Arda Fanfiction

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Die Chroniken von Ithilien

von Celebne

Letzter Versuch

Éowyn und Arwen befanden sich in den sonnigen Gärten und warteten dort auf ihre Männer.
Es war ein warmer Frühlingstag und  die Vögel zwitscherten fröhlich in den Bäumen, welche schon grüne Knospen trugen. Doch Éowyn war viel zu nervös, um sich des herrlichen Wetters zu erfreuen. Ihre Gedanken weilten bei der Gerichtsverhandlung in der Zitadelle. Arwen dagegen wirkte unbeschwert und sie sang fröhliche Lieder mit ihren elbischen Hofdamen. Die junge Fürstin beneidete sie darum im Stillen.
Als Faramir und Aragorn die Gärten betraten, erhob sich Éowyn aufgeregt von der Bank. Sie ging mit fragenden Blick auf ihren Gemahl zu, obwohl sie ahnte, dass Pelendir mit Sicherheit zum Tode verurteilt worden war. Faramir legte seinen Arm um sie und sah sie mit ernstem Blick an.

„Pelendir wird durch den Strang sterben“, sagte er leise.
„Ich bin froh, wenn dies alles vorüber ist“, gestand Éowyn erleichtert. „Pelendirs Hinrichtung wird bestimmt den anderen, die so denken wie er, eine Warnung sein.“
„Noch ist es nicht vorüber“ warf Aragorn nachdenklich ein. „Es könnte gut sein, dass meine Männer auf ein neues Aufwieglernest gestoßen sind. Das wird sich in den nächsten Tagen entscheiden.“
Faramir blickte ihn überrascht an. Dann gab es also immer noch Leute, die ihm nicht wohlgesonnen waren. Pelendirs Saat war anscheinend aufgegangen. Er fragte sich immer noch, was diesen Edelmann getrieben hatte, dass es soweit mit ihm gekommen war.


Éowyn wachte von einem Geräusch mitten in der Nacht auf. Erstaunt öffnete sie die Augen und sah Faramirs Silhouette am Fenster. Er blickte schweigend hinaus auf die schlafende Stadt.
Kühle Luft drang in das Schlafgemach und Éowyn zog frierend die Bettdecke hoch. Faramir dagegen stand mit entblößtem Oberkörper am offenen Fenster und die Kälte schien ihn gar nicht zu stören.
„Was ist mit dir?“ fragte sie besorgt.
„Ich wollte dich nicht stören“, sagte er entschuldigend. „Aber dieser dumme Gehstock ist umgefallen.“
Der  Mond trat hinter den Wolken hervor und schien jetzt auf Faramirs bekümmertes Gesicht.
„Dich bedrückt doch etwas, sonst würdest du nicht in der Kälte herumstehen“, fuhr Éowyn fort.

„Vorhin hat sich Aragorn mit einigen auserwählten Männern auf den Weg nach unten in die Stadt gemacht“, erzählte Faramir mit gedämpfter Stimme und blickte erneut zum Fenster hinaus. „Sie wollen heute nacht diese Aufwiegler erwischen. Ein Spitzel hat dem König verraten, dass um Mitternacht ein geheimes Treffen stattfindet.“
Éowyn erschauderte, als sie das hörte. Sie fragte sich, wer diese Leute sein mochten, die immer noch keine Ruhe geben wollten.
„Ich wäre gerne mitgegangen“, murmelte Faramir traurig und humpelte zum Bett zurück. „Aber mein Bein lässt mich noch nicht.“
Éowyn setzte sich auf und empfing ihn liebevoll mit ihren Armen.
„Du wirst irgendwann wieder gesund sein, mein Schatz“, sagte sie ihm zärtlich. „Dann kannst du vielleicht mit Aragorn auf eine andere Jagd gehen – auf Hirschjagd in den Wäldern Ithiliens.“
Faramir lächelte und Éowyn sah seine weißen Zähne in der Dunkelheit blitzen. Er küsste sie leidenschaftlich  und plötzlich war ihr gar nicht mehr kalt. Die Bettdecke rutschte von ihren nackten Schultern, während Faramirs Lippen langsam an ihrem Hals entlangwanderten.



Zur gleichen Zeit huschten etwa fünfzehn Männern mit Masken und Kapuzenmäntel durch den vierten Festungsring der Stadt. Unter ihren Umhängen hatten sie ihre Schwerter versteckt. Ein bestimmtes Haus in der Brunnengasse war ihr Ziel. Der Größte der fünfzehn Männer schob sich nun vor und brach die Haustür mit einem gewaltigen Fußtritt auf. Dann gab er den anderen einen Wink. Drinnen im Haus begann es zu rumoren. Acht Männer aller Altersgruppen, die um einen runden Tisch versammelt waren, sprangen überrascht hoch und wollten zu ihren Schwertern greifen, aber die geheimnisvollen Kapuzenmänner waren schneller und bedrohten sie bereits mit ihren Waffen. Aragorn nahm nun die Kapuze ab und blickte die Männer grimmig an.

