Arda Fanfiction

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Der Fluch des vergessenen Schwertes

von Celebne

Unheimliche Ereignisse

Ein wenig später ritt das Fürstenpaar auf Hasubeorn und Windfola aus. Faramir war erfreut über den gehorsamen Hengst.
„Er ist sehr klug“, sagte Éowyn stolz, als sie langsam einen Waldweg entlangritten.
„Ich habe gar nicht mitbekommen, wie du den Hengst aus Rohan geholt hast“, sagte Faramir lächelnd. „Die Überraschung ist der jedenfalls perfekt gelungen.“
„Hasubeorn wurde schon vor einigen Monaten nach Ithilien gebracht“, erzählte die ehemalige Schildmaid verlegen. „Damals warst du gerade auf der Jagd nach einer versprengten Orkbande in Süd-Ithilien. Ich habe Hasubeorn zu Legolas in die Waldelbensiedlung gebracht. Sie haben sich gerne um ihn in der ganzen Zeit gekümmert. Legolas meinte sogar, dass Hasubeorn ein Nachfahre der Mearas sei. Natürlich nicht reinblütig, denn die Mearas sind etwas eigen mit den Menschen, welche auf ihnen reiten wollen.“
Faramir nickte anerkennend. Er dachte an diesen Norfric, der ganz und gar nicht darüber begeistert schien, dass ausgerechnet ein Gondorianer nun der neue Herr von Hasubeorn war.
Allerdings wagte Faramir das nicht vor Éowyn auszusprechen. Sie hielt große Stücke auf Norfric, der ihr persönlicher Leibwächter war. Faramir wußte, dass er nicht das Recht hatte, auf ihn zu schimpfen. Der Rohir erledigte seine Pflichten sicher immer ordentlich.

Die Schatten im Wald wurden länger und die Abendsonne erschien als feuerroter Ball zwischen den Baumwipfeln im Westen.
„Wir müssen umkehren“, seufzte Éowyn bedrückt. „Es wird bald dunkel.“
Faramir beugte sich vom Sattel aus zu ihr hinüber und ergriff ihre Hand.
„Gleich morgen früh machen wir einen längeren Ausritt, versprochen.“
Doch der Fürst ahnte nicht, dass aus diesem Versprechen nichts werden sollte.


Still lag das große Anwesen in den Emyn Arnen im Mondlicht. Fast alle Bewohner des Hauses schliefen schon. Nur der dienstbeflissene Verwalter Beren wanderte mit einer Öllampe noch einmal durch die Räume, um nachzusehen, ob alles in Ordnung war. Als er in die große Eingangshalle kam, in welcher noch alle Geschenke von Faramir auf dem Kaminsims lagen, erblickte er etwas Glut im offenen Kamin. Er ging hin, um das schwelende Holz zu löschen. Wie leicht konnte ein Windstoß die Glut neu entfachen und womöglich einen großen Brand auslösen, wenn Funken aus dem Kamin sprangen und auf die hölzernen Möbel trafen. Beren holte einen Krug Wasser aus der Küche und ging zum Kamin. Die Glut war inzwischen von selbst erloschen. Er seufzte ungehalten auf, denn er hasste es, wenn er umsonst irgendwelche Wege machte. Noch einmal beugte er sich zum Kamin hinunter, um zu prüfen, ob tatsächlich nichts mehr glomm. Als er den Kopf wieder hob, sah er ein seltsames Leuchten. Er erschrak darüber, denn er merkte, dass es von Faramirs neuem Schwert kam. Beren tat einen Schritt zurück und betrachtete das Schwert verwundert. Es waren diese Runen, welche so stark leuchteten. Er spürte, wie sich seine Nackenhaare aufstellten. Ein kalter Schauder lief über seinen Rücken. Es war ihm, als ob er leise Stimmen im Raum flüstern hörte.
„Ist da wer?“, krächzte er mit heiser.
Zitternd schwenkte er seine Öllampe herum. Der Schein der Lampe warf seltsame Schatten an die Wände. Obwohl er die Hände ganz still jetzt hielt, wanderten die Schatten weiter, als ob sie leben würden.
„Das gibt es doch nicht“, murmelte er furchtsam.


Beren beschloss, Faramir Bescheid zu sagen. Rasch lief er die Treppe hinauf und den Korridor entlang, bis er vor dem Schlafgemach des Fürstenpaares stand. Es war ihm peinlich, hier anklopfen zu müssen, dazu noch um diese späte Stunde. Doch er tat es und Faramir öffnete kurz darauf die Tür. Der Truchsess sah ganz verschlafen aus. Die wirren roten Haare standen ihm zu Berge und das weit offen stehende Schlafgewand entblößte seine muskulöse Brust. Beren erzählte hastig, was unten in der Halle vor sich ging.
„Ich ziehe mir rasch etwas an und komme dann hinunter“, sagte Faramir und klopfte dem treuen Diener aufmunternd die Schulter.

„Was ist los?“, fragte Éowyn schlaftrunken, als sie merkte, dass Faramir sich umzog.
„In der Halle scheint es zu spuken“, erzählte der Truchsess und lächelte schief.
„Wer hat das gesagt?“, wollte sie amüsiert wissen. „Doch nicht etwa Beren? Der gute Mann hört doch sogar das Gras wachsen.“
„Ich kenne Beren seit vielen Jahren“, meinte Faramir nachdenklich. „Aber so verängstigt wie heute Nacht habe ich ihn noch nicht erlebt“
„Ich komme mit“, sagte Éowyn bestimmend und schwang sich aus dem Bett.
Rasch schlüpfte sie in ihren schönen, hellblauen Schlafmantel, welcher am Kragen mit einem weißen Kaninchenfell besetzt war. Faramir seufzte leise: wenn Éowyn etwas unbedingt wollte, hatte es keinen Zweck ihr zu widersprechen. Er hoffte, dass es da unten keine allzu große Gefahr gab.


