Arda Fanfiction

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Regen, der auf Asche fällt

von Celebne

Besuch aus Arnor

Aragorn schickte am nächsten Morgen einen Boten nach Emyn Arnen los, der Faramir abholen sollte zur Kriegsberatung. Die ganze Sache schmeckte ihm immer weniger: er ahnte, dass es zwischen den Eheleuten eine Auseinandersetzung wegen Éowyns Kriegsambitionen geben würde. Er musste versuchen zwischen dem Fürstenpaar irgendwie zu vermitteln, sonst würde die Ehe seiner beiden Freunde völlig kaputtgehen.

Sorgenvoll spazierte er an diesem Morgen durch die Gärten der Zitadelle und konnte sich gar nicht so richtig an dem fröhlichen Vogelgezwitscher freuen.  Ein Eichhörnchen jagte dicht vor seinen Füßen über den Kiesweg und sprang hurtig eine große Fichte hinauf.  Nicht einmal das bemerkte der König richtig. Ihm taten Faramir und Éowyn sehr leid. Offensichtlich passten die Beiden nicht zusammen und machten sich in ihrer Ehe nur gegenseitig das Leben schwer. Und gerade diesem leidgeprüften, jungen Paar hatte er so sehr das Liebesglück gegönnt.


Während Aragorn in den Gärten bedrückt umherwanderte, unterhielt sich ein in Leder gekleideter Mann aus Ithilien mit den Turmwachen unterhalb der Zitadelle. Es hatte gerade ein Wachwechsel stattgefunden und Mahrod, der mitten in der Nacht angekommen war, ergriff die Gelegenheit beim Schopfe. Er erfuhr einige interessante Dinge über die Fürstin: so hatte einer der Soldaten zufällig einige Wortfetzen aus dem Gespräch von Éowyn und dem König gehört, als er unter dem Balkon des königlichen Kaminzimmers gewacht hatte. Er berichtete dem ehemaligen Kameraden bereitwillig von Éowyns kriegerischen Ambitionen und dass sie den König damit bearbeitete. Mahrod hatte genug gehört. Das durfte Grund genug für Éowyn sein, ständig nach Minas Tirith zu reiten, wenn sie so versessen auf das Kämpfen war. Da Mahrod aber auch gehört hatte, dass Faramir bald persönlich in der Stadt auftauchen würde, konnte er hier bequem auf ihn warten, um ihm Bericht zu erstatten.



Eine Trompetenfanfare erscholl unten am Stadttor und Aragorn hielt erstaunt inne: war es möglich, dass Faramir bereits eingetroffen war? Raschen Schrittes ging er wieder in die Zitadelle hinein, um sich einen vornehmen, ärmellosen Mantel überzuziehen. Arwen saß auf dem Balkon des Kaminzimmers und genoß die Morgensonne zusammen mit ihrer schlafenden Tochter.
„Ich glaube, Faramir ist bereits eingetroffen“, sagte Aragorn eifrig zu seiner Gemahlin. „Komm, meine Liebe, wir wollen ihn begrüßen.“
Die Königin rief ein Kindermädchen herbei, welches sich um den schlafenden Säugling kümmern sollte.
„Ich frage mich, wo Éowyn sich gerade aufhält“, meinte Arwen nachdenklich, als sie das Kind der Amme in die Arme gelegt hatte.  Sie blickte besorgt vom Balkon hinab.
„Wahrscheinlich besucht sie gerade die beiden Heilerinnen, mit denen sie befreundet ist“, erwiderte Aragorn stirnerunzelnd.
Er hoffte jedenfalls, dass dies der Fall war, denn er konnte sich gut vorstellen, dass ein Aufeinandertreffen der beiden Eheleute trotz seiner Gegenwart nicht gerade herzlich ausfallen würde.

Als das Königspaar Richtung Thronsaal ging, kam ihnen ein Mitglied der Stadtwache entgegen.
„Herr König, Frau Königin – es ist Besuch aus Arnor für Euch eingetroffen“, meldete der Soldat korrekt.
„Aus Arnor?“ Aragorn staunte und blickte seine Gemahlin an.
Damit hatte er jetzt am wenigsten gerechnet. Es hatte auch keinen Briefwechsel gegeben, in welchem ihm solch ein Besuch angekündigt worden war.
Der rechte Flügel des großen Portals wurde geöffnet, und einige Männer in Waldläuferkleidung und ein junges Mädchen traten ein.