„Beleg, Belecthor, Andril, Menardil, Silion, Cirdan, Falathar und Harod!“ rief er die Männer mit lauter Stimme an. „Ich beschuldige Euch des Hochverrates an Gondor und nehme Euch hiermit fest!“
Beleg, der zu den Beratern des Königs gehörte, wollte vor Scham fast unter den Tisch senken.
„Es war ein Versehen, mein König“, lispelte er kleinlaut und duckte sich. „Ich wollte nicht mitmachen, aber....“
„Spart Euch Euere Worte, Verräter!“ donnerte Aragorn wütend. „Anborn, legt alle in Ketten!“


Faramir erfuhr am nächsten Morgen, wer alles bei der nächtlichen Unternehmung festgenommen worden war. Der Verrat Belegs entsetzte ihm am meisten, da dieser jahrelang zu den festen Beratern seines Vaters gehört hatte. Die Männer wurden erst einmal in den Kerker geworfen. Aragorn wollte erst nach Pelendirs Hinrichtung über sie entscheiden. Faramir hoffte, dass es keine weiteren Todesurteile geben würde, denn er empfand die Todessstrafe als ziemlich hart. Selbst mit Pelendir hatte er ein gewisses Mitleid. Daher fasste er auch den Plan, noch einmal mit ihm vor dessen Hinrichtung zu sprechen. Vielleicht war Pelendir in seinen letzten Stunden doch noch reumütig und war dankbar für ein versöhnliches Gespräch.

„Du willst doch nicht wirklich in den Kerker hinabsteigen!“ rief Éowyn empört aus. „Das hat dieser Schurke wirklich nicht verdient.“
„Ich muß das tun“, meinte Faramir nachdenklich. „Ich glaube, dass jeder Mensch irgendwo einen guten Kern hat, auch Pelendir. Ich habe ihn als noblen Mann kennengelernt. Das kann doch nicht alles verschwunden sein.“
Éowyn war trotzdem nicht begeistert, obwohl sie jetzt die Beweggründe ihres Gemahls kannte.

Faramir stieg zusammen mit Beregond in den Kerker hinab. Es war ein unheimlicher Ort, tief unter der Zitadelle. Eine enge Wendeltreppe führte hinab in die ewige Dunkelheit. Beregond rümpfte die Nase, als ihm die schlechte Luft von dort unten entgegenschlug. Er wünschte sich vergeblich, dass sich sein Herr vielleicht noch umentschied. Doch Faramir stieg tapfer mit seinem Stock die kleinen Treppen hinab, obwohl ihm das sicherlich Schmerzen im verletzten Bein bereiten mußte. Der Kerkermeister wusste vom  Besuch des Truchseß und holte Pelendir  heraus aus seinem finsteren Loch. Der Todgeweihte wurde in eine kleine Kammer geführt, wo sich normalerweise die Gefängnisknechte aufhielten, wenn sie aßen. Dort wurde er an die Wand gekettet und musste auf Faramir warten. Pelendir wusste zuerst nicht, was los war, denn wie üblich, hatte niemand mit ihm gesprochen. Als er jedoch den jungen Fürsten sah, versuchte er wütend aufzuspringen.

„Was wollt Ihr noch hier?“ schnaubte Pelendir außer sich. „Wollt Ihr Euch an meinem Unglück weiden?“
Faramir nahm seufzend auf einem Hocker in sicherer Entfernung Platz und streckte sein schmerzendes, verletztes Bein aus.
„Ich wollte Euch eigentlich Gelegenheit geben, mich um zu Verzeihung zu bitten“, sagte er ernst. „Vielleicht könnt Ihr dann leichter sterben.“
„Leichter sterben?“ knurrte Pelendir zornig. „Jetzt, wo Ithilien Euch und diesen aufdringlichen Elben gehört?“
Faramir erhob sich wieder mühsam und griff zu seinem Stock.
„Ich sehe schon, es hat keinen Zweck mit Euch zu sprechen“, sagte er bedrückt. „So hatte meine Frau also doch Recht.“
„Euere Pferdehirtin aus Rohan scheint um einiges weiser zu sein als Ihr“, spottete Pelendir dreist.
Beregond trat wütend auf ihn zu und hob die Hand.
„Soll ich, Herr?“ fragte er Faramir außer sich.
„Das ist Zeitverschwendung“, sagte der junge Fürst tonlos. „Laßt uns gehen, Beregond.“

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