Arda Fanfiction

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Die Chroniken von Ithilien

von Celebne

Vor Gericht

Da einige Leser der Meinung sind, dass Aragorn nicht tolkiengemäß wäre, wenn er die Todesstrafe verhängen würde, möchte ich gerne einiges dazu sagen. Die Zeit des Ringkrieges in Mittelerde ist meiner Meinung nach vergleichbar mit unserem Mittelalter. Und im Mittelalter gab es sehr wohl Todesstrafen und sogar grausame Foltermethoden in den sogenannten hochzivilisierten Ländern. Dass Aragorn im Buch nach seiner Krönung Gnade vor Recht bei Beregond ergehen läßt, ist meiner Meinung nach nicht der Regelfall. Beregond hat schließlich Faramirs Leben durch sein "Vergehen" retten wollen. Ich denke, dass Aragorn bei normalen Kriegsverbrechern durchaus die Todesstrafe verhängt hat. Im Film ist er sogar grausam genug, um einen Unterhändler zu köpfen.

Beregond und die Soldaten der Weißen Schar hatten rechtzeitig bemerkt, dass die Fürstin ihren Mann in der Elbensiedlung besuchen wollte. Sie ließen es sich natürlich nicht nehmen, Éowyn Geleitschutz zu geben. Die Fürstin hatte es sehr eilig und die Soldaten hatten große Mühe, der geübten Reiterin aus Rohan zu folgen. Éowyn spürte beim Reiten, wie ihr Fieber und die Schwäche zurückkehrten, doch ihre Sorgen um Faramir waren so groß,  dass sie dies verdrängte. Es war gar nicht so einfach, Har Lasgalen zu finden, denn das bewaldete Tal, welches die Elben bevölkerten, war gut verborgen, und es bedurfte schon der Hilfe von den Wächtern Har Lasgalens, die Elbensiedlung sicher zu erreichen.

Erhitzt stieg die Fürstin vom Pferd und wollte sofort zu ihrem Gemahl. Legolas und Gimli kümmerten sich sofort um sie.
„Ihr seid sehr erschöpft, Éowyn“, bemerkte der Waldelbenprinz besorgt. „Der Ritt hat Euerer Gesundheit womöglich geschadet.“
„Ich kann sie verstehen!“ wandte Gimli unwirsch ein. „Sie macht sich Sorgen um ihren Mann! Das muß doch nachvollziehbar sein.“
Éowyn mußte über die direkten Worte des Zwergen lächeln. Er sprach genau das aus, was sie dachte.
„Wir bringen Euch zu Faramir“, sagte Legolas schließlich freundlich.

Die Fürstin kletterte vorsichtig die Leiter hoch, die zu den Talans führte. Sie spürte eine große Schwäche in ihren Beinen, biß aber die Zähne zusammen, denn sie konnte es kaum erwarten, Faramir wieder zu sehen. Mit letzter Kraft zog sie sich auf das Flett hoch. Dankbar nahm sie die Hilfe von Legolas an, der ihr auf die Beine half. Jetzt war ihr sehr schwindelig. Der Elb geleitete sie zu dem Haus, in welchem sich Faramir befand.
Der Fürst war wach und ließ sich gerade von einem Heiler beim Essen helfen. Als er Éowyn entdeckte, war das Essen für ihn uninteressant und er strahlte seine Gemahlin erleichtert an.
„Was machst du denn für Sachen?“ stieß Éowyn mit brüchiger Stimme hervor und umarmte ihn vorsichtig.
„Vielleicht sollte ich in Zukunft Baustellen fernbleiben“, scherzte Faramir und lächelte schwach.
„Wie schlimm bist du verletzt?“ wollte seine Gemahlin wissen, während sie seine Verbände und das Metallrohr besorgt betrachtete.
„Euer Gemahl wird noch eine Weile hierbleiben müssen“, erklärte der heilkundige Elb ernst. „Er hat großes Glück gehabt.“
Éowyn nickte seufzend und ließ sich vorsichtig an Faramirs Liege nieder.



