Arda Fanfiction

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Regen, der auf Asche fällt

von Celebne

Ritterschlag und Aufbruch

Éowyn hatte nicht viel Garderobe mitgenommen, daher wählte sie erneut das grüne Kleid aus und hoffte, man würde nicht bemerken, dass sie ständig dasselbe trug.  Man schlug sie ja schließlich zum Ritter und da kam es nicht auf das Kleid an. Gwyneren richtete ihr das Haar und legte ihr ein Geschmeide um den Hals. Als Éowyn fertig war, betrat sie die Truchsessgemächer, um dort auf Faramir zu warten. Dieser war bereits festlich gekleidet und saß gelangweilt in einem Sessel. Als er seine Gemahlin erblickte, grinste er keck.

„Fast wie in alten Zeiten, was?“ fragte er spöttisch und erhob sich.
Éowyn musste wirklich innerlich zugeben, dass er sehr attraktiv in der dunkelblauen Robe wirkte, die er trug. Sie ärgerte sich, dass sie wieder einmal auf sein anziehendes Äußeres hereinfiel und warf ihm einen wütenden Blick zu.
„Komm jetzt. Wir sind spät dran“, sagte sie kurzangebunden und reichte ihm die Hand.
Er legte ihre Hand immer noch grinsend auf seinen Unterarm und verließ mit ihr die Truchsessgemächer. Gwyneren blieb kopfschüttelnd zurück, um aufzuräumen.

Im Thronsaal waren die Heerführer Gondors versammelt, ebenso wie Nimriel mit ihrem Vater. Fast zeitgleich betraten die beiden hohen Paare  Gondors den Saal.
Faramir und Éowyn schritten hinter dem Königspaar drein. Dahinter lief eine Hofdame mit der kleinen Königstochter auf den Arm. Die Gäste im Saal verneigten sich tief, als die Herrschaften hereinkamen. Aragorn hob lächelnd die Hand und nahm  Platz auf dem Königsthron. Faramir stellte sich unterhalb des Thrones mit toternster Miene hin, während Arwen zu den Gästen ging. Ein Soldat der Turmwache brachte Andúril und überreicht das Schwert feierlich dem König. Éowyn spürte, wie ihr Herz schneller zu schlagen begann.

„Kniet nieder vor den Thron, Éowyn von Ithilien“, sagte Aragorn feierlich und erhob sich mit dem Schwert in der Hand.
Langsam kam er die kleine Treppe herabgeschritten. Er legte die flache Klinge auf Éowyns rechte Schulter.
"Schwört Ihr, als künftiger Ritter Gondors Euerem König treu bis in den Tod zu dienen?" fragte er mit erhobener Stimme.
"Ich schwöre es", erwiderte Éowyn und ärgerte sich, dass ihre Stimme vor Aufregung so schrill klang.
„Ich schlage Euch nun Kraft meines Amtes und im Namen Erus zum Ritter Gondors“, fuhr der König fort und er hob die Klinge wieder hoch und ließ sie dann auf Éowyns linker Schulter ruhen.
„Erhebt Euch nun, Éowyn, Ritter Gondors“, beendete er die Zeremonie.

Ein wenig zitternd stand die Schildmaid auf, während die Gäste verhalten Beifall klatschten.
Sogar Faramir klatschte Beifall, aber sein spöttisches Grinsen und seine kalter Blick sprachen Bände. Es war der blanke Hohn. Éowyn hatte gute Lust, ihm dafür die Augen auszukratzen. Sie funkelte ihn empört an. In diesem Moment war es ihr gleich, was die anderen Anwesenden davon hielten. Sie hatte diese ganze Schauspielerei so satt. Sollten doch ruhig alle wissen, wie es tatsächlich um ihre Ehe stand!


Aragorn nahm nun Platz am Kopfende der langen Tafel, welche mitten in der Halle stand. Neben ihn setzte sich Arwen und ließ sich das Kind auf den Arm geben. Faramir und Éowyn nahmen etwas entfernt vom König an der Tafel Platz. Direkt gegenüber von Halbarad und Nimriel. Faramir nickte den beiden Verwandten Aragorns freundlich zu. Éowyn hatte einen unglücklichen Platz erwischt: zu ihrer linken saß Faramir und zu ihrer Rechten ausgerechnet Elphir, der arrogante Fürstensohn aus Dol Amroth.
Die Schildmaid verspürte keinen großen Appetit und zupfte nur mit finsterer Miene an einem Hühnchenschenkel herum. Niemand sprach über ihren Ritterschlag. Sie schien Luft für die anderen Personen an der Tafel zu sein und das schmerzte sie. Faramir dagegen unterhielt sich prächtig. Er hatte in Halbarad und in seiner Tochter interessante Gesprächspartner gefunden. Er erfuhr von Aragorns Vetter, dass Nimriel in Minas Tirith bleiben sollte, um eine Hofdame der Königin zu werden. Das war eine große Ehre für sie. Faramir erfreute der Gedanke, dass Nimriel bleiben würde. Sie war ebenso hübsch wie nett.

