Arda Fanfiction

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Vergissmeinnicht

von Feael Silmarien

Blumen des Trostes

Es war ein sonniger Frühlingstag. Die vielen Blüten und die zwitschernden Vögel gaben Faramir und Éowyn, die Hand in Hand durch die Wälder Ithiliens spazierten, ein Gefühl der Liebe und Harmonie. Faramir genoss diesen Tag in vollen Zügen und all seine schlimmen Erinnerungen an den Ringkrieg verblassten ein wenig. Der sanfte Duft der Blumen, die ihn und Éowyn umgaben, ließ ihn in seinen Gedanken versinken.
Plötzlich fielen ihm kleine, blaue Blümchen am Wegrand auf. Er erkannte sie: Vergissmeinnicht. Er hatte sie nie vergessen. Jene, die für ihn immer da war.

Boromir und Faramir waren gezwungen, Osgiliath an die Orks zu übergeben und zurück nach Minas Tirith zu fliehen. Denethor, der Truchseß von Gondor und Vater der beiden Brüder, hatte mal wieder die ganze Schuld auf Faramir geschoben. Faramir war ein kleiner Junge gewesen, als seine Mutter Finduilas starb und Denethor angefangen hatte, in ihn als Grund für ihren Tod zu sehen. Faramir musste es immer schlucken und seinen Schmerz unterdrücken.
Er ging zitternd vor Zorn, Trauer und Verzweiflung durch die Straßen von Minas Tirith ohne ein bestimmtes Ziel zu haben. Er musste es sich selbst zugeben: Er wollte in eine andere Welt flüchten, um wenigstens einen Moment des Friedens zu haben.
Dann waren da noch die vielen Männer die in der Schlacht in Osgiliath ihr Leben verloren hatten. Sie werden nie zu ihren Familien zurückkehren, wo sie erwartet werden.
Er hörte hinter seinem Rücken eine Stimme, hell wie das Klingen vieler kleiner Glöckchen: "Herr Faramir!"
Er wandte sich um und sah ein Mädchen. Es reichte ihm nicht einmal bis an die Schulter und war ziemlich mager. Faramir erkannte gleich auf den ersten Blick, dass es ein gutes Herz und eine reine Seele hatte. Das Mädchen sah ihn mitfühlend an und reichte ihm einen kleinen Blumenstrauß aus frisch geplückten Vergissmeinnicht.
Faramir fühlte eine Wärme, einen Funken Hoffnung, in seinem Herzen, als er die kleinen Blumen annahm, und lächelte dankbar. Das Mädchen strahlte, drehte sich um und lief fort.
Faramir blickte wieder auf die blauen Blümchen. Sein Vater schien ihn zwar nicht zu mögen, doch beim Volk war er beliebt. Nein. Er war nicht allein.

Seine Hand löste sich von der Éowyns und er ging auf die Blumen zu. Fröhlich strahlten sie ihm die Erinnerungen an das Mädchen entgegen, wie sie ihm damals Hoffnung gaben. Er lächelte. Das Mädchen hatte keine besondere Schönheit besessen, doch es war für ihn im Ringkrieg die schönste Blüte Gondors gewesen.

Mit einem Gefühl der Erleichterung kehrte Faramir in die Zitadelle zurück, wo er Boromir begegnete.
"Morgen reiten wir los und erobern Osgiliath zurück", verkündete dieser und mit einem Blick auf die Blumen fügte er verwundert hinzu: "Was ist das?"
"Hoffnung", antwortete Faramir.
Boromir schien nicht zu verstehen.
"Hoffnung?", wiederholte er. "Worauf?"
"Frieden", sagte Faramir leise.
"Glaubst du denn wirklich, dass wir jemals Frieden haben werden?", seufzte Boromir.
"Ja", hauchte Faramir. "Irgendwann..."
"Wenn wir auch nie Frieden haben werden, werden wir kämpfen!", sagte Boromir entschlossen. "Und wir werden siegen, was auch immer geschieht, kleiner Bruder!"
Faramir antwortete mit einem Lächeln.

Éowyn beobachtete verwundert, wie ihr Ehemann in Erinnerungen versunken die Blümchen musterte.
"Faramir?", murmelte sie unsicher.
Doch er hörte sie nicht. Er war nicht in Ithilien, sondern in seinen Erinnerungen an die Vergangenheit.

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