Es dauerte fast drei Monate, bis Faramir die Elbensiedlung verlassen konnte. Er hatte immer noch Schmerzen und brauchte eine Krücke beim Gehen, aber die Elben und auch Aragorn hatten ihm versichert, dass er wieder ganz gesund würde. Als erstes wollte der junge Fürst die Bauarbeiten in Emyn Arnen besichtigen. Erleichtert stellte er fest, dass das verbrannte Stockwerk wieder hochgezogen worden und das Dach bereits gedeckt war. Vielleicht konnte er im Sommer mit seiner Gemahlin wieder einziehen. Éowyn hatte die ganze Zeit bei ihm in Har Lasgalen verbracht. Sie hatte ihn gepflegt, so gut sie es konnte. Er bedauerte, dass ihr jetzt zumuten musste, den restlichen Winter und das Frühjahr in Minas Tirith zu verbringen.
„Ich werde das überstehen“, versicherte Éowyn ihm tapfer. „Hauptsache, Pelendir wird endlich gerichtet.“

Faramir war ihr unendlich dankbar dafür. Nachdem sie eine Nacht im Kaminzimmer ihres Hauses auf Polsterbänken verbracht hatten, setzten sie ihren Weg nach Minas Tirith fort. Als sie die Emyn Arnen herabritten, fiel der Blick des jungen Fürsten auf Pelendirs Landgut. Er erschrak ein wenig, als er sah, dass die Hütte des Edelmannes abgebrannt war.
„Das waren wütende Bauern aus Ithilien“, erzählte Beregond seinem Herrn. „Sie konnten es nicht ertragen, dass das Fürstenhaus fast abbrannte und das Haus dieses Schurken noch stand.“
„Es ist aber trotzdem nicht richtig“, meinte Faramir kopfschüttelnd. „Hoffentlich ist in dem Haus kein Unschuldiger zu Schaden gekommen.“
„Der gehörlose Knecht Pelendirs konnte sich retten“, fuhr Beregond eifrig fort. „Sonst war niemand in dem Haus.“



Pelendir saß nun seit drei Monaten im Kerker. Dieser Warterei zermürbte ihn. Niemand erzählte ihm, ob Faramir nun lebte oder nicht. Die Gefängnisknechte redeten kein Wort mit ihm. Er fragte sich, ob es überhaupt noch zu einer Verhandlung gegen ihm kam, oder ob man ihn hier vergessen hatte. Der Kerker war ein widerlicher Ort. Er lag tief unter der Zitadelle und es gab hier kein Tageslicht. Pelendir wünschte sich verzweifelt, die Sonne noch einmal sehen zu können. Nach drei Monaten wusste er schon gar nicht mehr richtig, wie die Natur draußen aussah. Hier drinnen gab es nur ewige Dunkelheit und Kälte. Ächzend ließ sich Pelendir wieder auf dem Strohhaufen nieder und versuchte sich verzweifelt mit der kratzigen, geflickten Wolldecke gegen die Kälte zu schützen. Tränen traten in seine Augen. Der Kerker war für ihn weitaus schlimmer als der Tod. Er hatte schon versucht, in den Hungerstreik zu treten, aber selbst dazu war er zu schwach gewesen. Gierig hatte er sich dann doch über den geschmacklosen Getreidebrei und das Stück Brot hergemacht, das er ein Mal täglich hereingeschoben bekam.


Als sich wieder einmal die Zellentür nach langer Zeit öffnete, glaubte er, man würde ihm frisches Stroh bringen. Dieses Mal waren es aber nicht die Knechte, sondern Soldaten von der Turmwache, die hereinkamen. Sie hatten schwere Eisenketten dabei und schritten damit auf ihn zu.
„Was ist passiert?“ fragte Pelendir mit rauer Stimme, denn er hatte seit einer Ewigkeit nichts mehr gesprochen.
„Heute werdet Ihr gerichtet“, erklärte der Hauptmann der Soldaten.
Er rümpfte die Nase, als er in Pelendirs Nähe kam. Der Edelmann hatte, seit er im Kerker war, kein Bad mehr gehabt.
Der Gefangene wurde viele Treppen nach oben geführt und als er das Tageslicht erblickte, lachte er wie irre auf.
„Die Sonne, die Sonne!“ krächzte er begeistert und versuchte seine Hände nach oben zu recken, was mit den Ketten schlecht ging.
„Ruhe!“ donnerte der Hauptmann mürrisch. „Ihr werdet jetzt erst einmal ein Bad nehmen, denn Ihr stinkt zum Himmel.“

