Arda Fanfiction

Das neue Archiv für Geschichten rund um Tolkiens fabelhafte Welt!

Die Chroniken von Ithilien

von Celebne

In Har Lasgalen

Faramir ging es während der anstrengenden Fahrt in die Stadt zusehends schlechter. Ein heilkundiger Waldelb, der bei ihm auf dem Wagen saß und ihn betreute, gab Legolas Bescheid, der sich zusammen mit Gimli auf dem Kutschbock befand.  Der Düsterwaldprinz hielt vorsichtig den Pferdewagen an. Es musste rasch eine Entscheidung getroffen werden.
„Wir bringen ihn nach Har Lasgalen“, beschloss Legolas besorgt. „Unsere Siedlung liegt näher als die Stadt.“

Der andere Elb nickte mit ernster Miene und warf wieder einen Blick auf Faramir, der recht unruhig atmete. In der Elbensiedlung gab es zwar keine Häuser der Heilung, aber es gab Elben, die heilkundig waren und Faramir hoffentlich helfen konnten. Legolas schickte einen Reiter zu Beregond und der Weißen Schar, die schon ein Stück voraus geritten waren. Als der treue Wächter von Emyn Arnen die  schlechten Neuigkeiten über Faramirs Zustand erfuhr, verzweifelte er fast. Es durfte nicht sein, dass der junge Fürst aufgrund dieses hinterhältigen Attentates sein Leben lassen musste. Pelendir, der die Botschaft mitbekommen hatte, konnte ein Schmunzeln nicht unterdrücken. Er hoffte, dass Faramir jetzt doch noch sterben würde. Dann würde er mit Freuden die Hinrichtung auf sich nehmen, die ihn mit Sicherheit erwartete.


Die Reise nach Har Lasgalen dauerte nur eine Stunde. Die Waldelben wohnten in einem lieblichen, bewaldeten Tal, durch welches ein kleiner Bach floß. Sie hatten einige Fletts auf den kräftigsten Bäumen errichtet. Auf den Fletts befanden sich leichte Holzhäuser, in welchen die Waldelben lebten. Als die Gruppe von Legolas gesichtet wurde, ließ man sofort Strickleitern herab. Für den schwerverletzten Faramir wurde ein Lastenaufzug, der aus Stricken und Brettern bestand und von Hand betrieben wurde, herabgesenkt. Der junge Fürst bekam von alledem überhaupt nichts mit. Er lag immer noch in tiefer Ohnmacht. Man brachte ihn in eines der Holzhäuser auf den Fletts und versorgte sofort seine Verletzungen. Die heilkundigsten Waldelben kamen sofort in das Haus gelaufen und kümmerten sich um Faramirs gebrochene Knochen, Quetschungen und Blutergüsse.

Gimli war es verboten, das Haus zu betreten, in welchem Faramir behandelt wurde. Daher saß er mürrisch am Rande des Fletts und ließ seine kurzen Beine in die Tiefe baumeln. Legolas erblickte ihn und musste lächeln.
„Was hast du denn, mein Freund?“ fragte er fast überflüssigerweise.
„Ich wäre gerne da drin“, murrte Gimli und blickte absichtlich den Elben nicht an.
„Auch ich darf nicht hinein, wenn unsere Heiler am Werk sind“, erwiderte Legolas sanft und legte dem Zwerg freundlich seine Hand auf die Schulter.
„Hoffentlich wird Faramir wieder gesund“, fuhr Gimli jetzt etwas weniger brummig fort. „Es würde mir für die arme Herrin Éowyn sehr leid tun, wenn sie so jung schon Witwe werden würde.“
„Wir wollen nicht das Schlimmste annehmen“, fuhr Legolas ernst fort und reichte Gimli einen Becher Wein.


Einige Stunden später hatte die Weiße Schar Minas Tirith erreicht. Die Leute waren sehr überrascht, als Pelendir gefesselt durch die Festungsringe nach oben gebracht wurde. Man fragte sich, was dieser Mann nun verbrochen hatte. Es war kein Geheimnis in der Stadt, dass Pelendirs Tochter die Fürstin von Ithilien verleumdet hatte.  
Beregonds Gedanken weilten bei seinem geliebten Herrn. Er fragte sich, wie es Faramir wohl gerade ging. War er am Ende vielleicht sogar schon seinen Verletzungen erlegen? Mühsam versuchte er diese Schreckensvorstellung wieder abzuschütteln. Er wollte sich auf seinen Auftrag konzentrieren: den schurkischen Pelendir dem König ausliefern.
Als sie im sechsten Festungsring angekommen waren, stiegen sie von den Pferden ab. Beregond brachte Pelendir persönlich mit zwei anderen Soldaten ganz nach oben zur Zitadelle.

