Arda Fanfiction

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Die Chroniken von Ithilien

von Celebne

Ist Ithilien verloren?

Pelendir erhielt etwa um die gleiche Zeit wie Faramir die Nachricht, dass Osgiliath wieder angegriffen wurde. Der Edelmann verfluchte Denethor und seine seltsamen Kriegspläne. Er versammelte sofort seine Leute um sich. Auch Arenaor kam ängstlich hinzu.
„Der Truchseß hat erneut versagt“, begann er zornig seine Rede. „Er entzieht fast alle Truppen aus Ithilien mit der Folge, dass Osgiliath nun schon wieder belagert wird. Ich frage mich, was Faramir die ganze Zeit treibt. Sicherlich liegt er in dieser seltsamen Festung Henneth Annûn auf der faulen Haut und kümmert sich um nichts.“

Pelendir steigerte sich in seine Wut auf die Truchsessfamilie hinein und Areanor wurde ebenso wie die Männer mitgerissen, obwohl sie eigentlich eine bessere Meinung als ihr Vater von Faramir hatte. Aufgestachelt von der Rede des Edelmannes gingen die Männer an ihre Waffen und verschanzten sich hinter dem Wall. Es dauerte auch nicht lange und eine Orkbande hielt auf das Landgut zu. Offensichtlich hatten die Kreaturen Mordors Hunger und erhofften sich, in Findáráto etwas Essbares zu finden, doch Pelendir und seine Männer bereiteten den Orks einen bösen Empfang.

Wieder gab es einen Pfeilhagel auf die Feinde, doch die Orks trugen bessere Rüstungen als die Haradrim und nur wenige von ihnen fielen zu Boden. Hartnäckig setzten sie ihren Angriff fort und verteilten sich, während sie auf den Wall zuliefen. So wurde es für die meist ungeübten Bogenschützen schwerer, sie zu treffen. Belecthor, Pelendirs Feldhauptmann, sah, dass Pfeile hier nicht mehr viel nützten und rief die Männer auf zum Nahkampf. Nun wurde es für viele von ihnen zum ersten Mal ernst. Unsicher drangen sie mit ihren Schwertern auf die Orks ein. Es war ein harter Kampf, der Pelendirs Truppe empfindlich dezimierte. Die zum Teil recht unerfahrenen Männer konnten sich nur schwerlich gegen die kampferprobten Orks wehren. Pelendir tat es weh, diese Leute fallen zu sehen. Seine Worte hatten sie aufgestachelt und sie waren gewillt gewesen, ihm und vor allem ihrer Heimat Ithilien zu helfen. Areanor beteiligte sich am Kampf, als sie sah, wie mehr und mehr Männer fielen. Sie nahm den Helm eines Gefallenen und holte ihr Schwert. Dann stürzte sie sich todesmutig auf das kleine Schlachtfeld, rings um den Wall. Sogleich kam ihr ein untersetzter Kampf-Ork entgegen mit einem häßlichen Grinsen auf seiner entstellten Fratze.

Areanor überwand ihren Ekel vor ihm und drang mit dem Schwert auf ihn ein. Der Ork wich geschickt aus. Doch das Mädchen spürte, dass diese kleine Kreatur nicht ganz so stark war wie sie selbst. Sie setzte nach und es gelang ihr, dem Ork das Schwert aus der Hand zu schlagen. Mit einem Schrei rammte sie ihm ihre eigene Waffe in den Leib. Schwarzes Blut quoll hervor, und Areanor wurde es übel. Sie wankte zur Seite und übergab sich. Doch als der Vater ihr aufmunternde Worte zurief, fasste sie gleich wieder Mut und kämpfte weiter.
Mit Müh und Not gelang es Pelendirs tapferer Truppe, diesen Kampf zu gewinnen. Der Preis war jedoch hoch, zu hoch nach Meinung des Edelmannes.  Mit hochrotem Kopf, zerzaustem Haar und dem blutigen Schwert in der Hand, gesellte  sich Areanor mit den Männern zusammen zu ihren Vater, der ihnen etwas mitzuteilen hatte.

