Arda Fanfiction

Das neue Archiv für Geschichten rund um Tolkiens fabelhafte Welt!

Die Chroniken von Ithilien

von Celebne

Streit um Ithilien

In den nächsten Tagen herrschte in der Stadt großer Trubel, da die Krönung des neuen Königs vorbereitet wurde. Die letzten Reste der Kriegstrümmer wurden beseitigt und  jedes Haus in der Stadt mit Blumen und Girlanden geschmückt. Die Straßen wurden sauber gekehrt und jedermann holte sein Festgewand aus der Truhe hervor. Pelendir und seine Tochter waren in der Zwischenzeit nach Ithilien zurückgekehrt.
Auf ihrem Landgut Findáráto erlebten sie eine böse Überraschung: es war von einer Gruppe versprengter Haradrim geplündert und gebrandschatzt worden. Areanor brach weinend zusammen, als sie sah, dass alle ihre Kleider und Besitztümer dahin waren. Doch Pelendir tröstete seine Tochter: er hatte noch viel Geld in dem Verwalterhaus in Minas Tirith eingelagert.
„Gleich nach der Krönung werde ich von Herrn Aragorn das Fürstenhaus fordern. Jetzt muß er uns es einfach geben!“ sagte er bekräftigend.

Die Krönung verlief sehr feierlich und es gab für Alle freie Speisen und Getränke  in der Stadt. Pelendir und seine Tochter waren als Edelleute Gondors in der Zitadelle eingeladen. Auch der verbannte Fürst Imrahil war heute erschienen mit seiner Familie. Pelendir sah kopfschüttelnd zu, wie die Tochter des Fürsten dem künftigen König Rohans schöne Augen machte.
„Das ist wieder eine Verschwendung numénorischen Blutes“, brummte er vor sich hin. Areanor war jedoch beeindruckt von der Königin, welche eine Elbin war. So eine schöne Dame hatte sie noch nie erblickt. Die schwarzhaarige Schönheit war in ein hellgrünes Kleid gekleidet und trug ein wundervolles Diadem auf dem Kopf. Erst vor wenigen Stunden war Arwen Undómiel in der Stadt aufgetaucht und hatte sodann gleich den König geehelicht. Man erzählte sich, dass der König fast sechzig Jahre mit ihr verlobt gewesen war.

Nach dem guten Essen fand Pelendir endlich eine Gelegenheit, sich mit dem König zu unterhalten. Es war ein günstiger Moment, denn Faramir war mit seiner künftigen Braut, ihrem Bruder und der Fürstenfamilie von Dol Amroth in die Gärten gegangen.
„Mein König, ich würde gerne mit Euch kurz reden“, sagte Pelendir untertänig und verneigte sich tief vor Aragorn.
„Aber wirklich nur kurz“, sagte der ehemalige Waldläufer mit einem schiefen Lächeln, der bereits ahnte, dass Pelendir ein Problem vortragen würde. „Heute ist ein Tag zum Feiern und Fröhlichsein.“

Doch der Edelmann wollte sein Recht in Ithilien unbedingt durchsetzen, daher war es ihm egal, ob dieser Tag nun passte oder nicht. Er ging mit Aragorn in eine Ecke des Thronsaales, weit weg von den Gästen.
„Herr Aragorn, mein Landgut Findáráto wurde durch eine Haradrimbande  zerstört“, trug Pelendir demütig vor. „Nun wissen meine Tochter und ich nicht mehr, wo wir hinsollen.“
„Soviel  ich weiß, wohnt Ihr bei einer Familie in dieser Stadt“, erwiderte der König unbeeindruckt. „Ihr seid übrigens nicht die einzige Familie, die in diesem Krieg ihr Haus verloren hat. Seid froh, dass Ihr jetzt ein Dach über dem Kopf habt. Das haben andere nicht.“
„Mein Herr!“, fuhr Pelendir händeringend fort. „Mein Herr, wir beide, meine Tochter und ich, können Herrn Belecthor nicht ewig zur Last fallen. Daher würde ich vorschlagen, dass wir einstweilen in das Fürstenhaus in den Emyn Arnen einziehen dürfen.“

