Arda Fanfiction

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Die Chroniken von Ithilien

von Celebne

Ithilien wird erobert

Der Kampf um Osgiliath zog sich nun schon seit Stunden hin. Faramir kämpfte mit seinen tapferen Waldläufern in vorderster Front gegen die Orks, die mit Booten versuchten, das westliche Ufer einzunehmen. Der junge Heermeister wusste, dass dies ihnen nicht gelungen durfte, sonst war bald auch Minas Tirith in Gefahr. Doch von Stunde zu Stunde wurde die Lager für seine Männer aussichtsloser. Immer mehr Ork-Boote erreichten die westliche Stadtseite. Ein Großteil der Soldaten war gefallen. Ein paar Mal war selbst Faramir in lebensbedrohliche Situationen geraten während des Kampfes. Zu allem Überfluß griffen jetzt auch noch die Nazgûl in den Kampf ein. Ihre Schreie ließen selbst die tapfersten Krieger erzittern.

„Wir müssen die Stellungen aufgeben“, rief ihm sein Unterhauptmann Madril, der am Kopf blutete, zu.
Faramir wusste, dass er recht hatte. Er wusste zwar auch, dass er Ärger mit seinem Vater bekommen würde, wenn er Osgiliath dem Feind überließ, aber er fühlte sich für das Leben dieser Männer verantwortlich.
„Rückzug nach Minas Tirith!“ schrie er laut.
Sofort begannen die Männer konfus zu den Stallungen zu laufen, wo sich noch etwa hundert Pferde befanden. Einige von ihnen wurden umgerempelt, weil jeder der Erste sein wollte. Es waren nicht genug Reittiere für alle da. Und das wussten die Männer. Madril, der sowieso schon durch seine Kopfwunde angeschlagen war, stürzte zu Boden, als ihn einer der Soldaten unsanft beiseite stieß. Selbst Faramir hatte Mühe, ein Pferd zu erwischen. Es ging nur noch um das nackte Überleben. Kurz sah er sich nach Madril um, als er endlich ein Pferd hatte. Doch in dem allgemeinen Durcheinander konnte er ihn nicht erblicken.

„Schnell Heermeister, die Orks stürmen jetzt die Stadt!“ rief ihm Mablung ängstlich zu.
Jemand schlug Faramirs Pferd auf den Schenkel und es galoppierte wiehernd los. Der Heermeister hatte fast Mühe sich im Sattel zu halten. Der Reitertrupp verließ  die Stadt. Doch die Nazgûl folgten den Fliehenden. Faramir erkannte erschrocken, dass sie hier auf der freien Ebene des Pelennors den Ringgeistern und ihren riesigen Flugtieren vollkommen ausgeliefert waren. Und dann griffen die Nazgûl an.

*

Auf dem Schutzwall des Fürstenwalles hatten sich alle Männer versammelt und sahen dem grausigen Schauspiel auf dem Pelennor zu. Man hörte ein Horn.
„Das sind Faramirs Leute – das ist sein Ton!“ rief Belecthor Pelendir zu.
Areanor kam erschrocken hinzu und sah hinunter.
„Sie werden es nicht schaffen!“ stieß sie den Tränen nahe hervor.
Pelendir sagte nichts. Er schüttelte nur verbittert lächelnd den Kopf.
„Jetzt verliert der Truchseß auch noch seinen zweiten Sohn durch seine hirnverbrannte Sturheit“, meinte er nach einer Weile.

Doch plötzlich sichtete Areanor einen weißgekleideten Reiter, der aus der Stadt herausprengte. Er saß auf einem Schimmel. Irgendetwas hatte er in der Hand: einen Stab oder etwas Ähnliches. Sie schrie erstaunt auf, als ein Blitzstrahl aus dem Stab gen Himmel schoß, direkt auf einen der Nazgûl. Und ein Wunder geschah: die Nazgûl zogen ab.
Pelendir verzog grimmig das Gesicht, während einige seiner Leute erleichtert jubelten.
„Ich glaube, Faramir lebt“, sagte Areanor lächelnd und deutete auf den Reiter, der an der Spitze des Trupps zusammen mit Gandalf durch das Stadttor ritt.
Der Klang der silbernen Trompeten aus der Stadt drang bis zu den Emyn Arnen empor.
„So, wir haben jetzt genug gegafft“, sagte der Edelmann zu seiner Schar. „Wir sind nun die einzigen Menschen, die sich noch in Ithilien aufhalten. Merkt euch das! Das ganze Gebiet östlich des Anduin, bis auf diesen Hügel hier, ist in Mordors Hand. Laßt uns diese Stellung hier halten bis zum bitteren Untergang!“

