Arda Fanfiction

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Die Chroniken von Ithilien

von Celebne

Kampf um Osgiliath

Als Faramir mit seinen Mannen in der einstigen Königsstadt am Anduin eintraf, herrschte dort bereits ein erbitterter Kampf. Ancir, der Hauptmann der Stadtbesatzung, eilte dem Heermeister entgegen, und erstattete in knappen Worten Bericht über die Lage. Ein Teil der Stadt auf dem östlichen Ufer war bereits in die Hände der Orks gefallen. Begleitet wurden sie von einigen kleinen Haradrimverbänden.
„Ich schlage den Rückzug aus Osgiliath vor, denn ich kann nun keine Verantwortung mehr übernehmen“, stieß Ancir mutlos hervor.
„Ich übernehme die Verantwortung ab jetzt“, erklärte ihm Faramir ruhig. „Geht alle auf Euere Posten! Osgiliath muß zurückgefordert werden.“

Die Feinde versuchten währenddessen bereits über den Fluß zu setzen. Eine Zeitlang gelang es Faramir und seinen Bogenschützen, die Eindringlinge mit Pfeilhageln in Schach zu halten. Doch dann gab es zahlreiche Verluste unter den Waldläufern und der junge Heermeister mußte schweren Herzens seine Männer von den Mauern herabholen.
„Geht zurück in die Stadt!“ befahl er. „Wir werden den Orks dort einen bitteren Empfang bereiten, wenn sie  das westliche Ufer erreicht haben.“
Doch die Lage wurde immer bedrohlicher, denn die Orks waren den Waldläufern und der geschrumpften Soldatenbesatzung von Osgiliath zahlenmäßig weit überlegen.

Ehe Faramir sich versah, steckte er mit seinen Männern mitten in einem Nahkampf mit dem Feindesheer. Obwohl der junge Heermeister ein exzellenter Schwertkämpfer war, hatte auch er gewaltig Mühe, sich gegen mehrere Orks gleichzeitig zu erwehren. Er wusste, dass alles verloren war, wenn nicht bald Hilfe kam. Plötzlich riß ihn jemand von hinten zu Boden. Faramir spürte ein Orkmesser gefährlich nahe über seiner Kehle blitzen. Mit letzter Kraft schleuderte er sein Schwert auf gut Glück nach hinten und es gelang ihm, den feigen Ork damit zu töten. Doch Faramir gelang es nicht, sofort wieder auf die Beine zu kommen. Zwei weitere Feinde hielten ihn am Boden in Schach. Verzweifelt wehrte sich der Heermeister mit dem Orkmesser, das neben ihm auf den Boden gefallen war.

Als Faramir sich in der höchsten Not befand, ertönte plötzlich ein ihm wohlbekanntes Horn.
„Das Horn Gondors!“ frohlockte Madril, der ganz in der Nähe des Heermeisters kämpfte. "Boromir kommt!"
Die Waldläufer schöpften neuen Mut und selbst Faramir gelang es jetzt, die beiden Feinde endlich abzuschütteln, indem er all seine Kräfte aufbot und mit einem gewaltigen Satz aufsprang. Das überraschte die Orks für einen Moment, den Faramir eiskalt ausnutzte, um sie zu töten.
Das Horn Gondors ertönte erneut und nun strömten Reiter aus Minas Tirith in die Stadt, an der Spitze Boromir, ganz in eine silberne Rüstung gekleidet.
„Tötet alles Orks!“ schrie er.

Erschrocken wichen die Feinde zurück: sie hatten nicht damit gerechnet, dass die Gondorianer Verstärkung erhalten würden. Faramir sah mit einem spöttischen Grinsen, dass die Orks Angst bekamen.
„Schlagt sie in die Flucht!“ rief er seinen Waldläufern zu.
Die kleine Schar trieb regelrecht das Orkheer vor sich her. Die Feinde rannten hinunter zum Fluß. Einige erreichten noch ihre Boote, andere stürzten sich kopflos in das Wasser. Da aber die meisten von ihnen nicht schwimmen konnten, ertranken viele jämmerlich im Fluß. Faramir und seine Männer gabe nicht eher nach, bis die letzten Feinde die Stadt verlassen hatten.

Der Kampf um Osgiliath war vorüber.
„Wir haben gesiegt!“ rief Faramir überglücklich und seine Männer jubelten.
Sie liefen erleichtert zurück in die Stadt, wo Boromir bereits auf eine Mauerbrüstung geklettert war und eine leidenschaftliche Rede an die Soldaten hielt.
„Diese Stadt war einst das Juwel unseres Königreiches....“
Damrod und Mablung schlugen Faramir lachend auf die Schultern und erzählten ihm aufgeregt, wie es ihnen während des Kampfes ergangen war. So konnte der junge Heermeister gar nicht richtig der Rede seines Bruders zuhören. Er vernahm nur noch, wie Boromir abrupt endete und „Für Gondor!“ schrie. Ein Chor vieler Stimmen antwortete ihm.

Faramir eiste sich jetzt los von seinen treuen Gefährten und bahnte sich strahlend einen Weg durch die Menge. Auch Boromir lief seinem Bruder entgegen. Die Beiden hatten sich lange nicht gesehen. Freudig umarmten sie sich.
„Gut gesprochen! Schön und kurz“, bemerkte Faramir ein wenig spöttisch, denn Boromir war normalerweise kein großer Redner. Er beschränkte sich auf das Wesentliche, wenn er eine Ansprache hielt.
„So bleibt mehr Zeit zum Trinken!“ grinste der blonde Recke.
Die Fässer wurden angestochen und eine ausgelassene Feier begann.

