Arda Fanfiction

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Der Fluch des vergessenen Schwertes

von Celebne

Die Reise beginnt

Norfric wollte dem Fürstenpaar nichts Näheres über seine Gefangenschaft in Isengart erzählen. Auch Éowyn konnte nicht viel darüber berichten. Man hatte damals Norfric dem Tode nahe an einem Dorfrand in der Westfold gefunden.  Um Théodred zu retten, hatte er sich den feindlichen Uruk-Hai gegenüber als Königssohn Rohans ausgegeben. So war er in die Gefangenschaft Sarumans geraten. Es grenzte fast ein Wunder, dass man ihn überhaupt wieder freigelassen hatte. Doch er hatte nie erzählt, was man im Kerker alles mit ihm angestellt hatte. Während Éowyn großes Verständnis für ihn hatte, erweckte er mit seiner Schweigsamkeit umso mehr Misstrauen bei Faramir. Das verstockte Wesen des Rohirs gefiel dem Fürsten überhaupt nicht.

Es war ein regnerischer Morgen, an welchem der kleine Reitertrupp aufbrach. Die letzten Nächte waren für das Fürstenpaar furchtbar gewesen. Die Spukerscheinungen fanden immer häufiger in Faramirs unmittelbarer Nähe statt. Er schien die bösen Geister regelrecht anzuziehen. Éowyn bewunderte, wie tapfer er das alles ertrug. Doch der fehlende Schlaf zehrte an seinen Gesundheit. Sein Gesicht war unnatürlich blass und unter seinen Augen lagen tiefe Ringe. Außerdem wirkte er unaufmerksam und nervös.
Langsam überquerten sie den Anduin auf der wiederbauten Brücke in Osgiliath. Faramir blickt bedrückt nach Ithilien zurück, das unter einem dichten Regenschleier lag.
„Wer weiß, wie lange wir fort sein werden“, murmelte er leise.
Éowyn hörte ihm besorgt zu, schwieg aber. Sie hatte ihr Haar unter einer Kapuze verborgen, denn es regnete die ganze Zeit fein. Faramir jedoch trug keine Kopfbedeckung. Es schien ihm nichts auszumachen, dass sein Haar schon ganz nass am Kopf klebte. Das unheilvolle Schwert war an Hasubeorns Sattel befestigt. Éowyn fragte sich, ob das Pferd irgendwann spüren würde, was für eine verwunschene Last es da mit sich trug.

Am Abend machten sie Rast in einem kleinen Dorf namens Amon Rûdh. Die Häuser lagen rund um einen kahlen Hügel, nach welchem auch die Ansiedlung benannt worden war. Das Fürstenpaar übernachtete in einem Gasthaus, welches „Goldener Adler“ hieß. Faramir hatte das Schwert bei Beregond gelassen, welcher mit den anderen Soldaten in den Stallungen bei den Pferden übernachtete. Der Fürst hatte ein ungutes Gefühl. Éowyn merkte, dass Faramir hellwach neben ihr in dem einfachen Bett lag.
„Du schläfst nicht?“, fragte sie besorgt.
„Es ist wie verhext“, sagte er leise und starrte in die Dunkelheit. „Ich bin todmüde, aber ich kann kein Auge zumachen. Ich frage mich, ob es gut war, das Schwert bei Beregond zu lassen. Ich habe nicht das Recht dazu, jemanden anderen diese verwunschene Waffe aufzuhalsen.“
„Du musst schlafen“, mahnte Éowyn ungehalten. „Du weißt, dass Beregond dies gerne für dich tut. Du hast in den letzten fünf Nächten kaum ein Auge zugemacht. Ohne Schlaf kannst du niemals bis Bruchtal durchhalten.“

Kurze Zeit später war Faramir dann endlich eingeschlafen. Éowyn war heilfroh darüber und sie schmiegte sich erleichtert an ihn. Doch es dauerte nicht lange, und ein großer Lärm ertönte in den Stallungen. Das Ehepaar war sofort wach. Faramir taumelte schlaftrunken aus dem Bett und begab sich an das Fenster. Er öffnete den Holzladen und sah hinaus. Er hörte die aufgeregten Stimmen von Beregond und den anderen Soldaten. Die Pferde wieherten laut und es polterte immer wieder in Stallungen.
Faramir zog seine Stiefel an und griff nach seinen Mantel. Auch Éowyn schlüpfte rasch in ihren braunen Reisemantel und folgte ihm hinaus.

