Arda Fanfiction

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Die Chroniken von Ithilien

von Celebne

Das Attentat

Faramir beschloß, vorerst alleine nach Emyn Arnen zurückzukehren. Er wollte sich selbst ein Bild von dem Schaden machen. Éowyn ging es zusehends besser, aber sie musste noch eine Zeitlang das Bett hüten. Der junge Fürst versprach ihr, sie persönlich abzuholen, wenn sie aus den Häusern der Heilung entlassen wurde. Er ahnte nicht, dass aus diesem Vorhaben nichts werden würde. Zusammen mit Beregond und einigen Soldaten ritt er zurück nach Ithilien. Bereits von der Ferne aus konnte Faramir die traurigen Überreste seines Hauses erkennen. Aus dem palastähnlichen Gebäude war eine Ruine geworden. Er fühlte, wie sich sein Herz verkrampfte. Es würde lange dauern, bis das Fürstenhaus wieder so aussehen würde wie noch vor wenigen Wochen.

Sie ritten an Pelendirs Landgut vorbei und Faramir warf einen verächtlichen Blick auf die Hütte des Edelmannes. Er fragte sich im Stillen, inwieweit Pelendir seine Hand bei der ganzen Sache im Spiel gehabt hatte. Immerhin hatte seine Tochter Edelmut bewiesen. Doch Edelmut war ein Fremdwort für Pelendir, das wusste Faramir. Er bekam ein ungutes Gefühl bei den Gedanken an den feindseligen Edelmann, als würde bald etwas Schreckliches geschehen.

Die Aufräumarbeiten im fürstlichen Anwesen gingen gut voran. Pelendir, der sich dort Amros nannte, arbeitete fleißig, doch immer mit dem Hintergedanken, seinen Racheschwur baldmöglichst zu erfüllen. Als er die kleine Gruppe von Faramir heranreiten sah, verbarg er sein Gesicht geschickt hinter der Perrücke, um nicht erkannt zu werden. Beregond erkundigte sich bei seinem Vertreter Arodir, wie die Arbeiten vorankamen. Pelendir, der in der Nähe arbeitete, erschrak, als sein falscher Name kurz erwähnt wurde. Hoffentlich wollten ihn Faramir und Beregond nicht sehen.

Doch er hatte Glück: der junge Fürst interessierte sich brennend für das Ausmaß der Zerstörung und nicht für neueingestellte Knechte.  Er ließ sich sofort  im Gebäude herumführen. Das Erdgeschoss war ja noch einigermaßen intakt, wenn auch die Wände teilweise recht verrußt waren. Pelendir kletterte direkt über Faramir im zerstörten Obergeschoß herum. Allerdings sah er keine Möglichkeit, etwas auf den Fürsten herabfallen zu lassen, da dieser zu viele Leute im Moment um sich herumhatte. Die abgebrannte Treppe zum oberen Geschoß hatte man durch eine Leiter ersetzt. Als Faramir dort hinaufsteigen wollte, überlegte Pelendir kurz, ob er die Leiter wegstoßen sollte, wenn der Fürst fast oben war. Ein Sturz aus größerer Höhe konnte schwere, wenn nicht gar tödliche Verletzungen, verursachen. Doch er verwarf seinen Plan enttäuscht wieder, als Beregond zuerst die Leiter hinaufkletterte. Pelendir ging rasch an seine Arbeit zurück und machte sich daran, zusammen mit den anderen Arbeitern, das Gerüst zu errichten für das neue Treppenhaus.

„Wir brauchen Maurer, Zimmerleute und Schreiner“, zählte Arodir eifrig auf. „Zuerst die Maurer, die die grobe Arbeit verrichten sollen. Dann....“
Faramir winkte müde lächelnd ab. Das konnte sich alles noch viele Monate hinziehen. Als der König  das Fürstenhaus vor kurzem instand hatte setzen lassen, war es schnell gegangen, da praktisch schon alles vorhanden gewesen war und nur ein paar Ausbesserungsarbeiten nötig gewesen waren. Doch jetzt musste fast ein Neubau geplant werden. Dabei hatte Faramir noch ganz andere Sorgen: in Minas Tirith gab es laut Aragorn noch mehr Unruhestifter und Emyn Arnen konnte jederzeit wieder brennen, wenn den Schurken nicht das Handwerk gelegt wurde. Außerdem war da noch Pelendir.

