besonders begeistert darüber und jammerte den größten Teil des Weges herum. Langsam ging sie Faramir auf die Nerven. Er war normalerweise ein sehr geduldiger Mensch, aber diese junge Frau war sehr anstrengend.
„Es hat keinen Zweck, sich zu beschweren“, sagte er leise zu ihr. „Der Weg nach Henneth Annûn muß geheim bleiben. Es stehen zu viele Leben auf dem Spiel – auch das Euere.“

Als sie weit genug von der geheimen Felsenfestung weg waren, nahm Faramir ihr die Augenbinde ab. Sie blickte ihn feindselig an, aber er machte sich nichts daraus. Er drückte ihr den Bogen in die Hand.
„Ihr könnt sicher bald Euere Schießkunst beweisen, meine Dame.“
Der Heermeister bemerkte jetzt zum ersten Mal Verunsicherung bei Areanor. Ihr grauen Augen flackerten nervös und sie zitterte ein wenig als sie den Bogen entgegennahm.

Faramir hatte einige Kundschafter losgeschickt, welche das Lager der Haradrim erkunden sollten, während er und die anderen sich langsam vorwärtspirschten. Alle hatten sie jetzt die tarnfarbenen Mäntel und Kapuzen übergezogen und die Gesichter teilweise maskiert. Areanor benahm sich ziemlich ungeschickt. Zweige knackten unter ihren Füßen und sie ruderte mit ihren Armen raschelnd durch die Büsche.
„Wenn Ihr Euch nicht leiser bewegt, müssen wir Euch zurücklassen“, mahnte Faramir sie. „Ihr macht fast soviel Lärm wie ein Mumak.“
Diese Bemerkung brachte ihm einen zornigen Blick von der jungen Frau ein. Doch sie riß sich tatsächlich zusammen und brachte es fertig, leiser zu sein. Endlich kamen die Späher zurück und sie erzählten, dass sie im Lager der Haradrim einen Gefangenen gesichtet hatten, der an einem Baum gebunden war.

„Sie schlafen noch“, bemerkte Mablung, der eine Kundschafter. „Wenn wir uns jetzt ins Lager schleichen und den Mann befreien, könnte es uns gelingen.“
„Sehr gut“, meinte Faramir erleichtert. „Wer will mich in das Lager begleiten?“
„Ich!“ meldete sich Areanor sofort. „Ich bin Meisterin im Anschleichen. Mein Vater hat mir...“
„Das kommt nicht in Frage“, schnitt ihr Faramir das Wort ab. „Ich glaube Euch kein Wort. Wenn ich Euch mitnehme, kann ich mich gleich den Haradrim ausliefern. Mablung und Damrod werden mit mir kommen.“
Areanor blieb beleidigt zurück. Faramir hatte Madril gebeten, ein wachsames Auge auf die junge Frau zu werfen. Er traute ihr nämlich irgendwelche Dummheiten zu.

Die Sonne ging gerade über den bewaldeten Tal mit dem rauschenden Wildbach auf, als die drei Waldläufer sich in das Lager der Haradrim schlichen. Vor dem Baum mit dem Gefangenen gab es nur einen Wachposten. Faramir gab Damrod einen Wink und dieser sprang lautlos auf den Mann zu und schlug ihn bewusstlos. Der Weg war frei.
Faramir begann den Gefangenen, einen älteren Mann mit einem grauen Bart, loszuschneiden. Doch plötzlich kam ein Harad-Krieger gähnend aus seinem Zelt. Er war anscheinend gerade erwacht. Als er die drei Waldläufer sah, stutzt er und wollte losschreien. Mablungs Pfeil fuhr ihm in die Kehle und der Südländer brach mit einem gurgelnden Laut zusammen.
„Los, nichts wie weg!“ zischte Faramir seinen Männern zu.

Sie packten den Gefangenen, der sich nur schlecht bewegen konnte aufgrund der langen Fesselung und zerrten ihn mit sich.
„Ich danke Euch!“ keuchte Pelendir erleichtert.
„Euere Tochter erwartet Euch bereits“, meinte Faramir zu ihm, während sie sich durch das Unterholz davonmachten.
„Areanor ist hier?“ fragte der Edelmann verwundert. „Sie hat wieder einmal nicht auf mich gehört.“
„Ich denke, sie hat Euch das Leben gerettet“, sagte Faramir und bahnte sich und Pelendir einen Weg durch das Gebüsch. „Sie hat uns von Euerer Gefangennahme berichtet.“
Unterwegs erfuhr Faramir von dem Edelmann, dass er von den Haradrim in der Nähe seines kleinen Landguts überfallen worden war.  Pelendir mußte zugeben, dass es unklug war, in Ithilien auszuharren, nachdem bereits alle anderen Einwohner das kleine Land am Anduin verlassen hatten.

Areanor stapfte ungeduldig auf der kleinen Waldlichtung herum. Madrils finsterer Blick gefiel ihr gar nicht. Sie verwarf schnell wieder den Gedanken, Faramir nachzuschleichen.
Endlich kehrten Faramir, Pelendir und die anderen zurück. Überglücklich fiel Areanor in die Arme ihres Vaters.
Faramir und Madril berieten währenddessen, was jetzt geschehen sollte. Henneth Annûn sollte ein reiner Soldatenstützpunkt und kein Aufenthaltsort für Zivilisten.
„Wir werden Euch nach Minas Tirith bringen“, beschloß Faramir schließlich. „Es ist vielleicht an der Zeit, dass ich zurückkehre und meinem Vater Bericht erstatte. Ich werde dafür sorgen, dass Ihr beide eine angemessene Unterkunft bekommen werdet.“
„Ich danke Euch, Herr Faramir“, sagte Pelendir erleichtert und legte den Arm um seine Tochter.

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