Areanor ging mit einem unguten Gefühl in das Fürstenhaus hinein: sie hatte große Angst. Vielleicht war dieses Anwesen auf dem Hügel doch nicht so sicher, wie sie gedacht hatte. Mordors riesiges Heer würde in Ithilien womöglich alles auf den Kopf stellen und nach überlebenden Menschen durchkämmen. Während sie in der großen Küche nach einem brauchbaren Kessel suchte, in dem sie ein Essen für die ganze Schar kochen konnte, gesellte sich ihr Vater zu ihr.
„Minas Tirith ist auch bald verloren“, bemerkte er mit düsterer Miene. „Von Osgiliath aus ist es ganz leicht für den Feind, die Stadt anzugreifen. Denethor und seine Leute sitzen in der Falle. Da wird auch dieser geheimnisvolle weiße Reiter nicht viel ausrichten können.“

Areanor nickte stumm und kramte aus den mitgebrachten Lebensmittelsäcken Kartoffeln, Karotten und Dörrfleisch heraus.
„Unsere Vorräte sind begrenzt“, meinte sie geistesabwesend. „Wir sitzen auch in der Falle.“
„Sei getrost“, meinte ihr Vater mit einem verzerrten Lächeln. „Es wird nicht lange dauern, bis alles vorbei ist.“

Das gemeinsame Mittagessen in der Halle des Fürstenhauses verlief in recht gedrückter Stimmung. Areanor betrachtete nachdenklich die Halle. Bestimmt war dieser Raum einst ein Ort großer Feierlichkeiten gewesen. Doch das schien nun für immer vorbei zu sein. War das Ende der Menschheit wirklich gekommen?
Am Nachmittag ertönte plötzlich ein Schreckensruf von einem der Wehrtürme des Fürstenanwesens. Sofort rannten alle hinaus mit gezückten Waffen. Auch Areanor ergriff geistesgegenwärtig ihr Schwert und lief zum Wall.
„Das gibt es nicht“, murmelte Pelendir kopfschüttelnd. „Sie versuchen tatsächlich, Osgiliath zurückzuerobern.“
Belecthor kam mit besorgter Miene hinzu, seinen Langbogen in der Hand.
„Das ist ein Todeskommando“, bemerkte er. „Diese paar Reiter werden niedergemetzelt werden.“
„Sie haben einen mächtigen Heerführer bei sich“, sagte ein anderer Mann, der angestrengt auf den Pelennor hinabstarrte. „Ich sehe das Banner des Truchessen.“

„Das kann nur Faramir sein“, meinte Pelendir fast spöttisch. „Aber was gibt das für einen Sinn, dass der Truchseß seinen einzig noch lebenden Sohn praktisch an die Orks verfüttert?“
„Du weißt doch, wie grausam Denethor zu Faramir war, als wir in der Königshalle zu Minas Tirith waren“, stieß Areanor bedrückt hervor. „Ich traue diesem wahnsinnigen Mann alles zu.“
Mehrere tausend Pfeile kamen aus Osgiliath geflogen. Das unheimliche Zischen war sogar oben auf den Emyn Arnen zu hören.
Areanor sah unter Tränen zu, wie die tapferen Reiter unten auf dem Pelennor ihr Leben ließen. Zum Schluß saß niemand mehr auf seinem Pferd. Eines der Tiere trabte langsam zurück in die Stadt, seinen Reiter hinter sich herziehend, dessen Fuß sich im Steigbügel verfangen hatte.

„Seht, das Heer Mordors verlässt Osgiliath!“ schrie der Mann vom Wehrturm aus und deutete nach unten.
„Bei den Göttern!“ stieß Pelendir entsetzt hervor.
Die kleine Schar beobachtete wie aus der Ruinenstadt am Anduin gewaltige Schlachttürme aus Holz von riesigen Trollen geschoben wurden. Ihnen folgten abertausende von Orks.
„Es wird keinen Tag mehr dauern, dann ist Minas Tirith verloren“, prophezeite Pelendir düster. „Es ist schon ein Hohn des Schicksals, dass wir hier oben im Augenblick sicherer sind als die Menschen in der Weißen Stadt. Um uns kümmert sich jetzt niemand mehr.“
„Ich wünschte, wir wären mehr“, seufzte Areanor traurig. „Dann könnten wir diesen Mistkerlen in den Rücken fallen.“
„Tausend Krieger würden nicht reichen“, meinte Belecthor seufzend. „Ich wette, in Osgiliath halten sich mindestens zehntausend Orks auf.“
Stumm beobachteten Pelendir und seine Leute, wie die Belagerung von Minas Tirith begann.

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