Aber es half nichts: er musste  Prioritäten setzen. Er beschloß, sich zuerst um das Anwesen kümmern. Er hatte keine besonders große Lust, mit Éowyn nach Minas Tirith zu ziehen, zumal die ehemalige Schildmaid sich dort nicht besonders wohlfühlte nach den dummen Gerüchten, welche Areanor dort gestreut hatte. Er ließ sich von einigen Knechten eine Kammer im Gesindehaus einrichten, welches noch intakt war, damit er dort wenigstens provisorisch wohnen konnte.  Allerdings war das kein Ort für Éowyn. Die Kammer war klein, stickig und dunkel. Faramir bekam Mitleid mit den Leuten, die hier ihr ganzes Leben lang verbringen mussten.

Er begann sich zu entkleiden und legte sich dann auf das harte, schmale Bett in der Ecke. Erst jetzt merkte er, wie müde er eigentlich war. Ihm fielen sofort die Augen zu und er schlief ein. Nur wenige Meter entfernt saß Pelendir in der Unterkunft der Knechte und dachte an Faramir. Er wußte, wo der Fürst in dieser Nacht schlief. Die Versuchung war groß,  in die Kammer von Faramir einzudringen und ihm einen Dolch in die Brust zu rammen, aber das Risiko war größer, von dem erfahrenen Waldläufer bereits vorher wahrgenommen zu werden.
So verwarf Pelendir also diesen Plan und legte sich auf sein Bett. Alle Knochen taten ihm weh, denn solch eine Arbeit war er nicht gewohnt, obwohl er seinem Knecht Aiglos auf dem Landgut schon oft gut zur Hand  gegangen war. Aber dies hier war die reinste Schinderei. Allzu lange wollte er sich hier nicht mehr plagen. Der Zufall sollte ihm schon bald eine günstige Gelegenheit in die Hand spielen.

Am nächsten Tag erhielt Faramir Besuch von Legolas, Gimli und den Waldelben, die eigentlich auf dem Rückweg zur Elbensiedling Har Lasgalen waren. Auch sie hatten das Ausmaß der Katastrophe noch nicht gesehen, da sie zusammen mit Faramir und Éowyn Emyn Arnen in der Nacht des Brandes verlassen hatten. Legolas versprach dem jungen Fürsten Hilfe beim Neubau, und auch Gimli versicherte, dass er Verwandte von sich herbestellen werde, die mithelfen sollten. Faramir freute sich natürlich ganz besonders über die angebotene Hilfe der Zwerge, denn diese waren geschickte Steinmetze und Hausbauer.


Pelendir beobachtete vom Treppenhausgerüst aus, wie sich die Freunde unten in der Eingangshalle des Hauses die momentan keine Decke besaß, unterhielten.
„Pass auf mit dem Gerüst, Amros!“ warnte ihn plötzlich ein anderer Knecht. „Es kann leicht einstürzen, wenn du dich zu sehr darauf abstützst.“
Erschrocken wich Pelendir zurück, weil er sah, dass die ganze Konstruktion zu wackeln begann.
„Wir müssen hier noch ein paar Stützpfeiler einbauen, dann hält es“, meinte Arodir, der in der Nähe stand.
Pelendir wollte gerade an seiner Arbeit zurückgehen, als er sah, dass sich Faramir alleine dem Treppenhausgerüst näherte. Er hatte keine Ahnung, was der Fürst vorhatte, er sah nur, dass die Gelegenheit für ein Attentat jetzt mehr als günstig war. Er nahm einen dicken Balken, der fast ein wenig zu schwer für ihn war und ließ ihn mit einem Aufschrei auf das Gerüst fallen.

Faramir vernahm den Schrei und ein Poltern, und blickte erstaunt nach oben. Als er das Gebälk zusammenfallen sah, versuchte er sich mit einem Hechtsprung zur Seite zu retten, aber er blieb mit seinem Fuß an einem Brett hängen und flog rückwärts zu Boden. Er hielt sich schützend die Hände vor das Gesicht, als Balken und Bretter auf ihn niederprasselten. Es gab einen ohrenbetäubenden Lärm, in welchem Faramirs Schreie untergingen. Eine Staubwolke stieg von dem Bretterhaufen empor und dann war Stille. Tödliche Stille.