Der König runzelte die Stirn.
„Herr Faramir wird nach seiner Hochzeit mit Frau Éowyn in das Fürstenhaus einziehen. Ich gedenke, ihn zum Fürsten von Ithilien zu ernennen“, erklärte Aragorn ernst.
Pelendir wurde blaß vor Zorn und begann fast zu zittern.
„Das Fürstentum von Ithilien steht mir  zu – nicht ihm!“ stieß er mit mühsam beherrschter Stimme hervor.
„Was habt Ihr für einen Anspruch darauf?“ fragte der König erstaunt.
Seine Gemahlin trat nun zu ihm und schenkte Pelendir ein freundliches Lächeln.
„Mein Lieber, man vermisst dich schon auf der Feier“, sagte sie mit ihrer melodischen Elbenstimme, die wie ein murmelnder Bach klang.
„Wir reden morgen darüber weiter, Pelendir“, meinte Aragorn mit einem leisen Seufzen. „Offiziell habe ich meine Staatsgeschäfte noch nicht aufgenommen.“
„Wie Ihr wünscht!“ erwiderte Pelendir und verneigte sich. "Aber ich komme dann gleich morgen früh zu Euch."

Er kehrte mit finsterem Gesicht zu seiner Tochter zurück, die sich gerade am Saaleingang mit dem Waldläufer Anborn unterhielt. Sie entschuldigte sich bei dem jungen Mann und zog sich mit Pelendir in eine leere Kammer in der Nähe des Thronsaales zurück.
„Was gibt es Neues?“ wisperte sie aufgeregt.
„Dieser Anborn – macht er dir den Hof?“ fragte Pelendir mürrisch. „Er ist zwar ein Dunedan, aber kein Mann von hohem Adel. Du solltest dir von einem der Söhne Imrahils den Hof machen lassen.“
„Nein, die gefallen mir nicht“, erwiderte Areanor gereizt. „Erzähl mir bitte jetzt, was der König gesagt hat, Vater.“
„Er will Faramir das Fürstenanwesen geben“, knurrte der Edelmann. „Er will ihn sogar zum Fürsten von Ithilien machen. Das werde ich verhindern!“

Areanor schlug entsetzt die Hände vor den Mund.
„Faramir scheint also in den Augen des Königs mehr zu gelten als ich, der ich am Schwarzen Tor unter Einsatz meines Lebens gekämpft habe“, fuhr Pelendir grimmig fort. „Und Faramir saß währenddessen hier und liebäugelte mit dieser Wilden aus dem Norden. Er ist ein Schandfleck für Gondor!“
„Ja, es ist eine Schande“, bekräftigte Areanor, die Éowyn hasste, weil er ihr Faramir genommen hatte – ihrer Ansicht nach. „Dabei ist Faramir nur zweite Wahl für sie. Ich konnte zufällig erfahren, dass diese Éowyn in den König verliebt war. Doch dieser hat sie zurückgewiesen.“
„Daran hat er recht getan“, bemerkte Pelendir schief grinsend. „Eine Elbin ist nun mal um vieles edler als eine Pferdehirtin.“

„Wie wäre es, wenn wir Gerüchte in der Stadt verbreiten, dass Frau Éowyn keine Jungfrau mehr ist und sich schon vielen Männern hingegeben hat?“ fragte Areanor plötzlich aufgeregt.
Pelendir winkte seufzend ab.
„Das ist die allerletzte Möglichkeit, die ich in Betracht ziehen würde. Wenn herauskommt, dass wir hinter den Gerüchten stecken, wird man uns mit Schimpf und Schande aus Gondor verjagen.“
„Aber diese Frau Éowyn hätte ewig an dieser Sache zu nagen“, meinte Areanor mit einem boshaften Lächeln.
„Laß uns wieder in den Saal zurückgehen“, schlug Pelendir mürrisch vor, dem solch ein Handeln widerstrebte.

