Arda Fanfiction

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Die Chroniken von Ithilien

von Celebne

Pelendir und Isildurs Erbe

Aufgeregt betrat Pelendir die Halle der Könige und sah eine Gruppe von Männern in der Mitte zusammenstehen. Ihm fiel auf, dass sich auch ein Elb und ein Zwerg bei dieser Gruppe befanden. Der Zwerg lümmelte dreist auf dem Truchseß-Stuhl und schmauchte gemütlich eine Pfeife. Als Pelendir das sah, wurde er empört.
„Verlasse diesen Stuhl auf der Stelle, du Wicht! Wie kannst du es wagen, diesen Stuhl, der vielleicht bald mein ist, zu besudeln!“

Dem Zwerg fiel fast die Pfeife aus dem Mund und er erhob sich wütend.
„Ist das der Dank Gondors an seine Retter?“ fragte er Pelendir zornig.
Jemand legte dem Edelmann sanft die Hand auf die Schulter, bevor dieser eine passende Antwort geben konnte.
„Beruhigt Euch, mein Herr“, sagte eine tiefe, wohlklingende Männerstimme. „Dieser Zwerg war ein großer Held in der Schlacht um Minas Tirith.“
Pelendir drehte sich erzürnt um und betrachtete den Mann, der dies gesagt hatte. Der Fremde hatte dunkles Haar, einen ungepflegten Bart und zerrissene, dunkle Kleidung.

„Wie könnt Ihr es wagen!“ fauchte Pelendir wütend.
„Ihr wisst wohl nicht, wer das ist“, sagte jetzt Gandalf mit ruhiger Stimme.
Der Edelmann betrachtete den Zauberer irritiert: er kannte ihn von einigen Begegnungen in Minas Tirith.
„Nein, ich weiß es nicht, Herr Mithrandir“, stieß Pelendir aufgeregt hervor. „Ich weiß nur, dass Gondor im Moment keinen Herrscher mehr hat, denn die direkte Linie der Truchsessen ist erloschen.“
„Das ist sie nicht“, sagte der fremde Waldläufer und fuhr fort, den Edelmann aus seinen graublauen Augen unverwandt anzublicken.
„Woher wollt Ihr das wissen?“ fauchte Pelendir zurück. „Ihr seid nur ein Fremder in Bettlertracht. Was tut Ihr überhaupt hier?“

„Mäßigt Eueren Zorn!“ rief jetzt Gandalf erbost. „Das ist Aragorn, Arathorns Sohn, Isildurs Erbe! Es wird bald ein König auf den Thron Gondors zurückkehren.“
Pelendir verschlug es die Sprache und er blickte stumm von Aragorn zu Gandalf, und dann wieder zu dem Zwerg.
„Und im übrigen kann ich Euch noch sagen, dass Faramir lebt und diese Stadt sehr wohl einen Truchseß hat, auch wenn dieser in den Häusern der Heilung liegt“, ergänzte der Zauberer mit etwas ruhigerer Stimme.
„Ich möchte wissen, wer Ihr seid“, schaltete sich Aragorn nun ein. „Ich brauche fähige Leute aus Gondor, die uns im Kampf gegen Mordor unterstützen und nicht gegen mich kämpfen.“

Pelendir schaltete sofort: wenn er schon nicht mehr Truchseß werden konnte, dann vielleicht wenigstens Fürst von Ithilien. Und dieser Königserbe konnte ihm womöglich dabei helfen.
„Ich war nicht untätig in meiner Heimat Ithilien“, prahlte er  lächelnd. „Ich habe mit meiner Schar von den Emyn Arnen aus mein Land verteidigt.“
„Davon habe ich aber nicht viel bemerkt“, warf Gandalf ein. „Faramir erhielt jedenfalls keine Hilfe bei seinem Kampf um Osgiliath. Es wäre schön gewesen, wenn Ihr mit Euerer sogenannten Schar dort eingegriffen hättet.“
„Ich hatte in den Emyn Arnen genug zu tun“, verteidigte sich Pelendir empört. „Es war alles andere als ein Honigschlecken dort.“
Aragorn unterbrach jetzt die Diskussion und erinnerte Gandalf daran, mit der Beratung weiterzumachen. Pelendir hörte aufmerksam zu, und es blieb ihm nichts anderes übrig, als sich bereitzuerklären, mit zum Schwarzen Tor zu ziehen.


