Arda Fanfiction

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Vergissmeinnicht

von Feael Silmarien

Ein Hoffnungsschimmer

Faramir presste seine blutige Hand gegen seine verletzte Schulter. Er spürte den Schmerz nicht. Sie hatten die Orks aus Osgiliath wieder vertrieben. Würde sein Vater vielleicht jetzt besser von ihm denken? Boromir hielt gerade die übliche Siegesrede und Faramir schaute mit den anderen Kriegern Gondors zu ihm auf. Er war der Held dieser Schlacht gewesen. Auch Faramir hatte viel Ruhm geerntet. Doch das zählte für seinen Vater nicht. Bei diesem Gedanken verblassten seine Hoffnungen.

Der junge Truchseß spürte einen tiefen Schmerz, als ob eine eiskalte Klinge sein Herz durchbohren würde. Sogar jetzt noch, viele Jahre nach dem Ringkrieg, tat ihm die Erinnerung an seinen Vater weh. Jenen Menschen, den er geliebt hatte, doch von dem er verachtet wurde. Alle Kräfte schienen ihn zu verlassen und er musste sich gegen einen Baum lehnen. Seine Hand versuchte verzweifelt die Klinge aus seinem Herzen zu ziehen.

"Herr Faramir!"
Der Gerufene öffnete die Augen und fand sich in den Häusern der Heilung wieder. Seine Wunde war sorgfältig gepflegt und durch das geöffnete Fenster kam der verlockende Duft des Frühlings hereingeweht. Doch Faramir bemerkte es nicht. In seinen Augen spürte er Tränen.
"Herr Faramir!"
Er kannte diese Stimme. Voller Liebe und Hoffnung.
"Man lässt Euch ausrichten, dass Ihr jetzt gehen könnt. Eure Schulter wird bald heilen."
Er schloss die Augen wieder. Gehen. Wohin? Zu seinem Vater, der ihn wieder quälen wird? Er spürte, wie eine Träne aus seinem Auge rann und eine feuchte Spur hinterließ.
"Herr Faramir?", sagte die Stimme unsicher. "Ist etwas nicht -"
Die Sprechende brach ab. Offenbar hatte sie die Träne gesehen.
"Ich will fort", flüsterte Faramir zu sich selbst. "Weg... Weit weg... Er hasst mich..."
"Es...", murmelte die Stimme schüchtern. "Es tut mir Leid..."
Er spürte eine zweite Träne.
"Kann ich noch etwas für Euch tun?", nuschelte die Stimme.
"Wie heißt du?", wandte sich Faramir an das Mädchen.
"Mein Name ist Esteriel, mein Herr", sagte es leicht überrascht. "Meine Mutter ist Heilerin und ich darf manchmal mithelfen. Soll... ich jetzt gehen?"
"Nein", bat Faramir. "Ich möchte mich noch für den Blumenstrauß bedanken."
Er öffnete die Augen und sah, dass Esteriel rot angelaufen war.
"Oh... Ähm...", stotterte sie. "Das war doch nichts Besonderes..."
"Doch", meinte Faramir. "Es bedeutet mir sehr viel. Es gibt mir Hoffnung."
"Wirklich?", strahlte Esteriel.
Faramir nickte.
"Ähm", begann Esteriel und lief so rot an, wie es noch ging. Offenbar fiel ihr das Sprechen schwer. "Kann... Kann ich Euch bis zur Zitadelle begleiten?"
"Aber natürlich", antwortete Faramir ihr mit einem Lächeln.
Esteriel lächelte ihn glücklich an und sie verließen zusammen die Häuser der Heilung. Unterwegs sprachen sie sehr viel. Faramir war lange nicht mehr so erleichtert gewesen.
"Wie alt bist du eigentlich?", fragte er.
"Dreizehn", antwortete Esteriel, die immernoch rot war.
"Was machst du in den Häusern der Heilung?"
"Was man mir so aufträgt. Was holen, was wegbringen, jemanden rufen, etwas festhalten... Eben solche Dinge. Ich würde aber gerne noch mehr tun, aber ich habe Angst vor Blut."
"Du bist für friedlichere Zeiten geschaffen", seufzte Faramir.
"Aber es wird doch irgendwann wieder Frieden sein, oder?", fragte Esteriel hoffnungsvoll.
"Selbstverständlich. Der Schleier der Dunkelheit kann nicht ewig über uns lasten. Ein Wind wird kommen und die Gewitterwolken forttreiben."
"Und was, wenn kein Wind kommt?", hauchte Esteriel mit Tränen in den Augen.
"Irgendwann kommt er. Da kannst du dir sicher sein."
"Ich habe Angst."
"Ich auch", gestand Faramir.
"Aber Krieger können keine Angst haben!"
"Doch. Jeder fürchtet sich. Angst ist menschlich."
"Aber Ihr", widersprach Esteriel. "Ihr fürchtet Euch nicht vor dem Tod."
Faramirs Augen verdunkelten sich.
"Manchmal wünsche ich ihn mir", murmelte er.
Esteriel fasste sich und ließ ein zaghaftes "Tut mir Leid" hören.
Faramir lächelte wieder: "Es macht nichts."

Er lächelte und schloss die Augen. Er sah wieder ihr Gesicht vor sich.
"Faramir?", hörte er Éowyn sprechen und spürte ihre Hand auf seiner Schulter.

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