Arda Fanfiction

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Die Chroniken von Ithilien

von Celebne

Pelendirs Pläne

Areanor hatte zu ihrer Erleichterung festgestellt, dass die Haradrim anscheinend das Landgut ihres Vaters in Ruhe gelassen hatte. Es fehlte nichts. So war man nun auch in der Lage, fünfzig weitere Münder zu versorgen. Leider waren jedoch die Bediensteten Hals über Kopf geflüchtet, nachdem Pelendirs Entführung bekannt geworden war. Und so mußte das junge Mädchen nun für die Männer sorgen. Sie war eine leidliche Köchin. Für Hausarbeit hatte sie sich wenig interessiert, mehr für das Reiten und Bogenschießen.
Pelendir sah, wie sich seine Tochter mit hochrotem Kopf in der großen Küche des Gutshauses abmühte und er beschloß ihr zu helfen. Schweigend fing er an, Kartoffeln und Karotten abzuschälen.

„Es tut mir leid“, brach es schließlich aus Areanor hervor, die unglücklich in dem großen Kessel rührte, worin so etwas ähnliches wie ein Eintopf entstehen sollte. „Ich bin keine gute Tochter. Ich habe in der Vergangenheit viele Stunden mit Pferden und heimlichen Umgang mit dem Bogen gepflegt.“
„Das ist schon gut“, meinte Pelendir freundlich. „Ich habe es gemerkt. Du wolltest mir den Sohn ersetzen, den ich nie hatte. Ich bin gerührt, dass du dich so bemüht hast.“
Das Mädchen lächelte dankbar den Vater an. Sie war froh, dass sie ihn noch hatte, nachdem ihre Mutter früh verschieden war.
Mit der Hilfe von Pelendir gelang es Areanor dann tatsächlich ein schmackhaftes Mahl zu zaubern.

Die fünfzig Männer aus Minas Tirith hatten alle in Pelendirs großen Saal Platz genommen, teils auf Bänken, teils auf dem Boden. Soviele Menschen hatte dieser alte Saal noch niemals zuvor aufgenommen.
Pelendir sah zufrieden, wie sich alle an dem Essen labten und sich bei Areanor bedankten.
„Ihr könnt euch später in den Gesindehäusern verteilen zum Schlafen“, verkündete der Edelmann nach dem Essen. „Es gibt genug Schlafmöglichkeiten dort. Ihr werdet alle ein Bett finden, sofern meine treulosen Knechte nicht alles mitgenommen haben.“

*

Am frühen Morgen war Boromir nach Bruchtal aufgebrochen. Es hatte einen herzlichen Abschied zwischen den Brüdern gegeben und Faramir hatte Boromir mit einem seltsamen Gefühl im Herzen nachgeschaut. Er hatte eine dunkle Vorahnung. Doch er konnte nicht länger seinen Gedanken nachhängen, denn schon ließ ihn sein Vater zu sich rufen.
Denethor war an diesem Tag schlechter gelaunt denn je:
„Was trödelst du noch hier herum? Sieh zu, dass du wieder nach Ithilien kommst. Ich erwarte einen Sieg von dir. Vertreibe alle Feinde aus dem Land des Mondes. Erst dann brauchst du dich wieder in Minas Tirith blicken lassen.“
Faramir sah seinen Vater betroffen an.
„Gibt es keinen andere Möglichkeit für mich, wieder nach Hause zurückzukehren?“ fragte er leise.
Denethor lächelte gehässig.
„Nein, außer du würdest mir den Einen Ring bringen. Aber diese Aufgabe habe ich bereits deinem Bruder übertragen. Dem Einen, der nie versagt. Und jetzt geh mir aus den Augen.“

Faramir drehte sich bekümmert um. In seine Augen traten Tränen. Es war schlimm genug, dass Boromir weg war, aber dass ihn sein Vater jetzt noch grober denn je behandelte, brach ihm das Herz. Er wünschte sich verzweifelt, dass der Eine Ring irgendwie in seine Hände gelangen würde. Nur dann würde Denethor endlich mit ihm zufrieden sein.

Madril, Damrod und Mablung merkten, wie ihr junger Hauptmann schwermütig voranschritt, als sie Richtung Henneth Annûn loswanderten. Sie überlegten sich, wie sie ihn aufheitern konnten, aber ihnen fiel beim besten Willen nichts ein, denn sie waren selbst bedrückt über die Lage. Denethor behandelte die Waldläufer Gondors, als seien sie geringe Knechte, weniger wert als Soldaten.