Immer wieder streifte sein Blick das Mädchen. Er würde nun öfters ihr liebliches Harfenspiel in den Gärten der Zitadelle hören und es wurde ihm ganz warm um das Herz dabei. Éowyn wunderte sich über die gute Laune ihres Mannes, schob dies aber auf übermäßigen Weingenuß, obwohl sie nicht darauf geachtet hatte, wie viel Faramir an diesem Abend getrunken hatte. Da ihr Gemahl sie links liegen ließ, musste sie wohl oder übel auf die plumpen Konversationsversuche von Elphir eingehen. Seine dummen Fragen, an wie viel Feldzügen sie bereits teilgenommen hatte, ärgerten sie über alle Maßen. Sie gab ihm daher nur ausweichende Antworten.

Nach dem Mahl wünschte man sich eine gute Nacht und Faramir geleitete Éowyn mit einem merkwürdigen Lächeln auf den Lippen zurück in die Truchsessgemächer.
„Bilde dir nur nicht ein, dass ich heute Nacht wieder das Bett mit dir teile“, sagte die Schildmaid feindselig zu ihrem Gemahl. „Ich möchte heute nacht alleine schlafen, und wenn ich das auf der Polsterbank im Kaminzimmer tun muß.“
„Wenn du auf der Polsterbank schlafen willst, dann tu dir keinen Zwang an“, meinte Faramir gelassen und ließ auf das breite Bett fallen. „Als Ritter Gondors muß man auch auf einem harten Lager schlummern können.“

Éowyn schnappte nach Luft und sie ballte die Fäuste. Mit soviel Dreistigkeit hatte sie nicht gerechnet.
„Gute Nacht, meine Liebe“, spottete Faramir und zerrte sich vor ihren Augen die Kleider vom Leibe.
Die Schildmaid verließ rasch das Gemach, bevor ihr Gemahl sich seiner letzten Hüllen entledigt hatte. Sie hörte sein dreistes Gelächter, als sie sich die unbequeme Polsterbank vor das Fenster schob.
„Ich hasse dich, Faramir!“ stieß sie ergrimmt hervor.

Die nächsten Tage verliefen nicht viel anders als dieser. Tagsüber flüchtete Éowyn in die Häuser der Heilung zu ihren Freundinnen, wo sie jedoch wenig Zuspruch fand und abends nahm sie mit Leichenbittermiene am Nachtmahl in der Zitadelle teil. Sie war fast erleichtert, als Faramir eines Morgens zurück nach Emyn Arnen ritt. Allerdings wollte er bald wiederkommen, denn er sollte Aragorn nach dem Aufbruch des Heeres in der Stadt vertreten.
Die Fronten zwischen ihr und Faramir waren nach wie vor verhärtet. Éowyn tat es weh, dass sie wahrscheinlich im Streit von ihm Abschied für lange Zeit nehmen musste.

Gerade noch rechtzeitig vor dem Aufbruch des Heeres war Éowyns Rüstung fertig. Wenigstens ein Lichtblick für sie in dieser tristen Zeit! Sie konnte es kaum mehr erwarten, bis das Heer aufbrach. Leider konnte sie Gwyneren nicht mitnehmen auf dem Feldzug und würde wochen- , wenn nicht monatelang ohne Zofe auskommen müssen. Aber immerhin würden Legolas und einige Waldelben mit nach Harad ziehen. Die Gesellschaft von Elben war sicher angenehmer als die der Soldaten auf Dauer.

Es war ein kühler Augustmorgen, als sich das Heer bereit machte zum Aufbruch. Alle Reiter versammelten sich unten im ersten Festungsring der Stadt vor dem Stadttor, da es dort einen großen Platz gab, wo sich ein Heer aufstellen konnte.  Die Elben waren noch nicht gekommen. Sie wollten erst von Süd-Ithilien aus zum Heer stoßen. Auch viele Bürger aus Minas Tirith hatten sich am Rand des Platzes versammelt und reckten schaulustig die Hälse.

Éowyn fiel natürlich mit ihren blonden Haaren und der zierlichen Rüstung sofort auf. Sie hatte auch einen Helm bei sich, den sie aber nicht aufsetzte, da sie die gondorianischen Helme hässlich fand. Spätestens in der Schlacht würde sie den Helm aber tragen müssen. Windfola tänzelte unruhig während der Heerschau und die Schildmaid hatte Mühe, sie im Zaum zu halten. Viele Blicke richteten sich auf die Schildmaid, doch Éowyn hielt ihrerseits nur nach einem einzigen Menschen Ausschau: Faramir. Auch wenn sie zur Zeit große Probleme miteinander hatten, so hoffte sie doch auf einen liebevollen Abschied und auf ein paar nette Worte von ihm.

Erst gestern war er aus Emyn Arnen zurückgekehrt. Er war heute morgen nicht in den Gemächern gewesen. Würde es keinen Abschied geben? Endlich sah sie ihn: er kam mit einigen Soldaten der Weißen Schar herbeigeritten. Sein Blick war vorwurfsvoll und besorgt zugleich. Sie lenkte ihr Pferd zu ihm hin. Fast im gleichen Augenblick nahm das Königspaar mit einem zärtlichen Kuss Abschied voneinander.  Faramir jedoch ergriff nur Éowyns Hand.
„Pass auf dich auf“, sagte er kurzangebunden.
In ihre Augen stiegen Tränen. War das schon alles? Mehr als diese kurze Phrase hatte er nicht übrig für sie? Sie konnte jetzt nur stumm nicken. Mit verbitterter Miene kehrte sie zu den Soldaten zurück. Aragorn setzte sich jetzt an die Spitze des Heeres und gab das Zeichen zum Aufbruch.

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