*

Pelendir, seine Tochter und die kleine Schar der wackeren Männer, die er rekrutiert hatte, überquerten den Anduin südlich von Osgiliath mit einer Fähre, denn sie hatten gesehen, dass in der Ruinenstadt gekämpft wurde.
„Seht, der Truchseß wird alle Streitkräfte, die er hat, nach Osgiliath schicken“, sagte der Edelmann nicht ohne Häme zu seinen Begleitern. „Diese Ruinen sind ihm wichtiger als Ithilien. Unser Land blutet, und Denethor sieht ruhig zu. Ich wette, das seine Söhne in Osgiliath mitkämpfen. Die Rettung einer alten Königsstadt bedeutet für sie mehr Ruhm als Ithilien zu befreien.“
„Aber Faramir liegt etwas an Ithilien“, wagte jetzt Areanor einzuwenden.
Ihr Vater sah sie erzürnt an.
„Schweig still, Mädchen“, fuhr er sie grimmig an. „Was weißt du schon über Denethors Sohn?“

„Einiges“, erwiderte Areanor mutig. „Ich habe ihn in dieser Festung Henneth Annûn ein wenig kennengelernt. Ich glaube nicht, dass er ein Mann ist, der nach Ruhm trachtet. Er handelt vorsichtig und überlegt. Vater, ich glaube, dass ihm viel an Ithilien liegt. Wir könnten ihn für unsere Zwecke einspannen.“
„Er ist immer noch der Sohn seines Vaters“, entgegnete Pelendir grimmig. „Und jetzt sei ruhig, bevor noch unsere Begleiter etwas mitbekommen.“
Areanor fügte sich. Sie wusste, dass sie nicht weiter gehen durfte. Pelendir konnte furchtbar aufbrausend werden, wenn man sich ihm widersetzte.

Schon bald tauchte vor der kleinen Truppe das Landgut Findáráto auf, das am Fuß der Hügelkette Emyn Arnen lag. Findáráto bestand aus einem großen Gutshaus mit einigen Gesindehäusern und  Feldern. Natürlich lag es jetzt verlassen da, denn die Bauern, welche für Pelendir arbeiteten, waren geflüchtet, als ihr Herr von den Haradrim gefangengenommen worden war.
Pelendir gab seinen Leuten ein Zeichen, vorsichtig zu sein. Es konnte gut sein, dass das Haupthaus von den feindlichen Haradrim besetzt worden war. Auch Areanor griff zu dem Bogen, den sie immer noch bei sich hatte. Natürlich war sie keine gute Bogenschützin.

Das Schießen hatte sie sich selbst heimlich beigebracht. Sie bereute es, vor den Waldläufern so angegeben zu haben.
Einer der Männer war mutig genug, sich bis zum Haus vorzupirschen. Die kleine Truppe wartete gespannt, bis der Mann zurückkehrte.
„Das Haus ist leer“, verkündete er. „Die Haradrim haben es nicht besetzt.“
Erleichterung machte sich in Pelendirs Miene breit. Er lächelte seine Tochter an.
„Dann lasst uns ins Haus gehen“, meinte er zufrieden.

*

Faramir schlich wie ein geprügelter Hund zwischen seinen feiernden Männern herum. Ihm war längst nicht mehr nach Biertrinken zumute. Sein Vater hatte ihn gedemütigt und seinen Einsatz in Osgiliath als Versagen bezeichnet. Er fragte sich im Stillen, wie er es seinen Vater jemals recht machen konnte.
Endlich konnte sich Boromir von dem Truchseß loseisen und zu seinem Bruder gehen. Er wusste, dass Faramir jetzt Trost brauchte.
„Wenn ich die Macht dazu hätte, würde ich dich nach Bruchtal schicken, Faramir“, meinte er leise. „Ich glaube, du würdest diese Aufgabe erfolgreich lösen. Ich bin wirklich davon überzeugt.“

„Warum sollst du überhaupt dorthin?“ fragte Faramir kopfschüttelnd. „Es ist fast eine Torheit, einen Heerführer wie dich jetzt wegzuschicken.“
„Es geht um eine wichtige Waffe, die sich in Bruchtal befindet“, sagte Boromir mit gedämpfter Stimme. „Ich soll sie holen. Sie würde unser Schicksal in diesem Krieg gegen Mordor endlich wenden. Dieser Sieg in Osgiliath heute war nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Sauron wird bald zurückschlagen und dann werden wir die Stadt nicht mehr halten können. Was das bedeutet, weißt du: fällt die Besatzung in Osgiliath, ist auch bald Minas Tirith bedroht.“
„Was für eine Waffe ist das?“ wollte Faramir wissen, und fast im gleichen Augenblick fiel ihm der merkwürdige Traum ein, den er in der letzten Zeit einige Mal gehabt hatte.

Er erzählte seinem Bruder davon.
„Auch ich habe das geträumt, Faramir“, sagte Boromir nachdenklich. „Es muß etwas zu bedeuten haben. Aber das werde ich in Bruchtal herausfinden.“
„Diese Waffe ist der Eine Ring, oder?“ fuhr Faramir fort. „Du sollst ihn Vater bringen.“
„Das würdest du auch schaffen“, meinte Boromir lächelnd und schlug seinem Bruder auf die Schulter.
Doch Faramir spürte die Nervosität seines Bruders. Sein Lächeln war nicht echt.
„Der Eine Ring wird auch Isildurs Fluch genannt, Boromir“, flüsterte Faramir warnend. „Gib auf dich acht!“
„Das werde ich, kleiner Bruder, das werde ich“, erklärte Boromir beherzt. „Aber komm, laß uns jetzt noch ein wenig feiern.“

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