Pelendir blickte ungläubig von oben hinab und konnte kaum fassen, was geschehen war. Er hatte es geschafft: Faramir war tot! Seine Tochter konnte nun in Frieden ruhen und er wurde vielleicht bald Fürst von Ithilien. Er musste nur versuchen, so schnell wie möglich das Anwesen zu verlassen.
„Du elender Tölpel!“ schrie ihn Arodir wütend an und packte ihn an der Tunika.
Der Verwalter riß versehentlich dabei die langhaarige Perrücke herunter und plötzlich erkannte ihn ein anderer Knecht.
„Das ist doch Pelendir!“ rief er bebend aus.
Doch der Edelmann ergriff im gleichen Moment die Flucht. Im allgemeinen Durcheinander schien ihm das auch zunächst zu gelingen.


Gimli aber heftete sich sofort wütend an Pelendirs Fersen, während Legolas und seine Elben sich um Faramir kümmerten.  Der Edelmann eilte über den Hof, Richtung Tor. Doch der Zwerg war schnelles Laufen gewohnt seit dem Ringkrieg. In der Bewegung schwang er zielsicher seine Axt und warf sie. Pelendir hatte inzwischen das Tor des Anwesens erreicht und wollte hindurchlaufen, als Gimlis Axt seinen Mantel an das Holztor nagelte. Pelendir fluchte, als er stolperte und hinfiel. Als er versuchte, den Mantel loszuwerden, war Gimli schon bei ihm und warf sich mit einem Wutschrei auf ihn.
„Gnade!“ flehte Pelendir kleinlaut und blieb bocksteif liegen.
„Ich würde dich am liebsten in deine Einzelteile zerhacken für diese Untat“, drohte der Zwerg grimmig und stellte sich mit einem Fuß auf Pelendirs Brust, während er mit einem Dolch vor dessen Nase herumfuchtelte. „Sollte Faramir tot sein, dann wirst du eines Todes sterben, den noch niemand erlitten hat.“

Mit Hilfe der Elben war Faramir rasch freigelegt. Das Gesicht des jungen Fürsten war grau und voller Staub, aber er atmete noch. Es war fast ein Wunder. Legolas untersuchte seinen Körper und stellte zahlreiche Knochenbrüche fest.
„Wir müssen ihn sofort nach Minas Tirith bringen“, sagte er besorgt zu Beregond. „Es gibt viel Arbeit für die Heiler.“
Beregond blickte mit unendlicher Erleichterung auf seinen bewusstlosen Herrn. Er hatte für einige Minuten geglaubt, dass Faramir tot sei. Mit zittriger Stimme ließ er den Pferdewagen anspannen, den Faramir erst aus Minas Tirith wieder zurückgebracht hatte.  
Alle Bewohner des Fürstenanwesens waren zusammengelaufen. Viele hatten Tränen in den Augen und einige Frauen schluchzten laut. Die Elben legten Faramir ganz vorsichtig auf den Wagen, der mit vielen weichen Decken ausgelegt wurde.

Gimli befand sich immer noch beim Tor und bewachte den schurkischen Edelmann
„Na endlich!“ brummte er finster, als einige Soldaten der Weißen Schar zu ihm kamen, und Pelendir fesselten.
Der Zwerg marschierte zu dem Pferdewagen und blickte Legolas fragend an, der den Wagen lenkte.
„Wir müssen in die Stadt zurück, Gimli“, sagte der Elb mit bekümmerter Miene.
"Ich fahre mit!" versicherte Gimli und schwang sich zu Legolas auf den Kutschbock.

Beregond und einige Soldaten der Weißen Schar waren bereits mit dem gefangenen Pelendir vorausgeritten. Sie wollten den König über das entsetzliche Attentat so schnell wie möglich informieren. Außerdem sollte Pelendir in den Kerker geworfen werden, bevor noch irgendetwas dazwischenkam.

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