Und so zog sich die Waldläuferschar nach Henneth Annûn zurück und die Wochen vergingen. Faramir hatte jetzt diesen seltsamen Traum vom Schwert und von dem Halbling nicht mehr, dafür eines Nachts einen anderen, viel schrecklicheren Traum: er sah seinen Bruder tot in einem Elbenboot liegen, das den Anduin herabtrieb. Dieser Traum beschäftigte ihn viele Tage.

An einem Morgen im März des Jahres 3019 meldeten die Kundschafter, dass man einen Haradrim-Verband gesichtet hatte.
Faramir nickte schweigend: es würde erneut einen Kampf geben. Er schickte Boten nach Cair Andros, die von dort Verstärkung holen sollten für weitere Kampfhandlungen. Madril sollte die Boten begleiten.
Derweil bereitete Faramir mit seiner Schar einen Hinterhalt für die Haradrim vor. Der junge Anborn kam zu ihm und erstattete Bericht, denn der junge Heermeister hatte ihn als Späher augesandt.
„Herr Faramir, wir haben in der Nähe ein kleines Lager gesichtet“, erzählte er leise. „Drei orkähnliche Kreaturen kochen dort Kaninchen. Das sind wahrscheinlich Spione aus Mordor.“
„Um diese Kerle kümmern wir uns nach dem Kampf“, meinte Faramir finster. „Laßt uns nun die Haradrim vertreiben!“

*

Pelendir hatte in diesen Wochen, in welchen Faramir in Nord-Ithilien weilte, rings um sein Landgut einen Schutzwall errichten lassen. Er hatte zwar gehört, dass Gondors Heer in Osgiliath siegreich gewesen war, aber er mußte mit einem Rachefeldzug rechnen, der sich unter Umständen auch auf die Emyn Arnen ausbreiten konnte. Die Männer schleppten tagelang Steine und schwere Äste, um diesen Wall zu bauen. Auch Areanor arbeitete hart, denn sie mußte für die Männer kochen und dafür sorgen, dass deren Kleidung in Ordnung war. Solche Tätigkeiten war sie nicht gewohnt und sie wünschte sich, mitkämpfen zu dürfen. Außerdem spukte ihr ständig Faramir im Kopf herum. Sie erinnerte sich, wie nett er zu ihr gewesen war und ihr geholfen hatte.

Pelendir kam in die Küche zu ihr und blickte hungrig in den großen Kessel, der über dem Herdfeuer hing.
„Der Eintopf sieht heute schon sehr viel appetitlicher aus als kürzlich“, lobte er seine Tochter.
„Die Vorräte werden nicht ewig reichen“, meinte Areanor besorgt und wischte sich den Schweiß von der Stirn. „Lange können wir hier nicht mehr aushalten.“
„Es ist schon ein Reiter ins nächste Dorf, westlich des Anduins, unterwegs“, sagte Pelendir beruhigend. „Er wird uns Vorräte mitbringen.“
„Da ist noch etwas, Vater“, flüsterte Areanor beschämt. „Ich denke dauernd an Faramir. Er würde uns bestimmt helfen, wenn er nicht seinem Vater gehorchen müßte.“
„Er gefällt dir offensichtlich“, erwiderte Pelendir streng. „Schlag dir Faramir aus dem Kopf! Er ist nur ein Handlanger seines Vaters.“
„Du darfst nicht vergessen, dass er dich befreit hat“, wandte Areanor eifrig ein. „Er hat sein eigenes Leben dabei riskiert.“
Pelendir schwieg: er wusste, dass seine Tochter recht hatte. Nein, Faramir war kein schlechter Mensch und erst recht kein Feigling. Doch trotzdem gehörte er zu der Familie Gondors, die er am meisten hasste.

Er legte seiner Tochter die Hände auf die Schultern.
„Du musst mir versprechen, dass du niemals mit Faramir und seiner Familie gemeinsame Sache machen wirst: sie haben uns in Stich gelassen. Wir werden die Emyn Arnen alleine verteidigen. Sollte dieser Krieg wider Erwartens gut für Gondor ausgehen, beanspruche ich das Fürstenhaus von Emyn Arnen. Dieses Anwesen dort oben auf den Hügeln steht uns schon lange zu!“
Sein Blick flackerte unruhig und Areanor spürte, wie er den Druck auf ihre Schultern verstärkte.
„Aber Vater!“ sagte sie mit zitternder Stimme. „Was redest du da für Dinge! Ich werde natürlich immer bei dir bleiben. Warum sollte ich mich bei der Truchseß-Familie einschmeicheln wollen?“
„Vielleicht passiert mir etwas in diesem Krieg“, murmelte Pelendir leise und fuhr sich durch das grauen Haar.  „Man kann nie wissen. Ich bin nicht mehr der Jüngste.“
Areanor sah ihn entsetzt an und schluckte heftig.

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