„Wir werden Ithilien noch heute verlassen“, verkündete er traurig. „Einen weiteren Angriff können wir hier nicht standhalten. Leider hat uns der Truchseß die Unterstützung versagt. Ihr wisst also, wer schuld daran trägt, dass all diese tapferen Männer hier heute ihr Leben lassen mussten. Vergesst das niemals! Wir gehen jetzt nach Minas Tirith, um dort Schutz zu suchen, denn hier haben wir keinen mehr.“

*

Osgiliaths Ostseite war von den Orks erobert worden. Nur ganz knapp war es Faramir und seinen Leuten gelungen, an den feindlichen Linien vorbeizukommen und in die Stadt zu gelangen. Die drei Gefangenen führten sie mit sich. Der Ringträger war sichtlich erschöpft und drohte fast zusammenzubrechen. Faramir beschloß, nun zu handeln: Frodo und seine Gefährten sollten zum Truchseß nach Minas Tirith gebracht werden. Sein Vater würde sich über das mächtige Geschenk, den Einen Ring, sicher mächtig freuen. Faramir wollte dann bald nachkommen, um endlich ein lobendes Wort aus seines Vaters Mund zu vernehmen.

Doch ein plötzlicher Angriff von Nazgûl machte seinen Plan zunichte. Schnell mussten sich die Männer verstecken. Die Schreie der Nazgûl hallten fürchterlich von den Mauern wider. Viele Krieger warfen sich entsetzt zu Boden und hielten sich die Ohren zu. Faramir versuchte vergeblich, Ordnung in seine Truppe zu bringen, die sich gerade in alle Himmelsrichtungen zerstreute. Er schickte Madril, Damrod und Mablung los, um die Männer zusammenzurufen und ihnen Mut zu machen. Nur wenige Augenblicke später beobachtete Faramir entsetzt, wie Frodo auf eine Mauer kletterte und den Ring einem der Nazgûl entgegenstreckte. Der Nazgûl flog immer tiefer. Jeden Moment konnte er Frodo packen. Faramir überwand seine Furcht vor dem Ungeheuer und schoß einen Pfeil auf den Ringgeist. Das Flugtier des Nazgûls wurde getroffen und schoß mit einem hässlichen Schrei in die Höhe.

Im gleichen Moment warf sich der andere Hobbit auf Frodo und purzelte mit ihm von der Mauer herab. Faramir kletterte von dem Mauervorsprung herunter, um zu den Hobbits zu gelangen. Doch die Beiden waren plötzlich verschwunden. Faramir wurde jetzt allmählich bewusst, wie gefährlich der Eine Ring war. Frodo war nicht mehr Herr seiner Sinne gewesen. Wie würde es erst Denethor ergehen, wenn er diesen Ring in den Händen hielt? Faramir erinnerte sich an die Worte von Samweis Gamdschie, dass Boromir wahnsinnig geworden war wegen des Ringes. Der junge Heermeister bekam es mit der Angst zu tun: ja, dieses Ding mußte wirklich vernichtet werden. Doch dies konnte jedoch kein Mensch tun. Die Menschen waren zu schwach dafür: sie erlagen der Macht des Ringes. Die Hobbits waren Wesen von einfachem Verstand, die nicht nach Macht und Ruhm trachteten. Nur einer von ihnen würde es schaffen, den Ring in den Feurigen Berg zu werfen.
Faramir fand endlich die Hobbits. Sie standen zusammen mit Gollum vor einer zerfallenen Mauer und Sam redete leidenschaftlich auf seinen Herrn ein.
„Es gibt etwas Gutes in dieser Welt, und dafür lohnt es sich zu kämpfen, Herr Frodo.“