Beregond ging sofort aufgeregt zu Faramir, als er diesen erblickte.
„Herr, das Schwert“, stammelte er und deutete auf den Stall.
Faramir presste die Lippen entschlossen zusammen und betrat den Stall. Hasubeorn gebärdete sich in seiner Box wie verrückt. Auch Windfola wieherte ängstlich. Das Schwert brauchte Faramir nicht lange zu suchen. Die Runen sah er schon von weitem leuchten. Es lag neben Beregonds Nachtlager. Wütend ergriff er die Waffe.
„Ich hasse dich!“, stieß er grimmig hervor. „Warum kannst du uns nicht in Ruhe lassen!“
Erschrocken sah er, dass die lederne Scheide zerstört war. Die Runen schienen sich regelrecht durch das Leder gebrannt zu haben.
„Verdammt!“, fluchte er auf und schleuderte das zerrissene Leder in die Ecke.
Das Schwert trug er erst einmal aus dem Stall, damit sich die Pferde wieder beruhigten.
Die Runen hörten nicht auf zu leuchten.
„Du solltest es irgendwie verstecken“, meinte Éowyn besorgt. „Die Bewohner von Amon Rûdh erwachen.“
Faramir sah jetzt auch, dass Fackeln in der Dunkelheit entzündet wurden und vereinzelte Bauern neugierig auf die Straße traten. Rasch verbarg der Truchsess die Waffe unter seinem Mantel. Die Runen leuchteten zwar durch den Mantel, aber nicht mehr so stark wie vorher.
„Geht wieder schlafen“, mahnte Faramir die Soldaten. „Die Pferde werden ruhiger. Ich nehme das Schwert mit ins Gasthaus.“

Das Fürstenpaar begab sich wieder in das Schlafgemach. Éowyn war so müde, dass sie rasch wieder einschlief. Nur Faramir blieb wach und betrachtete das Schwert mit den leuchtenden Runen in der Dunkelheit.


Es war stockfinstere Nacht. Das ganze Dorf lag in tiefem Schlaf. Plötzlich ertönte leises Gemurmel in der Ferne. Faramir verließ neugierig das Haus. In der Hand hielt er das verwunschene Schwert. Die Runen leuchteten in einem intensiven Rot. Dann hörte Faramir die bedrohlichen Stimmen deutlich, die in einer unbekannten Sprache wisperten. Schatten nahten. Faramir konnte sich nicht bewegen. Er spürte, wie schemenhafte Wesen auf ihn zukamen. Sie brachten eine unglaubliche Kälte mit sich. Faramir konnte nicht mehr atmen. Die Schattenwesen hatten keine Gesichter und trotzdem wusste der Fürst, dass eines der Wesen Norfric war.

Faramir erwachte mit einem gellenden Schrei. Klirrend fiel das Schwert zu Boden. Er war tatsächlich halb sitzend auf dem Bett eingeschlafen. Éowyn fuhr erschrocken hoch.
„Ich habe von Geistern geträumt“, murmelte Faramir und fuhr sich über die Augen. „Es war schrecklich.“
Die ehemalige Schildmaid schmiegte sich an ihren Gemahl.
„Verflucht sei der Tag, an welchem Théodred an dieses Schwert geriet“, sagte sie leise. „Hoffentlich werden wir bald von diesem Spuk erlöst.“
Faramir ergriff Éowyns Hand und küsste sie. An Schlaf war in der restlichenNacht wieder einmal kaum zu denken. Trotzdem döste das Fürstenpaar im Morgengrauen endlich ein.