„Du traust dich wohl nicht, mich alleine zum König zu bringen, Meister Beregond“, spottete der Edelmann gehässig. „Hast wohl Angst, ich könnte entkommen.“
„Euere frechen Reden werden Euch noch vergehen“, drohte Beregond wütend. „Wehe Euch, wenn Faramir stirbt!“
„Man wird mich so oder so hinrichten“, meinte Pelendir mit einem müden Lächeln. „Was kümmert mich Faramir noch.“
Beregond holte aus zu einer Ohrfeige, hielt aber inne, weil er daran dachte, dass Faramir auch keinen gefesselten Mann schlagen würde, ganz gleich, wie hinterhältig er war. So ließ er also traurig seine Hand wieder sinken.


Aragorn saß zusammen mit Arwen in den Gärten auf einer Bank, als ein Soldat der Weißen Schar zu ihnen gelaufen kam. Der König erhob sich sofort ahnungsvoll, als er das bleiche Gesicht des Mannes sah, dass nichts Gutes verhieß. Auch Arwen ließ die Blumen ängstlich sinken, aus welchem sie einen Kranz flechten wollte. Als Aragorn erfuhr, was Faramir zugestoßen war, erschrak er zutiefst. Der Bote verneigte sich nach seinem Bericht und ging aus den Gärten. Aragorn wandte sich an seine schöne Gemahlin.
„Es ist meine Schuld!“ stieß er verbittert hervor. „Ich hätte auf Faramir hören sollen. Ich hätte Pelendir verbannen müssen. Jetzt hat dieser Edelmann völlig den Verstand verloren.“
Arwen ergriff seine Hand.
„Du solltest dir keine Vorwürfe machen, Geliebter“, sagte sie tröstend. „Niemand kann in das Herz eines solchen Mannes blicken. Unser Schicksal liegt in der Hand der Valar. Es war so bestimmt, was Faramir geschehen ist.“

Aragorn lächelte schief und küsste seine Gemahlin auf die Stirn. Arwen fand stets die richtigen Worte für ihn. Wenn sie nicht wäre, würde er verzweifeln, das wusste er.
Langsam verließ er den Garten, ging an der Zitadelle vorbei nach vorne in den Hof mit dem Weißen Baum. Dort stand Beregond mit seinen Begleitern und dem gefangenen Pelendir. Als er den König erblickte, verneigte sich der treue Wächter von Emyn Arnen tief. Einer der Soldaten gab Pelendir einen unsanften Stoß in den Rücken, damit sich dieser auch verneigte.
„Das ist nicht nötig“, sagte Aragorn streng. „Dieser Mann braucht sich nicht vor mir zu verneigen, denn er würde mich damit nur verhöhnen.“
Pelendir grinste böse, als er das hörte.

„Hört auf damit!“ fuhr ihn der König grimmig an. „Sonst kann es sein, dass ich mich vergesse! Ich habe Euch vertraut. Ich habe gedacht, Ihr würdet als Faramirs Nachbar in Frieden mit ihm leben können. Ich war gnädig und gütig zu Euch, aber Ihr habt Euch dafür mit Verrat und Schande bedankt. Jetzt glaube ich auch, dass Ihr vielleicht Euere arme Tochter dazu angestiftet habt, den Ruf von Frau Éowyn und den meinigen zu beschmutzen. Wenn mein Truchseß nun an den Folgen des Attentats sterben wird, werdet Ihr einen qualvollen, langsamen Tod am Rad sterben. Fall er überlebt, werdet Ihr gehängt.“
Er befahl den Männern der Weißen Schar, Pelendir in den Kerker werfen zu lassen.
Über ihn würde man Gericht halten, wenn Faramir wieder genesen war, oder nach seiner Beisetzung, falls der schlimmste Fall eintrat.


Faramir öffnete langsam die Augen. Er hatte keine Ahnung, wo er sich befand. An seine Ohren drang Vogelgezwitscher und leise, summende Stimmen. Er wollte sich vorsichtig aufrichten, da sah er ein kleines Metallrohr, das unter den Verbänden aus seiner Brust ragte. Was hatte das zu bedeuten? Erschrocken ließ er sich wieder niedersinken. Ein Elb kam zu Tür herein und sah sich nach Faramir um.
„Es ist schön, dass Ihr wieder erwacht seid, Herr Faramir“, sagte er freundlich und untersuchte, ob das Metallrohr noch festsaß.
„Was ist das?“ fragte Faramir erstaunt und schloß kurz die Augen, denn es war sehr schmerzhaft, als der Elb das Rohr berührte.
„Normalerweise benutzen wir diese kleinen Metallrohre für die Herstellung von Wein“, erklärte der Elb schmunzelnd, welcher Naurion hieß.