Faramir vernahm diese Worte und er bekam ein schlechtes Gewissen, dass er diese tapferen kleinen Kreaturen gehindert hatte, ihren Weg fortzusetzen. Es war an der Zeit, sie freizulassen, selbst wenn man ihn dafür bestrafen würde.
„Ihr kennt die Gesetze dieses Landes, Eueres Vaters!“ warnte Madril ihn bestürzt.
„Euer Leben ist verwirkt, wenn Ihr sie freilasst.“
Faramirs Gesicht verdüsterte sich: ja, er würde nun niemals von seinem Vater Anerkennung bekommen. Im Gegenteil, sein Vater würde ihn ab jetzt noch mehr hassen. Der Truchseß würde ihn als Eidbrecher ansehen. Doch Faramir hatte eingesehen, dass der Ring niemals in die Hände eines Menschen gelangen durfte.
„Laßt sie frei!“ befahl er mit fester Stimme.

*

Areanor konnte nicht glauben, was ihr Vater da gesagt hatte. Er wollte Ithilien, seine und ihre Heimat, tatsächlich aufgeben? Mutig trat sie nach vorne. Sie merkte, dass die überlebenden Männer auch ziemlich erstaunt, wenn nicht sogar entrüstet waren.
„Vater, dass können wir nicht tun!“ wagte sie aufzubegehren.
Pelendir starrte erzürnt auf seine Tochter. Er liebte Areanor über alles und er war stolz auf sie, weil sie sich gerade in der Schlacht so tapfer bewährt hatte, aber Widerspruch von ihr duldete nicht.
„Vater, dann sind all diese Männer hier umsonst gestorben“, fuhr das Mädchen mutig fort. „Wir können jetzt nicht alles aufgeben. Und ausgerechnet nach Minas Tirith willst du? Vor Denethor und seinen Schergen kuschen?“

Pelendirs Gesicht wurde ganz weiß vor Zorn, aber dann verstand er, was Areanor meinte.
„Hast du einen besseren Vorschlag, naseweises Ding?“ fragte er mit beherrschter Stimme.
Areanor deutete auf den Hügel der Emyn Arnen, wo das Fürstenhaus lag.
„Und wenn wir uns da oben verschanzen?“
„Nein, nein, wir sind zu wenige“, wehrte Pelendir bedrückt ab.
„So schlecht ist dieser Vorschlag gar nicht“, meinte jetzt Belecthor und einige andere stimmten ihm zu. „Dort oben kann man uns nicht so leicht angreifen. Es sieht so aus, als ob der Schutzwall um das Haus noch intakt ist.“
„Oh bitte, Vater!“ flehte Areanor. „Wir können uns doch wenigstens mal dort oben umsehen.“
Pelendir nickte schließlich.

Gemeinsam mit seiner Tochter und mit Belecthor ritt er hinauf zum fürstlichen Anwesen. Das Haus war seit Jahrhunderten nicht mehr von einem Fürst bewohnt worden. Bis vor kurzem hatte eine Verwalterfamilie dort gelebt, die das Anwesen in Ordnung hielt. Doch auch die Verwalter waren angesichts der wachsenden Gefahr aus Mordor vor einigen Monaten geflohen. Pelendir begutachtete zusammen mit mit Belecthor den Schutzwall, während sich Areanor im Haus umsah. Als sie sich wieder im Hof trafen, willigte Pelendir endlich in das Vorhaben ein.
In Windeseile zog die tapfere Schar des Edelmannes in das Fürstenhaus von Emyn Arnen um. Areanor gefiel es dort oben sehr. Man hatte eine wundervolle Aussicht in das Anduintal. Und hinter dem Haus lag ein großer verwilderter Garten, der einen seltsamen Zauber ausstrahlte. Die Männer verschanzten sich auf dem Wall und beobachteten die Gegend.
Am Abend ertönte der Schreckensruf: „Osgiliath brennt!“

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