Pelendir wurde über den Hof der Zitadelle geführt zu einem kleinen Nebengebäude. Dort wartete bereits ein Zuber auf ihn mit warmen Wasser und Seife. Der Edelmann war ganz entzückt, als er das sah, und er wartete darauf, dass man ihm die Ketten abnahm und ihn alleine in dem Waschraum ließ. Doch da hatte er sich getäuscht. Zwei Soldaten rissen ihm die stinkenden Kleider herab und hoben ihn dann mitsamt den Ketten in den Zuber. Pelendir protestierte empört über diese Behandlung, aber umsonst. Ein anderer Soldat begann ihn grob abzuseifen und schüttete schließlich einen Kübel Wasser über seinen Kopf. Pelendir prustete und zeterte weiter, was ein schallendes Hohngelächter bei den Soldaten hervorruf. Allerdings wurden dem Gefangenen nach dem Bad doch die Ketten abgenommen, damit er sich wenigstens selbst die frischen Kleider anziehen konnte, die für ihn bereitlagen. Es war eine grobe Tunika, die ihm viel zu groß war, Hosen und leichtes Schuhwerk.

„Ich würde mir gerne noch Bart und Haare schneiden“, meinte Pelendir schließlich, als er fertig war.
„Was glaubst du eigentlich, wer du bist?“ spottete der Hauptmann ärgerlich. „Du hast dieses Bad und die Kleider nur bekommen, damit der König und der Truchseß deinen Gestank nicht ertragen müssen. Dein verwilderter Bart ist noch eher zu verschmerzen.“
Pelendir hatte aufgehorcht: der Truchseß? Also hatte Faramir doch überlebt. Es gab ihm einen Stich durch das Herz. Es war also alles umsonst gewesen. Verbittert senkte er das Haupt.
Er wurde wieder hinaus auf den Hof geführt. Die Soldaten zerrten ihn Richtung Zitadelle. Pelendir kannte den Weg: man würde ihn in den Thronsaal bringen. Dort wurde immer Gericht gehalten.

Die Räte Gondors waren bereits versammelt. Pelendir nickte ihnen zu, doch er erntete nur wütende und empörte Blicke. Sein Attentat auf Faramir war unverzeihlich. Pelendir wurde in die Mitte des Saales geführt. Alles wartete auf den König und den Truchseß, denn die beiden Thronstühle waren noch leer. Und dann kamen sie herein. Beide trugen Staatsroben. Als Pelendir sah, dass Faramir an einem Stock mühsam ging, konnte er sich kaum ein Grinsen verbeißen. Vielleicht war es sogar besser, wenn Faramir ein Leben lang ein Krüppel war, dann würde er  lange genug etwas von dem Attentat haben. Als der König und der Truchseß saßen, begann die Gerichtsverhandlung gegen Pelendir. Einer der Räte erhob sich und las ein Dokument vor, auf welchem alle Untaten Pelendirs aufgezählt waren. Faramir blickte dabei den Gefangenen mit unbewegter Miene an.  Es würde niemanden geben, der für den Edelmann ein gutes Wort einlegen würde. Er musste sich ganz alleine verteidigen.

Pelendir hatte überhaupt nicht vor, sich zu verteidigen. Er gab zu, das Attentat auf Faramir aus Rachegefühlen begangen zu haben, denn seiner Meinung nach war der Truchseß schuld an allem, da er die Liebe des Mädchens verschmäht hatte. Pelendir war der Meinung, dass alles anders gekommen wäre, wenn Faramir seine Tochter geehelicht hätte.
Aragorn fragte nun die Räte, was sie für ein Urteil sprechen würden, und sie stimmten einstimmig für Pelendirs Hinrichtung. Faramir sollte die Entscheidung überlassen bleiben, welche Todesart Pelendir sterben sollte. Er entschied sich gnädigerweise für den Strang.
Der Edelmann schloß erleichtert die Augen. So würde es wenigstens schnell gehen.
Er lauschte fast ein wenig lächelnd, als der König das Urteil verkündete.

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