Areanor hatte inzwischen die Häuser der Heilung betreten. Zögernd blickte sie sich um. Es herrschte ein einziges Chaos in dem großen Gebäude. Überall, selbst auf den Gängen, lagen Verwundete herum. Viele von ihnen befanden sich auf dem bloßen Boden, in Decken gewickelte. Areanor ekelte sich vor den vielen blutigen Verbänden und vor dem entsetzlichen Geruch von Blut, Schweiß und menschlichen Ausscheidungen. Dazu kam noch das unterschiedlich laute Stöhnen der Verwundeten und Sterbenden. Areanor erinnerte sich an die Kämpfe in Ithilien. Die Männer, die dort von den Orks verletzt wurden, waren sofort gestorben. Sie hatte eigentlich nur leichtere Blessuren zu versorgen gehabt, aber hier sah sie die ganzen Schrecken eines solchen Krieges. Wie konnte ihr Vater immer nur so tun, als sei er der Einzige, der für Gondor etwas tat! Diese Männer alle hier hatten wahrscheinlich weit mehr getan als Pelendir.

„Wo wollt Ihr hin?“ fragte plötzlich eine energische weibliche Stimme hinter Areanor.
Erschrocken drehte sie sich um und gewahrte eine ältere Frau, ganz in grau gekleidet.
„Ich suche Herrn Faramir“; sagte sie verlegen.
„Der Truchseß empfängt keine Besucher“, erklärte die Heilerin streng. „Er braucht absolute Ruhe.“
„Wird er es schaffen?“ fragte Areanor ängstlich.
„Ich denke schon“, erwiderte die ältere Frau kurzangebunden und wies zur Tür. „Wenn Ihr hier weiter keinen Angehörigen zu besuchen habt, dann geht bitte, denn wir haben zu tun. Für Müßiggänger haben wir keine Zeit.“
Areanor blickte die Alte empört an, wagte aber nicht weiter aufzubegehren. Wie eine Magd hatte man sie abgefertigt, das würde sie sich merken!
Sie ging hinaus und stand wieder auf der Straße des sechsten Festungsringes. Es hatte leicht zu regnen begonnen, doch Areanor spürte die Nässe kaum. Tränen der Wut rannen über ihr Gesicht. Schließlich ging sie hinauf zur Zitadelle und wartete dort geduldig vor dem Tor, bis ihr Vater wieder herauskam.

„Kind, du bist ja ganz naß!“ rief er besorgt aus. „Warum bist du nicht in den Häusern der Heilung geblieben?“
Verbittert erzählte Areanor ihm, wie sie von dieser alten Frau hinausgeworfen worden war.
„Das müssen wir uns nicht bieten lassen“, meinte Pelendir kopfschüttelnd. „Auch ich habe oben in der Zitadelle einige üble Neuigkeiten erfahren müssen.“
Er berichtete seiner Tochter von seiner Begegnung mit Isildurs Erben.
„Laß uns zurück nach Emyn Arnen gehen, Vater“, bat ihn Areanor. „Wir haben in dieser Stadt nichts mehr verloren.“

„Ich habe diesem Aragorn ein Versprechen gegeben“, seufzte Pelendir bedrückt. „Ich muß mit ihm in den Krieg gegen Mordor ziehen. Ich werde dich in die Obhut von Belecthors Familie geben in dieser Zeit.“
Areanor erschrak, als sie das hörte. Womöglich kehrte ihr Vater nicht mehr zurück, wenn er zum Schwarzen Tor ritt. Was wurde dann aus ihr?
„Ich habe dir schon gesagt, wie du dich verhalten sollst, falls mir etwas zustößt“, sagte Pelendir leise und strich seiner Tochter liebevoll über das Haar. „Bist du immer noch Herrn Faramir treu ergeben, oder denkst du jetzt anders über ihn, nachdem man dich in den Häusern der Heilung wie einen Fußabtreter behandelt hat?“
„Ich hasse diese Leute“, stieß Areanor hervor. „Aber vielleicht kann Faramir gar nichts dafür, dass man mich hinausgeworfen hat.“
Pelendir seufzte.
„Faramir ist der Sohn seines Vaters, denke immer daran! Er wird ein Interesse daran haben, die Emyn Arnen für sich zu behalten, denn er liebt Ithilien, dieses Land, das eigentlich unser ist. Faramir darf niemals Fürst von Ithilien werden! Versprich mir, dass du mir in meinem Kampf um das Fürstenanwesen beistehen wirst.“
„Ich verspreche es“, gelobte Areanor schließlich.
Pelendir lächelte und nun begaben sie sich zusammen zu Belecthors Haus, welches im fünften Festungsring lag und noch einigermaßen intakt war.

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