„Halbarad, Nimriel!“ rief Aragorn erfreut aus und lief seinen Verwandten entgegen.
Der grauhaarige Mann, welcher der Vetter des Königs war, umarmte diesen lachend und klopfte ihm auf die Schultern.
„Du hast dich kaum seit der Krönung verändert, Vetter“, meinte Halbarad schmunzelnd.
„Du siehst auch aus wie immer“, grinste Aragorn und wandte sich dann Halbarads Tochter Nimriel zu.
Das junge Mädchen, welches gerade einundzwanzig Sommer zählte,  war hochgewachsen und atemberaubend schön. Ihre schwarzen Haare, glänzend wie Rabengefieder, fielen ihr weit über die Schultern. Sie blickte den König aus ihren großen, dunklen Rehaugen freundlich an.

„Du bist ja richtig erwachsen geworden, kleine Nimriel“, sagte Aragorn bewundernd und drückte ihr die zarte Hand.
Nimriel verneigte sich vor dem König, wie es sich gehörte, und knickste dann auch tief vor der Königin. Arwen begrüßte nun auch die Verwandten Aragorns herzlich und bat sie dann zu einem Imbiß in ihre Privaträume.  Die anderen Dunedain, welche Halbarad und Nimriel begleitet hatten, waren Leibwächter. Sie begaben sich in der Zwischenzeit zu den Aufenthaltsräumen der Turmwache, um dort etwas zu sich zu nehmen.



Éowyn hatte von der Ankunft der Verwandten Aragorns gar nichts mitbekommen, denn sie weilte bei ihren Freundinnen in den Häusern der Heilung. Sie hatte mit den beiden ein kleines Frühstück eingenommen und sie dannach in die Gärten hinausbegleitet, in welchen am Morgen noch angenehme Temperaturen herrschten.  Sie genoß es mit den beiden Frauen zusammen zu sein und es war eine Wohltat für sie an diesem Tag Faramirs ewiges Genörgele nicht hören zu müssen. Trotzdem machte sie sich tief in ihrem Inneren Sorgen um ihn.  Ihr Blick schweifte kurz in die Ferne, und zwar nach Südosten, wo die Emyn Arnen lagen.
„Sehnsucht nach Faramir?“ fragte Doreth schmunzelnd, die Éowyns nachdenkliche Miene bemerkt hatte.

„Nein.... das heißt...“, stammelte die Fürstin hilflos herum.
Sie wurde ganz rot und fuhr sich verlegen durch das lange, blonde Haar.
Emerwen und Doreth tauschten vielsagende Blicke aus: sie hatten beide längst gemerkt, dass irgendetwas in der Ehe ihrer Freundin nicht stimmte. Doch sie wussten nicht, wie sie sich verhalten sollten. Sie waren zwar mit Éowyn befreundet, doch die Fürstin genoß einen hohen Rang, während sie nur einfache Bürgerinnen waren. Es stand ihnen nicht zu, Éowyn zu bedrängen und nach ihren Probleme zu fragen.  Soweit ging die Freundschaft leider doch nicht.  

Plötzlich kam Gwyneren, Éowyns Zofe, in die Gärten geeilt. Ihre blonden Haaren flogen im Wind.
„Herrin!“ rief sie außer Atem. „Ich habe gerade gehört, dass Euer Gemahl bald in der Stadt auftauchen wird, möglicherweise noch heute. Werdet Ihr in der Zitadelle wohnen bleiben?“
Éowyn wurde blaß, als sie das hörte. Sie hatte gehofft, es würde noch dauern, bis der König seinen Truchseß in die Stadt bestellen ließ. Wenn Faramir hier war, musste sie mit ihm zusammen die ehemalige Statthalterwohnung in der Zitadelle teilen. Das wollte sie momentan auf keinen Fall. Sie wandte sich mit düsterer Miene an ihre Freundinnen.

„Ich würde gerne hier wohnen. Geht das?“
„Natürlich, Éowyn“, sagte Emerwen etwas verwundert. „Wir haben immer Platz für dich. Auch Gwyneren kann hier bleiben.“
Die Fürstin atmete auf, als sie das hörte. Sie wies ihre Zofe an, sofort ihre Sachen aus der Statthalterwohnung zu holen, damit sie sich so schnell wie möglich in den Häusern der Heilung einquartieren konnte. Sie wusste, dass sie eigentlich ihren Freundinnen eine Erklärung schuldig war, auch wenn sie von ihrem Stand her nicht dazu verpflichtet war. Doch sie fühlte sich nicht in der Lage, mit ihnen über ihre Probleme mit Faramir sprechen, jedenfalls jetzt noch nicht.

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