Beren wartete ängstlich an der Treppe. Er wagte es nicht, alleine hinunter zu gehen. Faramir hatte einen Dolch in der Hand für den Fall des Falles. Éowyn hatte unter ihrem Schlafmantel ein kleines Messer verborgen. Sie war zu allem bereit.
Beren ging mit Faramir voran. Als sie in der dunklen Halle angekommen waren, leuchtete der Diener mit der Lampe auf das Schwert.
„Die Runen des Schwertes haben vorhin geleuchtet“, erzählte er mit zitternder Stimme. „Dann hörte ich Stimmen und sah seltsame Schatten.“
Éowyn verbiss sich nur mühsam ein Lachen. Das, was dieser grauhaarige Mann erzählte, hörte sich nach einer Geistergeschichte für Kinder an. Sie dachte an ihre alte Amme aus Rohan, welche für ihr Leben gern solche Geschichten erzählt hatte. Wahrscheinlich hatte Beren an diesem Abend zu tief ins Glas geguckt, genau wie Faramir am Abend zuvor.

Faramir ging zum Kaminsims und hob vorsichtig sein neues Schwert hoch. Beren hielt die Öllampe so, dass man die Schneide gut sehen konnte. Doch die Runen leuchteten nicht, sondern blieben blass im Schein der Lampe. Éowyn schüttelte schmunzelnd den Kopf.
„Ich glaube, Beren wurde vom Licht der Lampe genarrt“, meinte sie amüsiert. „Das kann manchmal passieren, wenn man nachts durch das Haus läuft.“
„Ich bin schon oft nachts durch dieses Haus gegangen, aber noch nie habe so etwas Unheimliches gesehen wie heute“, wagte der Verwalter zu widersprechen.
„Vielleicht sollten wir jetzt alle schlafen gehen und morgen früh über diese Sache noch einmal sprechen“, meinte Faramir beschwichtigend. „Der Morgen ist immer klüger als der Abend.“
Gerade als er das Schwert wieder zurücklegen wollte, begannen die Runen in der Dunkelheit wieder zu leuchten. Sie leuchteten in verschiedenen Rottönen. Sogar Éowyn erschrak jetzt, weil der Schein dieser Runen direkt in Faramirs Gesicht fiel und dort seltsame Muster zeichnete.
„Was ist das?“, flüsterte sie entsetzt.
„Ich höre wieder diese Stimmen“, sagte Beren leise.
Faramir betrachtete die Schneide des Schwertes verwundert. Diese Runen leuchteten wie eine Warnung. Irgendetwas stimmte mit dieser Waffe nicht, das sagte ihm eine innere Stimme.
„Da sind wandernde Schatten an den Wänden“, murmelte Éowyn und holte ihr Messer hervor.
Faramir nahm dem zitternden Beren die Lampe ab und leuchtete auf die Wände. Die Schatten waren jetzt deutlich zu sehen. Sie wirkten wie Dämonen aus einer anderen Welt.
„Das ist fürwahr unheimlich“, sagte nun auch Faramir mit belegter Stimme.

Der Spuk verschwand jedoch so plötzlich wie er gekommen war. Faramir wickelte  nervös das Schwert wieder in das Ledertuch ein, in welches es gewickelt war, als Éomer es ihm schenkte.
„Ich hoffe, es ist den Rest der Nacht ruhig“, meinte der Truchsess besorgt. „Leg dich schlafen, Beren. Geh heute nacht nicht mehr durch die Halle.“
Beren nickte dankbar und ging zu seiner Schlafkammer, welche gleich neben der Küche lag. Die anderen Leute vom Gesinde schliefen in einem der Nebengebäude. Faramir geleitete Éowyn nach oben.
„Auch wir sollten wieder schlafen“, sagte er besonnen zu seiner Gemahlin.
„Ich glaube nicht, dass ich das jetzt noch kann“, meinte sie aufgeregt und setzte sich auf die Bettkante.
Sie wickelte sich fest in ihren Schlafmantel, weil sie plötzlich fror.
„Was ist das, Faramir?“, fragte sie leise.
„Ich wünschte, ich wüsste es“, seufzte ihr Ehemann bedrückt. „Schade, dass Éomer nicht mehr hier ist. Vielleicht könnte er näheres zu dem Schwert sagen.“
„Das glaube ich nicht“, meinte Éowyn kopfschüttelnd. „Mein Bruder wusste bis vor kurzem nicht einmal, dass dieses Schwert überhaupt existiert. Mit Sicherheit gab es solche Vorgänge in Edoras nicht.“
„Es scheint, als wurden irgendwelche Mächte in dieser Waffe geweckt, als er sie mir gab“, überlegte Faramir laut.
Kaum hatte er diese Worte ausgesprochen, blitzte und donnerte es draußen. Éowyn zuckte vor Schreck zusammen. Eine Sturmböe warf das große Fenster im Schlafgemach auf und fegte durch das Zimmer. Faramir schnellte mit finsterer Miene hoch und schloss das Fenster wieder.
„Böse Geister sind dort draußen“, murmelte Éowyn leise.

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