Arda Fanfiction

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Sklavenhandel

von Ramona

Nächste Schritte

Yola nahm ein Messer vom Nachttisch und beugte sich über den Elben. Haldirs Augen weiteten sich vor Angst. „Keine Angst. Ich werde dir nicht wehtun.“, beschwichtigte sie ihn. Mit einem kurzen Schnitt durchtrennte sie die Fesseln an seinen Händen. Haldir sah sie überrascht an und sie lächelte nur. Er rieb sich die schmerzenden Handgelenke.

„Warum habt Ihr das getan, Yola? Ich könnte Euch angreifen und töten.“ „Ja, das könntet Ihr.“ „Warum habt Ihr mich dann befreit?“ „Weil ich weiß, dass Ihr mich nicht töten würdet.“ „Ich dachte, ich wäre Euer Sklave.“ „Nein, das seid Ihr nicht.“ Er hob fragend eine Augenbraue.

„Ich bin in vielerlei Hinsicht anders als der Rest meines Volkes. Ich verabscheue Blutbäder und habe Mitleid mit Sklaven.“ „Darum lasst Ihr all Eure Sklaven frei?“ Haldir hatte sich mittlerweile daran gemacht, mit geschickten Fingern die Knoten an seinen Beinfesseln zu lösen. Yola lachte. „Nein, natürlich nicht.“ „Was habt Ihr vor mit mir?“, fragte er verwirrt.

„Ihr seht furchtbar aus!“ Er hob eine Braue. „Das hat wahrhaft noch kein Mensch zu mir gesagt.“, stellte er trocken fest und sie lachte. „Das will ich gern glauben. Doch ich will Euch waschen und mich um Eure Wunden kümmern. Man war sicher nicht besonders zart im Umgang mit Euch.“ „In der Tat.“ „Gut. Wartet einen Moment hier.“

Haldir sah sie verwundert an. „Was ist?“, fragte sie. „Ihr lasst mich hier allein im Zimmer zurück? Was sollte mich nun noch daran hindern, zu fliehen?“ „Ihr würdet nicht weit kommen. Draußen würde man Euch sofort töten. Das geschieht mit allen geflohenen Sklaven. Außerdem meine ich, Euch gut genug zu kennen um sagen zu können, dass Ihr bleiben werdet.“

Er hob eine Braue. „Ihr kennt mich erst wenige Minuten.“ Sie grinste. „Ich weiß. Aber habe ich nicht dennoch Recht?“ Er nickte. Lachend verließ sie das Zimmer und Haldir setzte sich auf das Bett.

Das alles war ihm rätselhaft. Vor allem Yola war ihm rätselhaft. Er war gefangen und brutal misshandelt worden, bis er schließlich zum Sklavenmarkt gebracht worden war. Keiner der Haradrim hatte ihn wie ein gleichgestelltes Wesen behandelt und nun war er hier. Hier bei Yola. Und sie war regelrecht freundlich zu ihm. Als er aufstehen wollte, hielt er sich die Magengrube. Blutergüsse waren nach außen hin sichtbar und es tat grausam weh. Oft war er in den vergangenen Tagen verprügelt worden, weil er sich zu heftig gewehrt hatte. An seinem Körper klebten Dreck und getrocknetes Blut.

Doch bevor er sich weiter Gedanken darüber machen konnte, öffnete sich die Zimmertür und Yola kam herein. Sie hielt ein großes Tablett in den Händen. Haldir schloss die Tür hinter ihr und sie stellte das Tablett auf dem Nachttisch ab. „Als erstes sollt Ihr ein Bad bekommen. Folgt mir.“ Yola führte Haldir in ein geräumiges Badezimmer. „Ich habe vorhin eine Dienerin beauftragt, die Wanne zu füllen. Das Wasser ist noch warm.“, sagte sie und legte frische Handtücher auf einen Hocker. Dann ließ sie Haldir allein.

Nach einer Weile kam der Elb heraus. Er war vollkommen unbekleidet, nur ein Handtuch hatte er um die Hüften geschlungen. „Yola, ich brauche etwas zum Anziehen.“, sagte er und sie nickte. „Euer ganzes Gepäck hat mein Vater ebenfalls auf meinen Wunsch hin von Eurem Händler erstanden. Die Hose, die Ihr eben anhattet werde ich verbrennen lassen. Sie ist zu kaputt. Eure Gewänder sind in der Wäsche und stehen erst morgen für Euch bereit.“ „Soll ich solange mit diesem Handtuch bekleidet herumlaufen?“ „Aber nein!“, sie winkte ab, „Ich könnte Euch einen meiner Röcke anbieten.“ Yola lachte, Haldirs Miene war goldwert. Geschockt blickte er sie an, doch dann erkannte er, dass sie nur Spaß gemacht hatte.

„Natürlich nicht. Ich habe eine Hose, die Euch passen müsste, von meinem Vater geborgt.“ „Geborgt?“ „Na gut, sagen wir eher, ich habe sie entwendet. Aber das spielt keine Rolle. Ein Oberteil konnte ich nicht bekommen, doch so muss es auch gehen.“ Er nickte. Normalerweise war es nicht vielen gestattet, ihn so unbekleidet zu Gesicht zu bekommen, doch er sah ein, dass er in der gegenwärtigen Situation andere Maßstäbe setzen musste.

Yola drehte sich um und Haldir zog die Hose an, die sie ihm gereicht hatte. „So, nun will ich mich um Eure Wunden kümmern.“, sagte sie und ging zum Nachttisch. „Ab besten, Ihr legt Euch auf das Bett.“, schlug sie vor und er tat wie ihm geheißen. Yola nahm den Deckel von einem Topf auf dem Tablett und tauchte ein frisches Tuch in eine stark nach Kräutern riechende Flüssigkeit. Damit rieb sie die Stellen seines Körpers ein, die von den Menschen misshandelt worden waren. Sie wusste, dass diese Prozedur äußerst schmerzhaft für den Elben sein musste, doch Haldir verzog keine Miene.

Hinterher deutete sie ihm, vor dem Spiegel platz zu nehmen. Sie stellte sich hinter ihn und begann, seine Haare sorgsam durchzukämmen. „Das kann ich selbst.“, sagte er und sie lächelte. „Das weiß ich.“, entgegnete sie nur, „Doch dieses Vergnügen lasse ich mir nicht nehmen.“ Er zuckte kaum merklich die Schultern und ließ sie gewähren.

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