Es wurde noch bis tief in die Nacht gefeiert: das Königspaar und das Truchsesspaar zog alle Aufmerksamkeit auf sich und die Gäste freuten sich schon auf die nächste Hochzeit.


Am nächsten Vormittag nahm der König zum ersten Mal seine Amtsgeschäfte auf. Pelendir war schon seit dem frühen Morgen am Tor der Zitadelle gestanden, um ja als Erster zum König vorgelassen zu werden. Seine Tochter begleitete ihn natürlich. Der Thronsaal war jetzt wieder blitzsauber und man sah keine Spur des Festes mehr. Unterhalb des Thrones stand der König und studierte gerade einige Dokumente. Bei ihm standen einige Berater, die schon früher unter Denethor gedient hatten. Sie redeten eifrig auf den König ein. Ein Diener unterbrach die Unterredung und kündigte Pelendir an.
„Er soll hereinkommen" sagte der König leise seufzend. Er wandte sich an die Berater: "Wir reden später weiter“.
Daraufhin entfernten sich die dunkelgekleideten Männer aus der Halle.

Pelendir kam mit einem Räuspern in den Thronsaal hinein. Inzwischen war er schon so oft hier gewesen, dass ihn all die Pracht dieser Halle nicht mehr einschüchterte. Mit erhobenen Haupt ging er auf den König zu und verneigte sich vor ihm. Aragorn winkte etwas müde ab.
„Kommen wir gleich zur Sache“, meinte er mit einem angedeuteten Lächeln. „Ich kann Euch das Fürstenanwesen von Emyn Arnen nicht geben. Es gehört von Rechts wegen der Truchsessfamilie.“
Pelendir zog nun triumpierend einen Packen Dokumente aus seinem Mantel hervor. Diese alten Schriften waren im Verwalterhaus zusammen mit seinem Vermögen aufbewahrt gewesen.  
„Ich stamme auch aus dem Hause Húrin“, verkündete der Edelmann stolz. „Ich erhebe hiermit Anspruch auf das Fürstenhaus, ebenso auf den Titel ‚Fürst von Ithilien’.“
„Folgt mir in die Schreibstube“, sagte Aragorn ernst, nachdem er einen kurzen Blick auf die Dokumente geworfen hatte.

Sie verließen den Thronsaal und gingen einen langen dunklen Korridor entlang, bis sie zu einer schweren Tür aus Eichenholz kamen. Aragorn sperrte sie auf und bat Pelendir, ihm zu folgen. Der Edelmann erkannte das Zimmer: es war Denethors ehemalige Schreibstube. Der König nahm hinter dem riesigen Schreibpult Platz und breitete dort alle Dokumente aus, die der Mann mitgebracht hatte. Stirnerunzelnd betrachtete er die Schriften.
„Euere Urahnin war Anariel, Mardils Schwester“, stellte Aragorn schließlich fest. „Ihr seid also nur in der Seitenlinie ein Abkömmling der Truchsess-Familie, während Faramir direkt von Mardil abstammt.“
„Mein König, ich habe im Ringkrieg das Fürstenhaus von Emyn Arnen gegen den Feind verteidigt“, betonte Pelendir ungehalten. „Ohne mich stünde es nicht mehr.“
„Das ist ehrenvoll, berechtigt Euch aber trotzdem nicht zum Besitz“, meinte Aragorn müde lächelnd. „Ich schlage vor, dass Ihr Euer Landhaus wieder errichtet und Faramir ein treuer Untertan in Ithilien sein werdet.“
„Ist das Euer letztes Wort?“ fragte der Edelmann empört.
Nun wurde Aragorn auch langsam zornig. Dieser uneinsichtige Mann schien keine anderen Sorgen zu haben, während er, der König, nicht wußte, was er zuerst hier in Gondor regeln sollte.
„Geht jetzt bitte, ich habe noch etwas anderes zu tun“, befahl Aragorn in einem Ton, der keine Widerrede duldete.
Pelendir verneigte sich kurz mit zusammengepressten Lippen und verließ die Schreibstube mit finsterer Miene.

Rezensionen