Am späten Vormittag wurde die Reise nach Bruchtal fortgesetzt. Weder das Fürstenpaar noch seine Begleiter waren jemals in Imladris gewesen. Vor dem Ringkrieg war Bruchtal ein Ort gewesen, welcher der Legende angehörte. Doch längst hatte Bruchtal seine Magie von einst verloren, denn Fürst Elrond und sein Ring Vilya hatten Mittelerde verlassen, zusammen mit Galadriel und dem Zauberer Gandalf.
Die kleine Truppe befand sich auf der großen Nord-Süd-Straße, welche direkt nach Rohan führte. Es lag noch ein weiter Weg vor ihnen. Éowyn freute sich trotz der Sorgen auf ihre Heimat, und ganz besonders auf Edoras. Lange war sie nicht mehr dort gewesen.
Faramir war ganz in Gedanken versunken. Das Schwert hatte er wieder in ein festes Ledertuch eingeweckelt und am Sattel befestigt. Hasubeorn trabte gehorsam die Straße entlang. Ihn schien das Schwert nicht weiter zu stören.
Im Laufe des Nachmittags kamen sie durch ein weiteres Dorf.
„Dieser Ort wäre günstig für unser Nachtlager, Herr Faramir. Was meint Ihr?“, fragte Beregond vorsichtig.
„Nachtlager“, meinte Faramir spöttisch. „Als ob uns das Schwert nachts Ruhe zum Schlafen ließe.“
„Vielleicht sollten wir dann nachts reiten und tagsüber schlafen“, schlug Éowyn plötzlich vor.
„Ich weiß nicht, wie die Pferde reagieren werden, wenn das Schwert wieder seine unheimliche Magie zeigt“, seufzte Faramir zweifelnd.
„Wäre es nicht einen Versuch wert?“, schlug Beregond vor.
„Also gut“, sagte Faramir und lächelte ein wenig.
Er drehte sich zu den anderen Soldaten, die sie begleiteten um, und fragte sie, ob sie noch eine Weile durchhalten würden. Die Männer bejahten dies. Nur Norfric sagte nichts. Faramir hätte schwören können, dass in seinem Blick wieder diese Verächtlichkeit lag, die er so an diesem Mann hasste. Der Truchsess beschloss aber, Norfric nicht darauf anzusprechen. Es würde sicher irgendwann eine günstige Gelegenheit geben, diesen Mann noch einmal zur Brust zu nehmen.

Nach einer kurzen Rast mit einem kargen Abendbrot ging es weiter in nordwestlicher Richtung. Die Sonne war jetzt untergegangen und langsam zeigten sich die Sterne am tiefblauen Firmament. Faramir blickte empor zu Eärendils Stern und bat im Stillen um den Segen des tapferen Halbelben, den die Valar zum Stern erhoben hatten.
„Vielleicht kommen wir morgen schon zum Meringbach“, sagte Faramir hoffnungsvoll zu Éowyn. „Dann ist es nicht mehr weit bis nach Edoras.“
Kurz nach Mitternacht fühlte der Truchsess eine bleierne Müdigkeit und es hätte nicht viel gefehlt, und er wäre vom Pferd gefallen. Auch Éowyn und die Soldaten waren müde.
„Wir übernachten bei der kleinen Baumgruppe dort drüben“, sagte Faramir mit schleppender Stimme. „Es hat keinen Zweck mehr, weiterzureiten. Wir müssen uns ausruhen.“

Es dauerte nicht lange, und die erschöpften Reiter waren in einen tiefen Schlaf gefallen. Nur Norfric, welcher sich freiwillig als Wache gemeldet hatte, blieb aufrecht am Lagerfeuer sitzen. Er blickte auf das verwunschene Schwert, welches in Faramirs Nähe lag, und seine Miene wurde sehr besorgt.

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