„Allerdings war es bei Euch so, dass sich eine gebrochene Rippe in die Lunge gebohrt hatte und sich Euer Brustkorb mit Flüssigkeit füllte“, fuhr er wieder ernst fort. „Euer Leben war in großer Gefahr und wir brauchten einen Gegenstand, der diese Flüssigkeit ableitet. Daher haben wir Euch dieses Metallrohr eingesetzt.“
„Und wann kommt es wieder weg?“ wollte Faramir aufgeregt wissen.
„Ihr müsst Geduld haben“, mahnte Naurion. „Euer linkes Bein ist mehrfach gebrochen und Euer rechter Arm ebenfalls, von den zahllosen Rippenbrüchen ganz zu schweigen.“
„Bei den Valar!“ stieß Faramir entsetzt aus. „Und warum spüre ich so wenig Schmerzen?“
„Wir haben Euch einen schmerzstillenden Kräutertrank verabreicht“, erklärte Naurion lächelnd und deckte den verletzten Fürsten fürsorglich wieder zu.


Aragorn hatte keine Ruhe: er musste wissen, wie es Faramir ging. Vielleicht konnte man in Har Lasgalen auch seine Heilkünste noch gebrauchen, obwohl er wusste, dass die Waldelben einige erfahrene Heiler in ihrer Siedlung hatten. Arwen wollte ihn unbedingt begleiten, denn sie hatte die neue Elbensiedlung noch nicht gesehen und sie hatte Sehnsucht dannach, ihre Verwandten aus den Wäldern zu besuchen.
Aber erst galt es Éowyn diese Schreckensbotschaft möglichst schonend beizubringen. Die Schildmaid war bereits soweit, dass sie wieder kleinere Spaziergänge in den Gärten machen konnte und sie wartete sehnsüchtig auf Faramirs Rückkehr. Das Königspaar wollte persönlich mit der Fürstin sprechen.

Éowyn winkte erfreut ihren Freunden zu, als diese in die Gärten kamen. Sie dachte, die beiden kämen zu einem ungezwungenen Besuch. Doch als sie die ernsten Gesichter des Königspaares sah, gab es ihr einen Stich durch das Herz. Irgendetwas mußte vorgefallen sein.
Arwen  ging hin zu Éowyn und nahm sie an der Hand.
„Komm setzt Euch, meine Freundin“, sagte sie sanft.
Aragorn jedoch blieb vor der Gartenbank stehen.
„Wir müssen Euch etwas Trauriges mitteilen, Éowyn“, sagte er fast zerknirscht. „Faramir ist ein großes Unglück widerfahren.“
Éowyn griff sich ans Herz.
„Er ist doch nicht etwa...?“ begann sie ängstlich und wurde totenblass.
„Nein, er ist nicht tot“, unterbrach sie Aragorn sofort, obwohl er in diesem Moment keine Ahnung hatte, ob der Fürst nicht doch seinen Verletzungen zwischenzeitlich erlegen war.

Er berichtete Éowyn, was geschehen war. Die ehemalige Schildmaid erhob sich sofort von der Bank.
„Ich muß zu ihm!“ stieß sie hervor. „Ich werde nach Har Lasgalen reiten.“
„Das dürft Ihr nicht“, widersprach Arwen sanft. „Ihr könntet wieder Fieber bekommen. Ihr seid noch nicht ganz gesund.“
„Faramir braucht mich jetzt“, erklärte Éowyn entschlossen. „Ich werde ihn in diesen schweren Stunden nicht in Stich lassen.“
„Ihr nützt Euerem Gemahl nichts, wenn es Euch selbst wieder schlechter geht“, wandte Aragorn hilflos ein, obwohl er wusste, dass die Fürstin von ihrem Entschluss unmöglich wieder abzubringen war.
„Entschuldigt mich“, sagte Éowyn hastig zu dem Königspaar und eilte in das Gebäude zurück.
„Sie wird noch eher in Har Lasgalen sein als wir“, bemerkte Arwen schmunzelnd.
„Was für ein Wahnsinn“, seufzte Aragorn.
„Ich würde das Gleiche auch für dich tun, wenn du an Faramirs Stelle wärst“, mahnte die Königin lächelnd und ließ sich von ihrem Gemahl aus den Gärten hinausgeleiten.

Rezensionen